Der Fall ging durch die Presse und provozierte, wie immer, die unterschiedlichsten Reaktionen – nahezu alle ohne Kenntnis der näheren Umstände.
Was war geschehen?
Anlässlich einer Saujagd war der mit einem orangefarbenen Halsband als Jagdhund gekennzeichnete Terrier von einem Schäfer mit der Mistgabel erstochen worden, weil er angeblich – Zeugen gibt es außer dem Schäfer erkennbar nicht – dessen Schafe angegriffen habe. Der Schäfer hat den Hund mit den Zinken der Mistgabel durchbohrt und das schwerverletzte Tier liegen gelassen, bis es der Besitzer fand. Der Hund ist später seinen Verletzungen erlegen; die sind mit Fotos belegt.
Die Meinungen
reichen nun in der Presse und in Internet-Foren von „Tierquäler ersticht Hund“ über „Tierschützer ersticht Djt…“ bis zu „Jagdgegner hat Hund erstochen“ usw. Wie sich allerdings der Täter geäußert hat, und was über den Tathergang gesichert ist, lässt sich nicht feststellen – ein ganz schlauer Forenteilnehmer, ein „Avatar von Birgitt“ (wer immer das sein soll) weiß dazu, „Jagdterrier sind im Blutrausch, wenn sie losgelassen“. Wie man sieht: kenntnisfreie Vermutungen auf der ganzen Linie. Besonders daneben liegt da etwa eine Frau Neuendorf, die es in der MOZ (Märkische Oderzeitung) online am 26.10.2014 für eine „dreiste Doppelmoral“ von Jägern hält, dass gerade die den Schafbesitzer tadeln. Sie begründet das mit der mehr als törichten Unterstellung: „wer seinen Hund zu einem unkontrollierbaren Angreifer macht, darf sich nicht wundern, wenn der Angegriffene auch zu scharfen Waffen greift“. Als höflicher Mensch hält man sich mit einer Kommentierung da mal zurück!
Was gilt denn nun?
Also erst einmal: Das Verhalten des Schäfers ist schon moralisch gänzlich inakzeptabel. Darüber sind sich alle Disputanten (bis vielleicht auf Frau Neuendorf, aber die nehmen wir nicht recht ernst) einig. So hätte er sich nicht einmal wehren dürfen, wenn der Terrier ihn selbst angegriffen hätte, denn zum einen hat er ganz genau sehen können, dass er es hier mit einem Jagdterrier zu tun hatte, und zum anderen hat die Mistgabel bekanntlich auch ein stumpfes Stielende, mit dem man sich, oder einem Schaf, einen Terrier ganz schön vom Leibe halten kann. Ausserdem ist es für einen kleinen wenn auch scharfen Hund nicht so leicht, ein Schaf zu reißen, und zudem gibt es bekanntlich Schadensersatz, wenn ein Schaf verletzt wird. Der Mann hat sich gehen lassen und in einer Weise verhalten, die ihn als unbeherrschten Rohling erscheinen lässt. Das gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass er das Tier mit der Mistgabel im Leib hat liegen und leiden lassen!
Allerdings wird allgemein die Ansicht vertreten, dem Mann sei – leider – rechtlich nicht beizukommen.
Das sehen wir anders!
Nach § 17 TierSchG ist es eine Straftat, ein Wirbeltier vorsätzlich ohne „vernünftigen“ Grund zu töten. Wer eine Mistgabel, deren drei Zinken länger sind als ein kleiner Terrier breit ist, mitten in diesen Hund rammt, will den natürlich töten und handelt damit vorsätzlich – vielleicht nur mit sog. bedingtem Vorsatz (nimmt den Tod billigend in Kauf), aber auch das ist der Vorsatz des § 17. Der Angriff auf ein Schaf (den wir bei einer strafrechtlichen Beschuldigung mal zugunsten des Täters unterstellen müssen) rechtfertigt natürlich eine Abwehr, auch eine grobe; aber da es vom Stiefeltritt über Steinwürfe bis zum Stielende genügend Möglichkeiten gibt, einen kleinen Hund abzuwehren, war der Einsatz der Mistgabel in diesem Falle völlig unangemessen und eine Tötung des Hundes sicherlich nicht nötig. Damit ist der Angriff des Hundes auf ein Schaf kein „vernünftiger“ Grund für die Tötung des Hundes, allenfalls für ein hartes Vorgehen.
Nach der Rechtsprechung zum TierSchG muss man also immer mit einer Güter- und Pflichtenabwägung prüfen, ob die Handlung in dem jeweiligen Lebenszusammenhang noch gerechtfertigt ist (so z. B. OLG Köln Ss 414/97-170 http://openjur.de/u/444543.html). Einem Schäfer, der mit Tieren umgeht, ist das zuzumuten.
Wir halten das Vorgehen des Schäfers mithin für strafbar!
Ihr Dr. Wolfgang Lipps