Brandenburg Jagd – der Aprilscherz des MLUK

Ist bleihaltige Büchsenmunition in Brandenburg ab 1. April 2021 verboten?

Unsere vorweggenommene Antwort: Nein!

Das Kuddelmuddel ist weiter nichts als schlampige Arbeit des MLUK!

 Aber mal von vorn:

Das MLUK (Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg ) behauptet seit einiger Zeit, in Brandenburg sei ab 1. April 2021 die Jagd mit bleihaltigen Büchsengeschossen verboten, es dürfe nur noch und ausnahmslos mit bleifreier Büchsenmunition gejagt werden.

Der Landesjagdverband Brandenburg bestreitet dies. Es bestehe nur ein Minimierungsgebot für Geschossblei, aber in etlichen bestimmten Fällen dürfe weiter mit bleihaltigen Büchsengeschossen gejagt werden.

Jägerkommentar dazu: „Land Brandenburg versteht die Ausführungen als „Bleiverbot“ die Oberste Jagdbehörde als „Bleiminimierungsgebot“. Der Jäger steht dazwischen und ihm werden auch noch rechtliche Maßnahmen bei Gesetzesübertretung angedroht“. Und jetzt noch der LJV – „Die Jäger in Brandenburg sind verunsichert“.:

Woher kommt dieses Kuddelmuddel?

Beide, MLUK und LJV, berufen sich auf die Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz vom 28. Juni 2019. Da heißt es in § 4 Ziff. 11 (Fettdruck von uns):

Büchsenmunition ist für die Jagd auf Schalenwild nur geeignet, wenn sie eine zuverlässige Tötungswirkung erzielt und eine hinreichende ballistische Präzision gewährleistet. Ferner darf verwendete Büchsenmunition auf der Jagd ab dem Jagdjahr 2021/2022 nicht mehr Blei als nach dem jeweiligen Stand der Technik unter gleichzeitiger Wahrung der Anforderungen des Satzes 1 unvermeidbar an den Wildkörper abgeben.

Das MLUK – das im Begleitschreiben zur DVO Juli 2019 selbst noch von einem Bleiminimierungsgebot ausging – meint, nach heutigem Stand der Technik sei es immer möglich, bleifrei zu jagen. Der Landesjagdverband weist mit Beispielen, die sich noch erweitern ließen, darauf hin, dass es eben Waffen gebe, die nicht bleifrei beschossen werden könnten und deshalb mit der herkömmlichen Munition weiter verwendbar sein müssen.

Welchen Inhalt hat denn die Vorschrift?

4 Ziff. 11 der DVO ist, wie heutzutage bei Gesetzen und Verordnungen leider häufig, schlampig gefasst. Aber selbst ein Jurist schaut sich dann erst einmal an, ob vielleicht der Wortlaut der Vorschrift einigermaßen deutlich erkennen lässt, was der Gesetz- oder Verordnungsgeber eigentlich wollte.

Da ist Satz 1 ja wohl klar; er wiederholt nur einen seit ewigen Zeiten geltenden Grundsatz weidgerechter Munition – ist also in einer DVO völlig überflüssig, aber halt auch nicht schädlich.

Was aber meint Satz 2?

Auf deutsch: der Jäger darf ab 1.4.2021 nur noch die für seine Waffe geeignete Büchsenpatrone laden, die im Augenblick des Schusses nach dann feststellbarer Technik so wenig wie möglich Blei an den Wildkörper abgibt.

Hä? Oder auf gut brandenburgisch: wien jetze?

Wieviel Blei gibt denn die 30.06 Vollmantel bei einem Kammerdurchschuss unvermeidbar an den Wildkörper ab? Wieviel die 9,3×74 TUG? Wieviel die Savage? Wo finde ich denn tagesaktuell gültige technische Angaben zur Bleiabgabe? Und wie ist die Präzision und/oder Tötungswirkung der jeweiligen bleifreien Variante meiner Munition, wenn es die denn gibt?

Usw. usf.

Die Rechtslage

Also eines ist schon mal klar: ein Verbot ist das nicht!

Wie ein Verbot aussieht, weiß der Verordnungsgeber, der Herr Minister, nämlich ganz genau. Die nachfolgende Ziff. 12 des § 4 der DVO sagt zum Schrot:

Bei der Jagd auf Wasserfederwild an und über Gewässern ist zum Schutz des Wasser- und des Naturhaushaltes die Verwendung bleihaltiger Schrotmunition verboten.

 Na also, geht doch (auch da ist der nachfolgende Satz wieder schlampig unverständlich – das nur nebenbei, gucken Sie mal nach).

Die Vorschrift ist aber auch sonst nix!

Denn bei der Formulierung von Gesetzen und Verordnungen gilt ein Gebot der Normenklarheit. Das Bundesverfassungsgericht hat in zahlreichen Entscheidungen klargemacht, dass das Erfordernis der Normenklarheit in starker Anlehnung an das Bestimmtheitsgebot dem Rechtsstaatsprinzip zugehört. Es sagt:

„Das Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit […] soll die Betroffenen befähigen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Die Bestimmtheitsanforderungen dienen auch dazu, die Verwaltung zu binden und ihr Verhalten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß zu begrenzen sowie, soweit sie zum Schutz anderer tätig wird, den Schutzauftrag näher zu konkretisieren. Zu den Anforderungen gehört es, dass hinreichend klare Maßstäbe für Abwägungsentscheidungen bereitgestellt werden. Je ungenauer die Anforderungen an die dafür maßgebende tatsächliche Ausgangslage gesetzlich umschrieben sind, umso größer ist das Risiko unangemessener Zuordnung von rechtlich erheblichen Belangen“.

 Fazit:

  • 4 Ziff. 11 Satz 2 DVO Bbg LJagdG ist verfassungswidrig und deshalb für den Jäger unbeachtlich. Der Inhalt der Vorschrift ist weder ein Verbot noch gibt es klare Verhaltensregeln für den Jäger und ist deshalb auch kein Gebot im Rechtssinne, weil die Parameter tatsächlicher und rechtlicher Natur (nicht mehr Blei … Stand der (jeweiligen!) Technik … Menge der Abgabe an den Wildkörper usw.) variabel und außerhalb der Wahrnehmung des Jägers sind.

Natürlich können Revierinhaber, wie auch die Forstpartie, bei der Jagd in ihrem Revier bestimmte Munition vorschreiben – ein Fall des „Hausrechts“ sozusagen.

Ansonsten aber gilt:

Weiterjagen wie bisher, bis ein rechtlich einwandfreies Verbot kommt!

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps