Hannes Jaenicke und der Löwe Cecil

Cecil und PalmerAm 20. August 2014 haben wir in unserem Blogbeitrag „Tierrechte – Totschlagargument gegen die Jagd?“ schon einmal Gelegenheit gehabt, uns mit den Argumenten des Schauspielers und bekennenden Tierschützers Hannes Jaenicke gegen die Jagd zu befassen. Er diskutierte mit dem bekannten Autor und Jäger Eckard Fuhr und wir stellten fest, die Diskussion sei: „davon bestimmt, dass Hannes Jaenicke gegen die Jagd polemisierte und dabei … Jagd und Wilderei munter (und erkennbar in populistischer Absicht) durcheinanderwarf, um mit hohen Zahlen von Wilderern getöteter Tier zu belegen, dass die Jagd (trotz demgegenüber verschwindend geringen Zahlen) zur Ausrottung von Tierarten führe“.

Damit und mit anderem mehr hatte er sich erst einmal als ernsthafter Gesprächspartner disqualifiziert; die Mehrheit der Zuschauer dieser Fernsehdiskussion hatte er jedoch bedauerlicher Weise auf seiner Seite.

Nun kann sich natürlich in unserem freiheitlich demokratisch verfassten Gemeinwesen jeder zum Horst machen, der das möchte – das Grundgesetz nennt das Meinungsfreiheit. Und Hannes möchte eben.

Da bot ihm der arme Löwe Cecil gleich mal wieder eine gute Gelegenheit, bar jeder Faktenkenntnis auf der Welle des ebenso kenntnislosen shitstorms im Internet publizistisch mitzusurfen und sich wiederholt zum Wohlgefallen seiner Fans als Tierschützer zu outen. Bevor die Fakten dieser Jagd überhaupt bekannt sind, verkündete er in der Morgenpost, zitiert von zahlreichen anderen Zeitungen, und schön vor allerlei Werbung ins Bild gesetzt:

Jaenicke„Diese Jagd gehört grundsätzlich komplett verboten in Afrika“, sagte der engagierte Tierschützer der „Berliner Zeitung“. Aber es sei Praxis, dass reiche Leute sehr viel Geld dafür auf den Tisch legen. Regierungen würden geschmiert…“. Der US-amerikanische Jäger, der Cecil im Hwange-Nationalpark in Simbabwe erschoss, gehöre ins Gefängnis, sagte Jaenicke. Jeder Großwildjäger, darunter Spaniens Ex-König Juan Carlos, habe solch einen Shitstorm verdient.

Was aber sagen die bisher bekannten Fakten?

  1. Der allseits bekannte und beliebte (und besenderte!) Löwe Cecil wurde ausserhalb des Hwange-Nationalparks in Simbabwe erlegt, angeblich mit Pfeil und Bogen vom Zahnarzt aus den USA beschossen und nach längerer Nachsuche erlegt.
  2. Es wird, noch nicht belegt, vermutet, der Löwe sei mit einem Köder aus dem Nationalpark herausgelockt worden, um ihn zu erlegen.
  3. Gegen den Berufsjäger, der den Erleger führte, wird deshalb ermittelt. Das Gleiche geschieht offensichtlich in den USA gegen den Erleger, und auch Simbabwe ermittelt gegen den. Das alles ist auch völlig richtig!
  4. Der Erleger hat sich im Internet gemeldet und behauptet, ihm sei versichert worden, die Erlegung sei legal und von seiner ordentlichen Jagderlaubnis gedeckt. Das ist bislang nicht widerlegt – deshalb wird ja ermittelt. Er hat sich zudem für diese Erlegung entschuldigt, was ihm schwere Anfeindungen aber bislang nicht erspart hat.
  5. Beide, Erleger und Jagdführer, erklärten, sie hätten das Senderhalsband wegen der dichten Mähne nicht gesehen. Tatsache ist, dass man es auf nahezu allen Bildern, die von diesem Löwen im Netz kursieren, nicht sehen kann.

Was bedeutet das für jeden vernünftigen Menschen?

Die Justiz beider Länder ist zunächst einmal am Zuge. Wenn der Löwe selbst den Nationalpark verlassen hatte und deshalb auf einer angrenzenden Farm (gegen deren Besitzer auch ermittelt wird) bejagt wurde, könnte das vollends legal gewesen sein. Wenn der Löwe aus dem Park gelockt wurde, ist das wahrscheinlich ein Vergehen, dessen Kenntnis man dann jedenfalls dem Erleger nachweisen muss. Dann gehört er bestraft. Das gilt auch, wenn man den Sender sehen musste.

Solange man das alles nicht weiß, ist es unglaublich, die Praxis des Erlegers zu belagern, den zu bedrohen, ihn mit einem shitstorm zu überziehen und auch noch weltweit zum „Mörder“ zu stempeln und menschlich und wirtschaftlich zu vernichten.

Einzig die spanische Zeitung „El Pais“ argumentiert vernünftig: „Die Tötung des Löwen Cecil, eines geschützten Tieres, brachte die Forderung nach einem Eingreifen der Justiz auf. In den sozialen Netzen weitete die Empörung sich zu einer virtuellen Explosion von Rachegelüsten aus. Der Tierschutz ist ohne Frage ein berechtigtes Anliegen. Der Tod von Cecil kann dazu beitragen, die Gesetzgebung in den betroffenen Ländern zu revidieren.  Die Flut der Beschimpfungen, die sich im Internet gegen den amerikanischen Zahnarzt Walter Palmer richten, hat jedoch etwas von Lynchjustiz. Die neuen Technologien sind gefährlich, wenn sie solche Trends ermöglichen. Auch im Fall von schweren Vergehen sind solche Reaktionen niemals der richtige Weg.“

Richtig ist sicherlich – wenn es stimmt – dass die Regierung Simbabwes sofort um den Nationalpark herum eine jagdfreie Zone eingerichtet hat, um das Herausködern von Wildtieren, das offensichtlich vorkommt, zu verhindern. Richtig wäre es unseres Erachtens auch, die Bogenjagd auf so schweres Wild zu verbieten. Auch kann man durchaus die Ausfuhr von Trophäen erschweren und anderes mehr.

Tierschutz ist gut und richtig und lobenswert.

Was Hannes aber nicht kapiert, oder nicht kapieren will (weil es unpopulär wäre), ist unter anderem dies: die hoch bezahlte Trophäenjagd, vernünftig und hegerisch gut geregelt, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der betreffenden Länder und kann durchaus der Wildhege dienen; deshalb ist das Geschimpfe auf die „reichen Trophäenjäger“ jedenfalls töricht. Und besonders blöd ist es, eine Gefängnisstrafe für jemanden zu fordern, der bis dahin nicht die geringste Chance hatte, in einem Rechtsverfahren gehört zu werden.

Aber das scheint Hannes Jaenicke nicht anzufechten. Er fühlt mit der Masse der Vollpfosten, die sich weltweit im Internet outen, meist unter dämlichen Pseudonymen.

Si tacuisses … , Hannes.

Dr. Wolfgang LippsCecil Karikatur

Meldung vom Oktober – Hannes Jaenicke zum Nachlesen und – vielleicht – mal Nachdenken:

Minnesota dentist who killed Cecil the Lion broke no rules, Zimbabwe says

The Minnesota dentist who killed Cecil the Lion with a bow and arrow while hunting near an animal preserve broke no laws and will not face any charges in Zimbabwe,…

FOXNEWS.COM

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Synchrondoublette auf Kahlwild – die völlig unnötige Diskussion !

Rottier und KalbJeder weidgerechte Jäger, der seine Waffe beherrscht, kennt die Doublette auf Kitz und Ricke oder Kalb und Tier. Nix Besonderes – ordentlich ansprechen, klare Entscheidung treffen und dann mit zwei guten Schüssen erlegen. Da das Muttertier erfahrungsgemäß immer nach wenigen Fluchten verhofft, ist das für einen guten Schützen jagdliche Routine.

Nun meint der neue Nationalpark Schwarzwald, seine „jagdliche Infrastruktur eignet sich nicht für diese Art des Doublettenschusses“. Der wird aber für gut und richtig gehalten, wobei sich die Begründung etwas, mit Verlaub, ulkig liest und sprachlich (und grammatikalisch) einigermaßen verunglückt ist – Zitat aus der Anweisung „Die Synchrondoublette auf Rotwild im Nationalpark Schwarzwald“ vom 22.07.2014:

„Bei der Erlegung eines Stückes ist immer zu beachten, wie die verbleibenden Tiere den Tot (gemein ist: den Tod) des Artgenossen erfahren. Bei Wildarten wie dem Rotwild, das positive, (das Komma ist hier fehl am Platze) wie negative Erfahrungen über Generationen tradiert, kommt diesem Aspekt eine ganz besondere Bedeutung zu. Das Entnehmen von einzelnen Individuen wie z. B. Kälbern sollte möglichst immer zusammen mit dem Muttertier erfolgen, um dieses Tradieren von schlechten Erfahrungen auf den Nachwuchs zu vermeiden („keine Zeugen hinterlassen“).“

Wir halten diese Begründung für die Doublette für höchst, sagen wir mal, diskussionswürdig und sie ist wahrscheinlich in Teilen wildbiologisch und wildpsychologisch (eine schöne Wissenschaftsdisziplin!) falsch. Aber grundsätzlich ist dann, wenn die Erlegung beider Stücke hegerisch angezeigt ist, die Erlegung beider Stücke auch sinnvoll.

