Die Zahl der Wölfe und Wolfsrudel in Deutschland steigt stetig. Noch im Mai 2015 meinte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen, es lebten etwa 25 Rudel, 8 Paare und 3 residente Einzelwölfe in Deutschland – das deckt sich allerdings nicht im Geringsten mit den weit höheren Bestandszahlen, die in einzelnen Ländern festgestellt wurden; allein in Brandenburg wurden ja schon mehr Wölfe gezählt. Inzwischen merken auch die „Wolfsfreunde“, nicht nur bei NABU, WWF und PETA, sondern auch in der Politik, dass man mit der erlaubten Ansiedlung von Wölfen eine Entwicklung losgetreten hat, die unbeherrschbar zu werden droht.
Das Zauberlehrling-Syndrom
Das ist halt das „Zauberlehrling-Syndrom“ unserer selbsternannten Naturschützer: Der Zauberlehrling macht aus einem Besen einen Wasserträger, der läuft aus dem Ruder und überflutet das Haus, daraufhin zerhackt er den mit einem Beil mit der Folge, dass nun zwei Wasserträger noch mehr Unheil anrichten, bis der Meister dem Spuk ein Ende setzt.
Goethe beschreibt in seinem Gedichtaufbau ganz hervorragend, auf was sich Menschen immer wieder einlassen, denn das Geschehen nimmt, wie die Bemühungen um die Wiederansiedelung des Wolfs, bekanntlich folgenden Verlauf:
- Überheblichkeit und Wichtigtuerei („Willkommen Wolf!“)
- Umsetzung des Vorhabens (Mehrfacher Schutz des Wolfs)
- Machtrausch („Wir sind die Wolfsexperten“)
- Angst und Verzweiflung (Nutztierrisse und erste Wolfsbedrohungen)
- Hilfloses Schimpfen (meist auf die Vernünftigen)
- Verzweiflungstat (Die Politik beginnt allerorten zurückzurudern)
- Hilferuf (Wölfe, die die Menschenscheu verlieren, müssen beseitigt werden)
– und im Gedicht, wahrscheinlich aber weniger im Leben:
- Rettung durch den Zaubermeister (irgendwer, vielleicht die Jäger, solls richten)
Am 12./13.06.2015 berichtet jetzt die Märkische Oderzeitung, dass tatsächlich ernsthaft versucht wird, den Wolf touristisch zu vermarkten – nicht in einem Wildgehege, sondern in freier Natur, eine höchst ungewöhnliche Idee, um es mal nett auszudrücken. Steffen Butzeck, Wildbiologe im Landesumweltamt Brandenburg, hat der Zeitung berichtet, in Sachsen werde das Thema Wolf touristisch viel offensiver vermarktet – als in Brandenburg, meint er damit. Rund um Rietschen gebe es einen Wolfsradweg und Wanderwege. Und tatsächlich, bei Namakanka lesen wir im Internet: Ganz bequem lässt sich die Wolfsregion Lausitz mit dem Rad erkunden. Der 35 Kilometer lange Wolfsradweg führt vom Findlingspark in Nochten über die Erlichthofsiedlung in Rietschen zum Naturschutzzentrum im Schloss Niederspree durch eine reizende offene Landschaft die von Kiefernwäldern, Teichen und Flüssen geprägt ist. Wer dem Wolf auf Tuchfühlung gehen möchte kann auf geführten Wanderungen den Lebensraum des Raubtieres erkundschaften und dabei lernen wie man Spuren liest. Tieferes Wissen zum Wolf und dem Verhältnis zum Menschen erlangen oder entspannt ein Wochenende auf den Spuren des Wolfes wandeln, das kann man bei organisierten Wolfstouren in der Lausitzer Wildnis. Scinexx, eine website, die sich bescheiden als „das Wissensmagazin“ bezeichnet, schildert, wie NABU-Wolfsscouts Wölfe fährten, damit man die in freier Wildbahn antreffen kann, und erzählt dann treuherzig: „Doch was tun die Wolfsscouts, wenn es endlich zu der Begegnung mit Isegrim kommt? Sie machen vor allem eins: Sie bleiben ruhig. Die Wolfsbeobachter bleiben in einigem Abstand still stehen und sprechen den Wolf mit ruhiger Stimme an. Danach dauert der magische Augenblick selten länger als eine Sekunde und ist doch oft der Beginn einer langen Sehnsucht bis zur nächsten Begegnung.“ Zeit-Online findet Wolfstourismus bei Jüterbog und um Spremberg „zum Heulen schön“ – sehr lustiges Wortspiel, ohne Zweifel!
Das und ähnliches befürwortet Steffen Butzeck erkennbar auch für Brandenburg.
Dümmer geht’s nicht!
Wir, und nicht nur wir, sondern zahlreiche vernünftige Jäger, halten das, freundlich ausgedrückt, für gefährlichen Unsinn. Denn da wird geradezu dazu eingeladen, so unverantwortlich mit Wölfen umzugehen, wie dies z. B. in Berlin mit der Fütterung von Wildschweinen (die selbst der NABU anprangert) oder allerorts mit der unsinnigen Fütterung von Tauben geschieht. Auf dem Truppenübungsplatz bei Munster stehen bekanntlich Soldaten im Verdacht, die sie bei Nachtmärschen wiederholt begleitenden Wölfe anzukirren – das soll jedenfalls untersucht und abgestellt werden, wie topagrar.com berichtet.
Die Chance, auf einem Radwanderweg einem Wolf zu begegnen, wird sicherlich größer, wenn der Wolf mitkriegt, dass hier immer wieder Leberwurstbrote „verloren“ werden!
Mit Rotkäppchens Körbchen voller Leckereien fängt es an und bei der toten Oma kanns aufhören – Märchen sind vielleicht garnicht so blöd, wie die „Wolfsfreunde“ meinen.
Ihr
Dr. Wolfgang Lipps