Das Forum Lebendige Jagdkultur – Resolution 2024 – moderne Jagd!

Resolution

Das Forum Lebendige Jagdkultur

hat sich auf der Jahreshauptversammlung 2024 auch mit neuester Jagdtechnik befasst und sieht mit Sorge, dass insbesondere die, wenn auch bislang noch beschränkte, Freigabe von Nachtzieltechnik für die Jagd erhebliche jagdliche Verwerfungen verursacht:

  •          Die zunehmende Störung zur Nachtzeit führt bei allen Wildarten zu Stress und physiologischen Schäden,
  •          erschwert bei Schwarzwild die Bejagung und führt zur Zunahme von Wildschäden,
  •          begünstigt Fehlabschüsse,
  •          verleitet zu Weitschüssen mit mehr Weidwundschüssen,
  •          und gefährdet, gerade auch in Verbindung mit Mindestabschussplänen, die Hegeverpflichtung.
  •          Darüber hinaus befürchtet das Forum eine Aufweichung des Nachtjagdverbotes.

Das Forum bittet deshalb die Jagdausübenden:

  •          bei der Jagd zur Nachtzeit jedenfalls nur mit Schalldämpfer zu schießen,
  •          Nachtzieltechnik nur bei der Bejagung auf Schadflächen im Feld einzusetzen,
  •          nur auf stehendes Wild zu schießen (beachten: Zeitverschiebungen bei Wärmebildtechnik führt zu Fehlschüssen!),
  •          nur auf kurze Entfernung nach genauem Ansprechen zu schießen,
  •          und insgesamt den Jagdeinsatz zu Nachtzeit nur sehr restriktiv und nur bei hegerischer Notwendigkeit zu wählen.

Das Wild und unsere Jagd insgesamt danken es Ihnen.

Forum Lebendige Jagdkultur e.V. – Der Vorstand

 

Forum Lebendige Jagdkultur e. V.

und die moderne Jagd

 
Das Forum

Das Forum ist ein eingetragener Verein mit dem Ziel, die Jagdkultur im deutschsprachigen Raum zu fördern, schöpferische Beiträge zur Jagdkultur zu unterstützen und in der Öffentlichkeit für die Jagdkultur einzutreten.

 Jagdkultur

Jagdkultur ist die Einbindung der Jagd in eine der allgemeinen Kultur entsprechende Form mit Konzentration auf das seelisch empfundene Jagderlebnis. Zur Jagdkultur gehören moralische Regeln (Weidgerechtigkeit), traditionelle Rituale (Brauchtum) und die mentale Verarbeitung des Jagderlebnisses, dessen Pflege in Literatur, Kunst und Musik in Geschichte und Gegenwart als besondere Aufgabe des Forums verstanden wird. Vereinszweck ist u. a. „die Pflege, Erhaltung, Förderung und Fortentwicklung der deutschen Jagdkultur, wie sie sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in allen ihren rechtlichen, organisatorischen, traditionellen (z. B. sinnvolles Brauchtum u. a. m.), moralischen und jagdethischen Erscheinungsformen herausgebildet hat“.

 Die heutige deutsche Jagdkultur, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen wurde, ist ethisch begründet auf den modernen Wertbegriffen des Tier-, Natur- und Landschaftsschutzes. Dabei wird Wild und Landschaft als eine Einheit verstanden, in der funktionale Anforderungen der Zivilisation zwar berücksichtigt, aber auch kritisch gesehen werden.

Die Jagd

 Vor ca. 1,7 Millionen Jahren begann der Frühmensch, der homo erectus, zu jagen, und leitete damit die Evolution ein, die ihn zum homo sapiens und damit zum modernen Menschen werden ließ.

Die „venatorische Revolution“

Das nennen wir die „venatorische“, die jagdbezogene, Revolution. Denn die Jagd auf großes, schnelles und häufig wehrhaftes Wild erforderte die Organisation, Kooperation und Kommunikation großer Jagdgruppen. So entwickelten sich Über- und Unterordnungsverhältnisse, Generalisten und Spezialisten, Signale und Sprache, Einfühlung in Tiere und Mitmenschen und gleichzeitig das „Selbst“-Bewusstsein. Durch den erhöhten Fleischkonsum wuchs das Gehirn und mit ihm wuchsen die kreativen Fähigkeiten, die einerseits zur Entwicklung genialer Werkzeuge und Jagdwaffen (Speerschleuder, Pfeil und Bogen) und andererseits zu beachtlichen kulturellen Leistungen (Höhlenmalereien usw.) führten. Am Anfang der Menschwerdung stand somit die Jagd.

Die „neolithische Revolution“

Später erkannten die Menschen dann, dass man Fleisch auch züchten kann, anstatt es zu jagen, und Pflanzen auch säen, anstatt zu sammeln. Das war die „neolithische Revolution“. Sie ließ allmählich die Bedeutung der Jagd als bevorzugtes Mittel der Fleischbeschaffung abnehmen. Dafür wurde die Jagd Training, Sport, und Freizeitvergnügen, und diente sowohl zur militärischen Ertüchtigung als auch zum Schutz gegen Wildtiere. Noch später wurde sie dann Probe von Mut und Geschicklichkeit, höfisches Vergnügen, und vor allem Privileg der Hochgestellten.

Die „bürgerliche Jagd“

Das änderte sich, als die Jagd nach 1848 bürgerlich wurde. Die schon früher aufscheinende „Weidgerechtigkeit“ wurde jagdethisches Gebot, und heute sind Biodiversität, Nachhaltigkeit und Tierschutz die Grundpfeiler der modernen Jagd. Diese ist unverzichtbarer Bestandteil der Kulturlandschaft, sie verbindet die Jagd auf unser Wild mit dessen Hege und der Hege seiner Lebensumstände, damit auch des Waldes. Denn Wild ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Umwelt.

