Oder: ein Hoch auf die bäuerliche Weidekuh!
Warschau – Viel Lärm um Nichts
In Warschau verhandeln zur Zeit bis zum 22. November 2013 mehr als 9000 Delegierte aus 200 Ländern über ein globales Klimaschutzabkommen, das vor allem dazu dienen soll – und dringend muß – das Kyoto-Protokoll, nach dem alle Staaten der Erde ihren Kohlendioxidausstoß verringern sollen, durch ein wirksameres Abkommen zu ersetzen. Bislang aber sind die Diskussionen um die Reduzierung des CO2-Aufkommens gescheitert und alle Teilnehmer gehen davon aus, dass die Konferenz ausgeht wie das Hornberger Schießen. Dieser schöne Ausdruck bezeichnet bekanntlich ein Ereignis, um das zunächst ein großes Getöse gemacht wird, das dann aber nichts bringt und ergebnislos endet.
Peinliches Versagen
Das ist nicht nur peinlich, sondern katastrophal. Denn es gibt inzwischen niemanden mehr, der leugnet, dass steigender CO2-Ausstoß eine extrem klimafeindliche und höchst besorgniserregende Entwicklung auf unserer Erde darstellt. Zwar ist dieses Treibhausgas ein wesentlicher Bestandteil des Lebens und der Luft, der Fauna und Flora auf der Welt (und extraterrestrisch) und trotz immer wieder schwankender Menge völlig normal. Es wird in einer Unzahl von Produkten und für eine Vielzahl von Prozessen verwendet.
In höherer Konzentration aber, die wir Menschen weltweit nach Kräften und immer schneller herbeiführen, wird es allerdings lebensfeindlich, und der sog. Treibhauseffekt zunehmender CO2-Emissionen führt zu einer künstlichen globalen Erwärmung, deren bedrohliche Folgen sich kaum in ihrer ganzen wachsenden Tragweite darstellen und begreifen lassen. Deshalb muß es das Bestreben aller zivilisierten Staaten sein, diese Auswirkungen des menschlichen Wirkens auf unseren Planeten vernünftig in den Griff zu bekommen.
Andere Bösewichter
Was dabei gern vergessen wird und aus dem Focus gerät, ist die Tatsache, dass es neben der Industrie (vor allem z. B. Zementherstellung, Kohlekraftwerken u.a.m.) andere, mindestens genau so negative Entwicklungen des Wirkens von Menschen auf Natur und Umwelt gibt. Dazu gehört in erster Linie Methan, ebenfalls ein Treibhausgas mit einer 20 bis 30 mal stärkeren Wirkung als CO2, wobei es allerdings in der Atmosphäre in geringerer Menge vorkommt als dieses. Das Treibhauspotential eines Kg Methan ist ca. 25 mal höher als das von einem Kg CO2.
Und nun: die Kuh!
Damit sind wir endlich bei – zum Beispiel – unserem Wiener Schnitzel und all den anderen Vorzügen unserer beliebtesten Haustierrasse, der Kuh (genauer: dem Rind). Das soll nun, wenn man den wesentlichen Umweltverschmutzern und Umweltzerstörern aus Industrie und Verkehr usw. glauben darf, der richtige Bösewicht sein.
Furzt unsere Umwelt kaputt!
Leider, Freunde, ist da was dran. In Warschau wird darüber allerdings so gut wie nicht geredet.
Die Landwirtschaft produziert weltweit rund 18% der Treibhausgase, mit der Tierhaltung zusammen erzeugt sie von der gesamten menschengemachten Produktion ca 9% CO2, 35% Methan und ca. 65% Stickoxyde. Dabei sind natürlich auch die Hühner (389 Mio Tonnen CO2-Äuivalente), Schweine (668 Mio t), aber eben auch Kühe. In Deutschland verströmen sie in der Fleischproduktion 486, in der Milchproduktion 1131 und mit der Fleischrindermast 2338 t CO2-Äquivalente. Darunter jede Menge Methan.
Aber:
Die Hochleistungskuh, zusammen mit intensiver Stallhaltung, tut sich da als Klimakiller hervor. Allerdings hat sie für sich gesehen eine gute Klimabilanz, weil sie eben z. B. bei viel Methan (was man halbieren kann) viel mehr Milch liefert. Jedoch hat die auf der Weide vor sich hinmümmelnde Standardkuh, die zwar statt 10.000 l Milch im Jahr nur ca. 5000 bis 6000 l gibt, aber dabei statt 400 g Methan am Tag nur 80 g in die Luft furzt, eine noch bessere Klimabilanz. Außerdem setzt die Herstellung des Kraftfutters für die Hochleistungskuh Kohlendioxide, Stickoxide und Ammoniak frei, und es wird massig Wasser und Öl verbraucht. Zudem lebt so eine Hochleistungskuh nur ca. 5 Jahre, sodass nach 2 bis 3 Jahren für sie ein junges Rind herangezüchtet wird, das aber erst mit 28 Monaten ein Kalb kriegt.
Fazit: Nicht die kurzlebige Hochleistungskuh, sondern die lang lebende Weidekuh ist der Favorit unter den Rindviechern – davon, dass die gesünder alt wird, ganz zu schweigen. Weidekühe leben gesünder, sind auch bessere Mütter und sparen Futterkosten. Außerdem betreiben sie notwendige Landschaftspflege. Und letztlich verhindern sie in gewissem Maße die Zunahme von Ackerland, die nämlich selbst wieder klimaschädlich ist – von „Landgrabbing“ reden wir erst garnicht.
Und was lehrt uns das?
Wir brauchen weniger Hochleistungsrinder und daneben dann auch weniger Weiderinder als bisher, aber mit mehr eigenem Futter auf der Weide und in der Landwirtschaft. Oder auf den Punkt gebracht: ein Vieh haltender Betrieb sollte nur soviel Tiere halten, wie er mit hofeigenen oder hofnahen Futtermitteln ernähren kann. Das täte nicht nur dem Klima gut, sondern würde die Milchpreise und die Preise der Milchprodukte und des Rindfleischs stabilisieren, damit den Bauern helfen und unsere Welt verbessern.
Vielleicht könnten sie in Warschau ja doch mal darüber reden.
Ihr:
Dr. Wolfgang Lipps
– Geschäftsführer –