Brandenburg ändert und ergänzt mal wieder sein Landesjagdgesetz – der Berg kreißt und gebiert das übliche Mäuslein. Rheinland-Pfalz plant ein gänzlich neues und modernes Jagdgesetz – und macht das auf den ersten Blick ziemlich gut – auf den zweiten leider eben auch nicht.
Brandenburg
hat bekanntlich im vergangenen Jahr versucht, ein neues Landesjagdgesetz zu schaffen. Der erste Entwurf war unbrauchbar und in wesentlichen Teilen rechtswidrig, der zweite erweiterte Entwurf war grottenschlecht und ebenfalls rechtswidrig. Es mangelte durchweg an notwendiger Kooperation, an jagdlichem und jagdrechtlichem Sach- und an allgemein juristischem Fachverstand. Das verdiente Ende: politisch krachend gescheitert! Aber der zuständige Minister Vogel (Grüne) kanns nicht lassen – jetzt liegt ein Minientwurf vor, der wieder neben wenig Richtigem viel Unnötiges und Bedenkliches enthält.
Rheinland-Pfalz
Hier liegt seit wenigen Tagen der Entwurf eines neuen modernen Jagdgesetzes vor, dessen Ziele- jedenfalls in der Verlautbarung der Regierung – kurzgefasst sind: Bessere Unterstützung der Waldentwicklung im Klimawandel durch jagdliches Management, Stärkung von Tierschutz und Naturschutz, Bürokratieabbau, Erweiterte Gestaltungsfreiräume für Waldbesitzende und Landwirtinnen und Landwirte, Vereinfachte Wildschadensabwicklung. Der Entwurf nahm seinen Ausgang in einem breit angelegten Evaluierungsverfahren, bei dem den Verbänden und Behörden die Möglichkeit eröffnet worden war, ihre Überlegungen zu einer Anpassung des Landesjagdgesetzes vorzutragen und dauerhaft einzubringen. „Das Evaluierungsverfahren war sehr umfassend und zeitintensiv, unterstreicht damit aber zugleich die Absicht meines Hauses, fachliche Kenntnisse, Erfahrungen und Bewertungen der beteiligten Gruppen in den Normfindungsprozess mit einfließen zu lassen“, so Umwelt- und Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grün).
Brandenburg – auf ein Neues!
Mit Stand vom 29. Juni 2023 legt Minister Vogel ein Gesetz zur Anpassung jagdrechtlicher Vorschriften vor mit dem Inhalt:
- Artikel 1 Änderung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdG)
- Artikel 2 Änderung des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG) sowie der
- Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdDV).
Auf 20 Seiten wird wenig geboten.
Etliches ist nicht besonders dringlich, nicht besonders gut formuliert, aber schadet auch nichts.
Einiges ist ganz brauchbar, wie der zu wiederholende Schießnachweis für Jäger in:
§ 37 b
Schießnachweis
(1) Alle Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhaber haben die Pflicht, mindestens einmal im Jahr auf einem Schießstand zu üben.
Wie das abläuft, regelt die Änderung der DVO.
Einiges ist unnötig, wie der neue § 5a, der die Befriedung von Grundstücken aus ethischen Gründen regelt, wofür das BJagdG hinreicht. Die Ergänzung der Nachsuchenregelung in § 34 ist holperig, die Zulassung überjagender Hunde im neuen § 37a einigermaßen praxisfremd. Nicht herangetraut hat sich der Entwurf an die Überführung des Wolfs ins Jagdrecht – intellektuell überfordert, wahrscheinlich. Das Verbot von Totschlagfallen in § 3 DVO zu § 26 LJagdG soll die Freilassung von Fehlfängen sicherstellen, ist aber u. E. tierschutzrechtlich bedenklich. Das gilt wohl auch für Jagdzeitverlängerungen in § 5 DVO – aber dazu können sich ja die Tierschützer noch äußern.
Die „Knackpunkte“ der Novelle.
Das gescheiterte Landesjagdgesetz wollte erkennbar die Interessen einer kleinen Lobby von privaten Waldbesitzern an der eigenen Bejagung auch kleiner Privatwaldflächen durchsetzen. Das sollte bis zur Jagd auf 1 ha gehen und das moderne Recht auf die Zeit der bürgerlichen Revolution von 1848 zurückdrehen – ein sinnloses Unterfangen, aber offensichtlich ein Hobby des ÖJV (oder seines Vorsitzenden?).
Das ist zu Recht gescheitert!
Aber dem Herrn Minister liegen offensichtlich die kleinen Waldbesitzer weiter am Herzen.
In RhPf wird das so geregelt werden:
§ 18
Anspruch der Grundeigentümer auf Beteiligung an der Jagdausübung im Rahmen der Jagdpacht
Im Falle verpachteter Jagdbezirke können die Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundflächen von den Pachtenden die Erteilung von unentgeltlichen Jagderlaubnissen für sich oder einen von ihnen benannten Dritten für die Gesamtheit oder einen Teil ihrer dem Jagdbezirk zugehörigen Grundstücke verlangen (Jagderlaubnisflächen).
Das wird weiter spezifiziert.
Anmerkung jedoch:
Dieser „Eigentümer-Begehungsschein“ ist, in einem ansonsten in weiten Teilen (nicht durchgängig) gut gemachten Gesetzesentwurf der auffälligste Schandfleck, und zwar ein großer und nicht zu tolerierender Irrweg. Genau das versetzt das Jagdrecht um 170 Jahre zurück und ist, mit Verlaub, Unsinn!
Brandenburg sieht jetzt Folgendes vor:
§ 7 Eigenjagdbezirke
Die Mindestgröße wird in Abs. 1 von bislang 150 ha auf 75 ha gesenkt. Kann man machen.
Abs. 4 soll lauten (Fettdruck von uns):
Verfügen die Mitgliedsflächen einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft nach § 18 Bundeswaldgesetz über die Voraussetzung nach Absatz 1, so kann sie auf Antrag einen Eigenjagdbezirk bilden. Sind diese Flächen zur Antragstellung nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verpachtet worden, so kann die Bildung eines Eigenjagdbezirkes erst nach Ablauf des Pachtvertrages erfolgen. Sind diese Flächen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verpachtet worden, so kann die Bildung des Eigenjagdbezirkes erst nach Ablauf von neun beziehungsweise zwölf Jahren (§ 13 Absatz 2) ab Pachtbeginn erfolgen.
Für die Vertretung in der Jagdgenossenschaft wird es einen § 10 (11) geben:
Sind Jagdgenossen gleichzeitig auch Mitglied in einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft gemäß § 18 Bundeswaldgesetz so können sie sich auch durch einen Vertreter oder eine Vertreterin der Forstbetriebsgemeinschaft vertreten lassen. Der oder die Vertreter/in kann alle Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft vertreten, die auch Mitglied der Jagdgenossenschaft sind.
§ 13 Verpachtung
wird ergänzt wie folgt:
(2) Eine vorzeitige Verlängerung der Pachtzeit ist nicht möglich, wenn ein Jagdgenosse oder eine Jagdgenossin dem nicht zustimmt.
Sowie durch
§ 45
Wildschäden in Forstkulturen, Flurholzpflanzungen und Obstplantagen
(1) Forstkulturen bedürfen keiner Schutzvorrichtung bei einer flächigen, mindestens einen Hektar großen künstlichen Verjüngung oder bei natürlicher Verjüngung, wenn in ihnen überwiegend Hauptholzarten enthalten sind. Hauptholzarten sind Gemeine Kiefer, Rotbuche, Stieleiche, Traubeneiche, Gemeine Birke und Eberesche.
Rechtliche Bedenken!
Der Herr Minister gestattet den privaten Waldeigentümern dann einen eigenen Eigenjagdbezirk, wenn sie mit ihren kleineren Flächen zusammen eine Forstbetriebsgemeinschaft von mindestens 75 ha bilden. Sind die oder einige dieser kleinen Flächen bereits jagdlich verpachtet, dann können die Waldbesitzer ihren Bezirk nach 9 bzw. 12 Jahren seit Pachtbeginn gründen, unabhängig davon, ob der Pachtvertrag eine längere Laufzeit vorsieht.
Das halten wir für rechtswidrig, weil es in geschlossene privatrechtliche Verträge mit längerer Laufzeit eingreift – die aber gelten nach BGB und können vom Landesjagdgesetzgeber nicht ausgehebelt werden. Dass bestimmte Forstkulturen keiner Schutzvorrichtung bedürfen könnte die Mitverschuldensregel des § 254 BGB aushebeln, was wir für rechtlich bedenklich halten. Das gilt übrigens auch für die unklare weil widersprüchliche Vertretungsregel in § 10 Abs. 11.
Das Verlängerungsverbot der Jagdpacht während ihres Laufes in § 13 halten wir für rechtlich höchst bedenklich, ja eher für rechtswidrig. Denn in allen Fällen, in denen der Jagdpachtvertrag eine einseitige Verlängerungsoption des Jagdpächters vorsieht (die wohl auch nach dem geplanten neuen Recht wirksam wäre!), greift das in bestehende Verträge ein und beschneidet Rechte nach BGB, was unzulässig ist. Vereinbart ein Jagdvorstand eine Pachtverlängerung, dann ist die nach BGB nach außen wirksam, selbst wenn sie im Innenverhältnis zur JG unzulässig wäre. Und wenn die JG eine vorzeitige Verlängerung mit der satzungsgemäßen doppelten Mehrheit beschließt, dann wäre das Veto eines Jagdgenossen/einer Jagdgenossin dann, wenn die Bestimmung des neuen LJagdG wirksam wäre, ein Eingriff in die Satzung der JG, der nach Vereinsrecht des BGB und öffentlichem Recht der Körperschaften rechtswidrig wäre.
Mit anderen Worten:
so kann das Verlängerungsverbot der rechtlichen Überprüfung nicht standhalten! Erkennbar hat das also wieder mal kein Jurist geprüft, und der Herr Minister Vogel versucht zum wiederholten Mal, Rechtswidriges durchzusetzen.
Dass in Deutschland nach Art. 20 Abs. 3 GG die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist, hat sich erkennbar bis zu diesem Ministerium immer noch nicht rumgesprochen.
Fazit:
Vielleicht gut gemeint, aber wieder mal schlecht gemacht.
Scheint bei Bündnis 90/die Grünen zur Norm zu werden – siehe GebäudeEG!
ergebenst Ihr
Dr. Wolfgang Lipps
Nachtrag 15. Juli 2023
Prof. Herzog hat den Entwurf der Jagdgesetznovelle kritisch, und damit eigentlich ziemlich vernichtend, besprochen:
4 Beiträge
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Pfannenstiel,
Ihren Kommentar gerade zum Landesjagdverband Brandenburg kann ich voll und ganz zustimmen. Es ist doch schon mehr als fragwürdig, dass der Landesbauernverband die Beratung im Landesjagdbeirat hat platzen ließ und der LJV sich nicht geäßert hat.
Diese Politik des LJV läßt doch einiges an fachlicher Kompetenz und sachlichkeit im Umgang mit den Papier zum Jagdgestz versmissen.
Ich habe die Reißleine gezogen und bin aus dem LJV ausgetreten. Mein Anstand verbietet es mir dass ich mich zu der Arbeitsweise der Obersten Jagdbehörde äußere. Seit Jahren hat sich hier ein Trend etabliert der sch langsam unter die Gürtellinie geht. Nach über 20 Jahren als Mitarbeiter bei einer Unteren Jagdbehörde ist diese Arbeitsweise der OJB für die nachhaltige Jagd in Brandenburg tödlich.
