LJagdG Brandenburg – § 11Jagdpacht

Kommentar zum Landesjagdgesetz Brandenburg

Laufend aktualisierte Fassung
JUN.I Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Landesjagdgesetz

Jagdpacht

§ 11
Jagdnutzung

(1) Die Jagdgenossenschaft kann die Verpachtung insbesondere auf den Kreis der Jagdgenossen oder der jagdpachtfähigen Personen beschränken, die ihre Hauptwohnung in einer durch Beschluss zu bestimmenden Höchstentfernung zum Jagdbezirk haben. Sie kann außerdem ihre Zustimmung zur Weiter- und Unterverpachtung sowie zur Erteilung entgeltlicher Jagderlaubnisscheine, ausgenommen der Erlaubnis zum Abschuss von Einzelstücken, davon abhängig machen, dass ortsansässige Personen angemessen berücksichtigt werden.

(2) Wird die Jagd durch angestellte Jäger ausgeübt, so dürfen nicht mehr Personen angestellt werden, als nach § 14 Abs. 1 Jagdpächter sein dürfen.

§ 13
Verpachtung

(1) Die untere Jagdbehörde kann die Verpachtung eines Teiles von geringerer Größe als der gesetzlichen Mindestgröße eines Jagdbezirkes an den Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirkes zulassen, wenn dies einer besseren Jagdbezirksgestaltung dient.

(2) Die Mindestpachtzeit beträgt für Niederwildbezirke neun Jahre, für Hochwildbezirke zwölf Jahre. Ein Jagdbezirk ist nur dann ein Hochwildjagdbezirk, wenn ein Abschuss von Hochwild über mindestens drei Jahre in Folge bereits erfolgt ist. Jagdbezirke, in denen als Hochwild nur Schwarzwild vorkommt, gelten als Niederwildjagdbezirk.

(3) Die Teilung eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes in mehrere Teilreviere zum Zwecke der Verpachtung ist zulässig, wenn jedes Teilrevier mindestens 250 Hektar bejagbarer Fläche umfasst. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestehende Jagdpachtverträge, die dieser Bedingung nicht entsprechen, haben Bestandsschutz für die vorgesehene Laufzeit; eine Verlängerung ist nicht zulässig.

§ 15
Eintragung in den Jagdschein

(1)            ………………

(2)            Jagdpächter, Mit- oder Unterpächter und Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis sind verpflichtet, der unteren Jagdbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss des Pacht- oder Erlaubnisvertrages unter Vorlage des Vertrages die Größe der Flächen mitzuteilen, auf denen ihnen die Ausübung des Jagdrechts zusteht. Ausgenommen davon sind Inhaber einer Jagderlaubnis zum Abschuss von Einzelstücken.

 

Bundesjagdgesetz

§ 11 Jagdpacht

(1) Die Ausübung des Jagdrechts in seiner Gesamtheit kann an Dritte verpachtet werden. Ein Teil des Jagdausübungsrechts kann nicht Gegenstand eines Jagdpachtvertrages sein; jedoch kann sich der Verpächter einen Teil der Jagdnutzung, der sich auf bestimmtes Wild bezieht, vorbehalten. Die Erteilung von Jagderlaubnisscheinen regeln, unbeschadet des Absatzes 6 Satz 2, die Länder.

(2) Die Verpachtung eines Teils eines Jagdbezirkes ist nur zulässig, wenn sowohl der verpachtete als auch der verbleibende Teil bei Eigenjagdbezirken die gesetzliche Mindestgröße, bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken die Mindestgröße von 250 Hektar haben. Die Länder können die Verpachtung eines Teiles von geringerer Größe an den Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirkes zulassen, soweit dies einer besseren Reviergestaltung dient.

(3) Die Gesamtfläche, auf der einem Jagdpächter die Ausübung des Jagdrechts zusteht, darf nicht mehr als 1.000 Hektar umfassen; hierauf sind Flächen anzurechnen, für die dem Pächter auf Grund einer entgeltlichen Jagderlaubnis die Jagdausübung zusteht. Der Inhaber eines oder mehrerer Eigenjagdbezirke mit einer Gesamtfläche von mehr als 1.000 Hektar darf nur zupachten, wenn er Flächen mindestens gleicher Größenordnung verpachtet; der Inhaber eines oder mehrerer Eigenjagdbezirke mit einer Gesamtfläche von weniger als 1.000 Hektar darf nur zupachten, wenn die Gesamtfläche, auf der ihm das Jagdausübungsrecht zusteht, 1.000 Hektar nicht übersteigt. Für Mitpächter, Unterpächter oder Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis gilt Satz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, daß auf die Gesamtfläche nur die Fläche angerechnet wird, die auf den einzelnen Mitpächter, Unterpächter oder auf den Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis, ausgenommen die Erlaubnis zu Einzelabschüssen, nach dem Jagdpachtvertrag oder der Jagderlaubnis anteilig entfällt. Für bestimmte Gebiete, insbesondere im Hochgebirge können die Länder eine höhere Grenze als 1.000 Hektar festsetzen.

(4) Der Jagdpachtvertrag ist schriftlich abzuschließen. Die Pachtdauer soll mindestens neun Jahre betragen. Die Länder können die Mindestpachtzeit höher festsetzen. Ein laufender Jagdpachtvertrag kann auch auf kürzere Zeit verlängert werden. Beginn und Ende der Pachtzeit soll mit Beginn und Ende des Jagdjahres (1. April bis 31. März) zusammenfallen.

(5) Pächter darf nur sein, wer einen Jahresjagdschein besitzt und schon vorher einen solchen während dreier Jahre in Deutschland besessen hat. Für besondere Einzelfälle können Ausnahmen zugelassen werden. Auf den in Satz 1 genannten Zeitraum sind die Zeiten anzurechnen, während derer jemand vor dem Tag des Wirksamwerdens des Beitritts eine Jagderlaubnis in der Deutschen Demokratischen Republik besessen hat.

(6) Ein Jagdpachtvertrag, der bei seinem Abschluss den Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 Halbsatz 1, des Absatzes 2, des Absatzes 3, des Absatzes 4 Satz 1 oder des Absatzes 5 nicht entspricht, ist nichtig. Das gleiche gilt für eine entgeltliche Jagderlaubnis, die bei ihrer Erteilung den Vorschriften des Absatzes 3 nicht entspricht.

(7) Die Fläche, auf der einem Jagdausübungsberechtigten oder Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis nach Absatz 3 die Ausübung des Jagdrechts zusteht, ist von der zuständigen Behörde in den Jagdschein einzutragen; das Nähere regeln die Länder.

 

§ 12  Anzeige von Jagdpachtverträgen

(1) Der Jagdpachtvertrag ist der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Behörde kann den Vertrag binnen drei Wochen nach Eingang der Anzeige beanstanden, wenn die Vorschriften über die Pachtdauer nicht beachtet sind oder wenn zu erwarten ist, daß durch eine vertragsmäßige Jagdausübung die Vorschriften des § 1 Abs. 2 verletzt werden.

(2) In dem Beanstandungsbescheid sind die Vertragsteile aufzufordern, den Vertrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, der mindestens drei Wochen nach Zustellung des Bescheides liegen soll, aufzuheben oder in bestimmter Weise zu ändern.

(3) Kommen die Vertragsteile der Aufforderung nicht nach, so gilt der Vertrag mit Ablauf der Frist als aufgehoben, sofern nicht einer der Vertragsteile binnen der Frist einen Antrag auf Entscheidung durch das Amtsgericht stellt. Das Gericht kann entweder den Vertrag aufheben oder feststellen, daß er nicht zu beanstanden ist. Die Bestimmungen für die gerichtliche Entscheidung über die Beanstandung eines Landpachtvertrages gelten sinngemäß; jedoch entscheidet das Gericht ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

(4) Vor Ablauf von drei Wochen nach Anzeige des Vertrages durch einen Beteiligten darf der Pächter die Jagd nicht ausüben, sofern nicht die Behörde die Jagdausübung zu einem früheren Zeitpunkt gestattet. Wird der Vertrag binnen der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Frist beanstandet, so darf der Pächter die Jagd erst ausüben, wenn die Beanstandungen behoben sind oder wenn durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt ist, daß der Vertrag nicht zu beanstanden ist.

 

§ 13   Erlöschen des Jagdpachtvertrages

Der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn dem Pächter der Jagdschein unanfechtbar entzogen worden ist. Er erlischt auch dann, wenn die Gültigkeitsdauer des Jagdscheines abgelaufen ist und entweder die zuständige Behörde die Erteilung eines neuen Jagdscheines unanfechtbar abgelehnt hat oder der Pächter die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines nicht fristgemäß erfüllt. Der Pächter hat dem Verpächter den aus der Beendigung des Pachtvertrages entstehenden Schaden zu ersetzen, wenn ihn ein Verschulden trifft.

 

§ 14  Wechsel des Grundeigentümers

(1) Wird ein Eigenjagdbezirk ganz oder teilweise veräußert, so finden die Vorschriften der §§ 566 bis 567b des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Das gleiche gilt im Falle der Zwangsversteigerung von der Vorschrift des § 57 des Zwangsversteigerungsgesetzes; das Kündigungsrecht des Erstehers ist jedoch ausgeschlossen, wenn nur ein Teil eines Jagdbezirkes versteigert ist und dieser Teil nicht allein schon die Erfordernisse eines Eigenjagdbezirkes erfüllt.

(2) Wird ein zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehöriges Grundstück veräußert, so hat dies auf den Pachtvertrag keinen Einfluss; der Erwerber wird vom Zeitpunkt des Erwerbes an auch dann für die Dauer des Pachtvertrages Mitglied der Jagdgenossenschaft, wenn das veräußerte Grundstück an sich mit anderen Grundstücken des Erwerbers zusammen einen Eigenjagdbezirk bilden könnte. Das gleiche gilt für den Fall der Zwangsversteigerung eines Grundstücks.

 

Kommentar zum Landesjagdgesetz

§ 11 Jagdnutzung

1.

Die Verpachtung von Jagdbezirken ist die am häufigsten vorkom­mende Art der Jagdnutzung sowohl von gemeinschaftlichen Jagd­bezirken (vergl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BJagdG) als auch von zahl­reichen Eigenjagdbezirken. Der Päch­ter hat allerdings keinen Besitz an den Grundstücken des Re­viers, sodass ihm diesbezüglich kein Besitzschutz zusteht. Er hat aber das Recht, Beeinträchtigungen des Jagdausübungsrechts durch entsprechende Anwendung der Besitzschutzvorschrift des § 1004 BGB – sie lautet:

§ 1004 BGB  Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch:

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Außerdem ist der schuldhafte Eingriff in das Jagdausübungsrecht des Pächters häufig eine unerlaubte Handlung gem. § 823 BGB, weil das Jagdrecht ein sonstiges Recht ist, und verpflichtet zu Unterlassung und Schaden­sersatz. Stets ist der Zivilrechtsweg gegeben.

Die zitierte Vorschrift lautet:

§ 823 BGB  Schadensersatzpflicht:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

2.

Das LJagdG ermächtigt die Jagdgenossenschaft, die Verpachtung auf einen Kreis von Personen zu beschränken, die ihre Hauptwohnung in einer durch den Beschluss der Jagdgenossenschaft selbst zu bestimmenden Entfernung (Höchstentfernung) zu dem zu verpachtenden Jagdbezirk haben. Grundsätzlich gilt hier die Luftlinie, weil es aus Gerechtig­keitsgründen auf unterschiedliche Straßenführungen nicht an­kommen kann. Es ist also auf der Karte ein Kreis um das Revier zu legen, wobei die Höchstentfernung jeweils von der Revier­grenze zu messen ist. Alle innerhalb dieses Kreises wohnenden Bewerber sind zuzulassen, außerhalb wohnende nicht.

3.

Die Jagdgenossenschaft ist ferner berechtigt, Weiter- und Unterverpachtungen (die ohnehin selten vorkommen dürften), insbesondere aber die Erteilung entgeltlicher Jagderlaubnisse so zu regeln, dass da­bei ortsansässige Personen angemessen berücksichtigt werden; also z.B. pro Jagdgast muss ein entgeltlicher Begehungsschein auch an einen ortsansässigen Bewohner gegeben werden. Was „ortsansässig“ heißt, ist nicht definiert – nach allgemeinem Sprachgebrauch kann das nur Personen meinen, die in der Ge­meinde der JG oder allenfalls im Bereich einer Gesamtgemeinde oder Verwaltungseinheit dieser Gemeinde ihren ersten Wohnsitz haben. Es genügt die Verpflichtung des Jagdausübungsberechtig­ten zu dieser Berücksichtigung – meldet sich kein Ortsansässi­ger, so ist der Begehungsschein des nicht Ortsansässigen nicht zu versagen.

4.

§ 14 Abs.  1 LJagdG (siehe dort) stellt Pächterhöchstzahlen auf. § 11 Abs.  2 stellt klar, daß diese Pächterhöchstzahlen auch für angestellte Jäger gelten.

5.

Der Pachtzins steht der Jagdgenossenschaft zu, die über die Verwendung des Reinertrages zu entscheiden hat. Verteilt sie diesen nicht anteilig auf die Jagdgenossen, sondern verwendet ihn anders, so kann jeder Jagdgenosse, der das nicht mittragen will, seinen Auskehrungsanspruch nach § 10 Abs. 3 BJagdG geltend machen.

Eine Wildschadenspauschale steht in der Regel ebenfalls der Jagdgenossenschaft zu. Über ihre Verwendung bestimmt zunächst der Jagdpachtvertrag; sagt dieser nichts, so ist die Pauschale eine Vorauszahlung auf Wildschaden, und der nicht verbrauchte Teil ist am Ende des Pachtvertrages an den Pächter zurückzuzahlen, es sei denn, die Auslegung des Pachtvertrages oder seine Handhabung ergibt, dass die Jagdgenossenschaft nach eigenem Gutdünken über diese Beträge verfügen darf. Dann steht ein Überschuss bei Ende des Pachtvertrages der Jagdgenossenschaft zu und ist auszukehren, wenn die Versammlung dies beschliesst oder einzelne Genossen dies verlangen.

6.

Der Auskehrungsanspruch entsteht am Ende eines jeden Jagdjahres rückwirkend neu. Deshalb kann ein Jagdgenosse jedes Jagdjahr seine Meinung ändern und den Auskehrungsanspruch geltend machen oder auch nicht, und der Anspruch verjährt nach den allgemeinen Regeln des BGB in 3 Jahren.

 

§ 13 Verpachtung

1.

Der Jagdpachtvertrag ist ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 581 ff. BGB, auf den darüber hinaus zahlreiche Vorschriften des Mietrechts, §§ 535 ff. BGB, Anwendung finden. Zugleich ist Jagdpacht nicht Grundstückspacht, sondern Rechtspacht – der Pächter pachtet das Recht, auf bestimmten Grundflächen die Jagd ausüben zu dürfen. Damit kann der Pächter das Jagdrecht nutzen, und tut dies durch Ausübung des Jagdrechts. Stets ist der Zivilrechtsweg gegeben. Zu Pachtformen auch uJ  91, 22 „Rechtsformen der Jagdausübung“. Die §§ 1004 und 823 BGB sind abgedruckt in Anm. 1 zu § 11 LJagdG, s. dort.

2.

Das verpachtete Recht ist meist höchstpersönlich, es sei denn, der Pachtvertrag gestattet dem Pächter, das Recht weiterzu­verpachten. Nur in einem solchen Falle kann es von einem Gläu­biger des Pächters auch gepfändet werden. Der Pachtpreis und alle Nebenleistungen, die als Entgelt oder auch als Entgelt für die Ausübung des Jagdrechts gezahlt werden, bestimmen den Wert des Pachtvertrages in Gerichtsverfahren, in denen es um den Bestand des Pachtvertrages geht, und zwar gilt dann der Wert des gesamten Vertrages bis zu seinem Ablauf (BGH vom 27.2.92 III ZR 142/91 und BGHZ 18, 168).  Die Haftung des Pächters richtet sich nach seinem Pachtvertrag und allgemeinem Recht. Dritten gegenüber haftet er für Schäden, die durch seine jagdlichen Einrichtungen entstehen, nicht; ein Erwachse­ner, der einen Hochsitz besteigt und verunfallt, hat deshalb gegen den Jagdpächter keine Ansprüche (OLG Stuttgart VersR 1977, 384; OLG Nürnberg RdL 1985, 315), sofern bei der Konstruktion des Hochsitzes die verkehrsübliche Sorgfalt (Bau nach Regeln der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, u.U. Schild „Jagdliche Einrichtung – Betreten verboten“ angebracht) beachtet wurde. Dies gilt insbesondere, wenn nach Standort des Hochsitzes mit der Benutzung durch Unbefugte zu rechnen ist. Der einzelne Grund­stückseigentümer hat gegen den Pächter keinen Anspruch auf Vertragserfüllung oder Wildschadensvermeidung, wohl aber gege­benenfalls die Jagdgenossenschaft als Verpächter.

Die früher UVV Jagd genannten Regeln der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften heißen jetzt VSG Teil 4.4 (Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz).

3.

Das BJagdG und in seinem Rahmen die Landesjagdgesetze stellen einige Son­derregelungen für Jagdpachtverträge auf. Die wichtigste ist die Schriftform – ohne Beachtung dieser Form geschlossene Pachtverträge sind nichtig. Die Schriftform gilt auch für wesentliche Vertragsbestandteile (z.B. Nebenabreden über eine jährliche „Spende“, die in Wahrheit ein Teil des Pachtpreises ist, und deshalb im Pachtvertrag schriftlich niedergelegt sein muss) und für Vor­verträge,  Mitpacht und Unterpacht. Zu dieser Problematik uJ   93, 22 „Unfaire Jagdgenossen“. Die UJB, der Pachtverträge zu melden sind, hat das Recht, Pachtverträge innerhalb von 3 Wochen seit Eingang der Anzeige zu beanstanden, aber nur, wenn die Hegepflicht verletzt oder die Pachtdauer zu kurz ist. Bis zur Beanstandung bzw. zum Ablauf der Frist sind die Pachtver­träge schwebend wirksam, binden die Parteien, berechtigen aber nicht zur Jagdausübung – das gilt dann über Jahre hinweg, wenn bei der Behörde überhaupt nicht angemeldet wird; die Jagd ist dann aber keine Wilderei, wenn der Verpächter einwilligt. Werden Beanstandungen nicht behoben, erlischt der Vertrag, falls nicht das Gericht angerufen wird, welches dann entscheidet. Die Nichtbeachtung der Meldepflicht ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Ziff. 5 BJagdG und kann mit Geldbuße bis zu € 5.000 geahndet werden. Sonstige Folgen hat die Nichtmeldung aber nicht – insbesondere hat das Unterlassen der Meldung nicht die Wirkung, dass der Pachtvertrag etwa irgendwann einmal nichtig würde (was das OLG Hamm und der BGH tatsächlich einmal angenommen hatten, was der BGH aber in einer späteren Entscheidung wieder revidiert hat). Das Erlöschen des Jagdpachtvertrages regelt § 13 BJagdG – Ziff.16 ff.

4.

Das Jagdausübungsrecht kann nur einheitlich verpachtet werden. Wird nur ein Teil, z.B. die Jagd auf Hochwild, verpachtet, ist der Vertrag nichtig. Der Verpächter kann sich allerdings einen Teil der Jagdnutzung bestimmter Wildarten selbst vorbehalten, kann dieses Recht aber nicht an einen Dritten weiterverpachten. Unzulässig ist aber eine Klausel, wonach sich der Verpächter z.B. „mit 50% an der Ausübung des Jagdrechts beteiligt“, und macht den Pachtvertrag insgesamt nichtig, weil sich der Vorbehalt nicht auf bestimmte Wildarten bezieht – BGH vom 04.07.1991 – III ZR 101/90 = AgrarR 92, 116 = NJW 91, 3033. Eine Beteiligung des Verpächters am Wildbret dagegen fällt nicht unter diese Bestimmung und ist stets zulässig. Nach § 13 Abs. 4 ist der Pächter am Wildschaden zu beteiligen. Geschieht dies nicht, hat das aber keine Folgen.

5.

Die Verpachtung von Jagdbögen ohne Teilung war schon vor dem neuen LJagdG zulässig, wobei diese aber gem. § 11 Abs. 2 BJagdG bei Eigenjagden die gesetzliche Mindest­größe haben müssen; in Brandenburg beträgt diese für alle Fälle 150 ha. Jetzt bestimmt das Gesetz ausdrücklich, dass ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk in mehrere Teilreviere von mindestens 250 ha aufgeteilt werden kann, wenn dies zum Zwecke der Verpachtung geschieht. Das ist keine Abrundungsmassnahme nach § 2 LJagdG, sondern eine Teilung, die der Verpächter selbst durch entsprechende Pachtverträge vornimmt.

Das Gesetz erlaubt außerdem eine geringere Verpachtung als die gesetzliche Mindestgröße gemeinschaftlicher Pachtbezirke (500 ha) an Nachbarn zur besseren Reviergestaltung in Abs. 1.

Das gilt aber nur für die gesonderte Verpachtung von Jagdbögen – wird ein gemein­schaftlicher Jagdbezirk an zwei Pächter verpachtet, und mit diesen vereinbart, dass jeder einen Teil als Jagdbogen geson­dert bejagen darf (entweder durch Vereinbarung der Pächter mit Zustimmung des Verpächters oder durch allseitige Vereinbarung im Pachtvertrag), so handelt es sich um einen einheitlichen Pachtvertrag mit zwei Mitpächtern, und die jeweils bejagte Fläche kann geringer sein als 250 ha, solange der gemein­schaftliche Jagdbezirk seine vorgeschriebene Mindestgröße und der Pächter die vorgeschriebene Mindestfläche hat. Das folgt aus der Vertragsfreiheit. Der einzelne Jagdbogen muss aber dann, wenn der Pachtvertrag so auszulegen ist, dass jeder Mitpächter eben nur seinen Jagdbogen allein bejagen darf (Eigene Erlaubnisscheine, Pacht wird für diesen Teil direkt bezahlt usw.) mindestens 250 ha groß sein – § 11 Abs. 2 BJagdG. Hier kommt es also ganz auf die einzelvertragliche Gestaltung und ihre Auslegung an und § 14 LJagdG ist zu beachten.

6.

Die Jagdausübung ist für Pächter und Inhaber entgeltlicher Be­gehungsscheine auf 1000 ha maximal begrenzt, nur Eigenjagdbesitzer können bei größerer Eigenjagd diese Größe überschreiten, dür­fen dann aber nicht zupachten, wenn sie nicht gleichzeitig Eigenjagdflächen gleicher Größe verpachten. Bei Mitpächtern und Unterpäch­tern sowie Inhabern entgeltlicher Begehungsscheine (nicht an­wendbar auf Einzelabschüsse) wird nur die Fläche gerechnet, die dem Anteil an der Jagd entspricht. Die Höchstgrenze kann von den Ländern für bestimmte Gebiete insbesondere im Hochge­birge höher festgesetzt werden. Pachtflächen sind in den Jagd­schein einzutragen. Vergl. zur Eintragungspflicht aber auch die Anmerkungen zu § 15 LJagdG.

7.

Die Pachtdauer soll nach BJagdG mindestens neun Jahre betra­gen. Ein laufender Pachtvertrag kann aber um eine geringere Anzahl von Jahren verlängert werden. § 13 Abs. 3 letzter Satz LJagdG – alt – erlaubte die Unterschreitung der gesetzli­chen Mindestzeiten bei der Erstverpachtung. Die Vorschrift stand im Widerspruch zu § 11 Abs. 4 Satz 2 BJagdG, der den Ländern nur eine Erhöhungsbefugnis einräumt – Grund hierfür war das Bestreben der BVVG, kürzere Vertragsdauern wählen zu können, um die Verkäuflichkeit ihrer Flächen mit Eigenjagdcharakter nicht durch weiterlaufende Pachtverträge herabsetzen zu müssen. Die Rechtsfrage war aber ohne Bedeutung, denn die Unterschreitung der Mindest­pachtzeit macht auch nach BJagdG den Pachtvertrag nicht nich­tig. Deshalb stellte die Regelung des LJagdG in diesem Fall nur einen Hinweis des Ge­setzgebers an die UJB dar. Der Grund für diese Bestimmung lag ferner auch in den unklaren Rechtsverhältnissen in Brandenburg nach der Wende, die es in Einzelfällen im Hinblick auf Treuhand­land, Restitutionsansprüche usw. angebracht sein lassen kön­nen, ausnahmsweise die Erstverpachtung bis zur Klärung derar­tiger Fragen zu beschränken. Zur Problematik von Treuhandflächen z.B. uJ  92, 54/55 „Jagdverbot im eigenen Revier – was nun?“.

Die Vorschrift ist allerdings jetzt entfallen, die Mindestpachtdauer ist bindend. Da § 17 LJagdG in seiner Neufassung jetzt nur noch diese Vorschrift des § 13 Abs. 2 und des § 14 enthält, macht ein Verstoß gegen die Mindestpachtdauer jetzt einen Pachtvertrag eindeutig nichtig. Wenn also der Pachtvertrag z. B. die Möglichkeit für eine der Parteien enthält, den Vertrag ohne wichtigen Grund vorzeitig zu kündigen, so beeinträchtigt diese Klausel allein schon die Mindestpachtpflicht und macht den Vertrag nichtig.

Bei der Höchstflächenbegrenzung ist zu beachten, dass nach Abs. 6 des § 11 BJagdG ein Pachtvertrag nur nichtig ist, wenn die Flächenhöchstgrenze von 1000 ha „bei seinem Abschluss“ überschritten wurde. Vergrößert sich nachträglich, z.B. durch eine Flurbereinigung oder Gemeindeneuordnung, der Pachtbezirk über 1000 ha, so wird der Pachtvertrag nicht nichtig, sondern bleibt gültig; das LJagdG ermöglichte es dann aber der UJB, zu verlangen, dass Mitpächter oder Begehungsscheininhaber eingesetzt werden; dies ist allerdings im neuen Landesjagdgesetz nicht mehr enthalten. Nach § 14 müssen für die ersten beiden Pächter mindestens 250 ha, für jeden weiteren Pächter mindestens weitere 75 ha „zur Verfügung stehen“, aber es wird nicht mehr verlangt, dass dafür dann auch jeweils Pächter aufgenommen werden müssen oder etwa Begehungsscheine ausgegeben werden müssen.

Problematisch sind dabei die Fälle in den neuen Bundesländern, in denen die Parteien ebenso wie die UJB zunächst von einer geringeren Fläche ausgingen, weil ein aussagekräftiges Jagdkataster nicht bestand, dann aber nach Anfertigung desselben plötzlich eine größere als im Pachtvertrag enthaltene Fläche feststellen mussten. Wenn der Pachtvertrag nichts sagt, dann bleibt diese Fläche außen vor und ist im Einvernehmen mit der UJB, u.U. durch völlige Revierneugestaltung, für die Bejagung vorzusehen – ein im Einzelfall häufig sehr kontroverser Sachverhalt. Enthält der Pachtvertrag aber, wie üblich, die Regelung, dass irrtümlich nicht verpachtete aber zum Jagdbezirk gehörende Flächen als mitverpachtet gelten, so war die Flächenbegrenzung bei Verpachtung überschritten und die Folge wäre Nichtigkeit – eine höchst unbefriedigende Regelung. Man muss dann m. E. die Wegfallregel des § 13a BJagdG analog anwenden:

Wenn ursprünglich an mehrere Pächter verpachtet wurde und einer wegfällt, sodass die übrigen plötzlich die Flächenhöchstgrenze überschreiten, so greift § 13a BJagdG ein – der Pachtvertrag wird nichtig, wenn der Mangel, also die Flächengröße pro Pächter, nicht bis zum Ende des Jagdjahres, bei Eintreten kurz vor Ende des Jagdjahres in vernünftiger Auslegung bis zum Ende des nächsten Jagdjahres behoben wird. Die Jagdgenossenschaft ist verpflichtet, an dieser Behebung mitzuwirken. In gleicher Weise muss man dem oder den Pächtern eine „Reparatur“ bis zum Ende des Pachtjahres erlauben, wenn eine Katasterbereinigung plötzlich eine höhere als die verpachtete Fläche ergibt und diese automatisch unter den Pachtvertrag gezogen wird. Die Problematik tritt allerdings immer dann nicht auf, wenn noch mindestens ein entgeltlicher Begehungsscheininhaber im Revier jagt.

8.

Brandenburg hat im Übrigen die Pachtdauer gesetzlich auf die Mindestzeit von 9 Jahren für Niederwildreviere und 12 Jahren für Hochwildreviere festgeschrieben. Ein Vertrag, der dagegen verstößt, ist nach § 12 BJagdG beanstandbar; die Regelung des § 17 LJagdG, wonach der Verstoß zur Nichtigkeit des Pachtvertra­ges führt, ist bedenklich, denn die Länder können wegen feh­lender bundesgesetzlicher Ermächtigung über die verbindliche Einzelregelung der Nichtigkeitsgründe des § 11 Abs. 6 BJagdG hinaus neue Nichtigkeitsgründe nicht einführen. Das ist auch nicht mit § 134 BGB zu begründen, wonach ein Vertrag nichtig ist, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, denn diese Vorschrift ist eine generelle Regelung, der die abschließende Aufzählung der Nichtigkeitsgründe in § 11 Abs. 6 BJagdG als spezialgesetzliche Regelung vorgeht (streitig – die Meinung dieses Kommentars wird bislang nicht geteilt), und die außerdem dann nie eingreift, wenn die Verbotsnorm die Rechtsfolge selbst regelt. Diese schon in der Vorauflage vertretene Auffassung wird allerdings von den Gerichten in Brandenburg nicht geteilt; es wurde bislang nicht direkt, aber inzidenter entschieden, dass § 17 für verfassungskonform gehalten wird. Davon ist auszugehen.

9.

Ist der Pächter nicht pachtfähig, ist der Pachtvertrag nich­tig. Für besondere Einzelfälle können Ausnahmen zugelassen werden, die aber immer unter dem Oberbegriff der Gleichbehand­lung (Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes) stehen. So ist es zulässig, dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Pachtbewerber seine Jägerprüfung z.B. am 2. April ab­geschlossen hat, theoretisch an seinem ersten Pachtjahr also 1 Tag fehlt. Unzulässig dürfte es sein, einen Bewerber mit nur zwei Jahresjagdscheinen gegenüber anderen Bewerbern mit einer Ausnahmeregelung zuzulassen, weil er dem Verpächter besser gefällt. Die Voraussetzungen, auch die Befreiung, müs­sen vor bzw.. bei Abschluss des Pachtvertrages vorliegen, wobei es z.B. genügt, wenn die Dreijahresfrist bis zum Pachtbeginn eingetreten ist (BGH RdL 1959, 218); (Beispiel: Vertragsabschluss am 15.3. im dritten vollen Jahresjagdschein-Jahr des Pächters, das sich am 31.3. vollendet, sodass Pachtfähigkeit zu Beginn der Pacht am folgenden 1.4. eingetreten ist). Wird eine Ausnahmegenehmigung erst nach Vertragsabschluss, auch vor Pachtbeginn, erteilt, bleibt der Pachtvertrag nichtig und muss wiederholt werden, weil von Anfang an nichtige Verträge nur durch Neuabschluss geheilt werden können. Ein nichtiger Vertrag kann nicht durch die UJB beanstandet werden. Die UJB ist zwar berechtigt, ihre Rechtsmeinung zur Wirksamkeit eines Vertrages zu äußern, hat aber keine Entscheidungsbefugnis. Sie muss diese Tatsache gegebenenfalls inzidenter zur Nachprüfung stellen, indem sie ein Verfahren gegen den Inhaber eines ihrer Meinung nach nichtigen Vertrages wegen Jagdwilderei einleitet, wenn dennoch gejagt wird; dabei ist wegen der Gefahr wissentlich falscher Anschuldigung Zurückhaltung geboten.

10.

Pachtverhältnisse durch einen Strohmann sind je nach Fall un­terschiedlich zu behandeln. Dazu uJ  91, 2 „Strohmannschaft unter die Lupe genommen“. Pächter ist grundsätzlich der, der den Vertrag abschließt. Der hinter ihm stehende Berechtigte erwirbt gegenüber der Jagdgenossenschaft keinerlei Rechte – der zwischen ihm und dem Pächter bestehende Vertrag kann nach § 134 BGB nichtig sein, wenn er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Da der Hintermann meist überwiegend jagen will, aber nicht Pächter ist, muss er einen entgeltlichen Begehungsschein nach Maßgabe des Jagdrechts haben.

11.

Das Bundesrecht regelt die Jagderlaubnis nicht, sondern weist, nur für den Fall der entgeltlichen Jagderlaubnis, die Rege­lungsbefugnis den Ländern zu; da die unentgeltliche Jagder­laubnis im BJagdG nicht angesprochen, aber eine geringere Be­teiligung an der Jagdausübung ist als die von den Ländern zu regelnde entgeltliche Jagderlaubnis, können die Länder auch die unentgeltliche Jagderlaubnis regeln. Brandenburg hat dies ausführlich in § 16 getan, s. dort.

 

§ 15 Eintragung in den Jagdschein

12.

Nach § 11 Abs. 7 BJagdG ist die bejagte Fläche von Pächtern oder Inhabern entgeltlicher Begehungsscheine in den Jagdschein einzutragen. Das nähere regeln die Länder, was für Brandenburg in § 15 geschehen ist.

13.

Meldepflichtig sind alle Vertragsparteien. Die UJB kann die Angaben durch Verweigerung der Erteilung oder Verlängerung des Jagdscheines erzwingen. Außerdem ist der Verstoß gegen die Vorschriften eine Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 1 und 2 LJagdG und kann mit bis zu € 5000,00 geahndet werden.

14.

Die Vorschrift betrifft Pächter und Inhaber entgeltlicher Begehungsscheine. Mit „Jagdpächter“ in Ziff. 1 ist offensichtlich der Alleinpächter gemeint. Ergänzend zu den Angaben für den Jagdschein wird in Abs. 2 bestimmt, dass immer dann, wenn außerhalb dieser Gelegenheiten Pacht- oder entgeltliche Erlaubnisverträge geschlossen werden, die bejagten Flächen dieser Verträge nachgemeldet werden.

15.

Die Vorschrift nimmt Einzelabschüsse aus. Wann allerdings mehrere Einzelabschüsse diesen Begriff überschreiten und zur dauerhafteren Jagderlaubnis werden, ist nicht geregelt. Bei Einladungen zu einer Drück- oder Treibjagd umfasst der Begriff sicherlich alle Stücke, die dabei erlegt werden. Es wird letztlich immer eine Frage des Einzelfalles sein, ob in einer bestimmten Gestattung auch mehrerer Stücke Wild noch ein – entgeltlicher oder unentgeltlicher – Einzelabschuss zu sehen ist; dazu ausführlich Hertel, Die Vergabe von Einzelabschüssen, in Deutscher Jagdrechtstag, Jahrbuch VII, S. 30 ff.

 

Dazu Kommentierung Bundesjagdgesetz

§ 13 Erlöschen des Pachtvertrages

16.

Wenn und soweit ein Landesjagdgesetz keine eigene Regelung enthält, gilt in diesem Land als unmittelbares Recht das, was das BJagdG dazu sagt. Es regelt in § 13, unter welchen Umständen der Jagdpachtvertrag unwirksam wird, und dass der Pächter für den dem Verpächter hierdurch entstehenden Schaden ersatzpflichtig ist, wenn ihn zum Wegfall des Pachtvertrages ein Verschulden trifft.

17.

Die unanfechtbare Entziehung des Jagdscheines meint tatsächlich nur die Einziehung nach § 18 BJagdG, nicht eine Entziehung, wie sie nach § 41 im Zusammenhang mit einer strafgerichtlichen Verurteilung geschehen kann. Die Einziehung des Jagdscheines setzt voraus, dass der Jagdbehörde erst nach Erteilung des Jagdscheines Tatsachen bekannt werden, die eine Versagung des Jagdscheines zum Zeitpunkt der Erteilung begründet hätten. Die Jagdbehörde ist gem. § 17 BJagdG verpflichtet, bei zwingenden Versagungsgründen den Jagdschein einzuziehen. Bei den fakultativen Versagungsgründen hat sie ein pflichtgemäßes Ermessen.

18.

Die Einziehung muss unanfechtbar sein. Das ist sie erst, wenn sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft sind oder wenn der Jagdscheininhaber Fristen ungenutzt verstreichen lässt. Der Unanfechtbarkeit tritt nicht schon dann ein, wenn die Jagdbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Denn dagegen gibt es ein Rechtsmittel. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann der Jagdscheininhaber gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei dem zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, den er eingelegt haben muss, stellen.

19.

Ein Strafgericht kann die Entziehung des Jagdscheines anordnen. Der Jagdpachtvertrag erlischt aber nicht bereits mit der Rechtskraft der strafgerichtlichen Entscheidung, weil nach dem Wortlaut der Vorschrift das Gericht den Jagdschein nicht entzieht, sondern nur die Entziehung anordnet. Daraufhin muss die Jagdbehörde tätig werden. Der Jagdpachtvertrag erlischt dann erst mit der Rechtskraft der behördlichen Entscheidung

20.

Der Jagdpachtvertrag erlischt auch, wenn die Gültigkeit des Jagdscheines abgelaufen ist und der Inhaber die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheins nicht fristgemäß erfüllt. Grundsätzlich endet die Gültigkeit Jagdscheins regelmäßig am 31. März des Jahres, welches das letzte Erteilungsjahr ist. Das bedeutet aber nicht, dass der Jagdpachtvertrag erlischt, wenn nicht bis zum 31. März ein neuer Jagdschein beantragt wurde. Es bedarf also einer Fristsetzung durch die Jagdbehörde, einen neuen Jagdschein zu beantragen, wenn die Verletzung dieser Frist zum Erlöschen des Jagdpachtvertrages führen soll. Nach § 6 Abs. 2 und 3 LJagdG Bbg muss der Jagdausübungsberechtigten, wenn er aus Gründen in seiner Person an der Jagdausübung gehindert ist, der unteren Jagdbehörde unter Vorlage seines Vertrages eine oder mehrere Jagdpachtfähige Personen benennen. Geschieht dies trotz zweimaliger Aufforderung nicht, kann die untere Jagdbehörde die Ausübung der Jagd und des Jagdschutzes durch den Einsatz eines bestätigten Jagdaufsehers oder einer anderen Person regeln und auf Rechnung des Jagdausübungsberechtigten vornehmen lassen. Wenn die ordnungsgemäße Jagdausübung nicht gewährleistet ist, weil der Jagdaus-übungsberechtigte keinen gültigen Jagdschein hat, hat die Jagdbehörde die erforderlichen Anordnungen auf seine Kosten zu treffen.

21.

Trifft den Pächter an diesem Zustand ein Verschulden, ist er verpflichtet, dem Verpächter den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

 

§ 14 Wechsel des Grundeigentümers

22.

Auch diese Vorschrift des Bundesjagdgesetz es gilt in Brandenburg unmittelbar, weil das Landesjagdgesetz hierzu keine Regelungen enthält. Ziel der Vorschrift ist es, auch dann, wenn der Grundeigentümer des Jagdgebietes wegfällt, die Interessen des Jagdpächters während seines Vertrages zu schützen und die Kontinuität der Jagdausübung sowie die Nachhaltigkeit der jagdlichen Bewirtschaftung zu sichern (OLG Düsseldorf 21.12.1970, BVerwG 16.1.1987 JE II Nr.87). Abs. 1 regelt die Wirkung der Veräußerung von Teilen eines Eigenjagdbezirks, Abs. 2 der Wirkung eines Eigentumswechsels im gemeinschaftlichen Jagdbezirk auf den jeweiligen Pachtvertrag.

23.

Veräußerung in dieser Vorschrift ist jede Eigentumsübertragung auf der Grundlage eines diesbezüglichen Kausalgeschäfts, also Kauf, Tausch und Schenkung, aber z. B. auch Zwangsversteigerung eines Grundstücks in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk.. Der Erwerber tritt mit der Eigentumsübertragung in den Jagdpachtvertrag ein

24.

Die Vorschrift ist eine besondere Ausprägung des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“. Das bedeutet, dass der Wechsel des Eigentums an einem Grundstück im Revier den bestehenden Pachtvertrag, der eine Rechtspacht bezüglich dieses Grundstücks ist, nicht berührt. Geschützt ist jedoch nur der Pachtvertrag, der in seinem ordentlichen Lauf zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs das Grundstücks geschlossen war. Wird ein Pachtvertrag während einer Grundstücksveräußerung gerade auch im Hinblick auf diese Grundstücksveräußerung vorzeitig verlängert, um den Jagdpächter vor dem Verlust der Jagdpacht bei ordnungsgemäßem Ablauf des Pachtvertrages zu schützen, so ist diese Verlängerung unwirksam (BGH 30.04.1974 u. st. Rspr.). Das gilt, wenn auch nicht ganz unstreitig, auch bei Gebietsreformen und den Übergang von Grundstücken im Rahmen derselben. Es gilt wohl auch für Flurneuordnungsverfahren.

25.

§ 14 ist dispositives Recht. Die Parteien können also Referat Prags Vereinbarung treffen, wonach der Jagdpachtvertrag beendet sein soll, wenn der Eigenjagdbezirk veräußert wird oder wenn Flächen abgehen. Der Ausschluss des Paragraf 14 darf aber im Einzelfall nicht zu einem Verstoß gegen die Bestimmungen über die Mindestpachtdauer führen, wenn er wirksam sein soll.

*  *  *

LJagdG Brandenburg § 10 „Jagdgenossenschaft“ – Online-Kommentar

Kommentar zum Landesjagdgesetz Brandenburg (LJagdG Bbg)

Laufend aktualisierte Fassung

JUN.I Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Landesjagdgesetz

§ 10 Jagdgenossenschaft

(1) Die Jagdgenossenschaft entsteht kraft Gesetzes und ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie untersteht der Aufsicht der unteren Jagdbehörde.

(2) Die Jagdgenossenschaft hat eine Satzung aufzustellen. Die Satzung und Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die untere Jagdbehörde. Die Jagdgenossenschaft hat die genehmigte Satzung gemäß der Bekanntmachungsverordnung bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird die Satzung rechtsverbindlich.

(3) Die Satzung muss insbesondere festlegen:

  1. Name und Sitz der Jagdgenossenschaft;
  2. das Gebiet der Jagdgenossenschaft;
  3. die Voraussetzungen, unter denen Umlagen erhoben werden können, wobei der Festsetzungsbeschluss und der Haushaltsplan gleichzeitig in Kraft treten müssen;
  4. unter Beachtung der Landeshaushaltsordnung Bestimmungen für das Haushaltswesen, die Wirtschafts-, Kassen- und Rechnungsführung sowie die Rechnungsprüfung;
  5. die Aufgaben der Jagdgenossenschaftsversammlung und des Vorstandes;
  6. die Form der Bekanntmachungen der Jagdgenossenschaft.

(4) Hat eine Jagdgenossenschaft nicht innerhalb eines Jahres nach ihrer Entstehung eine Satzung beschlossen, so setzt die untere Jagdbehörde die Satzung fest.

(5) Die Jagdgenossenschaft hat ein Jagdkataster zu führen.

(6) Die Jagdgenossenschaft wählt einen Jagdvorstand, der aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern besteht.

(7) Solange die Jagdgenossenschaft keinen Jagdvorstand gewählt hat, werden die Geschäfte des Jagdvorstandes vom hauptamtlichen Bürgermeister, bei amtsangehörigen Gemeinden vom Amtsdirektor wahrgenommen. Die Kosten der vorübergehenden Geschäftsführung bis zur Wahl des Jagdvorstandes trägt die Jagdgenossenschaft. Von der Übernahme der Geschäfte ist die untere Jagdbehörde in Kenntnis zu setzen.

(8) Gehören zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk Flächen verschiedener Gemeinden oder abgesonderter Gemarkungen und gemeindefreier Gebiete, so nimmt der hauptamtliche Bürgermeister oder der Amtsdirektor der Gemeinde, in deren Gebiet der größte Flächenanteil des Jagdbezirkes liegt, bis zur Wahl des Jagdvorstandes dessen Geschäfte wahr.

(9) Die Jagdgenossenschaft kann für ihren durch die sonstigen Einnahmen nicht gedeckten Bedarf Umlagen von den Jagdgenossen erheben.

(10) Gehören Grundflächen von mehr als fünf Eigentümern gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 einem Eigenjagdbezirk an oder werden diesem angegliedert oder macht diese Fläche mindestens ein Drittel des Eigenjagdbezirkes aus, so bilden die Eigentümer der Flächen zur Vertretung ihrer Rechte, die sich aus der Angliederung ergeben, eine Angliederungsgenossenschaft. Auf diese finden die Absätze 6 und 7 sowie § 9 Abs. 1 bis 3 und § 10 Abs. 3 des Bundesjagdgesetzes sinngemäß Anwendung. Die Absätze 1 bis 5 gelten für die Angliederungsgenossenschaft nicht. Die Flächen nach Satz 1 gehören zu keinem gemeinschaftlichen Jagdbezirk.

Bundesjagdgesetz

§ 9 Jagdgenossenschaft

 (1) Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft. Eigentümer von Grundflächen, auf denen die Jagd nicht ausgeübt werden darf, gehören der Jagdgenossenschaft nicht an.

(2) Die Jagdgenossenschaft wird durch den Jagdvorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Der Jagdvorstand ist von der Jagdgenossenschaft zu wählen. Solange die Jagdgenossenschaft keinen Jagdvorstand gewählt hat, werden die Geschäfte des Jagdvorstandes vom Gemeindevorstand wahrgenommen.

(3) Beschlüsse der Jagdgenossenschaft bedürfen sowohl der Mehrheit der anwesenden und vertretenen Jagdgenossen, als auch der Mehrheit der bei der Beschlußfassung vertretenen Grundfläche.

 

Kommentar zum Landesjagdgesetz

1.

Das LJagdG wiederholt teils Begriffe des BJagdG, teils aber erweitert und präzisiert es das Recht der Jagdgenossenschaft. Nach § 9 Abs. 1 BJagdG bilden die Eigentümer aller zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörender Grundflächen die Jagdgenossenschaft, der allerdings die Eigentümer nicht angehören, deren Grundflächen nicht bejagt werden dürfen, obwohl ihre Grundflächen bei der Berechnung der Flächengröße des Jagdbezirkes mitzählen.

2.

Das LJagdG, ebenso wie inzwischen sämtliche Landesjagdgesetze, stellt klar, dass die Jagdgenossenschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist; das ließ das BJagdG offen, entsprach aber auch ständiger Lehre und Rechtsprechung. Tatsächlich ist die Jagdgenossenschaft eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, kann also selbständig Träger von Rechten, z.B. des Jagdausübungsrechts, sein und Träger von Pflichten, und wird als juristische Körperschaft des öffentlichen Rechts vom Vorstand vertreten. Sie ist damit eine Körperschaft, der zwangsweise alle Grundeigentümer angehören (Zwangsmitgliedschaft) mit Ausnahme der von Eigenjagden, befriedeten Bezirken und Grundflächen mit totalem dauerhaftem Jagdausübungsverbot. Bloße Betretensverbote wie z.B. für Autobahnen und Bahnkörper schaden demgegenüber nicht, ebenso wenig wie örtliche Verbote nach § 20 BJagdG (a. A. Mitschke/Schäfer Rdz. 11 zu § 9 BJagdG). Die Jagdgenossenschaft kann klagen und verklagt werden; das ist wichtig für Wildschadensansprüche.

3.

Eigentümer ist der, der in Abt. I des Grundbuchs eingetragen ist. Der Nutznießer des gesamten Grundstücks kann zwar kraft ausdrücklicher Vorschrift des § 3 Abs. 1 BJagdG als Eigenjagdbesitzer der Jagdausübungsberechtigte sein; als Mitglied der Jagdgenossenschaft kann man ihn rechtlich nach vorherrschender Meinung nicht ansehen.

Ein Eigentümer kann in der Regel die Bejagung seiner Grundflächen nicht untersagen. Eine Ausnahme erlaubt jetzt § 6a BJagdG nach einem diesbezüglichen Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Die Vorschrift lautet:

Bundesjagdgesetz

§ 6a Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen

 (1) Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und im Eigentum einer natürlichen Person stehen, sind auf Antrag des Grundeigentümers zu befriedeten Bezirken zu erklären (Befriedung), wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. Eine Befriedung ist zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die Belange

  1. der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen,
  2. des Schutzes der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor übermäßigen Wildschäden,
  3. des Naturschutzes und der Landschaftspflege,
  4. des Schutzes vor Tierseuchen oder
  5. der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet.

Ethische Gründe nach Satz 1 liegen insbesondere nicht vor, wenn der Antragsteller

  1. selbst die Jagd ausübt oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet oder
  2. zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung einen Jagdschein gelöst oder beantragt hat.

Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Behörde zu stellen. Der Entscheidung über den Antrag hat neben der Anhörung des Antragstellers eine Anhörung der Jagdgenossenschaft, des Jagdpächters, angrenzender Grundeigentümer, des Jagdbeirats sowie der Träger öffentlicher Belange vorauszugehen.

 (2) Die Befriedung soll mit Wirkung zum Ende des Jagdpachtvertrages erfolgen. Sofern dies dem Antragsteller unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten ist, kann die Behörde einen früheren Zeitpunkt, der jedoch nicht vor Ende des Jagdjahres liegt, bestimmen. In den Fällen des Satzes 2 kann die Jagdgenossenschaft vom Grundeigentümer den Ersatz des Schadens verlangen, der ihr durch die vorzeitige Befriedung entsteht.

 (3) Die Befriedung kann räumlich auf einen Teil der Antragsfläche sowie zeitlich beschränkt werden, soweit dies zur Wahrung der Belange nach Absatz 1 Satz 2 erforderlich ist.

 (4) Die Befriedung erlischt vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 drei Monate nach Übergang des Eigentums an der befriedeten Grundfläche auf einen Dritten. Stellt der Dritte während des Laufs der Frist nach Satz 1 einen Antrag auf erneute Befriedung, so erlischt die bestehende Befriedung mit dem Wirksamwerden der behördlichen Entscheidung über den Antrag. Verzichtet der Dritte vor Ablauf der Frist nach Satz 1 auf einen Antrag auf erneute Befriedung, so erlischt die bestehende Befriedung mit dem Zugang der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Der Grundeigentümer hat den Eigentumswechsel der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Befriedung ist zu widerrufen, wenn

  1. der Grundeigentümer schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde den Verzicht auf die Befriedung erklärt oder
  2. der Grundeigentümer die Jagd ausübt, einen Jagdschein löst oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet.

Die Befriedung ist in der Regel zu widerrufen, wenn Tatsachen bekannt werden, die den Anspruch auf Erklärung zum befriedeten Bezirk entfallen lassen. Die Befriedung ist unter den Vorbehalt des Widerrufs zu stellen für den Fall, dass ein oder mehrere weitere begründete Anträge auf Befriedung in demselben Jagdbezirk gestellt werden und nicht allen Anträgen insgesamt ohne Gefährdung der Belange nach Absatz 1 Satz 2 stattgegeben werden kann. Im Übrigen gelten die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten.

 (5) Die zuständige Behörde kann eine beschränkte Jagdausübung auf den für befriedet erklärten Grundflächen anordnen, soweit dies zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden, der Gefahr von Tierseuchen, aus Gründen des Naturschutzes oder des Tierschutzes, der Seuchenhygiene, der Gewährleistung der Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrswegen oder der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Widerspruch und Klage gegen die Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung. Kommt der Grundeigentümer der Anordnung nicht nach, so kann die zuständige Behörde für dessen Rechnung die Jagd ausüben lassen.

 (6) Wildschäden an Grundstücken, die zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, hat der Grundeigentümer der befriedeten Grundfläche nach dem Verhältnis des Flächenanteils seiner Grundfläche an der Gesamtfläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirks anteilig zu ersetzen. Dies gilt nicht, sofern das schädigende Wild auf der befriedeten Grundfläche nicht vorkommt oder der Schaden auch ohne die Befriedung der Grundfläche eingetreten wäre.

 (7) Der Grundeigentümer der befriedeten Fläche hat keinen Anspruch auf Ersatz von Wildschäden.

 (8) Die Grundsätze der Wildfolge sind im Verhältnis des gemeinschaftlichen Jagdbezirks zu der nach Absatz 1 für befriedet erklärten Grundfläche entsprechend anzuwenden. Einer Vereinbarung nach § 22a Absatz 2 bedarf es nicht. Der Grundeigentümer des für befriedet erklärten Grundstücks ist über die Notwendigkeit der Wildfolge, soweit Belange des Tierschutzes nicht entgegenstehen bereits vor Beginn der Wildfolge, unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

 (9) Das Recht zur Aneignung von Wild nach § 1 Absatz 1 Satz 1 steht in den Fällen der nach Absatz 5 behördlich angeordneten Jagd und der Wildfolge nach Absatz 8 dem Jagdausübungsberechtigten des Jagdbezirks oder dem beauftragten Jäger zu.

 (10) Die Absätze 1 bis 9 sind auf Grundflächen, die einem Eigenjagdbezirk kraft Gesetzes oder auf Grund behördlicher Entscheidung angegliedert sind, entsprechend anzuwenden.

Das Landesjagdgesetz sagt hierzu nichts, es gilt durchweg das BJagdG. Der Fall kommt bislang nicht sehr häufig vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu entschieden:“ Eine Befriedung von Grundflächen nach § 6a BJagdG setzt voraus, dass der Grundeigentümer darlegt, aus welchen Gründen er die Jagdausübung ablehnt; eine Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur ethischen Jagdgegnerschaft genügt hierfür nicht“ – Urteil vom 11.11.2021 – BVerwG 3 C 16.20.

Weitergehend dazu unterrichtet Rechtslupe unter https://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/jagdrecht-und-waffenrecht/jagdrechtliche-befriedung-von-grundstuecken-aus-ethischen-gruenden-3232367.

4.

Solange die Jagdgenossenschaft ihr Jagdausübungsrecht noch nicht vergeben hat (z.B. an ausgewählte Jagdgenossen, angestellte Jäger oder Jagdpächter), greift der, der im gemeinschaftlichen Jagdbezirk unberechtigt jagt, in ihr Jagdausübungsrecht ein.

Damit begeht er

Wilderei § 292 StGB: (Jagdwilderei)

(1) Wer unter Verletzung fremden Jagdrechts gemeint ist: Jagdausübungsrechtsdem Wild nachstellt, es fängt, erlegt oder sich zueignet oder eine Sache, die dem Jagdrecht unterliegt, sich zueignet, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen, insbesondere wenn die Tat zur Nachtzeit, in der Schonzeit, unter Anwendung von Schlingen oder in anderer nicht waidmännischer Weise oder von mehreren mit Schusswaffen ausgerüsteten Tätern gemeinsam begangen wird, ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(3) Wer die Tat gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Darunter fällt z.B. auch der Pächter, dessen Pachtvertrag nichtig ist, oder aus anderen Gründen schwebend unwirksam bzw. schwebend wirksam ist, wenn die Jagdgenossenschaft verlangt, dass bis zur Behebung des Mangels oder einer rechtskräftigen Entscheidung nicht gejagt werde; andernfalls muss ihr Einverständnis unterstellt werden, was zwar einen Pachtvertrag und damit eine wirksame Übertragung des Jagdausübungsrechts wegen fehlender Schriftform nicht ersetzt, aber strafrechtlich als Einwilligung des Verletzten der Tat die Rechtswidrigkeit nimmt.

5.

Jedoch kann der Pächter, der aufgrund eines nichtigen Pachtvertrages jagt, dennoch nicht nach § 292 StGB bestraft werden, weil dieser Tatbestand in § 39 Abs. 1 Ziff. 3 BJagdG ausdrücklich zu einer Ordnungswidrigkeit erklärt wurde – nach den Regeln der strafrechtlichen Normenkonkurrenz kann der Täter in einem solchen Falle nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden, und das ist hier der § 39 BJagdG. Diese tatbestandliche Wilderei ist also eine bloße Ordnungswidrigkeit.

Damit kann aber auch der Grundeigentümer Jagdwilderei begehen, der, bevor die Jagdgenossenschaft den gemeinschaftlichen Jagdbezirk verpachtet hat, auf seinem eigenen Grund und Boden jagt, selbst wenn er Jagdscheininhaber ist, denn ihm steht zwar das Jagdrecht, nicht aber das auf die Jagdgenossenschaft übergegangene Jagdausübungsrecht zu.

6.

Als öffentlich-rechtliche Körperschaft unterliegt die Jagdgenossenschaft der Rechtsund Fachaufsicht der unteren Jagdbehörde. Das LJagdG bestimmt nun, dass die untere Jagdbehörde als Teil der Ordnungsämter der Landratsämter in interner Zuständigkeit diese Aufsicht ausübt; damit obliegt es ihr, darauf zu achten, dass die Jagdgenossenschaften nach Recht und Gesetz gebildet werden und handeln, und gegebenenfalls diejenigen Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, die das Gesetz bei Verstößen der Jagdgenossenschaften gegen die Rechte und Pflichten der Jagdgenossenschaften vorsieht. Diese weitgehende Kompetenz der Behörde ist aber gem. § 12 Abs.1 Satz 2 BJagdG bei der Beanstandung von Jagdpachtverträgen eingeschränkt, für die es nur 2 Gründe gibt – die Vorschrift sagt:

Die Behörde kann den Vertrag binnen drei Wochen nach Eingang der Anzeige beanstanden, wenn die Vorschriften über die Pachtdauer nicht beachtet sind oder wenn zu erwarten ist, dass durch eine vertragsmäßige Jagdausübung die Vorschriften des § 1 Abs. 2 verletzt werden.

7.

Abs.  2 und 3 der Vorschrift regeln die Satzung der Jagdgenossenschaft.  Hierfür gibt es aus dem Juli 2016 eine Rahmensatzung, die zwar nicht Verordnungscharakter hat, sondern nur ein Muster darstellt, das aber brauchbar ist. Die Mindestanforderungen bestimmt Abs. 3 direkt.

Beschlüsse der Jagdgenossenschaft bedürfen stets der doppelten Mehrheit des § 9 Abs. 3 BJagdG (Mehrheit der anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Stimmen zuzüglich der Mehrheit der den anwesenden oder ordnungsgemäß Vertretenen gehörenden abstimmungsberechtigten Grundflächen); damit wirken Stimmenthaltungen wie Nein-Stimmen.

Jagdgenossen können andere Jagdgenossen bevollmächtigen, für sie auf der Genossenschaftsversammlung zu stimmen. Enthält die Satzung keine Regelung dazu, kann ein Jagdgenosse beliebig viele Vollmachten haben; das ist allerdings nicht unstreitig. Mark G. v. Pückler (Der Jäger und sein Recht, 5. Aufl. 2002, S. 37) ist der Ansicht, § 43 Abs. 5 des Genossenschaftsgesetzes, der die Vertretung bei Genossenschaften auf zwei beschränkt, müsse entsprechend auch auf die Jagdgenossenschaft angewendet werden. Das ist allerdings eine Einzelmeinung, der sich dieser Kommentar nicht anschließt; Rechtsprechung hierzu gibt es noch nicht.

8.

Nach Abs. 3 Ziff. 3 müssen, wenn Umlagen erhoben werden sollen, der Umlagenbeschluss und der Haushaltsplan der Jagdgenossenschaft gleichzeitig in Kraft treten.  Der Haushaltsplan muss für jedes Geschäftsjahr – das ist das Jagdjahr vom 1. April bis zum 31. März – die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthalten.  Im Zweifel gilt die Landeshaushaltsordnung vom 7.5.91, GVBl S. 46. Die notwendigen Hinweise enthält die Mustersatzung.

9.

Solange die Jagdgenossenschaft sich keinen Vorstand und keine Satzung gegeben hat, wozu sie binnen Jahresfrist nach ihrem Entstehen verpflichtet ist (bzw.. war), wird sie vom Gemeindevorstand vertreten. Wer das ist, richtete sich früher nach der Gemeindeordnung des Landes Brandenburg. Jetzt bestimmt § 10 Abs. 7 abweichend von der früheren Fassung des Gesetzes, dass dieser sog. Notvorstand entweder der hauptamtliche Bürgermeister oder bei amtsangehörigen Gemeinden der Amtsdirektor ist; ehrenamtliche Bürgermeister können also ab 01.04.2004 nicht mehr Notvorstand einer Jagdgenossenschaft sein. Diese Vorschrift gilt auch für den Fall, dass ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk geteilt wird, oder ein neuer gemeinschaftlicher Jagdbezirk durch Zusammenlegung oder Angliederungen entsteht. Denn in diesen Fällen entsteht eine neue Jagdgenossenschaft, während die alten Jagdgenossenschaften in Abwicklung gehen. Und solange die neue Jagdgenossenschaft sich nicht organisiert hat, gilt das Gesetz. Da hier aber häufig verschiedene Gemeinden betroffen sind, regelt Abs. 9, welcher Gemeindevorstand bis zur Wahl des Vorstandes die Geschäfte führt – es ist der Gemeindevorstand, in dessen Gebiet der größte Flächenanteil des neuen gemeinschaftlichen Jagdbezirks liegt.

Hier enthält § 9 Abs. 6 LJagdG allerdings eine im Hinblick auf die Jagdgenossenschaft unklare Regelung: Entstehen im Zuge gemeindlicher Neugliederung neue oder veränderte Gemeinden, so bleiben die alten Jagdbezirke bestehen, wobei das schon in 2003 in Kraft getreten ist. Das war früher ein klarer Verstoß gegen das BJagdG, das insoweit auch keine Regelungsermächtigung für den Landesgesetzgeber enthält. Aber seit der Föderalismusreform, die den Ländern die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Jagdrecht (außer für die Jägerprüfung) zuweist, dürfte diese Vorschrift rechtswirksam sein.

10.

Die Jagdgenossenschaft wird nach § 9 BJagdG vom Vorstand vertreten. Diese Bestimmung war schon früher nach herrschender Meinung nicht bindend, sondern erlaubte dem Landesgesetzgeber, das Recht der Jagdgenossenschaft im Einzelnen zu regeln (Allg. herrschende Meinung in Literatur und Rspr., z.B. BVerwG, Beschluss vom 30.3.94 – BVerwG 3 B 64.93 = Jagdrechtliche Entscheidungen IV, 80.). Seit der Föderalismusreform ist das klar. In der Zusammensetzung des Vorstandes ist die Jagdgenossenschaft über den Vorsitzenden und mindestens 2 Beisitzer frei. Ferner muss der Vorstand nicht als Kollektivorgan handeln, wenn Vorstandsmitglieder anderen Vorstandsmitgliedern Vollmacht erteilen oder die Versammlung beschließt, dass in bestimmten Fällen der Vorstandsvorsitzende (Jagdvorsteher) handeln darf.

Vorstandsmitglieder müssen nicht Jagdgenossen sein.

Dabei ist heute herrschende Lehre und anerkannten Rechts, dass die Vertretungsmacht der Organe der Jagdgenossenschaft im Außenverhältnis durch Regelungen der Jagdgenossenschaft im Innenverhältnis mit Außenwirkung beschränkt werden kann; einen Schutz gutgläubiger Vertragspartner gegen derartige Beschränkungen gibt es nur im eingeschränkten nachstehend noch darzulegenden Umfang (s. auch Munte in Schuck, Kommentar zum BJagdG, Rn. 54 zu § 9; Lorz, BJagdG, 2. Aufl., Anm. 4 zu § 9 BJagdG m. w. N.; Mitzschke-Schäfer, Kommentar zum BJagdG, 1982, Rdz. 17 m. w. N.; ausführlich Bay. ObLG Urteil vom 10.8.1962 = NJW 62, 2253 ff ).

Dabei ist ebenfalls anerkannten Rechts, dass derartige Beschränkungen der Vertretungsmacht in der Satzung enthalten sein müssen, wobei die Satzungsbestimmungen die Beschränkung eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Dies muss so klar sein, dass jeder Dritte, der die Satzung einsieht, diese Beschränkung ohne weiteres erkennen kann (Munte aaO m. w. N.; Lorz aaO; Mitzschke-Schäfer aaO Rdz. 18 ff. zu § 9 BJagdG; Lipps Jagdrecht in Sachsen Anm. 6 zu § 11 Sächs. LJagdG; ferner beispielhaft LG Oldenburg vom 3.4.87 – 8 O. 4272/86 = JE IV/47: „Eine nach der Satzung der Jagdgenossenschaft mögliche Bindung des Vorstandes an die Beschlüsse ist nicht zweifelsfrei mit einer Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes nach außen verbunden„). Die Rspr. hat regelmäßig ambivalente Formulierungen für nicht ausreichend erachtet. So wird z.B. geurteilt, dass eine Verpachtung durch den Vorstand deswegen rechtswirksam war, weil die Mustersatzung nicht mit der erforderlichen Klarheit aussage, dass der Vorstand nur ausführendes Organ sei und ihm insbesondere keinerlei eigene Befugnisse bei der Wahl des Pächters zustünden (So z.B. OLG Celle in Nds. Rpfl. 68, 189.).

Insbesondere zeigt die Rechtsprechung, dass durch satzungsmäßige Beschränkungen der Vertretungsmacht ein Handeln des Vorstandes im pflichtgemäßen Ermessen in denjenigen Fällen nicht ausgeschlossen sein soll, in denen bindende Beschlüsse der Genossenschaftsversammlung nicht vorliegen oder nicht zustande kommen und in denen Eile geboten ist – auch in solchen Fällen allerdings wird grundsätzlich von einer nachträglichen Genehmigungsbedürftigkeit schwebend unwirksamer Geschäfte ausgegangen (so OLG Celle, vor. Anm.).

Das kann aber schwerlich gelten, wenn nach Lage der Sache (z.B. wegen tiefgehender prinzipieller Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Jagdgenossen) in absehbarer Zeit mit dem Zustandekommen eines von der gesetzlichen Stimmenmehrheit getragenen Beschlusses der Genossenschaftsversammlung nicht zu rechnen ist.“ (So zutreffend, wenn auch ohne Zitat, Mitzschke-Schäfer ohne weitere Begründung in Rdz. 19 zu § 9 BJagdG a. E.).

Eine Satzungsvorschrift im Übrigen, die der Versammlung den Beschluss über die „Form“ der Verpachtung gestattet, ist dahin zu verstehen, dass dem Vorstand die Auswahl des Pächters überlassen bleibt (LG Stade vom 16.10.1980 – DJV-Nachr. Nr. 1/1981 S. 7.).

Enthält die Satzung keine ordnungsgemäße Beschränkung der Vertretungsmacht, so kann ein Geschäft dennoch unwirksam sein, wenn sich der Vorstand über bindende Beschlüsse hinweggesetzt hat und der Vertragsgegner diesen Umstand kannte oder zufolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Mitzschke-Schäfer aaO Rdz. 21 zu § 9 BJagdG ).

Diese Einschränkungen der Bindungswirkung der innergenossenschaftlichen Beschränkung der Vertretungsmacht sind dadurch gerechtfertigt, dass das deutsche Zivilrecht, von wenigen normierten bzw. wie bei der GbR nicht normierten Fällen abgesehen, im Gegensatz zum Verwaltungsrecht ein Handeln „ultra vires“ (außerhalb eingeräumter Befugnisse), wie es dem angelsächsischen Recht geläufig ist, nicht kennt. Eine ausdrückliche Beschränkung der Vertretungsmacht in der Satzung sieht das Vereinsrecht in § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB vor. Eine aus der begrenzten Reichweite der Gesamthand folgende diesbezügliche Beschränkung nehmen Lehre und Rspr. bei BGB-Gesellschaften bezüglich des bestimmten Vertreters dieser Gesellschaft in besonderen Fällen an, wobei deren Außenwirkung stark eingeschränkt ist.

Im Recht der Jagdgenossenschaften erklärt sich die Geltung einer eingeschränkten ultra-vires-Lehre aus dem Charakter der Jagdgenossenschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts, die es erlaubt, diesen Rechtsgrundsatz aus dem Verwaltungsrecht, insbesondere dem Kommunalrecht, durch Analogieschluss zu entnehmen (so mit ausführlicher Begründung BayObLG aaO). Auch hier jedoch hat diese Lehre wegen der Tatsache, dass die Jagdgenossenschaft zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, aber bei der Jagdverpachtung ausschließlich privatrechtlich nach den §§ 581 ff. BGB tätig wird, den Charakter einer Ausnahmeregelung. Sie ist deshalb eng auszulegen. Mithin sind an die Klarheit der Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes erhebliche Anforderungen zu stellen – Ausdruck dessen ist die vorzitierte Rechtsprechung und Rechtslehre.

Unwirksam sind zudem Handlungen des Vorstandes, bei denen dieser gegen das Verbot des In-sich-Geschäfts (§ 181 BGB) verstößt, also z.B. als Verpächter-Vorstand auf der einen Seite und als Pächter auf der anderen Seite oder z.B. als ein bevollmächtigter Vertreter eines Pächters im Pachtvertrag auftritt. Das kann auch durch die Genehmigung der Versammlung nicht geheilt werden, denn der Versammlung steht das Recht dazu nur dann zu, wenn das ausdrücklich in der Satzung steht, was bislang nirgendwo der Fall ist. Die Genehmigung eines Pachtvertrages an sich ist nicht zugleich die Genehmigung des verbotenen Handelns auf beiden Seiten.

11.

Das Rechtsverhältnis zwischen der Jagdgenossenschaft und den Jagdgenossen ist öffentlich-rechtlicher Natur, aber es gilt z.B. § 34 BGB (Vereinsrecht) entsprechend (§ 34 BGB Ausschluss vom Stimmrecht: Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft das ist genau das zuvor erwähnte „In-sich-Geschäft“.).

Häufig steht dies ausdrücklich (obwohl an sich unnötig) in der Satzung. Jagdgenossen sind demgemäß von der Stimmabgabe bei Interessenkonflikten ausgeschlossen, insbesondere, wenn die Abstimmung ein Rechtsgeschäft mit diesem Jagdgenossen betrifft, z.B. die Jagdverpachtung an ihn (BVerwG v. 19.5.1969, RdL 1969 Nr. 10). Das ist der allgemeine Rechtsgedanke des § 34 BGB. Mittelbares Interesse, also z.B. eines Freundes oder Ehepartners, hindert nur dann, wenn dies in der Satzung oder dem LJagdG ausdrücklich bestimmt ist, sonst nicht. Ein Interessenwiderstreit anderer Art, z.B. bei Bestellung von Vorstandsmitgliedern, hindert, wenn nicht ausdrücklich geregelt, ein Mitstimmen nicht (RGZ 104, 186; OLG Hamm OLGZ 78, 187). Ein Teilnahmerecht an der beschließenden Versammlung besteht immer (nicht unstreitig).

12.

Die Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Versammlung der Jagdgenossenschaft ist unterschiedlich zu beurteilen danach, ob sie Ausfluss hoheitlichen Handelns und folglich als Verwaltungsakt anzusehen sind, oder ob sie nur private Rechtsfolgen haben. Wird die Jagdgenossenschaft also nicht hoheitlich tätig, sondern zum Beispiel bürgerlichrechtlich im Hinblick auf einen Jagdpachtvertrag, ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Wenn der Kläger aber geltend macht, der Beschluss habe seine Mitgliedschaftsrechte oder Mitwirkungsrechte in der Jagdgenossenschaft verletzt, dann kann er vor den Verwaltungsgerichten die Feststellung begehren, der Beschluss sei nichtig. Wenn allerdings ein Pachtvertrag schon abgeschlossen ist, entfällt das Feststellungsinteresse.

 Wahlen innerhalb der Jagdgenossenschaft können von den Jagdgenossen mit den landesrechtlich für die Anfechtung öffentlicher Wahlen vorgesehenen Fristen mit der Feststellungsklage (nicht der Anfechtungsklage) vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Die Frist des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes vom 22.4.93 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juli 2009
(GVBl.I/09, [Nr. 14], S.326, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 4. Juli 2023, (GVBl.I/23, [Nr. 17], S.21) für die Einlegung eines Wahleinspruchs beträgt gem. § 55 Abs. 2 zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses; dies wird dann wohl die Frist sein, die die Verwaltungsrechtsprechung für angemessen hält – die 6-Wochen-frist des § 2 des Wahlprüfungsgesetzes für die Wahlen zum Brandenburgischen Landtag (in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 2003 (GVBl.I/03, [Nr. 01], S.11), dürfte eine Sonderfrist und nicht die allgemeine Frist sein. Wahlen sind aber grundsätzlich nur dann anfechtbar, wenn sie auf so schwerwiegenden Mängeln beruhen, dass bei rechtmäßigem Ablauf ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre; die Anwesenheit Nichtstimmberechtigter oder fehlerhafte Ladungen gehören nicht zu diesen Mängeln.

Beispiele von Anfechtungsfällen sind etwa:

  • Ein Jagdgenosse ist mit einem Beschluss nicht einverstanden – bei Verpachtung gilt: grundsätzlich auch aus Gründen von Fehlern nicht anfechtbar, da kein Verwaltungsakt, ausnahmsweise aber dann, wenn der Beschluss in Individualrechte des Jagdgenossen eingreift (also sein Recht zur Teilnahme, Abstimmung usw.) – wichtig: jeder Beschluss ist anfechtbar, wenn er durch, nicht nur unter, Verletzung solcher Normen zustande gekommen ist, die der Wahrung der Individualrechte des Jagdgenossen dienen (eine im Einzelfall höchst schwierige Differenzierung);
  • ein Jagdgenosse will einen Beitrag nicht leisten;
  • ein Jagdgenosse macht Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung geltend;
  • ein Jagdgenosse will den Vorstand in die Haftung nehmen lassen;
  • ein Jagdgenosse ficht die Vorstandswahl an (das ist kein Verwaltungsakt, sondern ein innerorganisatorischer Akt; daher nicht Anfechtungsklage, sondern Feststellungsklage zum Verwaltungsgericht gem. § 43 VwGO – dabei für Formen und Fristen stets die landesrechtlichen Vorschriften über die Anfechtung öffentlich-rechtlicher Wahlen beachten), s. dazu Anm. 30 zu § 9 bei Mitzschke und zu den Anfechtungen dort allgemein 58 bis 61).

Nur wesentliche Mängel machen einen Versammlungsbeschluss nichtig, andere berechtigen nur zur Anfechtung. Vollständiges rügeloses Erscheinen heilt.

13.

Pachtverhältnisse sind immer privatrechtlicher Natur, auch wenn es um einen Pachtvertrag zwischen Jagdgenossenschaft und Jagdgenossen geht. Beschlüsse der Jagdgenossenschaft über die Verpachtung sind von einzelnen Jagdgenossen nicht anfechtbar, wenn es darum geht, dass an diesen Jagdgenossen nicht verpachtet werden soll.  Jeder Jagdgenosse kann aber Beschlüsse der Jagdgenossenschaft im Verwaltungsrechtsweg anfechten, s. o. und die vorstehenden Beispiele, wenn er geltend machen kann, dass der Beschluss durch die Verletzung solcher Normen zustande gekommen ist, die gerade die Mitgliedschafts– und Mitwirkungsrechte der Jagdgenossen regeln (BVerwG RdL 67, 137). Das gilt dann auch für den Pachtbewerber, der selbst Jagdgenosse ist. Wenn ein Jagdgenosse dartun kann, durch einen Abschussplan werde sein Grundstück langfristig in seinem Bestand gefährdet, hat er ein eigenes Klagerecht gegen den Abschussplan (VGH München 19 B 93/956).

14.

Verpachtet eine Jagdgenossenschaft Flächen Dritter, die sie nicht verpachten darf, so ist hiergegen der Verwaltungsrechtsweg gegeben, denn die Verpachtung selbst wirkt gegen den Dritten als hoheitlicher Akt der Körperschaft. Streitigkeiten aus einem Pachtverhältnis dagegen zwischen Jagdgenossenschaft und Pächter sind zivilrechtlicher Natur, weil der Pachtvertrag selbst bis auf die wenigen Bestimmungen des Jagdrechts ansonsten dem Pachtrecht des BGB unterliegt; zuständig ist also das jeweils zuständige Zivilgericht.

 15.

Abs.10 schließlich regelt die sog. Angliederungsgenossenschaft. Wenn Grundstücke von mehr als fünf Eigentümern einem Eigenjagdbezirk angegliedert werden, so wird ihnen ein eigenes Vertretungsrecht eingeräumt, indem sie eine eigene Genossenschaft bilden, die als Partner des Eigenjagdeigentümers auftritt. Das gilt auch für die Eigentümer, auch wenn es weniger als fünf (aber denklogisch mehr als einer) sind, deren Flächen mindestens ein Drittel des Eigenjagdbezirkes bilden. Gemeint ist hier die gesamte Fläche des Eigenjagdbezirkes nach der Angliederung, denn davor können sie noch kein Drittel „ausmachen“.

Die Angliederungsgenossenschaft ist keine Jagdgenossenschaft, sondern ein Zusammenschluss eigener Art, auf den das Genossenschaftsrecht und das Recht der Gesellschaft und Gemeinschaft des BGB angewendet wird. Sie ist in Brandenburg keine Körperschaft des öffentlichen Rechts (wie sich daraus ergibt, dass Abs. 1 ausdrücklich nicht für anwendbar erklärt wird) und untersteht deshalb nicht der Fachaufsicht der UJB. Die Angliederungsgenossenschaft wählt einen Jagdvorstand und wird bis dahin von dem für sie zuständigen Gemeindevorstand vertreten. Für ihre Beschlüsse gilt die doppelte Mehrheit nach abstimmenden Köpfen und Flächen – § 9 BJagdG. Ferner gelten die Vorschriften über Verwendung und Anforderung des Reinertrages in § 10 Abs. 3 BJagdG (diese Vorschrift lautet: Die Jagdgenossenschaft beschließt über die Verwendung des Reinertrages der Jagdnutzung. Beschließt die Jagdgenossenschaft, den Ertrag nicht an die Jagdgenossen nach dem Verhältnis des Flächeninhaltes ihrer beteiligten Grundstücke zu verteilen, so kann jeder Jagdgenosse, der dem Beschluss nicht zugestimmt hat, die Auszahlung seines Anteils verlangen. Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen einem Monat nach der Bekanntmachung der Beschlussfassung schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Jagdvorstandes geltend gemacht wird).

Eine Satzung ist für die Angliederungsgenossenschaft nicht vorgeschrieben, auch ein Jagdkataster nicht, denn diese Vorschriften in § 10 Abs. 1 bis 5 LJagdG Bbg gelten ausdrücklich nicht.

16.

Wildschaden auf den einem Eigenjagdbezirk angegliederten Flächen trägt der Eigenjagdinhaber (oder je nach Vertrag dessen Pächter) nach der ausdrücklichen Vorschrift in § 29 Abs. 2 BJagdG.

*  *  *

 

Landesjagdgesetz Brandenburg §§ 14 „mehrere Jagdpächter“, 16 „Begehungsschein“, 17 „Nichtigkeit“ und 18 „Tod des Jagdpächters“ – Online-Kommentar

Kommentar zum Landesjagdgesetz Brandenburg (LJagdG Bbg)

Laufend aktualisierte Fassung

JUN.I Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Landesjagdgesetz

Mehrzahl von Jagdausübungsberechtigten

§ 14
Mehrzahl von Jagdpächtern

(1) Die Zahl der Jagdpächter wird bei Jagdbezirken mit einem Umfang bis zu 250 Hektar auf zwei Personen beschränkt
(Mitpacht). In größeren Jagdbezirken müssen für jeden weiteren Pächter jeweils mindestens 75 Hektar zur Verfügung stehen. Bei der Berechnung der nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen Größen bleiben die befriedeten Bezirke außer Betracht.
(2) Die Bestimmungen über den Jagdpachtvertrag gelten mit Ausnahme des § 13 Abs. 2 Satz 1 auch für die Weiter- und Unterverpachtung. In diesen Fällen darf die Zahl der jagdausübungsberechtigten Personen die zulässige Zahl der Jagdpächter nach Absatz 1 nicht überschreiten.

§ 16
Jagderlaubnis

(1) Der Jagdausübungsberechtigte kann einem Dritten (Jagdgast) eine entgeltliche oder unentgeltliche Jagderlaubnis erteilen. Bei mehreren Jagdausübungsberechtigten muss die Jagderlaubnis von allen Jagdausübungsberechtigten erteilt werden. Die Jagdausübungsberechtigten können sich gegenseitig zur Erteilung von Jagderlaubnissen schriftlich bevollmächtigen. Wird eine schriftliche Jagderlaubnis erteilt, ist hierin auf die Bevollmächtigung hinzuweisen.

(2) Die entgeltliche Erteilung einer Jagderlaubnis bedarf der Schriftform. Die Bestimmungen der §§ 12 und 13 des Bundesjagdgesetzes gelten sinngemäß.

(3) Soweit der Jagdgast bei der Jagdausübung nicht von einem Jagdausübungsberechtigten, einem angestellten Jäger oder einem bestätigten Jagdaufseher begleitet wird, hat er eine auf seinen Namen lautende schriftliche Jagderlaubnis bei sich zu führen, die er auf Verlangen den Jagdschutzberechtigten zur Prüfung vorzuzeigen hat.

(4) Angestellte Jäger und bestätigte Jagdaufseher sind im Rahmen ihres Anstellungsvertrages zur Jagdausübung innerhalb ihres Dienstbereiches berechtigt. Sie benötigen dazu keinen Jagderlaubnisschein.

(5) Die untere Jagdbehörde kann im Einzelfall aus Gründen der Hege die Befugnis oder Verpflichtung zur Erteilung einer Jagderlaubnis oder die sonstige Beteiligung anderer an der Jagd vorübergehend beschränken oder aussetzen.

§ 17
Nichtigkeit von Jagdpachtverträgen und Jagderlaubnisverträgen

Ein Vertrag, der gegen die Bestimmungen des § 13 Abs. 2 und § 14 verstößt, ist nichtig.

§ 18
Tod des Jagdpächters

(1) Mit dem Tod des Jagdpächters erlischt der Jagdpachtvertrag. Im Jagdpachtvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden.

(2) Sind mehrere Pächter an dem Jagdpachtvertrag beteiligt, kann der Vertrag nur mit ihnen fortgesetzt werden, soweit die Bestimmung nach § 14 eingehalten wird. Mit Zustimmung der Jagdgenossenschaft oder dem Inhaber eines Eigenjagdbezirkes kann auch ein neuer Mitpächter aufgenommen werden. Dies gilt als Änderung des Jagdpachtvertrages und ist der unteren Jagdbehörde unverzüglich anzuzeigen.

Bundesjagdgesetz
§ 13a Rechtsstellung der Mitpächter

Sind mehrere Pächter an einem Jagdpachtvertrag beteiligt (Mitpächter), so bleibt der Vertrag, wenn er im Verhältnis zu einem Mitpächter gekündigt wird oder erlischt, mit den übrigen bestehen; dies gilt nicht, soweit der Jagdpachtvertrag infolge des Ausscheidens eines Pächters den Vorschriften des § 11 Abs. 3 nicht mehr entspricht und dieser Mangel bis zum Beginn des nächstens Jagdjahres nicht behoben wird. Ist einem der Beteiligten die Aufrechterhaltung des Vertrages infolge des Ausscheidens eines Pächters nicht zuzumuten, so kann er den Vertrag mit sofortiger Wirkung kündigen. Die Kündigung muß unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Kündigungsgrund erfolgen.

Kommentar zum LJagdG Bbg

Mitpächter § 14

Die Vorschrift über die Rechtsstellung von Mitpächtern ist durch die Neufassung des LJagdG 2004 stark entschlackt und vereinfacht worden. Der vorgeschriebene schriftliche Gesellschaftsvertrag – eine an sich für Mitpächter sehr sinnvolle aber nicht gesetzlich zu verordnende Idee – mit der unsinnigen Nichtigkeitsregelung dafür im alten § 17 ist entfallen.

1.

Bei Pachtrevieren bis 250 ha sind höchstens zwei Mitpächter zulässig. Das kommt zunächst nur für Eigenjagdreviere (Mindestgröße gem. § 7 generell 150 ha mit Ausnahmen) in Be­tracht, und bei gemeinschaftlichen Revieren allenfalls bei Herabsetzung. Für jeden weiteren Mitpächter müssen 75 ha zur Verfügung stehen. Das ist vernünftig, weil es überfüllte und damit überjagte Reviere jedenfalls von der Verpachtung her vermeidet. Begehungsscheine sind von der Regelung nicht erfasst, werden aber meist im Pachtvertrag beschränkt.

2.

Im Übrigen stellt der letzte Satz des Abs. 1 klar, wie die Mindestflächen zu berechnen sind – ohne befriedete Flächen (§ 5). Der Abs. 2 des § 14 erstreckt die Rege­lung des § 13 mit Ausnahme der nicht anwendbaren Pachtmindest­dauern auch auf Weiter- und Unterverpachtung.

3.

Weitere Vorschriften über die Rechtsstellung von Mitpächtern enthält § 13a BJagdG; diese Vorschrift kann allerdings in Pachtverträgen ausgeschlossen werden. Sie bestimmt, dass bei Ausscheiden eines Mitpächters der Pachtvertrag mit den übrigen Pächtern bestehen bleibt, wenn hierdurch nicht die Höchstflä­chenregel der maximal 1000 ha verletzt wird; ist dies der Fall, erlischt der Pachtvertrag mit dem Ende des laufenden Jagdjahres, wenn nicht der Mangel zwischenzeitlich behoben wird. § 13a BJagdG berechtigt den Verpächter aber nicht zu einer ordentlichen Kündigung eines einzelnen Mitpächters, er hat allenfalls die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (dazu M. Koch im Kommentar Schuck, Bundesjagdgesetz, Rn 3 f. zu 13a). Ein Mitpächter kann aber den Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung unverzüglich nach dem Bekanntwerden des Ausscheidens des anderen Mitpächters seinerseits kündigen, wenn ihm infolge dieses Ausscheidens die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist. Nach allgemeiner Meinung, obwohl sich dies aus dem Gesetz gerade nicht ergibt, gilt § 13a BJagdG nicht für den Fall, dass ein Mitpächter durch Tod ausscheidet; wenn dann keine andere Vereinbarung geschlossen wurde, hat der Tod eines Mitpächters/Gesellschafters die Auflösung der BGB-Gesellschaft und damit das Erlöschen des Pachtvertrages zur Folge, aber der Pachtvertrag bleibt mit den anderen Mitpächtern bestehen; die Rechtsstellung des Verstorbenen geht auf die Erben über. Zur lan­desgesetzlichen Erbenregelung s. § 18 LJagdG.

4.

Mitpächter bilden immer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (abgekürzt oft GbR), auch BGB-Gesellschaft genannt – sie heißt so, weil die §§ 705 ff. BGB bestimmen, dass Personen, die sich zu einem gemeinsamen Zweck zusammenschließen, immer automatisch eine Gesellschaft bilden; so sind z.B. Lotto- und Totogemeinschaften derartige BGB-Gesellschaften. Das BGB enthält die grundsätzlichen Regeln dieser Gesellschaften. So vertreten alle Gesellschafter die Gesellschaft gemeinsam nach außen, wenn sie nicht einen zu ihrem Geschäftsführer bestimmen. Das Vermögen der Gesellschaft besteht aus den Einlagen der Gesellschafter und dem, was die Gesellschaft mit Gesellschaftsmitteln erwirbt – es gehört allen Gesellschaftern „zur gesamten Hand“, also gemeinsam – das Gegenteil ist die Bruchteilsgemeinschaft; diese unterscheidet sich von der Gesellschaft dadurch, dass den Anteilseignern eben nur etwas gemeinschaftlich gehört, während der darüberhinausgehende Zweck, den alle gemeinsam verfolgen, fehlt. Deshalb sind Mitpächter nie eine Bruchteilsgemeinschaft, es sei denn, sie beschließen das ausdrücklich.

5.

Die Geschäftsführung des gewählten Vertreters der BGB-Gesellschaft ist beschränkt – er darf nicht über die Mitgliedschaftsrechte der Mitgesellschafter oder die Gesellschaft als Ganzes verfügen oder den Gesellschaftszweck beeinträchtigen. Weil alle diese Regeln für Mitpächtergesellschaften nicht sehr praktikabel sind, empfiehlt sich der Abschluss eines BGB-Gesellschaftsvertrages der Mitpächter untereinander, der die Vertretung, die Streckenmeldungen, die Abschüsse, Pirschbezirke, die Ausgabe von Erlaubnisscheinen und ähnliches regeln sollte.

Ohne Gesellschaftsvertrag kann es schwierig werden – das BGB sieht vor

  • 705 BGB: Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
  • 706 BGB: (1) Die Gesellschafter haben in Ermangelung einer anderen Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten.
  • 709 BGB: 1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. § 718 (1) BGB: (1) Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).

Das Jagdausübungsrecht jedes Mitpächters ist nicht Gesamthandsvermögen! Das bedeutet, dass zwar die Jagd aufgrund des höchstpersönlichen Jagdausübungsrechts durch jeden Mitpächter allein ausgeübt werden darf (auch wenn kein Gesellschaftsvertrag vorliegt), alle diesbezüglichen sonstigen Entscheidungen aber – wieviel wird gejagt, wie wird der Abschuss aufgeteilt, wer darf welchen Jagdgast einladen, wo werden welche Einrichtungen aufgestellt, wie wird die Jagdbeute vermarktet usw. – nach § 709 BGB gemeinschaftlich getroffen werden müssen. Alle Kosten müssen im Innenverhältnis prozentual getragen und die Jagdpacht so verteilt werden, nach außen besteht aber volle Haftung eines jeden, da beide insoweit Gesamtschuldner sind.

Das eigentliche Jagdausübungsrecht bleibt in vollem Umfange bei jedem Mitpächter allein.

Das heißt:  es gilt im ganzen Jagdbezirk

–         für alles Wild

–         volle Alleinverantwortung gegenüber der Jagdbehörde, z. B. für Meldungen usw.

–         ebenso gegenüber Jagdgenossenschaft, z.B. für Pacht, Vertragserfüllung usw.

M.a.W.: das eigentliche Jagdausübungsrecht (abgeleitet aus dem absoluten dinglichen „Jagdrecht“ des/der Grundstückseigentümer), wird nicht Gesamthandseigentum. Alle anderen Rechte, Pflichten usw. werden Gesamthandseigentum, stehen also den Mitpächtern/BGB-Gesellschaftern nur gemeinsam zu. Das heisst weiter:

–         Einstimmigkeit bei allen jagdlichen Maßnahmen (z.B. Verteilung des Abschusses, Hegemaßnahmen, Gesellschaftsjagden, Errichtung jagdlicher Einrichtungen, Jagdessen, Jagdeinladungen, Begehungsscheinen, Anstellung Jagdaufseher)

GROSSE CHANCE FÜR NEINSAGER!

Aber: Bei Verweigerung ohne triftigen Grund gibt es das Recht der Klage auf Mitwirkung, bei Alleingängen Klage auf Unterlassung.

Ferner:

–         Beute wird gemeinsames Eigentum,

–         Gleiche Pflichten im Revier,

–         Gleiche Rechte im Revier

–         Alle haften gegenüber Dritten (z.B. JG, UJB, Dritten usw. voll,

–         Gläubigern gegenüber haftet jeder auf die volle Schuld, müssen aber untereinander ausgleichen (Gesamtschuldner).

Also: Mitpächter dürfen die gesamte Jagd, d.h. Wildbewirtschaftung, nur im gegenseitigen Einverständnis ausüben. Das gilt somit nicht nur für Begehungsscheine unbegleiteter Jagdgäste, sondern auch für den geführten Jagdgast in Begleitung.

Lösung: Gesellschaftsvertrag oder Klage.

Dabei gilt: Ist das Mitpächterverhältnis so zerrüttet, dass die Bejagung des Reviers beeinträchtigt wird, kann die Jagdgenossenschaft einem oder beiden aus wichtigem Grund kündigen!

6.

Wie schwierig das Zusammenspiel und aber auch die Unterscheidung zwischen der Pächtergesellschaft und dem sonstigen Pachtrecht und dabei insbesondere der Jagdgenossenschaft ist, zeigt sich immer wieder besonders bei Streitigkeiten der Mitpächter. Hier wird von Mitpächtern oft einem gegenüber der BGB-Gesellschaftsvertrag gekündigt, womit häufig die Jagdgenossenschaft ebenfalls zur Kündigung veranlasst wird. Die BGB-Gesellschaft oder GbR kann man aber nicht kündigen – man kann zwar einen abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag kündigen, aber solange das Pachtrecht des Gekündigten nicht erloschen ist, bleibt er Jagdausübungsberechtigter und deshalb automatisch Mitgesellschafter der anderen. Ob dieses Zerwürfnis dann der Jagdgenossenschaft ein Kündigungsrecht gibt, ist eine Frage des Einzelfalles. Grundsätzlich gilt für die Jagdgenossenschaft das Pachtrecht des BGB, und sie darf nur kündigen, wenn ihr das Pachtverhältnis unzumutbar wird – die Streitigkeiten der Mitpächter aber sind zunächst einmal deren interne Angelegenheit, solange sie sich eben nicht auf die Jagdgenossenschaft auswirken. Das allerdings ist immer dann der Fall, wenn die Zerrüttung des Mitpächterverhältnisses so weit geht, dass eine ordnungsgemäße Bejagung – und das heißt dann eben auch: ordnungsgemäße Hege einerseits und Wildbewirtschaftung einschließlich der Wildschadensverhütung andererseits – nicht mehr gewährleistet ist. Denn die ordnungsgemäße Jagdausübung ist der Kern des Pachtrechts und die Grundlage für die Pachteinnahmen und damit die wesentliche Grundlage der Aufgaben der Jagdgenossenschaft..

7.

Diese Problemkreise werden oft nicht einmal von den Gerichten verstanden – ein Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg 3 U 17/95 vom 12.7.1995 zeigt dies deutlich – hier gehen in der Urteilsbegründung Kündigungen der GbR und der Jagdgenossenschaft durcheinander, und eine Kündigung der GbR wurde als Kündigung der Jagdgenossenschaft angesehen, weil beiden ein Mitpächter angehörte, und ein interner Kündigungsbeschluss des Vorstandes der Jagdgenossenschaft dem Pächter von der GbR übermittelt worden war – das sah das OLG als Kündigung der Jagdgenossenschaft an, ob-wohl es eine Willenserklärung der Jagdgenossenschaft nach außen nie gab. Das Urteil ist in weiten Teilen falsch und zeigt die Problematik der Materie und die Fremdheit des Zusammenhangs von Zivilrecht und Jagdrecht bei vielen Gerichten. In der Sache ist es ein Zerrüttungsurteil und wäre bei richtiger Begründung auch im Ergebnis haltbar, allerdings dann gegen den falschen Beklagten.

Jagderlaubnis § 16

Die Vorschrift ist durch die Neufassung des Gesetzes 2004 geringfügig redaktionell geändert und insbesondere um unnötige Verweise der Erlaubnisscheine auf Pachtregeln einerseits und um die Verpflichtung bereinigt worden, bei größeren Bezirken und geringerer Pächterzahl zwingend Erlaubnisse vorrangig an ortsansässige Jäger zu erteilen. Diese Verpflichtung erschien nach der Wende als nützlich, hat sich aber in der Tat durch Zeitablauf überholt.

8.

Abs.  1 der Vorschrift erlaubt generell, Dritte durch entgeltliche oder unentgeltliche Erlaubnisse am Jagdausübungsrecht zu beteiligen. Diese Erlaubnisinhaber heißen nach dem Gesetzeswortlaut „Jagdgast„. Das BJagdG regelt den Begriff nicht, er taucht nur beiläufig in § 33 Abs. 2 auf, wonach der Jagdpächter auch für Jagdschaden durch den Jagdgast haftet, in § 11 Abs. 3 BJagdG wird die Fläche der Jagderlaubnis bei der Berechnung der Pächterhöchstfläche der 1000 m mitgezählt. Grundsätzlich erfasst die Regelung des § 16 LJagdG auch den Einzelabschuss, lässt dabei aber Erleichterungen zu – zu Rechtsfragen der Jagderlaubnisse im einzelnen siehe „unsere Jagd“ (uJ)  92, 24 „Jagderlaubnisse in den neuen Bundesländern“ und uJ  92, Heft 8 S. 22 „Der störrische Jagdgast“ sowie uJ  93, Heft 6 S.14 „Grabowski ermittelt“. Bei mehreren Jagdausübungsberechtigten müssen entweder alle den Erlaubnisschein unterschreiben, oder sich hierzu gegenseitig schriftlich bevollmächtigen; andernfalls wäre die Jagdausübung durch den Jagdgast, der nicht von allen die Jagderlaubnis hat, denen gegenüber Jagdwilderei, die nicht genehmigt haben. Die mündliche vorgängige Vollmacht reicht nicht, wohl aber bei unentgeltlichen Erlaubnissen die nachträgliche mündliche Genehmigung.

9.

Abs.  2 enthielt früher eine Verpflichtung, eine unterschrittene Pächterhöchstzahl durch Jagdgäste vorrangig aus dem Ort aufzufüllen – insoweit war die Pächterhöchstzahl des Gesetzes zugleich eine Pächtermindestzahl, was häufig bei Jagdpachtverträgen nicht beachtet wurde, aber nicht einmal zivilrechtliche Folgen hatte. Die Vorschrift war allerdings nicht durchsetzbar – einige Jagdpachtverträge sehen etwas derartiges aber erlaubterweise vor.

10.

Abs.  2 stellt klar, dass entgeltliche Jagderlaubnisse (mit Ausnahme von Einzelabschüssen) stets der Schriftform bedürfen. Sie und der Jagdgast stehen Pachtverträgen und Pächtern weitgehend gleich, was nicht geregelt werden muss, weshalb dieser Hinweis des alten Abs. 3 entfallen ist. Insbesondere ist die entgeltliche Jagderlaubnis schon nach § 12 Abs. 1 BJagdG der UJB anzuzeigen und unterliegt dem Beanstandungsrecht wie ein Pachtvertrag. Sie erlischt unter den Voraussetzungen des § 13 BJagdG. § 14 Abs. 1 LJagdG gilt eingeschränkt. So gilt die Pächterhöchstzahl des § 14 Abs.1 LJagdG auch für die Höchstzahl von entgeltlichen Jagdgästen, und es gilt dieselbe Berechnungsart ohne befriedete Bezirke. Ansonsten ist der Jagdgast im Gegensatz zum Mitpächter nicht BGB-Gesellschafter. Der Jagdgast übt fremdes Jagdausübungsrecht aus, nicht sein eigenes – auch das war früher unnötigerweise gesetzlich geregelt und ist jetzt, da es nach Jagdrecht unstreitig gilt, entfallen. Die Jagderlaubnis ist damit ein schuldrechtlicher Teilnahmevertrag eigener Art am Jagdrecht.

11.

Jeder Jagdgast, auch der unentgeltliche, der die Jagderlaubnis mündlich erhalten kann (s. Anm. 1 am Ende), muss eine schriftliche Jagderlaubnis mit sich führen und den Jagdschutzberechtigten und den sonstigen zur Personenkontrolle befugten Beamten vorzeigen, wenn er nicht vom Jagdausübungsberechtigten, einem angestellten Jäger oder einem bestätigten Jagdaufseher begleitet wird. Beim Ansitz, wohl nicht bei der Pirsch, muss es genügen, wenn der Begleiter auf einem anderen erreichbaren Sitz im Revier ansitzt und die beiden sich verständigen können, was im Zeitalter des mobilen Telefons keinerlei Probleme mehr bereiten sollte.

Angestellte Jäger und bestätigte Jagdaufseher benötigen keine schriftliche Erlaubnis.

Nichtigkeit § 17

Pachtverträge, die gegen die Mindestpachtdauern und die übrigen Bestimmungen des § 13 Abs. 2 LJagdG Bbg verstoßen, oder gegen den oben kommentierten § 14, sind nichtig. Aber beachten: für Mitpächter gelten die Mindestgrößen natürlich nicht, weswegen das in § 14 ausdrücklich erwähnt ist.

Tod des Jagdpächters § 18

12.

Schon nach § 13a BJagdG würde der Tod eines Mitpächters oder Päch­ters zum Erlöschen des Jagdpachtvertrages führen, wenn der Vertrag keine andere Regelung enthält und diese Vorschrift auch auf das Ausscheiden durch Tod angewendet würde, vergl. oben Anm. 3.  Jetzt stellt Abs. 1 klar, dass das gepachtete Recht der Jagdausübung nicht vererbt wird, sondern der Pachtvertrag erlischt. Beim Alleinpächter ist das Revier damit frei und kann sofort neu verpachtet werden, wenn nicht der Vertrag extra eine Erbenregelung enthält.

13.

Sieht der Pachtvertrag den Weiterbestand des Vertrages beim Tode eines von mehreren Pächtern vor, so regelt § 18 LJagdG nur, dass die Pachtvertragsparteien den Vertrag mit den verbleibenden Pächtern fortsetzen können, sofern § 14 eingehalten ist. Dafür können auch neue Pächter aufgenommen werden – das ist ohnehin klar – und das ist dann der UJB als Änderung des Pachtvertrages (was es natürlich auch ist) anzuzeigen, wofür, ohne dass darauf verwiesen wäre, § 12 BJagdG Anwendung findet.

*  *  *

10.11.2023

§ 1 LJagdG Bbg „Gesetzeszweck“- Online-Kommentar

Kommentar zum Landesjagdgesetz Brandenburg (LJagdG Bbg)

Laufend aktualisierte Fassung

JUN.I Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

 § 1 LJagdG Bbg

Gesetzeszweck

(1) Wild ist ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(2) Dieses Gesetz dient dazu,

  1. einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten;
  2. bedrohte Wildarten zu schützen;
  3. die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes zu sichern, zu verbessern und so weit wie möglich wiederherzustellen;
  4. die von jagdbaren Tieren verursachten Schäden am Wald und auf landwirtschaftlichen Kulturen auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu begrenzen;
  5. die jagdlichen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit denen des Naturschutzes, des Tierschutzes, der Landschaftspflege sowie der Erholungsnutzung in Einklang zu bringen;
  6. die Jagdausübung und die Jagdorganisation zu regeln;
  7. eine biotopgerechte Wildbewirtschaftung durchzusetzen.