Die Aufgabe der modernen Jagd – § 1 Bundesjagdgesetz (und § 1 LJagdG Bbg)

  • Wild ist ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
  • Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.
  • Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen; auf Grund anderer Vorschriften bestehende gleichartige Verpflichtungen bleiben unberührt. Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.
  • Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten.

Das ist des Jägers Ehrenschild,

dass er beschützt und hegt sein Wild.

Weidmännisch jagt, wie sich´s gehört.

Den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.

*  *  *

Dr. Wolfgang Lipps

Minister Vogel – Rücktritt oder Entlassung überfällig!

 

Vogel der Unglücksrabe: gleich mal rechtswidrig gestartet

Am 20.11.2019 haben wir in Brandenburg, nach Herrn Minister Vogelsänger, einen neuen Minister erhalten, Herrn Vogel (der „Sänger“ ist verschwunden), der jetzt für Forst und Jagd zuständig ist – Gebiete, auf denen er bis zu seinem Amtsantritt (und wie man sieht, bis heute!) keinerlei Sachkenntnis erworben zu haben scheint (Ausbildung11 (!) Jahre Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen, Abschluss: Dipl. Kfm. Dipl. Ökonom; Berufstätigkeit bislang: grüner Berufspolitiker).

Ins Amt eingeführt hat er sich sofort dadurch, dass er weniger als 2 Monate nach seinem Amtseintritt, damit begann, den Grundsatz „Wald ohne Wild“ mit der Ankündigung grob rechtswidriger Maßnahmen rücksichtslos durchzusetzen – er hat nämlich gleich mal am 17. Januar 2020 eine Presseinformation veröffentlicht, die, wie wir das von seinem Vorgänger Vogelsänger sattsam gewohnt waren, in der ersten Zeile gleich grammatikalisch falsch anfängt – hier ist mal der Akkusativ dem Dativ sein Feind – und die in etwa besagt: bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest mit Drückjagden könnte man alles andere Schalenwild gleich mit abschießen.

Dummerweise hat das zwar ab 16. Januar Schonzeit.

Aber das macht nix!

Diese „Schonzeitenregelung“ verstieß nicht nur gegen den inzwischen im Grundgesetz verankerten Tierschutz und damit eindeutig auch gegen die „anerkannten allgemeinen Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit“ (also gegen § 1 LJagdG und BJagdG), sondern schlicht und einfach, aber gleichzeitig grob, gegen das Landesjagdgesetz.

Kurze Zeit später, am 20. Februar 2020, hat der Unglücksrabe dann noch rechtswidrige Mindestabschusspläne töricht  verteidigt.

Am 18. Januar 2021 wurde von Herrn Vogel dann ein Gutachten vorgestellt, das den harmlosen Titel „Evaluation des LFB“ trägt – des Landesforstbetriebs – aber tatsächlich nicht nur ziemlich krasse Reformvorschläge enthält, sondern zuerst einmal eine vernichtende Darstellung des bisherigen Zustands der Forstpartie in Brandenburg lieferte.

Im April 2021 hat der Minister dann behauptet bzw. behaupten lassen, in Brandenburg sei ab 1. April 2021 die Jagd mit bleihaltigen Büchsengeschossen verboten, es dürfe nur noch und ausnahmslos mit bleifreier Büchsenmunition gejagt werden und berief sich auf die Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz vom 28. Juni 2019.

Aber da steht das so nicht.

Die Rechtslage war unverändert.

Der Pechvogel

Dann, im Februar 2022, hat der Minister aus völlig unerklärlichen Gründen versucht, ein völlig neues Landesjagdgesetz durchzudrücken, das zum Glück in zwei Anläufen krachend gescheitert ist. Der erste Entwurf war von „geradezu umwerfender Dämlichkeit“. Unser Kommentar: Dieser Blog hatte schon öfter Gelegenheit, sich über das brandenburgische Ministerium für Landwirtschaft Umwelt und Klimaschutz (MLUK) auszulassen – über geballte jahrelange Inkompetenz der politischen Entscheidungsträger bis hin zu bösartigen und rechtsfernen (um nicht zu sagen rechtswidrigenMaßnahmen dieser Behörde. Denn was die Jagd angeht, so wird die Arbeit dieses Hauses geprägt dadurch, dass der jeweilige Herr Minister, gegenwärtig nach Herrn Vogelsänger der Herr (nur noch) Vogel, erkennbar alles kritiklos absegnet, was sein oberster Jagd- und Forstknecht, Herr Dr. Leßner, ihm vorlegt – und wenn er dazu auf einem Currywurstteller quer durch die Senfreste unterschreiben müsste.

Deshalb haben wir am 12. Februar 2022 erstmals der Rücktritt dieses Ministers angeregt.

Der Sturmvogel

Bewirkt hat das nicht nur nix, sondern der Herr Minister hat seine Bemühungen um ein völlig inakzeptables Landesjagdgesetz munter verstärkt. Auch der zweite Entwurf, den inzwischen zwei Gutachten und zahlreiche Stellungnahmen ausnahmslos in der Luft zerrissen, musste politisch scheitern.

Jetzt aber schießt Vogel den Vogel ab!

Die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg vom 22. Mai 2024, setzt zum 1. Juni 2024 eine Fülle von Regelungen in Kraft, bei denen sich alle Betroffenen – Jäger, Naturschützer, Politiker und Landesjagdverband – erstaunt die Augen reiben. Fast alle wesentlichen Vorschriften dieser VO sind hanebüchener Unsinn, schlecht, dämlich, in Teilen rechtswidrig, und vor allem: mit niemandem abgestimmt. Alle für den Erlass einer derartigen VO vorgesehenen demokratischen Verfahrensweisen sind bewusst ignoriert worden – Herr Vogel regiert „in der Gegend herum“ wie weiland ein Duodezfürst!