Eckhard Bucke
51 Jahresjagdscheine
Den nachfolgenden Leserbrief von Prof. Dr. Pfannenstiel an die MAZ möchte ich unseren Besuchern nicht vorenthalten:
Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel 11.07.2023
Lindenallee 27 A, 14532 Stahnsdorf
h.d.pfannenstiel@t-online.de
Leserbrief zu dem Artikel „Kapitulation“ vor der Jäger-Lobby“, MAZ vom 11.07.2023
Im letzten Landesjagdbericht, im Oktober 2021 herausgegeben von der Obersten Forst- und Jagdbehörde in Potsdam, liest man (S. 27): „Gleichzeitig ist der Verbissdruck in der Verwaltungsjagd seit Jahren im Sinken begriffen, sodass nunmehr die Waldverjüngung grundsätzlich ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen kann.“
Im Abschlussbericht zur Evaluierung des Waldumbaus in Brandenburg vom Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde vom Mai 2021 ist auf S. 75 zu lesen: „Über 90 % der Verjüngungen auf den untersuchten Waldumbauflächen weisen keine oder geringe Verbissschäden auf.“
Brauchen wir da überhaupt ein neues Jagdgesetz?
BUND, ökol. Jagdverein und Co. sowie Minister Vogel ignorieren diese Tatsachen und wollen erreichen, dass jeder Waldeigentümer auf seinem Besitz nahezu unabhängig von dessen Größe jagen kann, angeblich um ein gesundes Waldökosystem zu schaffen. Alleine aus Sicht der Sicherheit bei der Jagd ist es eine Horrorvorstellung, wenn Scharen von sog. Waldbesitzerbegehungsscheinen (WBS) auf Kleinstflächen unabhängig voneinander mit Gewehren jagen, deren Kugeln kilometerweit fliegen. Hirsch, Reh und Co. sollen auf dem ideologischen Altar der Wald-vor-Wild-Lobby geopfert werden.
Offenbar geht es eher um Ökonomie als Ökologie.
Beim Feldhasen geht es in Richtung Rote Liste, was aber den Naturschutzbund Brandenburg nicht daran hindert, für Hasenschäden eine Ersatzpflicht zu fordern, sprich: Jeder Hase im Wald soll auch noch totgeschossen werden.
Für die Jägerschaft Brandenburgs, die sich der Weidgerechtigkeit verschrieben hat, muss sich die Zustimmung des Präsidenten ihres Jagdverbandes zu diesem Gesetzentwurf wie eine Ohrfeige anfühlen.
Sehr geehrter Professor Pfannenstiel,
danke für diese präzisen Hinweise. Daraufhin werde ich mir den Jagdgesetzentwurf RP mal genauer ansehen und analysieren.
Gruß und Weidmannsheil
Dr. Lipps
Sehr geehrter Herr Lipps,
Ihrer positiven Kritik am JG-Entwurf RP kann ich nicht zustimmen. Der dortige Jagdverband auch nicht, weswegen er seine Mitglieder zu einem leider unsinnigen „Streik“ hinsichtlich der Beseitigung von Wildunfall-Kadavern auffordert. Der Zwangsbegehungsschein, den Herr Vogel in seinem neuen Entwurf gestrichen hat, soll in RP kommen. Das ist, wie die 75 ha Pseudoeigenjagden in BB, der Anfang vom Ende unseres Reviersystems. Nachdem Wellershoff trotz großen Ehrgeizes in Richtung Präsidentenamt beim DJV sogar als Vize und als Schatzmeister abgehalftert wurde, scheint er sich nun mit dem faulen Kompromiss zum JG vor seinen Mitgliedern profilieren zu wollen. Die lassen wie eine führungslose Schafherde alles über sich ergehen. Wenn ich nicht vor vier Jahren schon aus diesem Verband ausgetreten wäre, würde ich es jetzt schleunigst tun.
Wer stoppt nur die Grünen, die unser Land schon schrecklich verunstaltet haben und auf diesem Weg eifrig weitermachen? Man erinnert sich an die Schlachtrufe früherer Grüner: „Nie wieder Deutschland.“ Das ziehen die jetzt durch.
Mit freundlichem Gruß
Hans-Dieter Pfannenstiel
Univ.-Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel, Diplom-Biologe
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