abgase1aSeit 1985 werden Fahrzeuge auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft und dafür das Abgasverhalten der verschiedenen Motoren, insbesondere der insoweit problematischeren Dieselmotoren, geprüft. Seit 2010 ist das Bestandteil der Hauptuntersuchung (HU). Die Abgaswerte sind gesetzlich festgelegt, bestimmen die Höhe der Kfz-Steuer mit, und sind für die Hersteller verbindlich.

Das VW-Problem

Erkennbar hat VW die Abgaswerte des Dieselmotors EA 189 (TDI Common Rail), der in zahlreichen Fahrzeugen verbaut ist (seit 2007 in den VW-Modellen Jetta, Golf, Beetle, Tiguan und Passat, bei Audi fast alle 2.0 TDI-Motoren mit Common-Rail-Technik und Euro5-Einstufung, beim A3 alle Dieselmotoren, beim A1 nur Teile der Produktion, Skoda mit Dieselantrieb) aktiv mit dem Ziel der Täuschung der Verbraucher und der Behörden manipuliert (im Gegensatz zu den Fällen, in denen ein Motor einfach die unter Idealbedingungen gemessenen Werte nicht ganz erreicht, was auch bei anderen Herstellern vorkommt). Eine eigens dafür programmierte Software erkennt, ob sich das Fahrzeug im Testbetrieb befindet (das Navi erkennt den Stillstand auf Laufrollen) und regelt den tatsächlichen Schadstoffausstoß herunter; im Straßenbetrieb soll dieser bis zum Vierfachen höher liegen und damit ungesetzlich sein. Das gilt jedenfalls für die USA mit ihren strengen Umweltbestimmungen, aber offensichtlich auch für Europa.

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Damit setzt sich VW naturgemäß schweren Sanktionen zunächst in den USA aus, aber auch der Gefahr von Rückrufaktionen, Nachbesserungen usw. In den USA werden offensichtlich auch Sammelklagen von Autokäufern vorbereitet, mit denen die Schadensersatz haben wollen.

Der deutsche Autokäufer

Nun unterscheidet sich das US-Recht des Schadensersatzes grundlegend vom deutschen Recht. Jedoch stellt sich jetzt zunehmend die Frage, ob einem deutschen Käufer eines von derart vorsätzlicher Abgastäuschung betroffenen Dieselfahrzeugs (Euro-5-Motor zwischen 2007 und 2013) ein Anspruch gegen VW zusteht, und wenn ja, welcher.

Das Kaufrecht des BGB

Hat ein Neuwagen einen Mangel oder fehlt ihm eine zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer Gewährleistungsrechte geltend machen – Nacherfüllung des Kaufvertrages, Rücktritt vom Kaufvertrag, Kaufpreisminderung, Schadenersatz oder Ersatz von sog. frustrierten Aufwendungen oder auch eine Ersatzlieferung, also ein anderes Fahrzeug mit den vereinbarten Eigenschaften. Unter bestimmten Umständen kann er auch vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Mangel oder die gerügten Mängel jeder für sich oder in ihrer Gesamtheit nicht unerheblich sind. Auch wenn ein Verkäufer dies häufig anders sehen wird, können auch kleinere Mängel durchaus erheblich sein, wenn sie sich trotz aufwendiger Reparaturversuche nicht beheben lassen. Zudem gibt es auch Ansprüche auf Aufwendungsersatz. Letztlich kommt sogar die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht.

Was aber ist ein Mangel?

Ein Mangel liegt u. a. immer dann vor, wenn

a. Dem Fahrzeug eine zugesicherte Eigenschaft fehlt (eine Zusicherung des Herstellers, dass der Wagen bestimmte wertbildende Eigenschaften hat) oder

b. Der Wagen für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder für die gewöhnliche Verwendung, die bei derartigen Fahrzeugen üblich  und nach der Art der Sache zu erwarten ist, nicht geeignet ist, oder

c. Werbeaussagen oder Produktbeschreibungen in Prospekten nicht zutreffen.

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Rechte des deutschen Autokäufers

Das bedeutet, dass es durchaus möglich ist, dass VW einem deutschen Autokäufer gegenüber nach deutschem Gewährleistungsrecht haftet; jedoch dürfte das Prozessrisiko nicht unerheblich sein. Denn ein Mangel muss „erheblich“ sein, wobei der BGH (VIII ZR 94/13) allerdings schon einen Aufwand von 5% des Kaufpreises für die Mangelbeseitigung (oder eben die Wertminderung) für erheblich hält. Jedenfalls aber dürfte die nächste Abgasuntersuchung möglicherweise zu einer steuerlich schlechteren Schadstoffklasse führen, und das ist sicherlich ein Mangel.

Ein Autokäufer wird nur in Ausnahmefällen beweisen können, dass gerade der – in der VW-Werbung oder vom Verkäufer angepriesene – niedrige Schadstoffausstoß ein wesentlicher Kaufanreiz gewesen sei; da kommen in erster Linie Landwirte, Waldbesitzer, Forstleute, Jäger und Umweltschützer in Betracht – derartige Käufer könnten dann sogar den Kaufvertrag nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Ein besonderes Problem dabei ist, dass diese Manipulation dazu führen kann, dass das Fahrzeug die allgemeine Betriebserlaubnis verliert. Das ist in jedem Fall ein Schaden, dessen Beseitigungskosten VW dem Fahrzeugeigentümer ersetzen muss.

Fazit

Hier kommt also noch allerlei auf den deutschen Autofahrer zu, und die Rechtslage könnte sehr interessant werden.

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Ihr Dr. Wolfgang Lipps

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