Wolfsjagd in Brandenburg – eine „halbe Sache“

Wolf und Mensch am Frühstückstisch – immer noch nicht“.

Der Wolf ist zurück in Deutschland. Er ist schön und gefährlich, eine Bereicherung und ein wachsendes Problem. Er tötet Weidetiere und Hunde und er ängstigt Menschen – kurzum er spaltet unsere Gesellschaft! Tierfreunde lieben ihn, Jäger müssen mit ihm auskommen, Stadtbewohner finden ihn interessant, aber Bauern und Schäfer leiden unter ihm und wünschen ihn zum Teufel“.

So leiten wir unser Buch über den Wolf ein und zeigen, dass eigentlich eine weitgehende Einigkeit darüber besteht, dass unser Umgang mit dem Wolf jetzt endlich einmal eindeutig geregelt werden muss – das heißt:

der Wolf muss ins Jagdrecht, und er muss vernünftig und wirkungsvoll bewirtschaftet werden.

Bewirtschaftet“ heißt im modernen Jagdrecht immer: Gejagt und geschützt, reguliert und gehegt – zu unserem, aber auch zu seinem Nutzen! Das allein ist modernes Jagdrecht (zugleich modernes „Tierrecht“), gegründet auf die Prinzipien Tierschutz, Biodiversität und Nachhaltigkeit!

Brandenburg – wohl gut gemeint…

In einigen Bundesländern steht der Wolf inzwischen als „jagdbare Tierart“, also als „Wild“, im Landesjagdgesetz. Aber er ist ganzjährig geschont, und nur sogenannte „Problemwölfe“ dürfen nach mehr oder minder verwinkelten Verwaltungsvorgängen irgendwann einmal erlegt, d. h. „aus der Wildbahn genommen“ werden.

Richtig befriedigend ist das nicht.

Deshalb hat der Landesjagdverband in Brandenburg vorgeschlagen, den Wolf in vernünftigem Umfang zu bejagen: im Rahmen von sinnvollen Obergrenzen, mit gut begründeten regional erarbeiteten tolerierbaren Populationsdichten, unter Beachtung von wildbiologischen Entnahmekriterien, aber dann auch bei Drückjagden. Wir, das Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz, halten darüber hinaus eine weitergehende Qualifizierung der jeweils für die Wolfsjagd zuzulassenden Jagdausübungsberechtigten ebenso wie ihren Schutz im Landesrecht für geboten.

Tatsächlich hatten wir auch mal einen Staatssekretär, der so ungefähr auf dieser Linie gedacht und argumentiert hat.

… aber demnächst wird es erst einmal schlecht gemacht!

Da haben wir Jäger in Brandenburg uns nun leider wieder zu früh gefreut. Den fachlich kompetenten, aber möglicherweise zu meinungsstarken Staatssekretär hat die Frau Ministerin ausgetauscht gegen einen wahrscheinlich verdienten aber – um es mal nett auszudrücken –  jagdlich und jagdrechtlich gänzlich unbeschriebenen Tierarzt.

Nun hat der Umweltausschuss Brandenburgs am Mittwoch (5. November) beschlossen, „den Wolf als jagdbares Wild ins Jagdgesetz des Bundeslandes aufzunehmen. Das berichtet unter anderem die „BZ“. „Wir legen großen Wert darauf, dass nur Wölfe geschossen werden dürfen, die Schaden anrichten“, sagte SPD-Umweltpolitiker Wolfgang Roick laut der Meldung. Festen Abschuss-Quoten erteilte die SPD-BSW-Mehrheit jedoch ganz klar eine Absage.

Die Potsdamer Springprozession.

Wie bei der sprichwörtlichen „Echternacher Springprozession“ machen wir wieder mal zwei – kleine – Schritte vor und einen – großen – Schritt zurück; tatsächlich hopsen die Echternacher abwechselnd nach links und nach rechts. Wie dabei auch kommt man auf diese Weise nicht richtig voran, wenn überhaupt.

Warum man es nicht gleich und von Anfang an richtig macht, erschließt sich uns nicht.

Wahrscheinlich deshalb, weil die politische Klasse sich heutzutage überhaupt nichts mehr traut, „von der Parteien Hass und Gunst verwirrt“. Mangelnde Kompetenz wird inzwischen zur Norm – in einem Land, in dem der Verteidigungsminister nicht mal in der Lage ist, der Truppe funktionierende Funkgeräte zu verschaffen, von Drohnen oder Drohnenabwehr oder genügend passender Munition ganz zu schweigen.

Bei der Verteidigung hakt es, der Umweltschutz wird herabgestuft, der Strompreis bleibt hoch, immer noch wird russisches Gas gekauft, die Wirtschaft stagniert, die Digitalisierung kommt nicht voran, Mikrochips und Autobatterien können wir immer noch nicht produzieren, eine Steuerreform ist nur ein Traum von Experten – und sogar das bisschen Wolfsmanagement wird verbaselt!

Herbst der Reformen?

So wird das nix!

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Neues Landesjagdrecht Brandenburg und Rheinland-Pfalz – leider können´s beide nicht!

Brandenburg ändert und ergänzt mal wieder sein Landesjagdgesetz – der Berg kreißt und gebiert das übliche Mäuslein. Rheinland-Pfalz plant ein gänzlich neues und modernes Jagdgesetz – und macht das auf den ersten Blick ziemlich gut – auf den zweiten leider eben auch nicht.

Brandenburg

hat bekanntlich im vergangenen Jahr versucht, ein neues Landesjagdgesetz zu schaffen. Der erste Entwurf war unbrauchbar und in wesentlichen Teilen rechtswidrig, der zweite erweiterte Entwurf war grottenschlecht und ebenfalls rechtswidrig. Es mangelte durchweg an notwendiger Kooperation, an jagdlichem und jagdrechtlichem Sach- und an allgemein juristischem Fachverstand. Das verdiente Ende: politisch krachend gescheitert! Aber der zuständige Minister Vogel (Grüne) kanns nicht lassen – jetzt liegt ein Minientwurf vor, der wieder neben wenig Richtigem viel Unnötiges und Bedenkliches enthält.

Rheinland-Pfalz

Hier liegt seit wenigen Tagen der Entwurf eines neuen modernen Jagdgesetzes vor, dessen Ziele- jedenfalls in der Verlautbarung der Regierung –  kurzgefasst sind: Bessere Unterstützung der Waldentwicklung im Klimawandel durch jagdliches Management, Stärkung von Tierschutz und Naturschutz, Bürokratieabbau, Erweiterte Gestaltungsfreiräume für Waldbesitzende und Landwirtinnen und Landwirte, Vereinfachte Wildschadensabwicklung. Der Entwurf nahm seinen Ausgang in einem breit angelegten Evaluierungsverfahren, bei dem den Verbänden und Behörden die Möglichkeit eröffnet worden war, ihre Überlegungen zu einer Anpassung des Landesjagdgesetzes vorzutragen und dauerhaft einzubringen. „Das Evaluierungsverfahren war sehr umfassend und zeitintensiv, unterstreicht damit aber zugleich die Absicht meines Hauses, fachliche Kenntnisse, Erfahrungen und Bewertungen der beteiligten Gruppen in den Normfindungsprozess mit einfließen zu lassen“, so Umwelt- und Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grün).

Brandenburg – auf ein Neues!

Mit Stand vom 29. Juni 2023 legt Minister Vogel ein Gesetz zur Anpassung jagdrechtlicher Vorschriften vor mit dem Inhalt:

  • Artikel 1 Änderung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdG)
  • Artikel 2 Änderung des Waldgesetzes des Landes Brandenburg (LWaldG) sowie der
  • Änderung der Verordnung zur Durchführung des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg (BbgJagdDV).

Auf 20 Seiten wird wenig geboten.

Etliches ist nicht besonders dringlich, nicht besonders gut formuliert, aber schadet auch nichts.

Einiges ist ganz brauchbar, wie der zu wiederholende Schießnachweis für Jäger in:

§ 37 b

Schießnachweis

(1) Alle Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhaber haben die Pflicht, mindestens einmal im Jahr auf einem Schießstand zu üben.

Wie das abläuft, regelt die Änderung der DVO.

Einiges ist unnötig, wie der neue § 5a, der die Befriedung von Grundstücken aus ethischen Gründen regelt, wofür das BJagdG hinreicht. Die Ergänzung der Nachsuchenregelung in § 34 ist holperig, die Zulassung überjagender Hunde im neuen § 37a einigermaßen praxisfremd. Nicht herangetraut hat sich der Entwurf an die Überführung des Wolfs ins Jagdrecht – intellektuell überfordert, wahrscheinlich. Das Verbot von Totschlagfallen in § 3 DVO zu § 26 LJagdG soll die Freilassung von Fehlfängen sicherstellen, ist aber u. E. tierschutzrechtlich bedenklich. Das gilt wohl auch für Jagdzeitverlängerungen in § 5 DVO – aber dazu können sich ja die Tierschützer noch äußern.

Die „Knackpunkte“ der Novelle.

Das gescheiterte Landesjagdgesetz wollte erkennbar die Interessen einer kleinen Lobby von privaten Waldbesitzern an der eigenen Bejagung auch kleiner Privatwaldflächen durchsetzen. Das sollte bis zur Jagd auf 1 ha gehen und das moderne Recht auf die Zeit der bürgerlichen Revolution von 1848 zurückdrehen – ein sinnloses Unterfangen, aber offensichtlich ein Hobby des ÖJV (oder seines Vorsitzenden?).

Das ist zu Recht gescheitert!

Aber dem Herrn Minister liegen offensichtlich die kleinen Waldbesitzer weiter am Herzen.

In RhPf wird das so geregelt werden:

§ 18

Anspruch der Grundeigentümer auf Beteiligung an der Jagdausübung im Rahmen der Jagdpacht

Im Falle verpachteter Jagdbezirke können die Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundflächen von den Pachtenden die Erteilung von unentgeltlichen Jagderlaubnissen für sich oder einen von ihnen benannten Dritten für die Gesamtheit oder einen Teil ihrer dem Jagdbezirk zugehörigen Grundstücke verlangen (Jagderlaubnisflächen).

Das wird weiter spezifiziert.

Anmerkung jedoch:

Dieser „Eigentümer-Begehungsschein“ ist, in einem ansonsten in weiten Teilen (nicht durchgängig) gut gemachten Gesetzesentwurf der auffälligste Schandfleck, und zwar ein großer und nicht zu tolerierender Irrweg. Genau das versetzt das Jagdrecht um 170 Jahre zurück und ist, mit Verlaub, Unsinn!

 

Brandenburg sieht jetzt Folgendes vor:

§ 7 Eigenjagdbezirke

Die Mindestgröße wird in Abs. 1 von bislang 150 ha auf 75 ha gesenkt. Kann man machen.

Abs. 4 soll lauten (Fettdruck von uns):

Verfügen die Mitgliedsflächen einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft nach § 18 Bundeswaldgesetz über die Voraussetzung nach Absatz 1, so kann sie auf Antrag einen Eigenjagdbezirk bilden. Sind diese Flächen zur Antragstellung nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verpachtet worden, so kann die Bildung eines Eigenjagdbezirkes erst nach Ablauf des Pachtvertrages erfolgen. Sind diese Flächen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verpachtet worden, so kann die Bildung des Eigenjagdbezirkes erst nach Ablauf von neun beziehungsweise zwölf Jahren (§ 13 Absatz 2) ab Pachtbeginn erfolgen.

Für die Vertretung in der Jagdgenossenschaft wird es einen § 10 (11) geben:

Sind Jagdgenossen gleichzeitig auch Mitglied in einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft gemäß § 18 Bundeswaldgesetz so können sie sich auch durch einen Vertreter oder eine Vertreterin der Forstbetriebsgemeinschaft vertreten lassen. Der oder die Vertreter/in kann alle Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft vertreten, die auch Mitglied der Jagdgenossenschaft sind.

§ 13 Verpachtung

wird ergänzt wie folgt:

(2) Eine vorzeitige Verlängerung der Pachtzeit ist nicht möglich, wenn ein Jagdgenosse oder eine Jagdgenossin dem nicht zustimmt.

Sowie durch

§ 45

Wildschäden in Forstkulturen, Flurholzpflanzungen und Obstplantagen

(1) Forstkulturen bedürfen keiner Schutzvorrichtung bei einer flächigen, mindestens einen Hektar großen künstlichen Verjüngung oder bei natürlicher Verjüngung, wenn in ihnen überwiegend Hauptholzarten enthalten sind. Hauptholzarten sind Gemeine Kiefer, Rotbuche, Stieleiche, Traubeneiche, Gemeine Birke und Eberesche.

Rechtliche Bedenken!

Der Herr Minister gestattet den privaten Waldeigentümern dann einen eigenen Eigenjagdbezirk, wenn sie mit ihren kleineren Flächen zusammen eine Forstbetriebsgemeinschaft von mindestens 75 ha bilden. Sind die oder einige dieser kleinen Flächen bereits jagdlich verpachtet, dann können die Waldbesitzer ihren Bezirk nach 9 bzw. 12 Jahren seit Pachtbeginn gründen, unabhängig davon, ob der Pachtvertrag eine längere Laufzeit vorsieht.

Das halten wir für rechtswidrig, weil es in geschlossene privatrechtliche Verträge mit längerer Laufzeit eingreift – die aber gelten nach BGB und können vom Landesjagdgesetzgeber nicht ausgehebelt werden. Dass bestimmte Forstkulturen keiner Schutzvorrichtung bedürfen könnte die Mitverschuldensregel des § 254 BGB aushebeln, was wir für rechtlich bedenklich halten. Das gilt übrigens auch für die unklare weil widersprüchliche Vertretungsregel in § 10 Abs. 11.

Das Verlängerungsverbot der Jagdpacht während ihres Laufes in § 13 halten wir für rechtlich höchst bedenklich, ja eher für rechtswidrig. Denn in allen Fällen, in denen der Jagdpachtvertrag eine einseitige Verlängerungsoption des Jagdpächters vorsieht (die wohl auch nach dem geplanten neuen Recht wirksam wäre!), greift das in bestehende Verträge ein und beschneidet Rechte nach BGB, was unzulässig ist. Vereinbart ein Jagdvorstand eine Pachtverlängerung, dann ist die nach BGB nach außen wirksam, selbst wenn sie im Innenverhältnis zur JG unzulässig wäre. Und wenn die JG eine vorzeitige Verlängerung mit der satzungsgemäßen doppelten Mehrheit beschließt, dann wäre das Veto eines Jagdgenossen/einer Jagdgenossin dann, wenn die Bestimmung des neuen LJagdG wirksam wäre, ein Eingriff in die Satzung der JG, der nach Vereinsrecht des BGB und öffentlichem Recht der Körperschaften rechtswidrig wäre.

Mit anderen Worten:

so kann das Verlängerungsverbot der rechtlichen Überprüfung nicht standhalten! Erkennbar hat das also wieder mal kein Jurist geprüft, und der Herr Minister Vogel versucht zum wiederholten Mal, Rechtswidriges durchzusetzen.

Dass in Deutschland nach Art. 20 Abs. 3 GG die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist, hat sich erkennbar bis zu diesem Ministerium immer noch nicht rumgesprochen.

Fazit:

Vielleicht gut gemeint, aber wieder mal schlecht gemacht.

Scheint bei Bündnis 90/die Grünen zur Norm zu werden – siehe GebäudeEG!

ergebenst Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Nachtrag 15. Juli 2023

Prof. Herzog hat den Entwurf der Jagdgesetznovelle kritisch, und damit eigentlich ziemlich vernichtend, besprochen:

www.youtube.com/watch?v=rBMPTM2IXwo

Neuer EU-Wolfsberater: Jörg Vogelsänger

Die Generaldirektion Env der EU-Kommission, zuständig für Umwelt und Naturschutz der EU, hat den Minister für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg,

Herrn Jörg Vogelsänger,

zum offiziellen EU-Wolfsberater ernannt.

Dieses Ehrenamt verdankt er seinem unermüdlichen publizistischen und vor allem politischen Wirken für die Förderung wachsender Wolfspopulationen – sein Land Brandenburg nimmt hier eine hervorragende Stellung ein.

Die EU-Kommission hat überzeugt – so die offizielle Begründung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft – dass der Ernannte mit einer lustigen Wolfsverordnung in listiger Weise bei Wolfsgegnern den Eindruck erwecken konnte, er wolle die Wolfspopulation regulieren, während seine Verordnung tatsächlich dafür höchst unbrauchbar ist (s. dazu www.jagdrechtsblog.de vom 26.12.17: „Wolfsverordnung Brandenburg – der Unsinn geht weiter.“).

Damit beruhigt er nämlich die lautesten Gegner des Wolfs wie den Bauernverband und die Skeptiker wie die Jägerschaft, leistet aber mehr oder minder heimlich der weiteren Verbreitung des Wolfs Vorschub.

Kurzum: ein Mann nach dem Herzen von NABU, Bund und Co – und jetzt eben auch der EU-Kommission.

JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz gratuliert!

Ihr Dr. Wolfgang Lipps