Erkennbar agiert dieser Minister somit von Anbeginn an ohne Rücksicht auf  Recht und Gesetz, ohne Rücksprachen mit Organisationen oder Betroffenen, ohne Respekt vor gewählten Interessenwahrern beteiligter Kreise „nach Gutsherrenbart“, undemokratisch und unbelehrbar.

Wie lange kann sich das ein Ministerpräsident eigentlich noch gefallen lassen?

Selbst dem bislang immer noch einigermaßen übertrieben gütigen LJV Brandenburg – den wir oft genug kritisiert haben – platzt jetzt der Kragen. O-Ton: „Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (B90/ Die Grünen) zeigt permanent ideologische Scheuklappen, ignoriert Beteiligungsprozesse, schwächt den Katastrophenschutz und verschlechtert mit wildtierfeindlicher Verordnung den Tierschutz.

 LJVB fordert sofortigen Rücktritt des Ministers“.

Den unsinnigen Wortlaut der VO geben wir hier nicht wieder – er wird vom LJV kurz skizziert und ist in der VO nachzulesen.

Das JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz

schließt sich dieser Rücktrittsforderung ausdrücklich an.

Da der Herr Minister aber sicherlich nicht zurücktreten wird, richten wir die Bitte an den Herrn Ministerpräsidenten, diesen Minister umgehend seines Amtes zu entheben.

Und da der Herr Ministerpräsident das wahrscheinlich nicht tun wird, bleibt uns nur die Hoffnung, dass wir nach der Landtagswahl Brandenburg am 22. September 2024 jedenfalls diesen Minister hoffentlich an keiner politisch entscheidenden Stelle mehr wiedersehen werden.

Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Dr. Wolfgang Lipps

Nachtrag vom 2. Juni 2024:

Ein oberfauler Kompromiss.

Ein inkompetenter Minister kommt mit einem blauen Auge davon!

Am 30. Mai meldet die Märkische Allgemeine: „Der Konflikt um die umstrittene Jagdverordnung von Grünen-Agrarminister Axel Vogel schwelte lange, war überschattet von einer Rücktrittsforderung und scheint jetzt vorerst beigelegt.“ Die Zeitung meint nämlich, der Hauptgrund des Zerwürfnisses sei der Streit um die Bejagung von Nutria und Biber gewesen, und der sei nun durch ein – zurückruderndes – klärendes Schreiben des Ministeriums weiter zugunsten der Bejagung entschieden.

Strittig sei jetzt nur noch die „Zwischenschonzeit“ für Rehböcke und Hirsche im Sommer. Aber diese Regelung „bleibe erhalten“.

Das ist, mit Verlaub, weitgehend Unsinn!

Was war geschehen?

Nachdem der Landesjagdverband Brandenburg (LJVB) den Rücktritt des Ministers Vogel gefordert hatte – dem wir uns vollumfänglich angeschlossen haben – gab es zunächst heftige Kritik von der CDU Brandenburg. Und „nicht nur Stefan Meyer, der Vorsitzende des Jagdverbands Rathenow, sondern auch sein Nachbar Frank Wilke, der Vorsitzender des Nauener Verbandes ist, sowie Jagdverbandsvertreter aus Ostprignitz-Ruppin kritisieren die jetzt bekanntgewordene neue Durchführungsverordnung zum Jagdgesetz in Brandenburg“.

Darauf meldet die Pirsch:“ Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) muss nach heftiger Kritik von CDU und dem Landesjagdverband Brandenburg (LJV) seine neue Verordnung zum Jagdgesetz ergänzen“.

Nunmehr erhalten Jäger einen Brief von einer Frau Julia Götze aus dem Ministerium, Abt. 4 Oberste Jagdbehörde, womit „aufgrund vermehrter Anfragen“ (so kann man „alternative Fakten“ auch beschreiben!) die neuen Regelungen zur Schonzeit erläutert werden. Beigefügt ist eine teilweise Neufassung der VO zur VO, die, wie üblich, sowohl verwaltungsrechtlich als auch jagdrechtlich zumindest bedenklich ist.

Jetzt, so das Ministerium und dieser Brief, dürfen Nutria und Biber wie bisher bejagt werden und die „Zwischenschonzeit“ – die sog. „Jagdpause“ – soll für das Jagdjahr 2024/25 ausgesetzt sein für Schmalspießer, Jährlingswidder und Rehböcke. Ansonsten bleibt es bei der VO.

So ein Quatsch!

Wir haben schon mehrmals festgestellt, dass dem Fernlehr-Ökonomen Vogel erkennbar kein Volljurist zur Verfügung steht. Jetzt darf man vermuten, dass es in diesem Ministerium auch niemanden gibt, der mit dem deutschen geltenden Verwaltungsverfahrensrecht so richtig vertraut ist – was mögen die Fachbeamten dort wohl alle von Beruf sein? Wenn eine Schonzeit rechtswirksam festgelegt wird – wovon das Ministerium bei der „Zwischenschonzeit“ ja wohl ausgeht – dann kann die nur nach Maßgabe von § 31 LJagdG Bbg abgeändert werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, und das Verfahren ist nicht eingehalten. Aber im Ministerium Vogel gilt offensichtlich:

  • Legal?
  • Illegal?
  • Scheißegal!

Rechtsgrundlagen des deutschen Jagdrechts wie „Hegeverpflichtung“ oder „Nachhaltigkeit“ sind diesem Ministerium ohnehin nicht geläufig.

Mit anderen Worten: es wird ein wenig zurückgerudert und herumgeeiert, anstatt diese törichte VO einfach in wesentlichen Teilen oder ganz aufzuheben!

Ärgerliche Inkonsequenz.

Wenn wir der Presse glauben dürfen, sind der Herr Ministerpräsident, die CDU, der LJVB, die Presse und vor allem der „Ökologische Schädlingsbekämpfungsverein Brandenburg“ unter den Herren Graf von Schwerin und Fuhr mit dem jetzt gefundenen oberfaulen Kompromiss ganz zufrieden.

Wir eher nicht.

Aber bald sind ja Wahlen, und dann ist hoffentlich der Spuk vorbei!

Oder?

Merke:

Inkonsequenz ist ein Phänomen von Überforderung in zweierlei Hinsicht: Viele sind überfordert, weil sie nicht mehr wissen, was wirklich relevant, unter Umständen korrigiert oder repriorisiert werden muss. Und die Organisation ist überfordert, weil sie keinen Überblick mehr über das hat, was alles vereinbart, gefordert oder besprochen wurde und schon gar keine Idee mehr davon hat, was denn nun wirklich wichtig und vor allem richtig ist.  Die süße Versuchung der Inkonsequenz besteht in dem Glauben, den eigenen Erfolg sicherer und schneller zu erreichen, wenn nur zügig alles angeschoben wird, was dazu hilfreich erscheint.

Dr. Wolfgang Lipps

 

Forum Lebendige Jagdkultur – Jahrestagung 2024

Tagungsbericht

Das Forum Lebendige Jagdkultur (www.forum-jagdkultur.de) hielt seine Jahrestagung 2024 im Parkhotel Surenburg in 48477 Hörstel vom 3. bis 5. Mai 2024 ab. Das gut organisierte Tagungshotel liegt inmitten eindrucksvoller Pferdekoppeln, bietet angenehme Zimmer und eine gute Küche.

Die Tagung wurde eingeleitet durch das Sauerländer-Halbmond-Bläsercorps „Horrido“ Attendorn 1956. Der im Verhältnis zu den scharfen Pleßhörnern angenehm weiche und dunkle Ton der aus Kupferblech getriebenen Sauerländer Halbmonde war ein eindrucksvolles Klangerlebnis.

Die Begrüßung und der Einführungsvortrag von Prof. Dr. Johannes Dieberger stimmte die zahlreich erschienenen Teilnehmer des Vereins in gewohnt wissenschaftlich profunder und äußerst detailreicher und mit zahlreichen Abbildungen unterlegter Weise auf den intensiven Verlauf der weiteren Veranstaltung ein.

Tagungsbeiträge

Wildmeister Dieter Bertram, dessen Wirken als langjähriger Berufsjäger deutschlandweit bekannt ist, sprach über die „Jagd im Wandel“ insbesondere im Hinblick auf „gestern, heute und morgen“ und mit einem Rückblick über 70 Jahre seines Wirkens und zugleich einen Ausblick. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung der Jagd, des Jagdrechts und der Jagdkultur in Deutschland ist es nicht verwunderlich, dass in seinem Vortrag einige pessimistische Tendenzen durchaus zutreffend benannt wurden.

Dr. Wolfgang Lipps nahm sich in seinem Vortrag „Jagdtechnik und Weidgerechtigkeit – ziemlich beste Freunde, oder?“ – der rasanten Entwicklung insbesondere der technischen Hilfsmittel für die Jagd an und bezog sich dabei insbesondere, aber nicht ausschließlich, auf die Nachtzieltechnik und den Einsatz von Drohnen auf der Jagd. Er legte dar, dass man diese Hilfsmittel, die aus dem Jagdgeschehen nicht mehr wegzudenken sind, unter dem Gesichtspunkt der Weidgerechtigkeit von zwei Seiten her betrachten muss: vom Jagenden her gesehen darf eine feste Grenze (Ortega y Gasset) nicht überschritten werden, und vom Wildtier her gesehen verlangen die Hegeverpflichtung und das Prinzip der Nachhaltigkeit äußerste Zurückhaltung insbesondere zur Nachtzeit.

Für den Verein von zukunftsweisender Bedeutung war, dass Professor Dr Georg Urban die Ergebnisse der vereinsinternen Kompetenzgruppe Digitalisierung erläuterte.

Heinrich Uhde (Jurist, Sachbuchautor und Hundeführer) gab einen außerordentlich detailreichen Überblick über die Geschichte des Jagdgebrauchshundewesens in Deutschland.

Nachdenklich mussten die Betrachtungen von Michael Knitter machen, einem außerordentlich erfahrenen Hundezüchter und vor allem Nachsuchenführer. Er beleuchtete die „Nachsuche als Spiegelbild der jagdlichen Moral“ und musste dabei feststellen, – womit er sich an die Ausführungen von Lipps anschließen konnte -, dass die Verwendung von Nachtzielgeräten in größerem Maße zu Weitschüssen, Weidwundschüssen und zahlreichen Fehlerlegungen führt. Das sind durchaus gewichtige Argumente vielleicht nicht unbedingt gegen den Einsatz von Nachtzielgeräten, aber für ihre außerordentlich sparsame tierschonende und selektive Verwendung.

Den Abschlussvortrag hielt der renommierte Unternehmensberater Dr. Gerd Kalkbrenner. Sein Vortrag stand unter dem zunächst befremdlichen Titel „Jagen im Anthropozän“. Tatsächlich schilderte er in sehr eindrucksvoller Weise und mit zwingenden Folien jagdliche Haltungen und jagdliche Praktiken auf dem Prüfstand nicht nur der Jagdethik und Tierethik, sondern der jagdlich vertretbaren Möglichkeiten überhaupt. Ein Vortrag, der jeden Zuhörer zum Nachdenken zwang.

Ausklang

Den Ausklang des Tagungsteils (vor der vereinsinternen Jahreshauptversammlung)

bildete eine eindrucksvolle Hubertusmesse, die von den Parforcehornbläsern der Jagdhornbläsergruppe Münster-Rüschhaus in bewundernswerter Weise gestaltet wurde.

Dr. Wolfgang Lipps

Technische Hilfsmittel auf der Jagd – weidgerecht oder nicht?

Jagdtechnik und Weidgerechtigkeit – ziemlich beste Freunde, oder?

Dr. Wolfgang Lipps

Forum Lebendige Jagdkultur

Vortrag auf der Jahrestagung vom 3. bis 5. Mai 2024

Vom Steinbeil zur Jagddrohne

Vor ungefähr 1,7 Millionen Jahren wurde, in einem sehr langen und langsamen Prozess, der homo erectus zum Jäger [1]. Damit setzte, wie wir in den großartigen Büchern von Dieter Stahmann [2] lesen können, die Entwicklung zum homo sapiens und damit zum modernen Menschen ein – am Anfang war die Jagd!

Aber zunächst mal war unseren Vorfahren klar, dass die Tiere, die sie erlegen wollten, nahezu alle besser gucken, besser hören, super riechen und vor allem zumeist erheblich schneller laufen können als sie – davon, dass sie im unmittelbaren Kontakt übel beißen oder stoßen, gar nicht erst zu reden.

So lernte der Mensch gerade durch die und bei der Jagd als erstes: was man nicht in den Beinen hat, muss man im Kopf haben! Um das Sprichwort mal umzudrehen. Die Vorteile der Tiere musste man also mit schlauen Hilfsmitteln ausgleichen – das nennen wir die Jagdtechnik.

Vor ca. 2,6 Mio. Jahren erscheint der Faustkeil, noch keine Jagdwaffe aber als Werkzeug sicherlich das Schweizer Taschenmesser der Hominiden [3]. Am Anfang der Jagd kam sicherlich zuerst die Fallgrube und dann das Netz für kleine Tiere.

Aber ein Quantensprung der Technik war dann der Wurfspieß – die sog. Schöninger Speere sind die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt [4]. Schon vor 300 000 Jahren waren Frühmenschen Meister im Umgang mit Holz. Die nächste erstaunliche Erfindung war das Wurfholz [5] für den stärkeren und weiteren Speerwurf. Und geradezu genial war die Erfindung von Pfeil und Bogen [6] – einer bis in die Neuzeit ständig, zuletzt über die Armbrust [7], weiterentwickelten Distanzwaffe. Die wurde erst von den Feuerwaffen abgelöst, und das nicht einmal ganz.

Das alles aber sind Jagdtechniken, die letztlich nur dazu dienten, die natürlichen Fähigkeiten des Wildes, die dem Menschen weit überlegen sind, auszugleichen. Noch immer hören Tiere besser als wir, wenn wir ein Revier eher leerpirschen statt leer jagen, und riechen uns, ohne dass wir sie sehen. Und in „tiefer schauervoller Nacht“ [8] sind sie uns ohnehin haushoch überlegen – bis vor kurzem jedenfalls.

Denn heute stellen wir fest, dass die Jagdtechnik einen Sprung nach vorn gemacht hat. Zielfernrohre messen Entfernungen und Flugbahnen, Nachtzielgeräte sehen im Dunkeln [9], Wildkameras sehen dauernd alles, Drohnen spüren Wild auf und treiben es sogar. Das Dickicht wird licht, die Nacht wird erhellt, das Wild hat letztlich keine Chance mehr.

Jagdtechnik – wenn die Jagd keine Jagd mehr ist“.

So überschreibt der Autor Simon Abeln in „JagdErleben“ einen Artikel [10] und meint: „Der Klimawandel und der Zwang nach jagdlichen Erfolgen erhöht den Druck auf Jäger und Jägerinnen. Technik droht die Waidgerechtigkeit zu untergraben. Wie weit wollen wir Jäger gehen?“ Und dann zitiert er Ortega y Gasset mit den Worten: „Zwischen Mensch und Tier gibt es eine feste Grenze, wo die Jagd aufhört, Jagd zu sein, und zwar dort, wo der Mensch seiner ungeheuren technischen Überlegenheit über das Tier freien Lauf lässt.“

Abeln weist dann darauf hin, dass „der Schritt zum illegalen Einsatz von Technik“ immer kleiner werde. Aber sein Aufsatz bleibt stecken, bevor er sich der Frage nähert, was eigentlich bei der Jagdtechnik „illegal“ sein kann, also die von Ortega erwähnte „feste Grenze“ überschreitet.

Aber alle technischen Hilfsmittel sind immer auch Teil der Jagdkultur. [11]

Jagdethik, Tierethik, Weidgerechtigkeit.

Diese drei Begriffe werden in der Diskussion um Jagdtechnik immer wieder gebraucht, aber oft durcheinander [12], ambivalent [13] und nicht immer stringent.[14] Wer sich Gedanken darüber macht, wie weit vielleicht technische Finessen die Überlegenheit des Jägers über das Wild in unzulässiger oder sogar illegaler Weise erhöhen und sichern, der muss zunächst einmal entscheiden, was dann tierethisch und jagdethisch überhaupt verbindlich verlangt wird. Ausdrücke wie „Fairness“ oder „dem Tier eine Chance lassen“ sind Formeln aus dem menschlichen Zusammenleben, mehr zunächst nicht.

Wie eine philosophische Schrift über die Jagd meint: „Während es in den Anfängen noch sehr viel Mut, Ausdauer, Kraft und List erforderte, um ein Wildtier zu erbeuten, hat der Mensch im Laufe der Zeit eine Reihe von technischen Möglichkeiten entwickelt, um sich Wildtiere anzueignen. Immer wieder führte dies in der Geschichte der Menschheit dazu, dass die Art und Weise der Aneignung im Widerspruch zu ethischen Werten stand und daher reglementiert wurde. [15]

Wir können und müssen also die technischen Hilfsmittel, die wir beim Jagen benutzen, bewerten. Dann wird sich ergeben, was „unzulässig“ oder eben „unethisch“ oder sogar „illegal“, nämlich insgesamt „nicht weidgerecht“ ist.

Wann ist Jagd noch Jagd?

Eine vorwiegend juristisch begründete Meinung wird das Problem keineswegs vollständig erfassen. Ortega – und damit steht er nicht allein – hat die Frage, was eigentlich dem Tier gegenüber an technischer Überlegenheit noch gerechtfertigt oder eben nicht mehr zulässig sei, aus dem Begriff des „Jagens“ und der „Jagd“ an sich heraus abgeleitet. Er sagt z. B. zu dem vorhin gebrachten Zitat weiter: Es „…darf die Überlegenheit des Jägers über das Wild nicht absolut sein, wenn Jagd möglich sein soll“.

Für diese Auffassung von der Jagd muss also das Tier immer eine Chance haben, und die Überlegenheit des Jägers muss Grenzen haben – sonst ist Jagd eben keine „Jagd“, sondern eine Art Tötungssport. Dennoch ist der auf bestimmte zwischenmenschliche Verhaltensweisen bezogene Begriff der „Fairness“ [16] im Verhältnis zu Wildtieren nicht angebracht – er ist dafür zu spezifisch menschlich.[17] Er gehört zu Wettkampf und Sport, und beides ist die Jagd gerade nicht.

 Lassen wir also kurz Revue passieren, was uns heute im Gegensatz zu früher zur Verfügung steht.

Zielfernrohr

Die „Fernrohrbüchse“ von Kaiser Wilhelm II. wurde zunächst belächelt. Inzwischen gibt es, aus der Militärtechnik abgeleitet, die ersten Zielfernrohre, die die Entfernung messen und je nach Laborierung der Patrone die günstigste Schussentfernung einstellen.

Grundsätzlich sind Zielfernrohre zu begrüßen, denn sie garantieren auch in der Hand des weniger geübten Schützen einen präzisen Treffer; sie sind tierschutzgerecht und damit zu akzeptieren.

Schalldämpfer

Das Wild wird weniger beunruhigt und das Gehör des Schützen – und übrigens auch des Hundes, so anwesend – geschont. Sie sind zu begrüßen.

Nachtzielvorrichtungen

Der Gesetzgeber hat sich etwas dabei gedacht, als er die Jagd zur Nachtzeit verboten hat – das Wild sollte artgerechte Ruhe- und Äsungszeiten haben. Das wird durch Nachtzielvorrichtungen [18] aufgehoben [19].

Hier wird gern darauf hingewiesen [20], dass Nachtzielvorrichtungen [21] für eine weidgerechtere Erlegung von Sauen sorgen, die bekanntlich zur Nachtzeit erlegt werden dürfen [22], weil führende Bachen besser erkannt und die Schüsse präziser angetragen werden können [23].

Das ist einerseits zutreffend, wobei man natürlich die Nachtjagd auf Sauen grundsätzlich für vertretbar halten muss. Aber eine bedeutende Kehrseite der Medaille dürfte sein, dass mit Sicherheit auch anderes Schalenwild, vor allem Trophäenträger, zur Nachtzeit erlegt werden. Die Gefahr der Entdeckung ist gering, die Versuchung groß. „Früher waren nächtliche Schüsse bei Neumond verdächtig, heute kann mit Nachtsichttechnik immer gejagt werden. Wird nachts geschossen, kann das „offiziell“ mit dem Erlegen von Schwarzwild begründet werden“. Inzwischen wissen wir, dass die ständige Beunruhigung bei Nacht bei allen Wildtieren zunächst Stress und dann schwere physiologische Schäden bis hin zur Reproduktionsunfähigkeit verursacht. Wir dezimieren damit selbst unser Wild und höhlen die Jagd immer mehr aus. Außerdem erhöhen wir die Schadensträchtigkeit – das Ganze ist auf mittlere und vor allem lange Sicht von Übel.

Ich halte deshalb Nachtzieltechnik [24] für den Tod der Weidgerechtigkeit. [25]

Wildkamera

Grundsätzlich fördert der Einsatz von Wildkameras die Revierkenntnis, die gerade der Jagdpächter neben seinem Beruf nicht in dem Maße haben kann wie der Berufsjäger.

Wenn wir die moderne „Entwicklung nun auf den Jagdbereich übertragen, könnten Wildkameras in Zukunft beispielsweise über eine Erkennungsmethodik die Wildart nach Alter und Geschlecht „ansprechen“, ja möglicherweise sogar Individuen über biometrische Kennzeichen identifizieren, ähnlich der bereits heute eingesetzten Gesichtserkennung von Überwachungskameras. Diese Information tauschen alle Wildkameras im Revier miteinander aus und übermitteln diese Daten an das Smartphone des Jägers, das daraus ein Bewegungsprofil der Tiere erstellt. Eine Revierapp legt dieses Bewegungsprofil anhand der GPS-Daten über die Revierkarte mit den hinterlegten Reviereinrichtungen. Als Ergebnis liefert die App dem Jäger die Information, um wieviel Uhr er sich wo ansetzen muss, um mit welcher Wahrscheinlichkeit einen Abschuss zu tätigen.

 So weit sind wir glücklicherweise noch nicht!“ [26]

Aber wahrscheinlich ziemlich dicht davor – bei immer mehr Jägern mit immer ausgeprägterem Beutetrieb bei abnehmender Wilddichte! Diese digitale Entwicklung erreicht damit vielleicht schon Ortegas „feste Grenze“ und nimmt der Jagd das jagdlich-handwerkliche Element.

Saufang

Diese alte Jagdmethode [27] war lange aus der Mode gekommen, wurde aber im Zuge der Bekämpfung der ASP wieder eingeführt. Ich persönlich lehne sie ab und halte das nicht für Jagd, sondern für „Bekämpfung durch Entnahme“. Wenn es aber zugelassen wird, dann, wie in Brandenburg, nur mit dem Einsatz von Überwachungs- und Steuerungstechnik. Letztlich teilt der Saufang [28] die Abneigung, die z. B. ich auch gegen sonstige Lebendfallen habe – sie haben ein stark tierschutzwidriges Element [29].

Drohnen

Hier stößt [30], mit der Ausnahme der Kitzrettung [31], die Technik bei der Jagdausübung [32] tatsächlich an ihre Ortega´schen Grenzen. Ich halte es schon für unweidmännisch, die Kessel in der Dickung mit Drohnen auszuspähen, um die Jäger dann an die Kessel heranzuführen. Besonders verwerflich finde ich das Treiben mit Drohnen [33]. Das Wild wird stark beunruhigt und vor allem geängstigt und damit über Gebühr gequält. Unsere jagdliche Erfahrung zeigt immer mehr, dass Sauen durch Drohnen mehr und rascher in Panik versetzt werden als durch jede andere Bejagungsform. Dass das nicht nur unser Wild negativ beeinflusst, sondern letztlich unsere Jagd und den Jagderfolgt, liegt auf den Hand – wir sägen tatsächlich den Ast ab, auf dem wir sitzen!

Fazit

Wenn man jagdliche Technik unter dem Gesichtspunkt der Weidgerechtigkeit bewerten will, dann muss man also erkennbar von 2 Seiten her denken.

Ich habe durchaus Sympathie für die Auffassung, eine Jagd sei nur dann eine echte Jagd, wenn sich der Jäger/die Jägerin zurücknimmt. Im Vordergrund der Jagd sollte nicht das „Beute machen um jeden Preis“ stehen, sondern der Jagderfolg mit jagdlichen Fertigkeiten. Das denkt somit die Jagd vom jagenden Menschen her.

Aber das kann nicht den alleinigen verlässlichen Maßstab dafür bieten, was man als Technik zulassen und was man ächten sollte. Denn wie man z. B. an Nachtzielgeräten bei der Saujagd oder Drohnen zur Kitzrettung und anderem sieht, hat Technik auch ihre positiven Seiten [34]. Man muss also die Technik auch vom Wildtier her denken.

Da kommt dann ein wichtiger Begriff ins Spiel: die Hege.

Sie umfasst alle Maßnahmen, die der Jäger trifft, um den natürlichen Lebensraum und die natürlichen Lebensumstände des Wildes zu fördern, zu pflegen und zu unterhalten. Dem Recht zu jagen gleichrangig ist die Pflicht des Jägers, zu hegen. Diese Pflicht ist ausdrücklich gesetzlich normiert. Sie garantiert dem Wild ein artgerechtes wildtypisches Leben. Damit wird eine Jagdtechnik abzulehnen sein, wenn sie zu stark in die natürlichen Lebensumstände des Wildes zugunsten des Jagderfolgs eingreift. So gilt dann z. B. zur Nachtzieltechnik auf Sauen: “das hiermit geöffnete Fass bekommen wir nie wieder zu. Und wir nehmen unserem Wild damit das letzte, was ihm in unserer Zivilisationslandschaft bleibt, den Schutz und die Stille der Nacht.“ [35]

Zudem ist die Nachhaltigkeit, neben Biodiversität und Tierschutz, ein wesentlicher Pfeiler der heutigen Weidgerechtigkeit, ergo: der Hegeverpflichtung, und damit der modernen „bürgerlichen“ Jagd. Die Steigerung der Effizienz des Beutemachens gefährdet eindeutig die Nachhaltigkeit der Jagd – das hat Prof. Herzog in seinem Interview bereits 2021 sehr schön herausgearbeitet.

Deshalb müssen wir die Jagdtechnik immer von beiden Seiten her betrachten, vom jagenden Menschen einerseits und vom gejagten Wildtier andererseits. Für uns muss Jagd zum einen Jagd bleiben, und das Tier hat zum anderen einen Anspruch auf ein tier- und artgerechtes schmerz- und angstfreies Leben.

„Technik macht die Jagd nicht ethischer“ (Herzog). Nur die weidgerechte Technik [36] ist deshalb jagdethisch vertretbar.[37]

So einfach ist das, und doch so schwer.

Vielen Dank

*  *  *

Fußnoten:

[1] Stahmann: „Weidwerk im Wandel“

[2] Stahmann: „Am Anfang war die Jagd“

[3] https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/evolution-des-menschen-das-ende-des-faustkeils-a-1198419.html

[4] https://www.spektrum.de/news/neue-analysen-zeigen-erstaunliche-schnitztechniken-der-fruehmenschen/2212767

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Speerschleuder

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Bogen_(Waffe)

[7] Gegenüber Christen zusammen mit dem Bogen verboten im 2. Laterankonzil – https://de.wikipedia.org/wiki/Zweites_Laterankonzil

[8] Goethe, Faust, Gabriel im Prolog im Himmel.

[9] https://www.deutsches-jagdportal.de/portal/index.php/blog/item/393-nachtsichtgeraete-und-nachtzieltechnik-eine-revolutionaere-technik-wird-unsere-jagd-grundlegend-veraendern

[10] https://www.pirsch.de/jagdwissen/brauchtum/jagdethik-wenn-die-jagd-keine-jagd-mehr-ist-37807

[11] chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.hirschundco.com/wp-content/uploads/2020/02/BOKU_Jagdwirt_Fischer_2019.pdf – Abschlussarbeit Christine Fischer für „Akademische Jagdwirtin“ vom Jnuar 2019.

[12] So z. B. bei https://deutscher-jagdblog.de/jagdethik-und-weidgerechtigkeit-ein-tieferer-einblick-in-die-moderne-jagdpraxis/ – eine typische Leerformel bei der Bejahung von Nachtzieltechnik ist:“ Jäger müssen sich selbst Grenzen setzen und sicherstellen, dass ihre Jagdmethoden die Weidgerechtigkeit nicht untergraben“.

