Jagdrecht und Tierrechte – eine rechtstheoretische Hinterfragung

Dr. Wolfgang Lipps

Inhalt

A. Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

B. Begriffsklärungen 

    1. Recht, Rechte, Rechtsordnung

    2. Tierrechte

        a. Die Tierrechtsbewegung

        b. Tierrechte speziell

        c. Tierschutz contra Tierrechte

    3. Die wahren Rechte der Tiere

        a. Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

        b. Sonstige Gegenargumente

    4. Rechtsreflex und Tierschutz

    5. Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

        a. Über die Jagd

        b. Jagdgegner Tierschutz

        c. Jagdgegner Tierrechtler

    6. Schlussbemerkung

 

A       Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

 

Wie Sie in der Tagesordnung lesen können, mute ich Ihnen jetzt eine rechtstheoretische Erörterung rechtlicher Begriffe zu.

Dabei steht zunächst das Verhältnis von Mensch und Tier, aber gleich danach natürlich die Jagd und dann auch der Tierschutz im Mittelpunkt, denn wir sind ein Forum für Jagdkultur. Der weite Begriff der „Kultur“ umfasst bekanntlich die Gesamtheit der vom Menschen selbst hervorgebrachten und im Zuge der Sozialisation erworbenen Voraussetzungen sozialen Handelns, d.h. die typischen Arbeits- und Lebensformen, Denk- und Handlungsweisen, Wertvorstellungen und geistigen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft. Rechtsbegriffe, Recht allgemein, Menschen-recht, Rechtsfähigkeit, und dann Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechte gehören damit zur Jagdkultur.

Der Mensch macht die Regeln, nach denen er Mitgeschöpfe, vor allem Tiere, nutzt.

Und genau da setzen die Tierrechtler an.

B.      Begriffsklärungen

Nachfolgend geht es in erster Linie um die sogenannten Tierrechte und darum, was das ist, ob es das überhaupt gibt, und was das für uns als Jäger und für die Jagd bedeutet. Ich halte mich dabei nicht lange bei den philosophischen oder ethischen und moralischen Begriffen auf, sondern ich will das Verhältnis von Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechten rechts-theoretisch, also als Jurist, hinterfragen.

1.    Recht, Rechte, Rechtsordnung

Als Recht bezeichnen wir die Gesamtheit der Verhaltensregeln, die von der Gemeinschaft gewährleistet sind – sie bilden die Rechtsordnung. Sie entstehen entweder als Gewohnheitsrecht durch fortdauerndes Befolgen von Regeln, die von der Gemeinschaft als verbindlich akzeptiert werden, oder als gesetztes („positives“) Recht, das von staatlichen oder überstaatlichen Gesetzgebungsorganen oder von satzungs-gebenden Körperschaften, immer also von Menschen für Menschen, geschaffen wird. Diese generellen Regeln werden als objektives Recht bezeichnet. Aus ihm ergeben sich konkrete Rechte des Einzelnen, etwas zu tun, zu unterlassen oder von einem anderen zu verlangen – das sind die subjektiven Rechte des Einzelnen. Zu ihnen gehören insbesondere die individuellen Freiheitsrechte, ferner Ermächtigungen zu rechtswirksamen Handlungen und schließlich Ansprüche, von einem anderen etwas zu verlangen.

Mit den subjektiven Rechten sind immer auch Pflichten verbunden. Jedes subjektive Recht hat Grenzen, die immer da verlaufen, wo das Recht des Einzelnen an das Recht des Anderen stößt oder es überschneidet. Das verpflichtet den einzelnen Rechts-inhaber, diese Grenzen und damit das Recht der anderen zu achten und einzuhalten. Deutlich erkennbar ist dies bei den Freiheitsrechten. Aber aus Rechten können sich auch andere Verpflichtungen ergeben, wie Mitteilungspflichten oder Fürsorgepflichten o. ä.

Besonders gut kann man dies am subjektiven Recht des Eigentums erkennen. Der 1. Satz von § 903 BGB lautet: Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Der Eigentümer einer Sache kann diese also nach Belieben bearbeiten, verbessern, verschlechtern oder vernichten – aber eben nur, wenn dem nicht „das Gesetz oder Rechte Dritter“  entgegenstehen. Ein Grundstückseigentümer darf also zum Beispiel durch giftige Gase oder Dämpfe von seinem Grundstück den Nachbarn nicht  beein-trächtigen. Ein Autofahrer kann mit seinem eigenen Wagen natürlich nicht irgendwo querfeldein oder durch den Vorgarten des Nachbarn brettern, sondern wird durch die Verkehrsvorschriften begrenzt. Den Pflichten des Einen liegen also immer die sub-jektiven Rechte Anderer zugrunde und umgekehrt!

Wem aber stehen diese subjektiven Rechte zu und wen binden diese Verpflich-tungen?

Wie gesagt: die Regeln, nach denen der Mensch die Natur nutzt, macht der Mensch für sich. Deshalb bestimmt § 1 BGB: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt“. Der Begriff Rechtsfähigkeit meint dabei nicht, dass ein Mensch auch geistig und körperlich in der Lage sein muß, sein Recht und dessen Grenzen zu kennen und sich seiner Verpflichtungen bewußt zu sein, – das behandelt  die Geschäftsfähigkeit – sondern bestimmt nur, dass eben nur ein Mensch überhaupt subjektive Rechte und Verpflichtungen haben kann.

2.    Tierrechte

Vorab: Tierrechtler werden häufig mit Tierschützern, insbesondere militanten Tier-schützern, verwechselt, was auch daran liegt, dass sie sich selbst oft hinter plakativem lautem gewalttätigem und militantem Tierschutz verstecken. Aber sie wollen nicht die Tiere nur schützen, sondern sie wollen die Nutzung des Tiers durch den Menschen gänzlich aufheben, weil das Tier wie der Mensch ein Bewußtsein habe und wie der Mensch leiden könne und deshalb – wenn auch partiell – subjektive Rechte wie ein Mensch haben muss. Das betrifft insbesondere das Recht auf Freiheit und Leben – daher befürworten sie Tierbefreiungen. Deshalb darf für Tierrechtler der Mensch kein Tier oder seine Produkte töten und essen, was gleichzeitig dazu führt, dass Tier-rechtler generell Veganer sind.

a.        Die Tierrechtsbewegung

Vertreter von unveräußerlichen und vergleichsweise weitgehenden Rechten von Tieren werden also als Tierrechtler bezeichnet. Sie leiten aus Tierrechten weitreichende Forderungen an die Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit Tieren ab. Die Tierrechtsbewegung ist eine soziale Bewegung, die Tierrechte einfordert und durch den philosophischen Diskurs maßgeblich beeinflusst ist.

Der Terminus Tierrechte ist somit ein zentraler Begriff der Tierethik. Er bezeichnt – lange diskutiert aber heute ganz eindeutig – subjektive Rechte für (nichtmenschliche) Tiere. Etwa ab 1970 spaltete sich die Tierrechtsbewegung als eigenständige Strömung von der Tierschutzbewegung ab. War es bis dahin das Ziel der Tierschützer, Tierleid zu verhindern, fordern die Tierrechtler die Abschaffung der Tiernutzung und die vollständige Befreiung der Tiere aus menschlicher Vorherrschaft – die Bewegung steht in der Tradition der Befreiungsbewegungen der Sklaven, Frauen, Abhängigkeiten usw.. Befeuert wurde die neue Bewegung durch das 1975 erschienene Buch „Animal Liberation“ des australischen Tierethikers Peter Singer (*1946).

Längst hat die Tierrechtsbewegung in den ethischen Debatten Fuß gefasst:. „Es steht heute das Ausmaß der Rechte der Tiere zur Debatte, nicht die Tatsache, dass sie welche haben“ (Sozialanthropologe Nick Fiddes). Oder: „Daher lautet die Frage nicht mehr: Sollen wir Tiere in unsere ethischen Überlegungen einbeziehen?, sondern: Wie und wie weitgehend sollen wir sie berücksichtigen?“ (Hilal Sezgin). Der Schweizer Tieranwalt Antoine F. Goetschel fordert, wir müssen „nach einem Kriterium für richtiges Verhalten suchen, das unabhängig von uns besteht, sondern den Tieren allgemein, vielleicht sogar allen Lebewesen zugestanden wird“ . Ganz im Sinne Peter Singers, der schon in den 70ern feststellte: “Wir müssen dahin gelangen, daß wir nichtmenschliche Tiere in den Bereich der moralischen Rücksicht einbeziehen und daß wir aufhören, ihr Leben für jeden noch so trivialen Zwecke zu opfern“.

b.  Tierrechte speziell

Schon die Rolle des Tierschutzes wird zunehmend stärker. Viele Tierfreunde und Tierschutz­ak­ti­visten sind damit aber nicht zufrieden. Sie wollen Tiere nicht nur schützen, sondern ihnen Bürgerrechte zuerkennen, ähnlich denen, die Menschen innehaben, Tiere sollen als Rechts­sub­jekte einge­stuft werden, nicht mehr als Sachen.

Beflügelt hat dieses Denken z. B. das sogenannte Great Ape Project, das mit seiner Forderung nach Bürgerrechten für Menschen­affen in der Vergan­genheit erstaun­lichen legis­la­tiven Einfluss hatte. So stellte Neuseeland 1999 per Gesetz die Großen Menschen­affen unter beson­deren Rechts­schutz, in Spanien startete vor einigen Jahren eine parla­men­ta­rische Initiative, um national den beson­deren Status von Menschen­affen anerkennen zu lassen, schei­terte jedoch nicht zuletzt am Wider­stand der katho­li­schen Kirche, die darin eine „antichrist­liche Verschwörung“ vermutete, ein gegen Vernunft und Natur gerich­tetes Projekt.

Der amerikanische Philosoph Tom Reagan ist der Ansicht, dass Rechte den Lebewesenrechte zugesprochen werden müssen, die Subjekt-eines-Lebens (subject-of-life) sind. Das meint Lebewesen, die der Welt gewahr sind und die merken was mit ihnen geschieht und dass das für sie von Bedeutung ist. Tiere gehören ausdrücklich dazu – Reagan ist ein prominenter Tierrechtler.

Richard David Precht hat sich in seinem neueren Buch „Tiere denken“ (2016) auf knapp 500 Seiten mit unserem Verhältnis zu Tieren beschäftigt, nach seinem Buch von 1997, „Noahs Erben“. Es ist interessant, dass Precht, der sich, durchaus lesenswert, sehr eingehend mit der Schwierigkeit des Verhältnisses von Mensch und Tier auseinandersetzt, letztlich auf dem Weg zu subjektiven Tierrechten ist. Sein Buch handelt nach seinen eigenen Worten nicht von denkenden Tieren, sondern nur von einem einzigen denkenden Tier, dem Menschen, der Schwierigkeiten hat, wenn er sich eine Vorstellung vom Innenleben anderer Tiere machen soll. Auf S. 540/541 befasst sich Precht mit der Tötung von Tieren aus „vernünftigem Grund“ und mit Tierleid und Tierschutz und kommt zu dem Schluss (S. 540 unten): In einer solchen Lage bleibt kein anderer Weg, als beim subjektiven Recht der Tiere anzusetzen“.

Auch dieses Buch zeigt, dass es inzwischen eine relativ breite und wachsende Tierrechtsbewegung gibt, die sich auf der Basis von Tierethik und menschlicher Moral dazu bekennt, extremen und militanten Tierschutz einschließlich der Tierbefreiung mit der Notwendigkeit subjektiver Rechte für Tiere in einer eigenen Rechtsphilosophie und Tierethik zusammenzufassen.

Hinzu kommt, dass es inzwischen eine ganze Reihe von Organisationen gibt, die ausdrücklich Tierschutz, auch provokativen und militanten Tierschutz, auf der Grundlage der Tierrechte praktizieren. So entstand in Nordamerika und in westeuropäischen Staaten unter anderem PETA (People for the ethical treatment of animals) – eine Organisation, die uns Jägern ein ganz besonderer Dorn im Auge ist, und das mit Recht. Organisationen in Großbritannien, Schweden und Norwegen haben sich dem Tierrechtsgedanken geöffnet. Unter dem Druck der Öffentlichkeit, die von der Schriftstellerin Astrid Lindgren kräftig unterstützt wurde, hat Schweden sein nationales Tierschutzgesetz geändert. Es spricht den Tieren jetzt eigene Rechte zu, und zwar das Recht auf einen entsprechend großen Lebensraum, auf Freiluftaufenthalte und ähnliches.

Im September 1988 klagten die Seehunde in der Nordsee gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil durch die zahlreichen Verklappungsgenehmigungen des Verkehrsministeriums für lebensbedrohliche Schadstoffe ca. 18.000 Seehunde verendet sind. Die Seehunde konnten natürlich nicht selbst klagen, sondern für sie klagte ein „Prozesspfleger“, nämlich der BUND, Greenpeace und 6 weitere Umweltverbände. Auch diese Organisationen sind auf dem Weg zum Tierrecht.

Die Klage war, wie erwartet, erfolglos. Abgesehen davon, dass die Seehunde keine Vollmacht unterzeichnet hatten, war das Gericht zum einen der Ansicht, die Seehunde seien exterritorial und könnten in Deutschland nicht klagen. Zum anderen vertraten sie die im Ergebnis richtige Ansicht, Seehunde seien nicht rechtsfähig, weil diese Eigenschaft vom Gesetz – ich habe das schon am Anfang dargelegt – nur Menschen zugeeignet wird.

c. Tierschutz contra Tierrechte

Das bringt uns zu einem interessanten Konfliktfeld – Tierschutz und Tierrechte. Im Tierschutz gibt es inzwischen in einigen Bundesländern ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganiationen, das sich aber nicht auf Tierrechte stützt, sondern das verlangt, dass die klagenden Verbände entweder persönlich betroffen sind (was sie nie sind!) oder dass ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Regelung besteht. Diese Hürde ist so hoch, dass sie kaum zu nehmen sein wird.

PROVEG ist ein Verein, der sich in erster Linie dem vegetarischen und veganen Leben verschrieben hat. Die Tierrechtsbewegung ist mit veganem Leben eng verbunden. Deshalb wundert es auch nicht, dass die Website von PROVEG sich zu den Tierrechten wie folgt bekennt:

Für Tierschützer steht in erster Linie die „artgerechte“ Haltung von Tieren im Vordergrund. Die Tierrechtsbewegung geht einen Schritt weiter und fordert eine moralische Berücksichtigung von Tieren in allen Belangen.

Das aktuelle Tierschutzgesetz spricht von „der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“ ist. Betrachtet man die Massentierhaltung, ist es äußerst fragwürdig, inwiefern dieses Gesetz überhaupt eingehalten wird oder ob es einfach einen zu großen Interpretationsspielraum gibt.

Das verdeutlicht die Notwendigkeit von Tierrechten. Die Rechte, die wir selbst für uns in Anspruch nehmen, enthalten wir anderen durch Diskriminierung vor. Allerdings ist Diskriminierung ethisch inakzeptabel, unabhängig davon, ob sie auf Rasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Artzugehörigkeit basiert. So haben Hunde und Schweine die gleiche Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden. Lediglich unsere Diskriminierung erlaubt uns, den einen als Gefährten und den anderen als Abendessen anzusehen.

Häufig verstecken sich Tierrechtler hinter Tierschutzargumenten. Der Schweizer Publizist Alexander Schwab hat am 18. Juli 2017 ein DJV-Interview geführt, in dem er unter anderem ausführt:

Der Tierschutz übernimmt immer mehr Sprache und Inhalte der Tierrechtsbewegung und wendet sich mehr und mehr einem aktiven Prinzip zu: dem Wohlergehen der Tiere. Die großen Tierschutzorganisationen bewegen sich heute eindeutig in Richtung Tierrecht oder sind schon dort und umgekehrt verstecken sich die Tierrechtsbewegten häufig hinter Tierschutzargumenten, So entstehen dann Hybridpositionen von großer praktischer Tragweite wie eben die Würde des Tieres in der Schweizer Bundesverfassung und Artikel 13 in der europäischen Verfassung, wo eben das „Wohlergehen  der Tiere“ im Grundsatz festgehalten ist.

3.    Die wahren Rechte der Tiere

a.    Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

Allein dadurch, dass das von Menschen gemachte Gesetzeswerk, das Bürgerliche Gesetzbuch, in § 1 nur dem Menschen Rechtsfähigkeit zuweist, und unsere gesamte Rechtsordnung keine Vorschrift kennt, die einem Tier Rechtsfähigkeit zuweisen würde, ist klargestellt, dass Tiere nicht rechtsfähig sind. Sie können also nicht Träger von subjektiven Rechten und Pflichten sein.

Die Tierrechtsbewegung benutzt aber aus gutem Grund, jedenfalls in ihrem eigenen Verständnis, die Terminologie, in der Menschen ebenso Tiere sind wie Tiere, die dann als „nichtmenschliche“ Tiere bezeichnet werden. Das meint auch Precht mit dem Satz:

»Es gibt zwei Kategorien von Tieren. Die eine glaubt, dass es zwei Kategorien von Tieren gibt, und die andere hat darunter zu leiden.«

Die Tierrechtler weisen darauf hin, dass Tiere, wie wir das oben zitiert haben, ein Bewusstsein haben, die Welt um sie herum erkennen, Einwirkungen, denen sie selbst unterworfen sind, abschätzen und erkennen können, und auf diese reagieren können. Sie sind also in der Terminologie von Tom Reagan Subjekte des Lebens. Deshalb hätten sie umso mehr Anspruch darauf, Rechtsfähigkeit zu haben, als zum Beispiel das nur wenige Wochen alte Kleinkind oder der geistig stark Behinderte, die aber trotz ihrer Unfähigkeit, Rechte und Pflichten zu erkennen und auszuüben, von der Vollendung der Geburt an diese Rechte und Pflichten haben. Deshalb spräche nichts dagegen, Tieren ebenso wie Kleinkindern und geistig Behinderten subjektive Rechte zuzugestehen.

Das führt bei Tierrechtlern zu abstrusen Gedankengängen. Der australische Philosoph Singer meinte, wenn eine Mutter aus einem brennenden Haus nur ihren 4 Wochen alten Säugling oder ihren Hund retten könne, müsse sie den Hund retten, weil dieser im Gegensatz zum Säugling ein Lebensbewusstsein habe. Zwar ist er so gütig, zuzugeben, dass möglicherweise der Instinkt der Mutter sie dazu treiben wird, den Säugling dem Hund vorzuziehen. Aber tierrechtstheoretisch wäre das falsch.

In der Tierrechtsdiskussion ist auch hier und da die Meinung geäußert worden, es sei vertretbar, medizinische Versuche an stark Geistesgestörten oder Kleinstkindern durchzuführen, aber unvertretbar, dies mit einem erwachsenen Schimpansen zu machen. Das zeigt gleichfalls die Absurdität des Versuchs, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen. Diese sind nun einmal dem Menschen vorbehalten. Denn für den Menschen gilt zugleich,, dass er zwar Rechte und Pflichten vom Zeitpunkt der Vollendung der Geburt an hat, und diese auch verletzt werden können, und diese ihm garantiert werden müssen, dass er aber geschäftsfähig sein muss, um seine Rechte und Pflichten aktiv auszuüben.

Soweit Tierrechtler diese formaljuristische Regelung überhaupt einsehen, arbeiten sie jedenfalls dafür, sie abzuschaffen und Tieren de lege ferenda (in zukünftiger Gesetzgebung) subjektive Rechte und damit eine, vielleicht eingeschränkte, Rechtsfähigkeit zu verleihen. Einige Philosophen, darunter auch Precht, sehen Tierrechte bereits im Naturschutzgesetz und in der Verfassung angelegt, also als geltendes Recht (lege lata).

b.    Sonstige Gegenargumente

Nicht nur die Regelung der Rechtsfähigkeit in § 1 BGB, verbietet es, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen, sondern es gibt daneben noch andere Argumente dagegen.

Der Rechtsphilosoph und Jesuit Norbert Brieskorn meint, wer höher entwickelten Tieren subjektive Rechte zugestehen wolle, müsse unter anderem darauf antworten,

  1. ob Rechte Wesen zuerkannt werden sollten, die im Gegensatz zum Menschen nie von ihnen selbst Gebrauch machen könnten;
  2. …;
  3. ob es sich um die Ausdehnung von Menschenrechten auf Tiere oder um spezifische Tierrechte handeln solle;
  4. wie der jeweilige Vorrang zwischen Menschen- und Tierrechten zu ermitteln sei;
  5. worauf die Legitimität jener beruhe, welche die Tierrechte im Namen der Tiere geltend machen.

Diese Kritik steht nicht allein und wird insbesondere auch unter ethischen und moralphilosophischen Aspekten von einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern ergänzt.

4.    Rechtsreflex und Tierschutz

Der Gesetzgeber, und zwar keinesfalls nur der deutsche Gesetzgeber, hat sich bislang immer ausschließlich vom Tierschutz leiten lassen. Wir Jäger haben den § 17 des Tierschutzgesetzes verinnerlicht, der die Tötung eines Wirbeltieres ohne sachlich gerechtfertigten Grund verbietet und zu einer Straftat macht. Die erlaubte Jagd, also zum Beispiel das Erlegen von Schalenwild innerhalb eines Abschlussplans, ist der rechtfertigende Grund.

Ich habe am Anfang dieses Vortrags den § 903 BGB erwähnt, dessen 1. Satz das subjektive Recht des Eigentümers definiert. Interessanterweise folgt ein 2. Satz, der besagt:

Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Unsere Verfassung, das Grundgesetz, wurde im Jahre 2002 dahingehend ergänzt, dass der Tierschutz als Staatsziel aufgenommen wurde. Zahlreiche andere Vorschriften befassen sich mit Tierschutz, und auf das Jagdrecht gehen wir noch gesondert ein. Alle diese Vorschriften aber gehen nicht von einem Recht der Tiere auf Tierschutz, auf Freiheit, auf Unversehrtheit oder auf die Wahrung anderer Tierrechte ein, sondern machen lediglich deutlich, dass Tiere eben keine Sache mehr sind, sondern Mitgeschöpfe. Träger subjektiver Rechte sind sie nicht.

Das ist auch nicht erforderlich, denn das Recht kennt durchaus Fälle, in denen zwar Verpflichtungen gegenüber Dritten bestehen, diese aber keinen Anspruch darauf haben, dass der Verpflichtete seinen Pflichten nachkommt. Während es also keine Rechte ohne Pflichten gibt, so gibt es dennoch Pflichten, denen kein Recht auf der „Gegenseite“ zugeordnet ist.

Dieses Rechtsinstitut nennen wir Juristen „Rechtsreflex“.

Von einem Rechtsreflex spricht man z. B., wenn dem Bürger durch rechtlich gebotenes staatliches Handeln zwar ein tatsächlicher Vorteil entsteht, der Bürger aber keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erfüllung dieser Staatspflicht hat. Rechtsnormen, welche dieses staatliche Handeln fordern, sind rein objektives Recht. Es fehlt hier am subjektiven Recht dessen, demgegenüber eine Pflicht besteht. Ein Rechtsreflex ist also die lediglich tatsächliche (keine eigene Rechtsqualität implizierende) Auswirkung einer rechtlichen Regelung. Im Gegensatz zum subjektiven Recht ist beim Rechtsreflex die Regelung nicht dazu bestimmt, auch den Einzelinteressen dessen zu dienen, der sich auf sie beruft. Im Einzelnen ist die Abgrenzung zwischen Rechtsreflex und subjektivem Recht häufig schwierig.

Nicht so bei den Pflichten, die zahlreiche gesetzliche Regelungen jedem auferlegen, der mit Tieren zu tun hat. Genauer: Jedermann ist verpflichtet, die Rechtsregeln zum Schutz – zur Haltung, zum Transport, zur Tötung – von Tieren strikt einzuhalten. Verstöße dagegen sind teils Ordnungswidrigkeiten, teils sogar Straftaten.

Nur an einem fehlt es beim Rechtsreflex, im Gegensatz zu subjektiven Rechten: der Begünstigte des Rechtsreflexes hat, im Gegensatz zum Rechtsfähigen, kein eigenes Durchsetzungsrecht. Er kann die Einhaltung der Verpflichtung aus dem Rechtsreflex nicht verlangen, das Tier kann nicht gegen Tierquälerei aus eigenem Recht klagen! Die Seehunde sind nicht prozessfähig.