Dagegen hat erkennbar auch niemand was!

Aber jetzt hat irgendein Unglückswurm im Nationalpark daraus eine höchst detailreiche und gelehrsame und damit typisch deutsche Anweisung gebastelt, mit der erreicht werden soll, dass im Nationalpark gezielter Doubletten geschossen werden können. Die steht in dem erwähnten ulkigen Papier unter folgendem Motto:

Lösungsvorschlag:

Wenn eine Doublette von einem einzelnen Schützen aufgrund der vorhandenen Gegebenheiten nicht erreicht werden kann, könnten aber

          zwei Schützen

          auf einem Hochsitz

          mit einem gleichzeitigen Schuss

den Erfolg herbeiführen.

Und dann geht’s los: Auf nahezu zwei Seiten werden erst einmal 9 „absolut zwingende“ Bedingungen definiert, die für diese konzertierte Aktion von zwei Schützen gegeben sein müssen. Zu denen gehört zu unserem Erstaunen:

–                  keiner wird dazu gezwungen (sach bloß!),

–                  es braucht gute und „nervenstarke“ Schützen,

–                  es müssen auch zwei auf den Hochsitz passen (hätte man jetzt nicht gedacht!)

usw. usf.

Dann wird die Durchführung detailliert beschrieben, die sowohl jagdliche Binsenweisheiten wie auch wunderbare Abläufe enthält. So wird verlangt, dass sich immer nur einer der beiden auf der Leiter befinden soll und die Waffe erst auf dem Sitz geladen wird – schön, dass man das mal wieder sagt. Vorgeschrieben ist auch für beide „taktischer (aktiver) Gehörschutz“; klar, weil die sich gegenseitig bis zum gleichzeitigen Schuss laut was vorzählen müssen, ohne dass das Alttier das hört – letzteres wird merkwürdiger Weise nicht angesprochen. Und das Ganze soll nicht stattfinden, wenn mehr als zwei Tiere mit zwei Kälbern auf der Fläche stehen.

Und was dergleichen Sottisen mehr sind.

Wer das liest, ohne den kleinen shitstorm im Internet bemerkt zu haben, wird mit Recht annehmen, das Datum sei ein Irrtum und müsse der 1. April sein.

Isses aber nicht.

Jetzt also haben wir einen kleinen shitstorm, der ebenso unnötig und in weiten Teilen ebenso töricht ist wie dieses Papier. Stefan Fügner hält in seinem Jagdblog (wie gewohnt wieder mit zahlreichen Druck- und Grammatikfehlern) diesen Synchronschuss zwar für effizient – was er ohne Zweifel ist –, aber nimmt das gleich mal zum erneuten Anlass, auf seinen Hauptgegner, den „Hobbyjäger“, einzuprügeln mit den schönen Worten, dass der Verfasser bei diesem Papier wohl vergessen hätte, „dass die etablierten (!) Jägerschaft krankhaft hysterisch auf jede Art der Effizienzsteigerung bei der Jagd reagiert. Effizienz und die traditionelle Jagd sind aus Sicht der Hobbyjagd absolut unvereinbar“.

Stefans Bartmühle im Keller, müssen wir nicht groß kommentieren.

Im Forum Wild und Hund meint ein Anonymus mit dem schönen Namen Horri-do, der seit Sept. 2013, also in einem Jahr, schon 695 Beiträge gepostet hat (!), „das beigefügte Schreiben des „Nationalpark Schwarzwald“, eine Handlungsanweisung, wie Dubletten beim Rotwild zu schiessen seien, sei hier zur Diskussion – und zur Mahnung, was Grün-Rot sich unter einem „Wildtiermanager“ vorstellt – freigegeben.“ Hier haben wir also den Dauergegner Rot-Grün.

Und so „wogt und wallt der Hader“. Allerdings relativ bescheiden, und das mit Recht.

Denn das Papier kann man füglich nicht richtig ernst nehmen. Wenn die Nationalparkverwaltung im Schwarzwald meint, der Rotwildabschuss müsse etwas forciert und effizienter gemacht werden, dann ist das eine Entscheidung, die in der Sache gerechtfertigt sein muss – wir wissen zu wenig über die Bedingungen in diesem Gebiet und unterstellen das mal. Wenn man dann glaubt, mit ein paar „Synchron-Erlegungs-Gespannen“ und derartigen ausgefeilten Gebrauchsanweisungen eine Effizienzsteigerung der Wildbewirtschaftung herbeiführen zu können, dann ist das wahrscheinlich ein Holzweg, von denen es im Schwarzwald ja bekanntlich mehrere gibt.

Das Gegenteil von gut ist nun mal leider: gut gemeint! Aber einen echten shitstorm ist das nun wirklich nicht wert.

Doppelhochsitz

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps