MeinungsumfrageVor kurzem wurde im Internet mehrfach, so auch von ProPlanta (unten Anm. 1) am 19.03.2015 berichtet: „Bundesweit 84 Prozent und 83 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg sprachen sich Mitte März für eine Stärkung des Natur- und Tierschutzes im Jagdrecht der Länder aus, wie eine vom Naturschutzbund Nabu in Auftrag gegebene Umfrage ergab. «Die überwiegende Mehrheit im Ländle will mehr Naturschutz und mehr Tierschutz im Jagdrecht», sagte Nabu-Landeschef Andre Baumann am Mittwoch in Stuttgart“. Die Pressemeldung des NABU (unten Anm. 2) veröffentlicht auch Stefan Fügner im Jagdblog.blogspot.com am 22.03.

Als Jagdrechtsexperten hat mich dieses detaillierte Ergebnis sehr verwundert und erweckt hohe Zweifel an seiner Glaubwürdigkei. Denn wir haben in Deutschland 17 Jagdgesetze und unzählige Verordnungen und etliche Richtlinien dazu, und die kennen selbst die Jäger nur zum Teil, meist gar nicht, geschweige denn der sog. „Mann auf der Straße“. Wie können also die angeblich 1000 Befragten, darunter (nur!) 204 in Baden-Württemberg, überhaupt wissen, ob und wie die verschiedenen Jagdgesetze die „Aspekte des Natur- und Tierschutzes“ überhaupt enthalten und wie und wieso die denn dann „gestärkt werden“ sollten?

Wie muss man Umfragen gestalten?forsa

Nun kommt es bekanntlich bei Meinungsumfragen entscheidend auf drei Kriterien an:

–       Was genau wird gefragt,

–       Wie wird gefragt, und

–       Wer wird gefragt.

Wenn also 1000 x-beliebige Leute gefragt werden: „Halten Sie es für sehr wichtig – wichtig – weniger wichtig oder unwichtig, dass die Aspekte des Natur- und Tierschutzes durch die Jagdgesetze gestärkt werden?“ – und das soll ja nach der Behauptung des NABU Baden-Württemberg so gewesen sein, dann

–       müssten alle, die die Jagdgesetze nicht kennen – und das dürften von den 1000 Leuten ungefähr 996 sein – antworten: keine Ahnung;

–       und die, die ein Jagdgesetz kennen – das dürften einige Jäger unter den 1000 Leuten sein, also vielleicht 30 – teils „ja“ und teils „nee, m. E. nicht“ und einige „weiß nicht“ geantwortet haben.

Mit Sicherheit hat diese Umfrage nicht einen einzigen Befragten erwischt, der alle Jagdgesetze – nach denen aber gefragt wurde – so gut kennt, dass er die Frage vernünftig beantworten kann.forsa jagdumfrage

Unsere bohrenden Nachfragen…

lassen nur einen Schluß zu: hier wird die Öffentlichkeit massiv irre geführt, getäuscht, wahrscheinlich sogar bewusst belogen! Das wollten wir aber erstmal nachprüfen. Unsere Fragen

nabu bw…beantwortet der NABU allen Ernstes …

So: … wir haben uns sofort bei FORSA, dem beauftragten Meinungsforschungs-Institut, nach den Fragen, Fragebögen und vorbereitenden einleitenden Bemerkungen gegenüber den Befragten und nach der Auswahl der Befragten erkundigt.

Antwort: da müssen Sie unseren Auftraggeber NABU BW fragen.

Das haben wir getan. Darauf teilt uns ein Herr Huber, Pressesprecher & Leiter Kommunikation des  NABU BW, mit:

„danke für Ihr Interesse. Die Unterlagen finden Sie unter (unten Anm. 2). Diesem Papier können Sie auch die Frage entnehmen, die Forsa in unserem Auftrag gestellt hat.

Auf unseren Hinweis, diese Zahlen hätten wir schon, aber wüssten gern, wie die zustandegekommen seien, bekommen wir zu unserem nicht geringen Erstaunen eine Antwort

mit dieser Frechheit:

Hallo Herr Lipps,

um es nochmal deutlich zu sagen: Sie haben die vollständigen Unterlagen zu der von uns veröffentlichten Sache. Und darin ist die vollständige Frage enthalten.

Wie FORSA die Befragten auswählt, weiß ich nicht, die haben das wie immer gemacht: repräsentativ. Wir haben in die Auswahl selbstverständlich nicht eingegriffen.

Wiederholte Nachfragen Ihrerseits ändern daran nichts. Ich bitte um Verständnis, dass ich zu diesem Thema nicht mehr zu sagen habe und Ihre Anfrage damit als erledigt betrachte.

Beste Grüße   Hannes Huber

Deshalb unsere Schlussfolgerung:

Hier ist – weil die Haltung des NABU gänzlich unglaubwürdig ist und für einen Leiter Presse und Kommunikation auch noch einigermaßen dümmlich – nur der Schluss möglich, dass diese Umfrage allen Gesetzen der Durchführung ernsthafter Umfragen Hohn spricht und eine, wie oben gesagt, massive Täuschung der Öffentlichkeit ist – ein Armutszeugnis für ein renommiertes Meinungsinstitut und ein schönes Beispiel rücksichtsloser Meinungsmanipulation einer an sich verdienten Umweltorganisation. Mit dem erkennbaren Ziel, die öffentliche Meinung für die miesen Novellierungsversuche des Jagdrechts in NRW, BW und andernorts zu beeinflussen.

Kann man ja mal versuchen. Aber man sollte sich nicht erwischen lassen! Oder uns das Gegenteil beweisen, und vielleicht mal die Leitung Presse und Kommunikation  auswechseln!

Rät denen ein sehr verärgerter, aber nicht wirklich erstaunter

Dr. Wolfgang Lipps

Geschäftsführer JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz UG

 ……….

 Anm. 1: http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Wald-Forst/Deutsche-fuer-mehr-Naturschutz-im-Jagdrecht_article1426750598.html

 Anm. 2 : https://www.nabu.de/downloads/jagd/NABU-forsa-Umfrage_Deutsche-wollen-oekologischere-Jagdgesetze_2015-03-17.pdf

 

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