Dennoch braucht man deswegen kein subjektives Recht des Tieres. Eine Lösung ist das Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände, ein weiterer Rechtsbehelf ist die Anzeige interessierter Bürger. Und immer da, wo behördliche Genehmigungen, Zulassungen oder Ähnliches erforderlich sind, sind die Sanktionen des Rechts gegen säumige Behörden – die es leider zuhauf gibt, aber denen man durchaus mit Dienstaufsichtsbeschwerden oder Anzeigen beikommen kann – Möglichkeiten, dem rechtlosen aber nicht schutzlosen Tier zu Hilfe zu kommen. Das gilt gleichermassen für Anzeigen gegen Tierquäler oder Tierschutzverletzer; im März dieses Jahres hat das AG Ulm gerade einen Tierquäler bei Massentierhaltung zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Man kann viel für das Tierwohl tun, man muss es nur wollen!

Was aber nicht geht, sind Rechtsbrüche zugunsten der Tiere, die ihrerseits Rechte verletzen. Deshalb ist das Urteil des OLG Naumburg vom 22.08.2018 schlicht falsch. Das Gericht meint, ein Hausfriedensbruch könne gerechtfertigt sein, wenn er dazu diene, eine gegenwärtige und nicht anders abwendbare Gefahr für Tiere abzuwenden. Hier traf das auf den Hausfriedensbruch in einen Schweinestall zum Filmen nicht zu.

 

5.    Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

a.    Über die Jagd

Gerade dieses Forum weiß: „Am Anfang war die Jagd“!

Vor rund 70.000 Jahren begannen die Hominiden mit der Bezeichnung Homo sapiens mit dem Aufbau komplexer Strukturen namens Kultur. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte – so Harari in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ – er nennt dies die Epoche der kognitiven Revolution. Mit der Entwicklung des Gehirns kamen für den Menschen die Fähigkeiten zur Kommunikation, Kooperation und Innovation. Das ermöglichte ihm, in Gruppen großes und wehrhaftes Wild zu jagen und mit neu entwickelten Werkzeugen zu töten. Gab es zuvor Fleisch nur dann, wenn der Mensch Aas gefunden hatte, so gab es das durch die Jagd nunmehr reichlich. Das wiederum beförderte ganz entscheidend das Wachstum und die Entwicklung des menschlichen Gehirns. Und das wiederum führte dazu, dass der Homo sapiens in den folgenden Jahrtausenden die ganze Welt besiedelte.

Die Jagd diente zu allererst zur Beschaffung von Fleisch, Häuten, Fellen, Knochen, Sehnen und anderen Teilen des erlegten Wildes, erlaubte also die fast vollständige Nutzung der Beute – eine entwicklungsgeschichtliche Notwendigkeit. Gleichzeitig aber waren Wildtiere auch einerseits Gefahren und andererseits Nahrungskonkurrenten. Die Jagd ermöglichte es deshalb unseren Vorfahren, ganze Wildtierpopulationen überall auf der Erde auszurotten. Das ist bedauerlich, aber es ist Geschichte der Evolution.

Auch die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren und die wissenschaftliche Revolution vor rund 500 Jahren haben ganz grundsätzlich an der Jagd nichts geändert. Sie wurde, wenn häufig auch in anderen Formen, weiter betrieben. Das geschah allerdings aus sehr unterschiedlichen Motiven, zum Beispiel als Mutprobe oder als höfisches Vergnügen. Zudem erhielt die Jagd neue Aufgaben zum Schutz der Landwirtschaft vor Wildschäden und zur Bekämpfung von Raubwild zum Schutz der Nutztiere.

Immerhin können wir also heute sagen: den Tierschutz gibt es seit etwas über 100 Jahren, die Tierrechtsbewegung seit etwas über 60 Jahren, aber die Jagd gibt es seit mindestens 70.000 Jahren!

Des Weidmanns Ursprung liegt entfernt

dem Paradiese nah.

Da war kein Kaufmann, kein Soldat,

kein Arzt, kein Pfaff, kein Advokat,

–  nur Jäger waren da!  

Das ist doch schon mal was!

Die Jagd, wie sie heute in Deutschland ausgeübt wird, geht in ihrer rechtlichen Struktur auf das preußische Jagdrecht und sehr stark auf das Jagdgesetz von 1934 zurück. Sie hat auch heute noch einige volkswirtschaftliche Bedeutung bei der Erzeugung von Wildbret, einem erheblich gesünderen Nahrungsmittel als Fleisch aus der Massentierhaltung. Mehr Bio geht eigentlich nicht. Generell aber hat die heutige Jagd die Aufgabe, in der vom Menschen geprägten Kulturlandschaft die Faktoren Mensch, Wildtier und Umwelt in einer Nachhaltswirtschaft zu vereinen..

Denn wie die Landwirtschaft, die Viehhaltung, und die Forstwirtschaft, ist die Jagd (die Wildbewirtschaftung) eine Nachhaltswirtschaft. Das ist eine Wirtschaft, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet hat. Die Nachhaltigkeit wurde zunächst von der Forst-wirtschaft erkannt und von dieser und von der Jagd als Ersten angewendet. Anstelle vieler heute gebräuchlicher Definitionen kann man für die Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, die Viehwirtschaft und die Jagd ganz simpel sagen: wir haben die Erde nicht von unseren Vätern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen! D. h., dass wir säen und ernten dürfen, züchten und nutzen, den Zuwachs abschöpfen, aber die Substanz nicht vernichten dürfen.

Landwirtschaft Forstwirtschaft und Jagd sind demnach Nachhaltswirtschaften. Sie überschneiden sich, und deshalb werden ihre Grenzen und die Konflikte, die sich bei Überschneidungen ergeben, durch das Recht geregelt, im Hinblick auf die Jagd u. a. durch das Jagdrecht. Der Inhalt der Nachhaltswirtschaft Jagd wird in § 1 des Bundesjagdgesetzes, unserem jagdlichen Grundgesetz, postuliert. Danach dient die Jagd der Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes in Übereinstimmung mit seinem jeweiligen Biotop und unter Beachtung vorrangiger Interessen der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft. Deshalb ist mit der Bejagung die Pflicht zur Hege verbunden, und spezialgesetzliche Regelungen des Tierschutzes und Naturschutzes und anderer Gesetze sind bei der Jagd zu beachten.

Damit gehört Wild zum heimischen Kulturgut und seine Hege ist, wie es § 1 des brandenburgischen Landesjagdgesetzes deutlich sagt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die ist allerdings im Wesentlichen auf den Jäger delegiert.

 

b.    Jagdgegner Tierschutz

Die Jagd ist damit in erster Linie ein sehr enges Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Bei der Bejagung des Wildes gehen Jäger und Wild eine besondere Verbindung ein – sehr schön kann man das bei Ortega y Gasset lesen. Und ein ganz wesentlicher Aspekt dieser Verbindung ist natürlich die Erlegung des jagdbaren Wildes, also das Töten.

Und da rasseln wir dann einerseits mit dem Tierschutz, vor allem aber mit den Tierrechtlern zusammen.

Leider müssen wir beobachten, dass die Akzeptanz der Jagd in der Bevölkerung rapide abnimmt. Früher war es der Jäger, der Rotkäppchen vor dem bösen Wolf beschützte. Heute ist es der liebe Wolf, der von den merkwürdigsten Wolfsfreunden vor dem bösen Jäger geschützt wird. Zwar ist die Akzeptanz der Jagd in den landfernen Städten geringer als auf dem Lande, aber unzweifelhaft nimmt sie ab.

Und da kommen zunächst die Tierschützer ins Spiel!

Wir Jäger sind der Ansicht, dass unser Jagdrecht und unsere Art zu jagen, die wir unter das Postulat der Weidgerechtigkeit stellen, starke Aspekte des Tierschutzes und des Naturschutzes enthalten. Wir halten uns richtiger Weise für die ersten und ältesten Tierschützer und für Naturschützer.

Das kann man auch aus dem Jagdrecht belegen. Die Hegeverpflichtung ist bereits ein Teil des Naturschutzes und auch des Tierschutzes. Unsere Abschussplanung ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – will heißen, das Jagdrecht verbietet die Erlegung von Schalenwild, wenn für dieses einerseits ein Abschussplan vorgeschrieben ist, dieser andererseits aber überschritten oder sonstwie nicht eingehalten wird. Das ist angewandter Tierschutz, seine Verletzung ist eine Straftat nach § 17 Tierschutzgesetz. Der Begriff der Weidgerechtigkeit ist zwar ambivalent, aber er beinhaltet unsere Pflicht, Leiden des Wildes so weit wie möglich zu vermeiden. Auch das ist angewandter Tierschutz. Andere Vorschriften des Jagdschutzes und des Mutterschutzes von Wildtieren sind ebenfalls angewandter Tierschutz.

Der Deutsche Tierschutzbund ist allerdings anderer Meinung. Er hält die Jagd weder für Tierschutz noch für Naturschutz, wie man in der Broschüre „Die Jagd aus Sicht des Tierschutzes“ entnehmen kann.

Dennoch sind die Tierschützer selbstverständlich die geeigneten Gesprächspartner der Jäger. Sie haben durchaus Argumente, denen wir uns öffnen können, denn es gibt sicherlich Jagdpraktiken, die unter Tierschutzgesichtspunkten zu hinterfragen sind, und möglicherweise auch abgestellt werden müssen. So halte ich die Aufhebung der Abschussplanung für Rehwild in Brandenburg für katastrophal, weil sie einer tierschutzverletzenden Abschussquote Tür und Tor öffnet. Ebenso kann man über die Baujagd und die Fallenjagd durchaus mit dem Tierschutz diskutieren, und ich halte zum Beispiel Saufänge für absolut tierschutzwidrig. Es gibt da schon Einiges zu bereden.

 

c.    Jagdgegner Tierrechtler

Keinesfalls aber diskutieren kann man mit den Vertretern von Tierrechten. Das Tierrecht, das es unserer Ansicht nach ohnehin nicht gibt, hat zwar Tierschutzaspekte und versteckt sich auch hinter dem Tierschutz, aber ist der Jagd und dem Jagdrecht diametral entgegengesetzt und mit diesem unvereinbar. Denn die Jagd ist Nutzung des Wildtieres, das deshalb getötet werden muss. Das Tierrecht verbietet die Tötung und sieht in der Jagd eine Verletzung der subjektiven Rechte der Tiere auf Freiheit, Leben und Unversehrtheit. Die legale Jagd ist heute der rechtfertigende Grund für § 17 Tierschutzgesetz, für das Tierrecht nicht – es hält die Jagd für Mord.

Dennoch müssen wir Jäger uns mit dem Tierrecht eingehend befassen. Denn die schwindende Akzeptanz der Jagd und die zunehmende Ablehnung der Jagd, die bis zu lebensgefährlichen Zerstörungen von jagdlichen Einrichtungen, zur Störung von jagdlichen Veranstaltungen und zu jagdfeindlicher Gesetzgebung führt, wird im Wesentlichen durch die Vertreter des Tierrechts, durch ihre Internetauftritte, ihre Propaganda und ihre Aktionen befördert.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die großen Tierschutzorganisationen, wie BUND und NABU, schon auf dem Weg zur Akzeptanz des Tierrechts sind.  PETA vertritt Tierrecht. Gleiches gilt für PROVEG und andere Vereinigungen und Initiativen, die z. B. in Berlin monatelang gegen die Jagd demonstrierten.

Die Initiative „Abschaffung der Jagd“ des Biologen und Studiendirektors Kurt Eicher hält die Jagd für eine „Nebenform menschlicher Geisteskrankheit“.

Das bringt uns zu unserem Volksphilosophen Precht. Er zitiert nämlich in „Tiere denken“ unter der Überschrift „Naturschutz oder Lustmord? Dürfen wir Tiere jagen?   eben denselben Satz von Theodor Heuss, der da lautet: „Jagd ist nur eine feige Umschreibung für besonders feigen Mord am chancenlosen Mitgeschöpf. Die Jagd ist eine Nebenform menschlicher Geisteskrankheit.“ Si tacuisses, lieber Heuss!

Dieses Kapitel bei Precht ist ebenso erstaunlich wie ausgesprochen unerfreulich. Es ist in einem Ton und Stil geschrieben, der sich polemisch und sarkastisch von dem ansonsten wissenschaftlich nüchternen Schreibduktus von Herrn Precht spürbar abhebt. Inhaltlich wiederholt der Autor sattsam bekannte und auch ziemlichen dümmliche Argumente gegen die Jagd.

Der Grund liegt darin, dass Precht die deutsche Jagd gründlich missversteht und insbesondere vom Jagdrecht nicht die geringste Ahnung hat. Sein Prototyp des deutschen Jägers ist nämlich der Lustmörder, der aus niedrigen Tötungsmotiven in den Tann schleicht, um dort nur aus Mordlust arme Tiere zu töten. Abgesehen davon also, dass das eine dümmliche Verallgemeinerung jägerischer Motive ist, verkennt Precht offensichtlich die Rolle des Jagdrechts. Denn für unser Jagdrecht ist es glücklicherweise völlig egal, aus welchen Motiven ein Jäger jagt. Das Gesetz (wenn es nicht wie beim Rehwildabschuss in Brandenburg „verschlimmbessert“ wird!) zwingt nämlich auch den dümmsten bewaffneten Macho dazu, bei seiner Einhaltung zum Beispiel im Rahmen des Abschlussplanes tatsächlich einen gesunden und artenreichen Wildbestand in Übereinstimmung mit dem Biotop zu erhalten, ob ihm das nun klar ist oder nicht und ob ihm das nun wichtig ist oder wurst.

 

6.    Schlussbemerkung

Deshalb ziehe ich aus dem, was ich Ihnen hier vorgetragen habe, folgenden Schluss:

  • wir müssen als Jäger den Diskurs mit den wirklichen Tierschützern unbedingt offenhalten, weiter suchen, und bereit sein, auf sachliche Argumente des Tierschutzes offen und vernünftig einzugehen. Auch unsere Jagd ist im Wandel. Den aber müssen wir, wenn nötig, gestalten und uns nicht von Anderen aufzwingen lassen.
  • Wir müssen die Tierrechtsbewegung sorgfältig beobachten und uns aktiv und vehement den Theorien, den Postulaten und den Aktionen ihrer Vertreter entgegenstellen. Dazu gehört endlich eine aktive, vielleicht sogar aggressive Darstellung der Jagd in der Öffentlichkeit.
  • Deshalb müssen wir auch aktiv in alle politischen Entscheidungen in Bezug auf die Jagd eingreifen und diese zu beeinflussen suchen.

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