[13] https://www.dynamicpace.de/jagdtechnologie-und-jagdethik-im-21/ – hier ist sogar von „Jagdsport“ die Rede.

[14] S. dazu sehr instruktiv https://www.jagdzeit.de/podcast/37-prof-sven-herzog-technik-macht-jagd-nicht-ethischer

[15] Der Begriff „Jagd“ – eine Differenzierung. Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer und Univ. Prof. Dr. Klaus Hackländer, Präambel von Univ. Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Kampits. Jagdkultur – gestern, heute, morgen – Schriftenreihe des Landesjagdverbandes Bayern, S. 71-88.

[16] https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/fairness

[17] “Fairness bezeichnet ein ehrliches, vernünftiges und anständiges Verhalten, das von Gleichbehandlung und Unparteilichkeit gegenüber anderen und dem Befolgen von gerechten Regeln gekennzeichnet ist.” – https://fair.digital/2021/02/definition-fairness-was-ist-fairness/

[18] Detaillierte Informationen: https://www.all4shooters.com/de/jagd/passion/nachtzieltechnik-und-nachtsichttechnik-im-jagdlichen-einsatz-rechtliche-Aspekte/

[19] Der deutsche Wildtierschutz meint im Sept 2020: Nachtzieltechnik: Deutscher Jagdverband will die totale Jagd – https://www.wildtierschutz-deutschland.de/single-post/nachtzieltechnik

[20] Volker Seifert in https://www.forum-jagdkultur.de/beitraege/203-nachtsichtoptik-eine-erhellung

[21] https://www.jagdlupe.de/waermebildgeraete-und-ihre-jagdrechtliche-zulaessigkeit-853891

[22] https://www.amian-recht.de/der-jagdliche-einsatz-von-nachtsichttechnik-in-nordrhein-westfalen/

[23] Die Bundestagsdrucksache WD 5 – 3000 – 001/18, (23. Februar 2018) Überarbeitete Fassung vom 5. Juni 2018, listet auf, welche Bundesländer in welchem Umfang schon 2018 Nachtzielvorrichtungen zugelassen haben.

[24] Stand März 2024: https://ljv-brandenburg.de/unsicherheit-bei-nachtzieltechnik/

[25] https://jagdrechtsblog.com/nachtzieltechnik-die-erosion-der-weidgerechtigkeit/

[26] https://www.pirsch.de/jagdwissen/brauchtum/jagdethik-wenn-die-jagd-keine-jagd-mehr-ist-37807.Aber: https://www.jagdschein-info.com/kuenstliche-intelligenz-chancen-risiken-technik-jagd/.

[27] Im Kanton Genf sollen Frischlinge bald per Sterilisation verhindert werden.- https://www.pirsch.de/news/statt-abschuss-kuriose-plaene-zur-regulierung-von-wildschweinen-38633.

[28] Der Saufang bleibt ein jagdethisch bedenkliches und problematisches Instrument – chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.jagd-bayern.de/wp-content/uploads/2024/01/Gesamt_PDF_fuer_E-Paper_12-23-klein.pdf – „Jagd in Bayern“ Dez12/2023.

[29] Zum Verhältnis vom „Töten“ und „Tierleid“ bei der Jagd lesenswert: „Gibt es eine ethische Rechtfertigung der Jagd?“ – Jens Tuider & Ursula Wolf, in: TIERethik 5. Jahrgang 2013/2 Heft 7, S. 33-46.

[30] In Österreich ist die Verwendung von Drohnen bei der Jagd spezialgesetzlich genau geregelt – https://www.ooeljv.at/home/rund-um-die-jagd/jagd-und-waffenrecht/voraussetzung-zur-verwendung-von-drohnen-bei-der-jagd/

[31] https://www.pirsch.de/jagdwissen/jagdrecht/kitzrettung-aus-der-luft-rechtliches-zur-arbeit-mit-der-drohne-36952

[32] https://gothaer-maklerblog.de/jaeger-drohne-damwild-pirsch/

[33] Dr ÖJV Brandenburg begrüßt das sogar – Arbeitsgruppe Drohne, Konzept (Stand 27.05.2023) Version 2.0

[34] Zu weit geht m. E. active hunting – https://active-hunting.de/waidgerechtigkeit-in-bezug-zu-waermebild-und-nachtsicht-technik/ – mit dem Satz: „Die Wärmebild und Nachtsichttechnik hat die Jagd ein Stück weit revolutioniert. Sie bietet nahezu nur Vorteile und trägt wie in diesem Beitrag dargestellt in hohem Maße zur Waidgerechtigkeit bei“.

[35] Forstamtsleiter a. D. Joachim Menzel in https://www.pirsch.de/jagdwissen/ueber-altes-jaegerwissen-und-neue-technik-die-das-waidwerk-formt-38543:  Nachtsicht- und -zieltechnik akzeptiere ich bei hohem Schadensdruck und Seuchengefahr. Nur dabei wird es nicht bleiben….“

[36] https://waidgerechte-jagd.de/wieviel-technik-braucht-die-jagd/ –  Die Verantwortung gegenüber dem Wild ist durch die gewaltigen Fortschritte in der Technik für den Jäger erheblich gestiegen, da sie ihm noch mehr Überlegenheit gegenüber dem Wild verschafft. Deshalb verlangt sie von ihm mehr als jemals zuvor einen kontrollierten, einen besonnenen Einsatz im Sinne der Waidgerechtigkeit. Das Wild wird es ihm danken.

[37]https://www.ulm-news.de/weblog/ulm-news/view/dt/3/article/94000/Jagd_in_der_heutigen_Zeit%3A_Tradition_trifft_auf_moderne_Verantwortung.html