 

Bundesjagdgesetz

§ 1 Inhalt des Jagdrechts

(1) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.

(2) Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.

(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.

(4) Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.

(5) Das Recht zur Aneignung von Wild umfasst auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen.

(6) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes und der in seinem Rahmen ergangenen landesrechtlichen Vorschriften.

Kommentar zum LJagdG Bbg

 1.

§ 1 des LJagdG ist sozusagen das „Grundgesetz“ der Jagd. Diese hat in erster Linie die Aufgabe, „Wild“ als wesentlichen Bestandteil der Kulturlandschaft in genau bestimmtem Rahmen zu hegen, und zwar im Zusammenwirken mit anderen Partnern, insbesondere der „Forstpartie“ (Staatswald, private Waldeigentümer u. a.).

2.

Ziel des gesamten Jagdrechts ist die Erhaltung und Bewirtschaftung des Wildes und die Organisation der Jagd im landeskulturellen Rahmen. Dabei hat der Landesgesetzgeber nicht nur die Vorgaben und Grenzen des BJagdG, sondern auch anderer übergeordneter Rechtsvorschriften zu beachten, z.B. der Naturschutzgesetze, des Tierschutzes, der BWildSchVO usw.

Deshalb sieht das LJagdG einerseits den Schutz bedrohter Wildarten und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Schaffung und Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes vor. Andererseits sind dabei die Belange der Wald- und Landwirtschaft ebenso zu beachten wie die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes und die genannten sonstigen öffentlichen Belange. Und letztlich ist die Organisation und Durchführung der Jagd insoweit zu regeln, als dies nicht bereits durch das BJagdG, aber auch andere Gesetze wie das WaffG geschieht.

Neu ist im LJagdG seit 2004 in § 1 die interessante Tatsache, dass durch diese Generalvorschrift nicht mehr, wie vorher, die gesamte freilebende Tierwelt angesprochen wird, sondern, insoweit dem Zweck des Gesetzes als Spezialregelung eher entsprechend, „Wild“; dennoch ist die Einschränkung nicht recht verständlich, denn die gesamte Tierwelt, nicht nur das Wild, ist Bestandteil der heimischen Natur. Richtig ist indessen, dass mit dem Nachsatz in § 1 Abs. 1 eindeutig klargestellt wird, dass der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Das ist einmal eine Folge der Diskussion mit Tierschützern, Naturschützern und sog. Ökojägern, vor allem aber eine praktische Folgerung aus der Tatsache, dass Tiere heute, seit der Geltung des Art. 20a GG, nicht mehr nur Sachen, sondern Mitgeschöpfe sind, und dass insoweit Tierschutz eindeutig auch eine jagdliche Aufgabe ist; deshalb ist er in Ziff. 5 ausdrücklich erwähnt.

Dabei muss gerade heute und in einem Jagdrechtskommentar darauf hingewiesen werden, dass in den jagdrechtlichen Vorschriften der Vergangenheit schon tierschutzrechtliche Aspekte verankert wurden, bevor überhaupt eine Tierschutzbewegung entstand. So schützte das Würzburger Jagdedikt von 1705 schon die Elterntiere während der Aufzucht der Jungen, Tierschutzregeln wurden in alten Jagdgesetzen zu „Weidmanns Brauch“ erklärt, und in dieser Weise dann in den Begriff der Weidgerechtigkeit in das Reichsjagdgesetz übernommen.

Die Länder dürfen mit eigenen Vorschriften vom Bundesjagdgesetz (BJagdG) abweichen (mit Ausnahme der Regelung der Jägerprüfung). Soweit jedoch ein Landesjagdgesetz schweigt, gilt das BJagdG unmittelbar. Deshalb hat Abs. 3 des § 1 BJagdG, der die Regeln der Weidgerechtigkeit für anwendbar erklärt, unmittelbare Gesetzeswirkung in Brandenburg.

3.

Insoweit nimmt die grundsätzliche Darstellung des Gesetzeszweckes Teile der Zielvorgaben des BJagdG wiederholend oder konkludent in sich auf, insbesondere die Bestimmungen des § 1 Abs. 2. Der Kernbegriff (BVerfGE 18, 309) ist derjenige der Hege – das LJagdG hat damit in § 1 den gleichen Zweck wie die Hegeverpflichtung des BJagdG.

Der Begriff der Hege wird leider nicht einheitlich gebraucht. Schon das BJagdG verwendet ihn ambivalent – in § 28 ist mit Hege des Schwarzwildes seine Pflege und Zucht gemeint, ebenso wie in § 30, in § 5 Abs. 2 wird der Ausdruck Jagdpflege verwendet, der hier aber Hege meint.

Ferner ist der Begriff der Hege vielschichtig. In erster Linie wird man heute darunter die Biotophege verstehen, also die Pflege, Gestaltung und Sicherung des Lebensraumes des Wildes; ihr gegenüber tritt die früher sogenannte Hege mit der Büchse zurück, auch deshalb, weil die Wildbiologie lehrt, dass jedenfalls eine individuelle Auslese kaum noch mit der Büchse erreicht werden kann – das erklärt vielleicht die Wortänderung in Ziff. 7, s. unten. Demgegenüber umfasst die Hege alle ökologischen und ökonomischen Erfordernisse der Erhaltung und Eingliederung des Wildes in der heutigen Kulturlandschaft. Dabei bildet die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung nicht, wie oft behauptet wird, eine Grenze der Hege, sondern gehört zu ihrem Inhalt. Nicht zur Hege gehört der gelegentlich vorhandene Wunsch, Wild in größerer Zahl zugunsten der Jagdausübung und zulasten der Landwirtschaft zu hegen – letztere hat insoweit Vorrang, wie auch § 21 BJagdG indiziert, und wie die Rspr. (Rechtsprechung) stets betont hat (BGH NJW 1984, 2216; OVG Koblenz AgrarR 1982, 252).

Die Verpflichtung, nicht nur Berechtigung des Jägers zur Hege stipuliert § 1 Abs. 1 letzter Satz BJagdG: Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden. Dabei ist heute gesicherte Ansicht, dass die Hegeverpflichtung nicht allein den Jäger trifft, sondern auch den Grundeigentümer. Das führt z. B. dazu, dass die Landwirtschaft Wildschäden in bestimmter Höhe dann dulden muss, wenn ansonsten der Wildbesand ordnungsgemäß gehegt wurde. Und dort, wo die Gesetze oder andere Rechtsvorschriften ein Eingreifen der Jagdbehörden vorsehen, ist häufig die Hege neben der ordnungsgemäßen Jagdausübung der Maßstab für das Tätigwerden der Behörden, z.B. bei der Abrundung oder Angliederung von Jagdbezirken – § 2 (s. dort).

Eine für den Jäger nicht unbedenkliche Gesetzesänderung des LJagdG 2004 gegenüber dem von 1992 liegt darin, dass in Ziff. 7 der Vorschrift die „weidgerechte“ durch die „biotopgerechte“ Wildbewirtschaftung ersetzt wurde. Das ist eine Verengung des Hegebegriffes und insoweit eine Abweichung vom BJagdG, das aber demgegenüber durch seinen § 1 Abs. 3 unmittelbar gilt.

Gleichzeitig ist die Hege auch ein Ausdruck des Tierschutzes (der inzwischen im Grundgesetz als Staatsziel in Art. 20a Grundgesetz  (GG) aufgenommen wurde – wobei zu beachten ist, dass es der Staat, also der Gesetzgeber und die Gerichtsbarkeit, ist, denen der Tierschutz obliegt, nicht einzelnen zumeist sogar mehr oder minder militanten Interessengruppen!), denn die Hege hat primär die Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes zum Ziel.

4.

Das Jagdrecht bezieht sich im Wesentlichen nur auf Wild, d.h. nach der Legaldefinition des § 1 BJagdG auf „Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen“, nicht auf sonstige Tiere (die damit einen geringeren Schutz genießen, da selbst die weitestgehenden Schutzgesetze z.B. keine Hegeverpflichtung enthalten). Was in diesem Sinne Wild ist, bestimmt § 2 BJagdG i.V.m. den Vorschriften der Länder.

5.

Die „Weidgerechtigkeit“ ist ein sog. „unbestimmter Rechtsbegriff“ und ambivalent und unterliegt demgemäß Wandlungen; dennoch ist sie bestimmbar und insoweit als Rechtbefehl zu beachten. Sie beinhaltet jedenfalls die drei wesentlichen Grundlagen der Jagd:

  • Biodiversität,
  • Tierschutz und
  • Nachhaltigkeit.

Die Begriffe sind im Einzelnen erläutert in https://jagdrechtsblog.com/positionsbestimmung-unserer-jagd-zwischen-tradition-moderne-und-untergang/ .

Die Weidgerechtigkeit ist damit die Summe aller geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, die die Jagd, das Jagdhandwerk, die allgemeine Jagdausübung und vor allem die ethische Einstellung des Jägers zu Jagd und Tier betreffen. Als Rechtsbegriff unterliegt die Weidgerechtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung – es sind also die Gerichte, die jeweils entscheiden, was im Zweifel weidgerecht ist, nicht behördliches Ermessen (ausführlich dazu Schuck, Kommentar zum Bundesjagdgesetz 2010, Rn. 27 – 34 zu § 1 BJagdG).

6.

Soweit versucht wird (und wurde), in neuen Landesjagdgesetzen wesentliche Regelungen des § 1 BJagdG und der Weidgerechtigkeit auszuschließen, liegt häufig eine Verletzung von Bundesrecht vor, für die ein Landesjagdgesetz nicht legitimiert ist – s. dazu für Brandenburg u. a. https://jagdrechtsblog.com/entwurf-landesjagdgesetz-aus-der-mottenkiste-der-geschichte/.

*  *  *

Entwurf Landesjagdgesetz – aus der Mottenkiste der Geschichte !

MLUK: Wildtiermanagement – Biodiversität – Nachhaltigkeit ?

NIE GEHÖRT !

Das MLUK Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg hat den Entwurf eines neuen Landesjagdgesetzes veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Dieses Gesetz stellt einen völligen Paradigmenwechsel der Jagdgesetzgebung des Landes dar.

Wir haben uns vor kurzem sarkastisch über diesen Gesetzesvorschlag ausgelassen. Aber wir sind ein Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz, das in erster Linie wissenschaftlich arbeitet. Also ist etwas Polemik zwar sehr lustig, ersetzt aber natürlich nicht die ernsthafte Befassung mit diesem Entwurf.

Wir haben deshalb ein Gutachten erstellt:

Modernes Wildtiermanagement Brandenburg

Brauchen wir ein

neues Landesjagdgesetz?

Analyse – Rechtsvergleich – Bewertung

Gutachten

JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Auf Seite 27 kommen wir zu folgendem Ergebnis:

Der hier behandelte Entwurf eines Landesjagdgesetzes ist mit Sicherheit immer noch unvollständig und wird in der weiteren Diskussion wahrscheinlich geändert und ergänzt werden. Das dürfte jedoch den Kern dieses Entwurfs, nämlich die bewusste Abkehr von der nachhaltigen Wildbewirtschaftung, nicht beeinträchtigen – er verändert in starkem Maß das bisher geltende Reviersystem, ist um ca. 170 Jahre rückwärtsgewandt, ist weitgehend unvollständig und führt mit Sicherheit zu einer Zersplitterung der Wildbewirtschaftung in Brandenburg mit der Folge, dass Wild in zahlreichen Kleinstrevieren und damit Landübergreifend nicht mehr gehegt werden kann, und offenkundig soll. Er wird in diesem Gutachten sogar für überwiegend und vor allem in seiner Grundentscheidung rechtswidrig angesehen, weil er gerade unter dem Gesichtspunkt der Biodiversität und Nachhaltigkeit und seiner Neubewertung des Tierschutzes in Art. 20a GG und unter Berücksichtigung von § 17 Tierschutzgesetz jedenfalls rechtlich höchst bedenklich erscheint.

Vor allem ist er bewusst und gewollt nicht nachhaltig und vor allem deshalb rechtswidrig. Demgegenüber ist festzustellen, dass die angeblichen Kernanliegen des Entwurfs, nämlich die Wildhege unter Beachtung der vorgängigen Interessen der Land- und Forstwirtschaft, ohne Weiteres und nur durch das geltende Landesjagdgesetz rechtssicher und hinreichend gewahrt sind. Bei jeder Novellierung muss es im Kern immer  bei § 1 bleiben.

Hervorzuheben ist folgendes Zitat aus dem Gutachten:

Von der Grundlage der Nachhaltigkeit in § 1 BJagdG will „der Entwurf nunmehr bewusst und gewollt und jedenfalls eindeutig abrücken und sich aus der Nachhaltigkeit verabschieden. In dieser Abkehr von den allgemein akzeptierten und rechtlich verbindlich festgelegten Postulaten eines nachhaltigenWildtiermanagements liegt der Paradigmenwechsel des Entwurfs. Erkennbar wird das darin, dass der Entwurf sowohl die grundlegenden oben zitierten Vorschriften des Bundesjagdgesetzes als auch insbesondere den § 1 des geltenden Landesjagdgesetzes nicht nur ignoriert, sondern mit seinem neuen § 2 sicherstellt, dass jedenfalls die diesbezüglichen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes auch nicht hilfsweise gelten können. Deshalb definiert der Entwurf die Rolle der Jagd im ländlichen Raum so, dass sie „aus heutiger Sicht neben der nachhaltigen Nutzung des Wildes vor allem darin besteht, die Wildbestände derart anzupassen, dass eine land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung ohne erhebliche Beeinträchtigung möglich ist …“. Diese Formulierung reduziert den Wildbestand auf eine möglichst geringe Schädlingsdichte.

Besonders entlarvend ist die Begründung zu § 6 Abs. 3 des Entwurfs, die lautet: „Die hier vorgesehene Regelung soll es mehr Waldbesitzern ermöglichen, die Jagd auf ihren Flächen unmittelbar … zu beeinflussen. Damit wird in Teilen eine Rechtssystematik wiederhergestellt, die zuletzt bis 1850 existierte und am ehesten dem Grundsatz gerecht wird, dass das Jagdrecht untrennbar an Grund und Boden gebunden ist.“ (Fettdruck vom Unterzeichneten).

Deutlicher kann man den Rückschritt in eine Zeit, in der es weder Biodiversität noch Nachhaltigkeit gab, nicht ausdrücken!“

Bewertung:

Dieser Entwurf kann, solange sein Kernanliegen erhalten bleibt, nicht Gesetz werden.

Ihr Dr. Wolfgang Lipps

Download:

Gutachten neues Jagdgesetz Bbg

Gutachten neues Jagdgesetz Bbg

 

Gutachten: ASP – Jagdverbot: verfassungswidrig und unlogisch!

Wir, JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH, liegen seit dem 07.08.2021 in der ASP-Sperrzone II des Landkreises Barnim in Brandenburg und unterliegen seitdem einem vollständigen Jagdverbot, verbunden mit einem Betretensverbot für unser Lehr- und Forschungsrevier und Leinenzwang für unsere Jagdhunde.

Wir halten das für rechtswidrig und haben darüber ein Kurzgutachten erstellt, das wir für alle interessierten Jagdausübungsberechtigten hier wiedergeben.

 

Ergebnis des Gutachtens:

Das Jagdverbot auf alle Wildarten verbunden mit dem Verbot an den Jäger, sein Revier zu betreten und seinen Hund nicht von der Leine zu lassen, ist nicht nur ungeeignet, die Ausbreitung der ASP auf private Betriebe der Schweinezucht zu verhindern. Sondern es ist auch ein unzumutbarer und unverhältnismäßiger Eingriff in die im öffentlichen Interesse liegende Jagdausübung.

Der Einzeljagd (Ansitzjagd) stehen übergeordnete Interessen der privaten Schweinehalter keineswegs entgegen. Auch dem Ziel, Wildschweine möglichst nicht zum Verlassen des gefährdeten Gebiets zu veranlassen, dient das Jagdverbot überhaupt nicht! Das Jagdverbot ist deshalb als unnötig, ineffektiv und unverhältnismäßig aufzuheben.

ASP Kurzgutachten

Rechtsgutachten: Mindestabschusspläne in Brandenburg für Rot-, Dam und Muffelwild sind rechtswidrig !

Die neue Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz Brandenburg vom 28. Juni 2019 sieht bekanntlich in § 4 u.a. vor:

–       (4) Für Rot- Dam- und Muffelwild gilt der Abschussplan für die Altersklassen 0 und 1 als Mindestabschuss.

–       (6) bei einer erhöhten Wildschadenssituation gem. Absatz 1 erfolgt die Bestätigung oder Festsetzung von Abschussplänen für weibliches Rot- Dam- und  Muffelwild als Mindestabschussplan.

Wir haben uns in mehreren Blogbeiträgen gegen diese Vorschrift gewandt und sie für rechtswidrig gehalten, so bereits am 13.10.2016, und dann am 7. März, am 20.Mai, am 3.Juli und letztlich mit unserer „Streitschrift gegen die Ausrottung des Schalenwilds durch die Forstpartie“ vom 31. August 2019. Die finden Sie hier in der Rubrik „Recht“.

Aber der Hund bellt und die Karawane zieht weiter.

Und der LJV lässt Wild und Jäger im Stich!

Deshalb haben wir jetzt ein Rechtsgutachten erstellt, das auf 30 Seiten nachweist, dass der brandenburgische Mindestabschuss rechtswidrig ist. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis:

  • § 4 Abs. 4 und 6 der DVO zum Landesjagdgesetz Brandenburg verstößt gegen die in Paragraf 1 Abs. 1 und 2 Bundesjagdgesetzes und im Landesjagdgesetz enthaltene Hegepflicht und damit auch gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit. Die Vorschrift verstößt darüber hinaus gegen das Tierschutzrecht. Sie ist nichtig und aufzuheben.
  • Zugleich ergibt sich: Der Slogan „Wald vor Wild“ ist unvertretbar – das Jagdrecht fordert insbesondere durch die Bedeutung der Hegepflicht eindeutig ein aktives Bekenntnis zu „Wald und Wild“.

Dazu bieten wir einfache Lösungsvorschläge – schaun wir mal, ob sich die Forstpartie und der neue Minister überzeugen lassen. Nötig wärs – der Jagd und dem Wild zuliebe.

Das Gutachten finden Sie hier zum Download: Gutachten zur DVO LJagdG Bbg als WORD-Datei.

oder nachstehend als PDF zum Durchlesen.

Gutachten zur DVO LJagdG Bbg

 

Beste Grüße, Weidmannsheil, und schöne Feiertage.

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Nachtrag vom 5. November 2022

OVG Berlin-Brandenburg – Mindestabschussplan rechtmäßig

 In seinem Urteil vom 19.07.2022 – OVG 12 A 2/21 hatte das OVG Berlin-Brandenburg Gelegenheit, sich auch mit dem Mindestabschussplan der DVO Brandenburg zu befassen. Es hält diesen für rechtmäßig.

Der Kläger Prof. Dr. Pfannenstiel hatte u. a. vorgetragen:

Auch die Regelungen in § 4 Abs. 4 und 6 BbgJagdDV griffen in die gesetzlichen Regelungen über die Erstellung von Abschussplänen ein, weil sie den Plan für die Altersklassen 0 und 1 bzw. – bei erhöhter Wildschadenssituation gemäß 4 Abs. 1 BbgJagdDV – für die weiblichen Tiere als Mindestabschuss definiere, darüber hinaus also einen unbegrenzten und unkontrollierten Abschuss zulasse. Das verkehre die gesetzliche Intention eines regulierenden Abschusses in ihr Gegenteil. Selbst wenn er, der Antragsteller, es in seinem Revier bei der Erfüllung eines sachgerechten Abschussplanes belasse, eröffne ein Mindestabschuss in den Nachbarrevieren einen letztlich unbegrenzten Abschuss bar jeder Anforderungen an eine wildbiologisch gebotene Dezimierung.

Das Gericht hat dementgegen entschieden, die Regelung sei rechtskonform, und begründet das wie folgt (Fettdruck von uns):

Eine Mindestabschussregelung ist aber innerhalb der Bejagungsregelungen kein Freibrief, den gesamten Bestand zur Strecke zu bringen. Vielmehr hat jeder Jagdausübungsberechtigte stets seine Verantwortung für die Hege des Wildes, namentlich für einen artenreichen und (in jeder Hinsicht) gesunden Wildbestand (§ 1 Abs. 2 BJagdG) in seinem Revier wahrzunehmen und auch unter Eingreifen einer Mindestabschussregelung im Blick zu behalten. Damit ist es nicht zu vereinbaren, den Bestand bevorzugt nach Trophäenträgern zu reduzieren, vielmehr sind wildbiologische Erfordernisse bei der Auswahl ggf. über den Abschussplan hinaus zu erlegender Tiere zu beachten.

Mit anderen Worten: die Regelung sei schon von sich aus begrenzt durch die Verpflichtung eines jeden Jägers, einen gesunden Wildbestand zu hegen; der sei eben immer die Obergrenze.

Das halten wir für falsch.

Rotwild lebt nicht territorial sondern zieht über weite Strecken und ist stets in großräumiger Bewegung. Nicht einmal eine Hegegemeinschaft, geschweige denn ein einzelnes Revier, bietet den Jagdausübungsberechtigten die Möglichkeit, alle für die Hege der jeweiligen Population bestimmenden Parameter (Geschlechterverhältnis, Rudelstärke, Rudelzusammensetzung usw.) im Blick zu haben. Es ist dem einzelnen Jäger völlig unmöglich, auch bei bester Vernetzung innerhalb einer Hegegemeinschaft, sicher zu entscheiden, ob mit der Erlegung eines einzelnen Stückes vielleicht schon die Mindestgrenze der Hege unterschritten wird. Eine „Verantwortung für die Hege des Wildes … in seinem Revier“ kann kein einzelner Jäger übernehmen.

Das OVG unterstellt somit eine Abschuss-Obergrenze, die es im Jagdgeschehen auch bei größter Sorgfalt nicht geben kann. Sie kann somit die Rechtmäßigkeit des Mindestabschusses nicht herstellen.

Es ist zu hoffen, dass eine Revision des noch nicht rechtskräftigen Urteils dies in der Tat revidiert.

Dr. Wolfgang Lipps

 

 

Jagdrecht und Tierrechte – eine rechtstheoretische Hinterfragung

Jagdrecht und Tierrechte – eine rechtstheoretische Hinterfragung

Dr. Wolfgang Lipps

Inhalt

A. Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

B. Begriffsklärungen 

    1. Recht, Rechte, Rechtsordnung

    2. Tierrechte

        a. Die Tierrechtsbewegung

        b. Tierrechte speziell

        c. Tierschutz contra Tierrechte

    3. Die wahren Rechte der Tiere

        a. Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

        b. Sonstige Gegenargumente

    4. Rechtsreflex und Tierschutz

    5. Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

        a. Über die Jagd

        b. Jagdgegner Tierschutz

        c. Jagdgegner Tierrechtler

    6. Schlussbemerkung

 

A       Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

 

Wie Sie in der Tagesordnung lesen können, mute ich Ihnen jetzt eine rechtstheoretische Erörterung rechtlicher Begriffe zu.

Dabei steht zunächst das Verhältnis von Mensch und Tier, aber gleich danach natürlich die Jagd und dann auch der Tierschutz im Mittelpunkt, denn wir sind ein Forum für Jagdkultur. Der weite Begriff der „Kultur“ umfasst bekanntlich die Gesamtheit der vom Menschen selbst hervorgebrachten und im Zuge der Sozialisation erworbenen Voraussetzungen sozialen Handelns, d.h. die typischen Arbeits- und Lebensformen, Denk- und Handlungsweisen, Wertvorstellungen und geistigen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft. Rechtsbegriffe, Recht allgemein, Menschen-recht, Rechtsfähigkeit, und dann Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechte gehören damit zur Jagdkultur.

Der Mensch macht die Regeln, nach denen er Mitgeschöpfe, vor allem Tiere, nutzt.

Und genau da setzen die Tierrechtler an.

B.      Begriffsklärungen

Nachfolgend geht es in erster Linie um die sogenannten Tierrechte und darum, was das ist, ob es das überhaupt gibt, und was das für uns als Jäger und für die Jagd bedeutet. Ich halte mich dabei nicht lange bei den philosophischen oder ethischen und moralischen Begriffen auf, sondern ich will das Verhältnis von Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechten rechts-theoretisch, also als Jurist, hinterfragen.

1.    Recht, Rechte, Rechtsordnung

Als Recht bezeichnen wir die Gesamtheit der Verhaltensregeln, die von der Gemeinschaft gewährleistet sind – sie bilden die Rechtsordnung. Sie entstehen entweder als Gewohnheitsrecht durch fortdauerndes Befolgen von Regeln, die von der Gemeinschaft als verbindlich akzeptiert werden, oder als gesetztes („positives“) Recht, das von staatlichen oder überstaatlichen Gesetzgebungsorganen oder von satzungs-gebenden Körperschaften, immer also von Menschen für Menschen, geschaffen wird. Diese generellen Regeln werden als objektives Recht bezeichnet. Aus ihm ergeben sich konkrete Rechte des Einzelnen, etwas zu tun, zu unterlassen oder von einem anderen zu verlangen – das sind die subjektiven Rechte des Einzelnen. Zu ihnen gehören insbesondere die individuellen Freiheitsrechte, ferner Ermächtigungen zu rechtswirksamen Handlungen und schließlich Ansprüche, von einem anderen etwas zu verlangen.

Mit den subjektiven Rechten sind immer auch Pflichten verbunden. Jedes subjektive Recht hat Grenzen, die immer da verlaufen, wo das Recht des Einzelnen an das Recht des Anderen stößt oder es überschneidet. Das verpflichtet den einzelnen Rechts-inhaber, diese Grenzen und damit das Recht der anderen zu achten und einzuhalten. Deutlich erkennbar ist dies bei den Freiheitsrechten. Aber aus Rechten können sich auch andere Verpflichtungen ergeben, wie Mitteilungspflichten oder Fürsorgepflichten o. ä.

Besonders gut kann man dies am subjektiven Recht des Eigentums erkennen. Der 1. Satz von § 903 BGB lautet: Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Der Eigentümer einer Sache kann diese also nach Belieben bearbeiten, verbessern, verschlechtern oder vernichten – aber eben nur, wenn dem nicht „das Gesetz oder Rechte Dritter“  entgegenstehen. Ein Grundstückseigentümer darf also zum Beispiel durch giftige Gase oder Dämpfe von seinem Grundstück den Nachbarn nicht  beein-trächtigen. Ein Autofahrer kann mit seinem eigenen Wagen natürlich nicht irgendwo querfeldein oder durch den Vorgarten des Nachbarn brettern, sondern wird durch die Verkehrsvorschriften begrenzt. Den Pflichten des Einen liegen also immer die sub-jektiven Rechte Anderer zugrunde und umgekehrt!

Wem aber stehen diese subjektiven Rechte zu und wen binden diese Verpflich-tungen?

Wie gesagt: die Regeln, nach denen der Mensch die Natur nutzt, macht der Mensch für sich. Deshalb bestimmt § 1 BGB: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt“. Der Begriff Rechtsfähigkeit meint dabei nicht, dass ein Mensch auch geistig und körperlich in der Lage sein muß, sein Recht und dessen Grenzen zu kennen und sich seiner Verpflichtungen bewußt zu sein, – das behandelt  die Geschäftsfähigkeit – sondern bestimmt nur, dass eben nur ein Mensch überhaupt subjektive Rechte und Verpflichtungen haben kann.

2.    Tierrechte

Vorab: Tierrechtler werden häufig mit Tierschützern, insbesondere militanten Tier-schützern, verwechselt, was auch daran liegt, dass sie sich selbst oft hinter plakativem lautem gewalttätigem und militantem Tierschutz verstecken. Aber sie wollen nicht die Tiere nur schützen, sondern sie wollen die Nutzung des Tiers durch den Menschen gänzlich aufheben, weil das Tier wie der Mensch ein Bewußtsein habe und wie der Mensch leiden könne und deshalb – wenn auch partiell – subjektive Rechte wie ein Mensch haben muss. Das betrifft insbesondere das Recht auf Freiheit und Leben – daher befürworten sie Tierbefreiungen. Deshalb darf für Tierrechtler der Mensch kein Tier oder seine Produkte töten und essen, was gleichzeitig dazu führt, dass Tier-rechtler generell Veganer sind.

a.        Die Tierrechtsbewegung

Vertreter von unveräußerlichen und vergleichsweise weitgehenden Rechten von Tieren werden also als Tierrechtler bezeichnet. Sie leiten aus Tierrechten weitreichende Forderungen an die Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit Tieren ab. Die Tierrechtsbewegung ist eine soziale Bewegung, die Tierrechte einfordert und durch den philosophischen Diskurs maßgeblich beeinflusst ist.

Der Terminus Tierrechte ist somit ein zentraler Begriff der Tierethik. Er bezeichnt – lange diskutiert aber heute ganz eindeutig – subjektive Rechte für (nichtmenschliche) Tiere. Etwa ab 1970 spaltete sich die Tierrechtsbewegung als eigenständige Strömung von der Tierschutzbewegung ab. War es bis dahin das Ziel der Tierschützer, Tierleid zu verhindern, fordern die Tierrechtler die Abschaffung der Tiernutzung und die vollständige Befreiung der Tiere aus menschlicher Vorherrschaft – die Bewegung steht in der Tradition der Befreiungsbewegungen der Sklaven, Frauen, Abhängigkeiten usw.. Befeuert wurde die neue Bewegung durch das 1975 erschienene Buch „Animal Liberation“ des australischen Tierethikers Peter Singer (*1946).

Längst hat die Tierrechtsbewegung in den ethischen Debatten Fuß gefasst:. „Es steht heute das Ausmaß der Rechte der Tiere zur Debatte, nicht die Tatsache, dass sie welche haben“ (Sozialanthropologe Nick Fiddes). Oder: „Daher lautet die Frage nicht mehr: Sollen wir Tiere in unsere ethischen Überlegungen einbeziehen?, sondern: Wie und wie weitgehend sollen wir sie berücksichtigen?“ (Hilal Sezgin). Der Schweizer Tieranwalt Antoine F. Goetschel fordert, wir müssen „nach einem Kriterium für richtiges Verhalten suchen, das unabhängig von uns besteht, sondern den Tieren allgemein, vielleicht sogar allen Lebewesen zugestanden wird“ . Ganz im Sinne Peter Singers, der schon in den 70ern feststellte: “Wir müssen dahin gelangen, daß wir nichtmenschliche Tiere in den Bereich der moralischen Rücksicht einbeziehen und daß wir aufhören, ihr Leben für jeden noch so trivialen Zwecke zu opfern“.

b.  Tierrechte speziell

Schon die Rolle des Tierschutzes wird zunehmend stärker. Viele Tierfreunde und Tierschutz­ak­ti­visten sind damit aber nicht zufrieden. Sie wollen Tiere nicht nur schützen, sondern ihnen Bürgerrechte zuerkennen, ähnlich denen, die Menschen innehaben, Tiere sollen als Rechts­sub­jekte einge­stuft werden, nicht mehr als Sachen.

Beflügelt hat dieses Denken z. B. das sogenannte Great Ape Project, das mit seiner Forderung nach Bürgerrechten für Menschen­affen in der Vergan­genheit erstaun­lichen legis­la­tiven Einfluss hatte. So stellte Neuseeland 1999 per Gesetz die Großen Menschen­affen unter beson­deren Rechts­schutz, in Spanien startete vor einigen Jahren eine parla­men­ta­rische Initiative, um national den beson­deren Status von Menschen­affen anerkennen zu lassen, schei­terte jedoch nicht zuletzt am Wider­stand der katho­li­schen Kirche, die darin eine „antichrist­liche Verschwörung“ vermutete, ein gegen Vernunft und Natur gerich­tetes Projekt.

Der amerikanische Philosoph Tom Reagan ist der Ansicht, dass Rechte den Lebewesenrechte zugesprochen werden müssen, die Subjekt-eines-Lebens (subject-of-life) sind. Das meint Lebewesen, die der Welt gewahr sind und die merken was mit ihnen geschieht und dass das für sie von Bedeutung ist. Tiere gehören ausdrücklich dazu – Reagan ist ein prominenter Tierrechtler.

Richard David Precht hat sich in seinem neueren Buch „Tiere denken“ (2016) auf knapp 500 Seiten mit unserem Verhältnis zu Tieren beschäftigt, nach seinem Buch von 1997, „Noahs Erben“. Es ist interessant, dass Precht, der sich, durchaus lesenswert, sehr eingehend mit der Schwierigkeit des Verhältnisses von Mensch und Tier auseinandersetzt, letztlich auf dem Weg zu subjektiven Tierrechten ist. Sein Buch handelt nach seinen eigenen Worten nicht von denkenden Tieren, sondern nur von einem einzigen denkenden Tier, dem Menschen, der Schwierigkeiten hat, wenn er sich eine Vorstellung vom Innenleben anderer Tiere machen soll. Auf S. 540/541 befasst sich Precht mit der Tötung von Tieren aus „vernünftigem Grund“ und mit Tierleid und Tierschutz und kommt zu dem Schluss (S. 540 unten): In einer solchen Lage bleibt kein anderer Weg, als beim subjektiven Recht der Tiere anzusetzen“.

Auch dieses Buch zeigt, dass es inzwischen eine relativ breite und wachsende Tierrechtsbewegung gibt, die sich auf der Basis von Tierethik und menschlicher Moral dazu bekennt, extremen und militanten Tierschutz einschließlich der Tierbefreiung mit der Notwendigkeit subjektiver Rechte für Tiere in einer eigenen Rechtsphilosophie und Tierethik zusammenzufassen.

Hinzu kommt, dass es inzwischen eine ganze Reihe von Organisationen gibt, die ausdrücklich Tierschutz, auch provokativen und militanten Tierschutz, auf der Grundlage der Tierrechte praktizieren. So entstand in Nordamerika und in westeuropäischen Staaten unter anderem PETA (People for the ethical treatment of animals) – eine Organisation, die uns Jägern ein ganz besonderer Dorn im Auge ist, und das mit Recht. Organisationen in Großbritannien, Schweden und Norwegen haben sich dem Tierrechtsgedanken geöffnet. Unter dem Druck der Öffentlichkeit, die von der Schriftstellerin Astrid Lindgren kräftig unterstützt wurde, hat Schweden sein nationales Tierschutzgesetz geändert. Es spricht den Tieren jetzt eigene Rechte zu, und zwar das Recht auf einen entsprechend großen Lebensraum, auf Freiluftaufenthalte und ähnliches.

Im September 1988 klagten die Seehunde in der Nordsee gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil durch die zahlreichen Verklappungsgenehmigungen des Verkehrsministeriums für lebensbedrohliche Schadstoffe ca. 18.000 Seehunde verendet sind. Die Seehunde konnten natürlich nicht selbst klagen, sondern für sie klagte ein „Prozesspfleger“, nämlich der BUND, Greenpeace und 6 weitere Umweltverbände. Auch diese Organisationen sind auf dem Weg zum Tierrecht.

Die Klage war, wie erwartet, erfolglos. Abgesehen davon, dass die Seehunde keine Vollmacht unterzeichnet hatten, war das Gericht zum einen der Ansicht, die Seehunde seien exterritorial und könnten in Deutschland nicht klagen. Zum anderen vertraten sie die im Ergebnis richtige Ansicht, Seehunde seien nicht rechtsfähig, weil diese Eigenschaft vom Gesetz – ich habe das schon am Anfang dargelegt – nur Menschen zugeeignet wird.

c. Tierschutz contra Tierrechte

Das bringt uns zu einem interessanten Konfliktfeld – Tierschutz und Tierrechte. Im Tierschutz gibt es inzwischen in einigen Bundesländern ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganiationen, das sich aber nicht auf Tierrechte stützt, sondern das verlangt, dass die klagenden Verbände entweder persönlich betroffen sind (was sie nie sind!) oder dass ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Regelung besteht. Diese Hürde ist so hoch, dass sie kaum zu nehmen sein wird.

PROVEG ist ein Verein, der sich in erster Linie dem vegetarischen und veganen Leben verschrieben hat. Die Tierrechtsbewegung ist mit veganem Leben eng verbunden. Deshalb wundert es auch nicht, dass die Website von PROVEG sich zu den Tierrechten wie folgt bekennt:

Für Tierschützer steht in erster Linie die „artgerechte“ Haltung von Tieren im Vordergrund. Die Tierrechtsbewegung geht einen Schritt weiter und fordert eine moralische Berücksichtigung von Tieren in allen Belangen.

Das aktuelle Tierschutzgesetz spricht von „der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“ ist. Betrachtet man die Massentierhaltung, ist es äußerst fragwürdig, inwiefern dieses Gesetz überhaupt eingehalten wird oder ob es einfach einen zu großen Interpretationsspielraum gibt.

Das verdeutlicht die Notwendigkeit von Tierrechten. Die Rechte, die wir selbst für uns in Anspruch nehmen, enthalten wir anderen durch Diskriminierung vor. Allerdings ist Diskriminierung ethisch inakzeptabel, unabhängig davon, ob sie auf Rasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Artzugehörigkeit basiert. So haben Hunde und Schweine die gleiche Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden. Lediglich unsere Diskriminierung erlaubt uns, den einen als Gefährten und den anderen als Abendessen anzusehen.

Häufig verstecken sich Tierrechtler hinter Tierschutzargumenten. Der Schweizer Publizist Alexander Schwab hat am 18. Juli 2017 ein DJV-Interview geführt, in dem er unter anderem ausführt:

Der Tierschutz übernimmt immer mehr Sprache und Inhalte der Tierrechtsbewegung und wendet sich mehr und mehr einem aktiven Prinzip zu: dem Wohlergehen der Tiere. Die großen Tierschutzorganisationen bewegen sich heute eindeutig in Richtung Tierrecht oder sind schon dort und umgekehrt verstecken sich die Tierrechtsbewegten häufig hinter Tierschutzargumenten, So entstehen dann Hybridpositionen von großer praktischer Tragweite wie eben die Würde des Tieres in der Schweizer Bundesverfassung und Artikel 13 in der europäischen Verfassung, wo eben das „Wohlergehen  der Tiere“ im Grundsatz festgehalten ist.

3.    Die wahren Rechte der Tiere

a.    Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

Allein dadurch, dass das von Menschen gemachte Gesetzeswerk, das Bürgerliche Gesetzbuch, in § 1 nur dem Menschen Rechtsfähigkeit zuweist, und unsere gesamte Rechtsordnung keine Vorschrift kennt, die einem Tier Rechtsfähigkeit zuweisen würde, ist klargestellt, dass Tiere nicht rechtsfähig sind. Sie können also nicht Träger von subjektiven Rechten und Pflichten sein.

Die Tierrechtsbewegung benutzt aber aus gutem Grund, jedenfalls in ihrem eigenen Verständnis, die Terminologie, in der Menschen ebenso Tiere sind wie Tiere, die dann als „nichtmenschliche“ Tiere bezeichnet werden. Das meint auch Precht mit dem Satz:

»Es gibt zwei Kategorien von Tieren. Die eine glaubt, dass es zwei Kategorien von Tieren gibt, und die andere hat darunter zu leiden.«

Die Tierrechtler weisen darauf hin, dass Tiere, wie wir das oben zitiert haben, ein Bewusstsein haben, die Welt um sie herum erkennen, Einwirkungen, denen sie selbst unterworfen sind, abschätzen und erkennen können, und auf diese reagieren können. Sie sind also in der Terminologie von Tom Reagan Subjekte des Lebens. Deshalb hätten sie umso mehr Anspruch darauf, Rechtsfähigkeit zu haben, als zum Beispiel das nur wenige Wochen alte Kleinkind oder der geistig stark Behinderte, die aber trotz ihrer Unfähigkeit, Rechte und Pflichten zu erkennen und auszuüben, von der Vollendung der Geburt an diese Rechte und Pflichten haben. Deshalb spräche nichts dagegen, Tieren ebenso wie Kleinkindern und geistig Behinderten subjektive Rechte zuzugestehen.

Das führt bei Tierrechtlern zu abstrusen Gedankengängen. Der australische Philosoph Singer meinte, wenn eine Mutter aus einem brennenden Haus nur ihren 4 Wochen alten Säugling oder ihren Hund retten könne, müsse sie den Hund retten, weil dieser im Gegensatz zum Säugling ein Lebensbewusstsein habe. Zwar ist er so gütig, zuzugeben, dass möglicherweise der Instinkt der Mutter sie dazu treiben wird, den Säugling dem Hund vorzuziehen. Aber tierrechtstheoretisch wäre das falsch.

