Wir haben den nachfolgenden Offenen Brief heute an das Ministerium gesandt:

JUN.i

Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Private Forschungs- und Dienstleistungseinrichtung

Frau

Ministerin Julia Klöckner

Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

Wilhelmstraße 54

10117 Berlin

Liepe, den 29. Juni 2020

Offener Brief: Waldstrategie 2050 und Novelle des Bundesjagdgesetzes

Sehr geehrte Frau Ministerin,

Ihr Haus arbeitet derzeit an einer Novelle des Bundesjagdgesetzes, erkennbar auf der Grundlage der Eckpunkte der Waldstrategie 2050. Dazu haben Sie bislang schon eine Reihe beachtenswerter Hinweise, Stellungnahmen [1] und Offener Briefe [2] erhalten, denen wir uns vollumfänglich anschließen.

Wir sind eine private Forschungs- und Dienstleistungseinrichtung. Einer der Pfeiler unserer praktischen und wissenschaftlichen Tätigkeit ist das Jagdrecht [3]. Demzufolge erlauben wir uns, Sie auf einen unseres Erachtens wichtigen rechtlichen Begriff hinzuweisen, der bislang in der Literatur wenig beachtet wurde und leider in der Praxis der Forstverwaltungen und sonstigen Waldeigentümer (der sog. Forstpartie“) eine unrühmliche Rolle spielt: den „Mindestabschuss“. Die „Waldstrategie 2050“ hält ihn ausdrücklich für nicht nur anwendbar, sondern sogar für verstärkt zu beachten [4].

Der Mindestabschuss erlaubt es den jeweiligen Jagdausübungsberechtigten, diejenigen Tiere einer unserer Schalenwildarten (insbes. Rotwild) ohne jede Begrenzung nach oben zu erlegen, wenn nur eine bestimmte vorgegebene Mindestanzahl erlegt wird. Das wird in einigen Bundesländern, insbesondere in Brandenburg, bereits exzessiv praktiziert.

Tatsächlich ist ein Mindestabschuss rechtswidrig, wie wir in einem Rechtsgutachten im Einzelnen belegt haben [5]. Mindestabschüsse können (und werden regional sicherlich) eine übermäßige Dezimierung von Schalenwildarten bis zur Ausrottung herbeiführen. Ein Mindestabschuss verstößt gegen die (in der Waldstrategie 2020 ebenso wie in der 2050 in rechtlich bedenklicher Weise einseitig verfälschten) Grundsätze des Verhältnisses der Nachhaltswirtschaften Forst und Jagd, gegen jagdrechtliche Grundsätze des Bundesjagdgesetzes und der Landesjagdgesetze, gegen die anerkannten Regeln der deutschen Weidgerechtigkeit und nicht zuletzt gegen den durch Art. 20a GG aufgewerteten Tierschutz.

Wir bitten Sie deshalb, zu veranlassen, dass die Novellierung des Bundesjagdgesetzes Mindestabschüsse nicht vorsieht. Die gegenwärtige Regelung der Abschussplanung reicht vollkommen aus, um die anerkannten und bevorrechtigten Belange der Forstwirtschaft bis zur Untergrenze des Erhalts eines „gesunden und artenreichen Wildbestands in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Biotop“ voll umfänglich zu wahren.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dr. Wolfgang Lipps

Geschäftsführer

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Fussnoten:

[1] Deutscher Jagdverband Juni 2929: https://www.jagdverband.de/sites/default/files/2020-06/2020-06_DJV-Broschuere_Loesungsansaetze_Forst_Jagd_Konflikt.pdf

dazu: https://www.jagdverband.de/sites/default/files/2020-06/2020-06_DJV-Forderungen_Spannungsfeld_Wald_Wild_Mensch.pdf

[2] https://www.jawina.de/gwjf-offener-brief-an-ministerin-kloeckner-zur-waldstrategie-2050-und-novelle-des-bundesjagdgesetzes/#more-28611  Juni 2020

https://www.jawina.de/offener-brief-der-jaegervereinigung-oberhessen-an-bundesministerin-kloeckner/    05.06.2020

[3] www.jagdrechtsblog.com. Der Unterzeichner ist Jagdrechtsexperte, langjähriger Dozent für Jagdrecht und Autor eines Kommentars zum Landesjagdgesetz Brandenburg (Verlag Neumann-Neudamm).

[4] Eckpunkte der Waldstrategie 2050: 7.5 S. 42/43: „Aufhebung der Abschusspläne bzw. Festlegung von Mindestabschusszahlen beim Rehwild…“ und „Gesetzliche Absicherung der Mindestabschusszahlen unter Androhung einer staatlichen Ersatzvornahme als letzte Option.“

[5] https://jagdrechtsblog.com/rechtsgutachten-mindestabschussplaene-in-brandenburg-fuer-rot-dam-und-muffelwild-sind-rechtswidrig/

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