In der Tierrechtsdiskussion ist auch hier und da die Meinung geäußert worden, es sei vertretbar, medizinische Versuche an stark Geistesgestörten oder Kleinstkindern durchzuführen, aber unvertretbar, dies mit einem erwachsenen Schimpansen zu machen. Das zeigt gleichfalls die Absurdität des Versuchs, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen. Diese sind nun einmal dem Menschen vorbehalten. Denn für den Menschen gilt zugleich,, dass er zwar Rechte und Pflichten vom Zeitpunkt der Vollendung der Geburt an hat, und diese auch verletzt werden können, und diese ihm garantiert werden müssen, dass er aber geschäftsfähig sein muss, um seine Rechte und Pflichten aktiv auszuüben.

Soweit Tierrechtler diese formaljuristische Regelung überhaupt einsehen, arbeiten sie jedenfalls dafür, sie abzuschaffen und Tieren de lege ferenda (in zukünftiger Gesetzgebung) subjektive Rechte und damit eine, vielleicht eingeschränkte, Rechtsfähigkeit zu verleihen. Einige Philosophen, darunter auch Precht, sehen Tierrechte bereits im Naturschutzgesetz und in der Verfassung angelegt, also als geltendes Recht (lege lata).

b.    Sonstige Gegenargumente

Nicht nur die Regelung der Rechtsfähigkeit in § 1 BGB, verbietet es, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen, sondern es gibt daneben noch andere Argumente dagegen.

Der Rechtsphilosoph und Jesuit Norbert Brieskorn meint, wer höher entwickelten Tieren subjektive Rechte zugestehen wolle, müsse unter anderem darauf antworten,

  1. ob Rechte Wesen zuerkannt werden sollten, die im Gegensatz zum Menschen nie von ihnen selbst Gebrauch machen könnten;
  2. …;
  3. ob es sich um die Ausdehnung von Menschenrechten auf Tiere oder um spezifische Tierrechte handeln solle;
  4. wie der jeweilige Vorrang zwischen Menschen- und Tierrechten zu ermitteln sei;
  5. worauf die Legitimität jener beruhe, welche die Tierrechte im Namen der Tiere geltend machen.

Diese Kritik steht nicht allein und wird insbesondere auch unter ethischen und moralphilosophischen Aspekten von einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern ergänzt.

4.    Rechtsreflex und Tierschutz

Der Gesetzgeber, und zwar keinesfalls nur der deutsche Gesetzgeber, hat sich bislang immer ausschließlich vom Tierschutz leiten lassen. Wir Jäger haben den § 17 des Tierschutzgesetzes verinnerlicht, der die Tötung eines Wirbeltieres ohne sachlich gerechtfertigten Grund verbietet und zu einer Straftat macht. Die erlaubte Jagd, also zum Beispiel das Erlegen von Schalenwild innerhalb eines Abschlussplans, ist der rechtfertigende Grund.

Ich habe am Anfang dieses Vortrags den § 903 BGB erwähnt, dessen 1. Satz das subjektive Recht des Eigentümers definiert. Interessanterweise folgt ein 2. Satz, der besagt:

Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Unsere Verfassung, das Grundgesetz, wurde im Jahre 2002 dahingehend ergänzt, dass der Tierschutz als Staatsziel aufgenommen wurde. Zahlreiche andere Vorschriften befassen sich mit Tierschutz, und auf das Jagdrecht gehen wir noch gesondert ein. Alle diese Vorschriften aber gehen nicht von einem Recht der Tiere auf Tierschutz, auf Freiheit, auf Unversehrtheit oder auf die Wahrung anderer Tierrechte ein, sondern machen lediglich deutlich, dass Tiere eben keine Sache mehr sind, sondern Mitgeschöpfe. Träger subjektiver Rechte sind sie nicht.

Das ist auch nicht erforderlich, denn das Recht kennt durchaus Fälle, in denen zwar Verpflichtungen gegenüber Dritten bestehen, diese aber keinen Anspruch darauf haben, dass der Verpflichtete seinen Pflichten nachkommt. Während es also keine Rechte ohne Pflichten gibt, so gibt es dennoch Pflichten, denen kein Recht auf der „Gegenseite“ zugeordnet ist.

Dieses Rechtsinstitut nennen wir Juristen „Rechtsreflex“.

Von einem Rechtsreflex spricht man z. B., wenn dem Bürger durch rechtlich gebotenes staatliches Handeln zwar ein tatsächlicher Vorteil entsteht, der Bürger aber keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erfüllung dieser Staatspflicht hat. Rechtsnormen, welche dieses staatliche Handeln fordern, sind rein objektives Recht. Es fehlt hier am subjektiven Recht dessen, demgegenüber eine Pflicht besteht. Ein Rechtsreflex ist also die lediglich tatsächliche (keine eigene Rechtsqualität implizierende) Auswirkung einer rechtlichen Regelung. Im Gegensatz zum subjektiven Recht ist beim Rechtsreflex die Regelung nicht dazu bestimmt, auch den Einzelinteressen dessen zu dienen, der sich auf sie beruft. Im Einzelnen ist die Abgrenzung zwischen Rechtsreflex und subjektivem Recht häufig schwierig.

Nicht so bei den Pflichten, die zahlreiche gesetzliche Regelungen jedem auferlegen, der mit Tieren zu tun hat. Genauer: Jedermann ist verpflichtet, die Rechtsregeln zum Schutz – zur Haltung, zum Transport, zur Tötung – von Tieren strikt einzuhalten. Verstöße dagegen sind teils Ordnungswidrigkeiten, teils sogar Straftaten.

Nur an einem fehlt es beim Rechtsreflex, im Gegensatz zu subjektiven Rechten: der Begünstigte des Rechtsreflexes hat, im Gegensatz zum Rechtsfähigen, kein eigenes Durchsetzungsrecht. Er kann die Einhaltung der Verpflichtung aus dem Rechtsreflex nicht verlangen, das Tier kann nicht gegen Tierquälerei aus eigenem Recht klagen! Die Seehunde sind nicht prozessfähig.

Dennoch braucht man deswegen kein subjektives Recht des Tieres. Eine Lösung ist das Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände, ein weiterer Rechtsbehelf ist die Anzeige interessierter Bürger. Und immer da, wo behördliche Genehmigungen, Zulassungen oder Ähnliches erforderlich sind, sind die Sanktionen des Rechts gegen säumige Behörden – die es leider zuhauf gibt, aber denen man durchaus mit Dienstaufsichtsbeschwerden oder Anzeigen beikommen kann – Möglichkeiten, dem rechtlosen aber nicht schutzlosen Tier zu Hilfe zu kommen. Das gilt gleichermassen für Anzeigen gegen Tierquäler oder Tierschutzverletzer; im März dieses Jahres hat das AG Ulm gerade einen Tierquäler bei Massentierhaltung zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Man kann viel für das Tierwohl tun, man muss es nur wollen!

Was aber nicht geht, sind Rechtsbrüche zugunsten der Tiere, die ihrerseits Rechte verletzen. Deshalb ist das Urteil des OLG Naumburg vom 22.08.2018 schlicht falsch. Das Gericht meint, ein Hausfriedensbruch könne gerechtfertigt sein, wenn er dazu diene, eine gegenwärtige und nicht anders abwendbare Gefahr für Tiere abzuwenden. Hier traf das auf den Hausfriedensbruch in einen Schweinestall zum Filmen nicht zu.

 

5.    Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

a.    Über die Jagd

Gerade dieses Forum weiß: „Am Anfang war die Jagd“!

Vor rund 70.000 Jahren begannen die Hominiden mit der Bezeichnung Homo sapiens mit dem Aufbau komplexer Strukturen namens Kultur. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte – so Harari in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ – er nennt dies die Epoche der kognitiven Revolution. Mit der Entwicklung des Gehirns kamen für den Menschen die Fähigkeiten zur Kommunikation, Kooperation und Innovation. Das ermöglichte ihm, in Gruppen großes und wehrhaftes Wild zu jagen und mit neu entwickelten Werkzeugen zu töten. Gab es zuvor Fleisch nur dann, wenn der Mensch Aas gefunden hatte, so gab es das durch die Jagd nunmehr reichlich. Das wiederum beförderte ganz entscheidend das Wachstum und die Entwicklung des menschlichen Gehirns. Und das wiederum führte dazu, dass der Homo sapiens in den folgenden Jahrtausenden die ganze Welt besiedelte.

Die Jagd diente zu allererst zur Beschaffung von Fleisch, Häuten, Fellen, Knochen, Sehnen und anderen Teilen des erlegten Wildes, erlaubte also die fast vollständige Nutzung der Beute – eine entwicklungsgeschichtliche Notwendigkeit. Gleichzeitig aber waren Wildtiere auch einerseits Gefahren und andererseits Nahrungskonkurrenten. Die Jagd ermöglichte es deshalb unseren Vorfahren, ganze Wildtierpopulationen überall auf der Erde auszurotten. Das ist bedauerlich, aber es ist Geschichte der Evolution.

Auch die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren und die wissenschaftliche Revolution vor rund 500 Jahren haben ganz grundsätzlich an der Jagd nichts geändert. Sie wurde, wenn häufig auch in anderen Formen, weiter betrieben. Das geschah allerdings aus sehr unterschiedlichen Motiven, zum Beispiel als Mutprobe oder als höfisches Vergnügen. Zudem erhielt die Jagd neue Aufgaben zum Schutz der Landwirtschaft vor Wildschäden und zur Bekämpfung von Raubwild zum Schutz der Nutztiere.

Immerhin können wir also heute sagen: den Tierschutz gibt es seit etwas über 100 Jahren, die Tierrechtsbewegung seit etwas über 60 Jahren, aber die Jagd gibt es seit mindestens 70.000 Jahren!

Des Weidmanns Ursprung liegt entfernt

dem Paradiese nah.

Da war kein Kaufmann, kein Soldat,

kein Arzt, kein Pfaff, kein Advokat,

–  nur Jäger waren da!  

Das ist doch schon mal was!

Die Jagd, wie sie heute in Deutschland ausgeübt wird, geht in ihrer rechtlichen Struktur auf das preußische Jagdrecht und sehr stark auf das Jagdgesetz von 1934 zurück. Sie hat auch heute noch einige volkswirtschaftliche Bedeutung bei der Erzeugung von Wildbret, einem erheblich gesünderen Nahrungsmittel als Fleisch aus der Massentierhaltung. Mehr Bio geht eigentlich nicht. Generell aber hat die heutige Jagd die Aufgabe, in der vom Menschen geprägten Kulturlandschaft die Faktoren Mensch, Wildtier und Umwelt in einer Nachhaltswirtschaft zu vereinen..

Denn wie die Landwirtschaft, die Viehhaltung, und die Forstwirtschaft, ist die Jagd (die Wildbewirtschaftung) eine Nachhaltswirtschaft. Das ist eine Wirtschaft, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet hat. Die Nachhaltigkeit wurde zunächst von der Forst-wirtschaft erkannt und von dieser und von der Jagd als Ersten angewendet. Anstelle vieler heute gebräuchlicher Definitionen kann man für die Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, die Viehwirtschaft und die Jagd ganz simpel sagen: wir haben die Erde nicht von unseren Vätern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen! D. h., dass wir säen und ernten dürfen, züchten und nutzen, den Zuwachs abschöpfen, aber die Substanz nicht vernichten dürfen.

Landwirtschaft Forstwirtschaft und Jagd sind demnach Nachhaltswirtschaften. Sie überschneiden sich, und deshalb werden ihre Grenzen und die Konflikte, die sich bei Überschneidungen ergeben, durch das Recht geregelt, im Hinblick auf die Jagd u. a. durch das Jagdrecht. Der Inhalt der Nachhaltswirtschaft Jagd wird in § 1 des Bundesjagdgesetzes, unserem jagdlichen Grundgesetz, postuliert. Danach dient die Jagd der Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes in Übereinstimmung mit seinem jeweiligen Biotop und unter Beachtung vorrangiger Interessen der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft. Deshalb ist mit der Bejagung die Pflicht zur Hege verbunden, und spezialgesetzliche Regelungen des Tierschutzes und Naturschutzes und anderer Gesetze sind bei der Jagd zu beachten.

Damit gehört Wild zum heimischen Kulturgut und seine Hege ist, wie es § 1 des brandenburgischen Landesjagdgesetzes deutlich sagt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die ist allerdings im Wesentlichen auf den Jäger delegiert.

 

b.    Jagdgegner Tierschutz

Die Jagd ist damit in erster Linie ein sehr enges Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Bei der Bejagung des Wildes gehen Jäger und Wild eine besondere Verbindung ein – sehr schön kann man das bei Ortega y Gasset lesen. Und ein ganz wesentlicher Aspekt dieser Verbindung ist natürlich die Erlegung des jagdbaren Wildes, also das Töten.

Und da rasseln wir dann einerseits mit dem Tierschutz, vor allem aber mit den Tierrechtlern zusammen.

Leider müssen wir beobachten, dass die Akzeptanz der Jagd in der Bevölkerung rapide abnimmt. Früher war es der Jäger, der Rotkäppchen vor dem bösen Wolf beschützte. Heute ist es der liebe Wolf, der von den merkwürdigsten Wolfsfreunden vor dem bösen Jäger geschützt wird. Zwar ist die Akzeptanz der Jagd in den landfernen Städten geringer als auf dem Lande, aber unzweifelhaft nimmt sie ab.

Und da kommen zunächst die Tierschützer ins Spiel!

Wir Jäger sind der Ansicht, dass unser Jagdrecht und unsere Art zu jagen, die wir unter das Postulat der Weidgerechtigkeit stellen, starke Aspekte des Tierschutzes und des Naturschutzes enthalten. Wir halten uns richtiger Weise für die ersten und ältesten Tierschützer und für Naturschützer.

Das kann man auch aus dem Jagdrecht belegen. Die Hegeverpflichtung ist bereits ein Teil des Naturschutzes und auch des Tierschutzes. Unsere Abschussplanung ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – will heißen, das Jagdrecht verbietet die Erlegung von Schalenwild, wenn für dieses einerseits ein Abschussplan vorgeschrieben ist, dieser andererseits aber überschritten oder sonstwie nicht eingehalten wird. Das ist angewandter Tierschutz, seine Verletzung ist eine Straftat nach § 17 Tierschutzgesetz. Der Begriff der Weidgerechtigkeit ist zwar ambivalent, aber er beinhaltet unsere Pflicht, Leiden des Wildes so weit wie möglich zu vermeiden. Auch das ist angewandter Tierschutz. Andere Vorschriften des Jagdschutzes und des Mutterschutzes von Wildtieren sind ebenfalls angewandter Tierschutz.

Der Deutsche Tierschutzbund ist allerdings anderer Meinung. Er hält die Jagd weder für Tierschutz noch für Naturschutz, wie man in der Broschüre „Die Jagd aus Sicht des Tierschutzes“ entnehmen kann.

Dennoch sind die Tierschützer selbstverständlich die geeigneten Gesprächspartner der Jäger. Sie haben durchaus Argumente, denen wir uns öffnen können, denn es gibt sicherlich Jagdpraktiken, die unter Tierschutzgesichtspunkten zu hinterfragen sind, und möglicherweise auch abgestellt werden müssen. So halte ich die Aufhebung der Abschussplanung für Rehwild in Brandenburg für katastrophal, weil sie einer tierschutzverletzenden Abschussquote Tür und Tor öffnet. Ebenso kann man über die Baujagd und die Fallenjagd durchaus mit dem Tierschutz diskutieren, und ich halte zum Beispiel Saufänge für absolut tierschutzwidrig. Es gibt da schon Einiges zu bereden.

 

c.    Jagdgegner Tierrechtler

Keinesfalls aber diskutieren kann man mit den Vertretern von Tierrechten. Das Tierrecht, das es unserer Ansicht nach ohnehin nicht gibt, hat zwar Tierschutzaspekte und versteckt sich auch hinter dem Tierschutz, aber ist der Jagd und dem Jagdrecht diametral entgegengesetzt und mit diesem unvereinbar. Denn die Jagd ist Nutzung des Wildtieres, das deshalb getötet werden muss. Das Tierrecht verbietet die Tötung und sieht in der Jagd eine Verletzung der subjektiven Rechte der Tiere auf Freiheit, Leben und Unversehrtheit. Die legale Jagd ist heute der rechtfertigende Grund für § 17 Tierschutzgesetz, für das Tierrecht nicht – es hält die Jagd für Mord.

Dennoch müssen wir Jäger uns mit dem Tierrecht eingehend befassen. Denn die schwindende Akzeptanz der Jagd und die zunehmende Ablehnung der Jagd, die bis zu lebensgefährlichen Zerstörungen von jagdlichen Einrichtungen, zur Störung von jagdlichen Veranstaltungen und zu jagdfeindlicher Gesetzgebung führt, wird im Wesentlichen durch die Vertreter des Tierrechts, durch ihre Internetauftritte, ihre Propaganda und ihre Aktionen befördert.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die großen Tierschutzorganisationen, wie BUND und NABU, schon auf dem Weg zur Akzeptanz des Tierrechts sind.  PETA vertritt Tierrecht. Gleiches gilt für PROVEG und andere Vereinigungen und Initiativen, die z. B. in Berlin monatelang gegen die Jagd demonstrierten.

Die Initiative „Abschaffung der Jagd“ des Biologen und Studiendirektors Kurt Eicher hält die Jagd für eine „Nebenform menschlicher Geisteskrankheit“.

Das bringt uns zu unserem Volksphilosophen Precht. Er zitiert nämlich in „Tiere denken“ unter der Überschrift „Naturschutz oder Lustmord? Dürfen wir Tiere jagen?   eben denselben Satz von Theodor Heuss, der da lautet: „Jagd ist nur eine feige Umschreibung für besonders feigen Mord am chancenlosen Mitgeschöpf. Die Jagd ist eine Nebenform menschlicher Geisteskrankheit.“ Si tacuisses, lieber Heuss!

Dieses Kapitel bei Precht ist ebenso erstaunlich wie ausgesprochen unerfreulich. Es ist in einem Ton und Stil geschrieben, der sich polemisch und sarkastisch von dem ansonsten wissenschaftlich nüchternen Schreibduktus von Herrn Precht spürbar abhebt. Inhaltlich wiederholt der Autor sattsam bekannte und auch ziemlichen dümmliche Argumente gegen die Jagd.

Der Grund liegt darin, dass Precht die deutsche Jagd gründlich missversteht und insbesondere vom Jagdrecht nicht die geringste Ahnung hat. Sein Prototyp des deutschen Jägers ist nämlich der Lustmörder, der aus niedrigen Tötungsmotiven in den Tann schleicht, um dort nur aus Mordlust arme Tiere zu töten. Abgesehen davon also, dass das eine dümmliche Verallgemeinerung jägerischer Motive ist, verkennt Precht offensichtlich die Rolle des Jagdrechts. Denn für unser Jagdrecht ist es glücklicherweise völlig egal, aus welchen Motiven ein Jäger jagt. Das Gesetz (wenn es nicht wie beim Rehwildabschuss in Brandenburg „verschlimmbessert“ wird!) zwingt nämlich auch den dümmsten bewaffneten Macho dazu, bei seiner Einhaltung zum Beispiel im Rahmen des Abschlussplanes tatsächlich einen gesunden und artenreichen Wildbestand in Übereinstimmung mit dem Biotop zu erhalten, ob ihm das nun klar ist oder nicht und ob ihm das nun wichtig ist oder wurst.

 

6.    Schlussbemerkung

Deshalb ziehe ich aus dem, was ich Ihnen hier vorgetragen habe, folgenden Schluss:

  • wir müssen als Jäger den Diskurs mit den wirklichen Tierschützern unbedingt offenhalten, weiter suchen, und bereit sein, auf sachliche Argumente des Tierschutzes offen und vernünftig einzugehen. Auch unsere Jagd ist im Wandel. Den aber müssen wir, wenn nötig, gestalten und uns nicht von Anderen aufzwingen lassen.
  • Wir müssen die Tierrechtsbewegung sorgfältig beobachten und uns aktiv und vehement den Theorien, den Postulaten und den Aktionen ihrer Vertreter entgegenstellen. Dazu gehört endlich eine aktive, vielleicht sogar aggressive Darstellung der Jagd in der Öffentlichkeit.
  • Deshalb müssen wir auch aktiv in alle politischen Entscheidungen in Bezug auf die Jagd eingreifen und diese zu beeinflussen suchen.