Gegendarstellung – „allein mir fehlt der Glaube“.

In unserem Blog vom 17. Juli 2022 „LFE – „Ein Fauler Apfel…“ haben wir Herrn Forstassessor Torsten Wiebke als „Vollpfosten“ und „faulen Apfel im Korb des LFE“ bezeichnet, weil er angeblich in einem von der Linksfraktion veranstalteten Fachgespräch am 28. Juni als Vertreter des LFE (Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde)

„auf die Möglichkeit hinwies, die Einregulierung von Wildtierbeständen medikamentös vorzunehmen. Er habe die Nase voll von den Jägern in Brandenburg, die weder kompromiss- noch dialogbereit seien und denen es nur um dicke Trophäen ginge und dafür das Wild füttern,“

Das hat zu allerlei Bewegung und Schriftwechsel im Internet und daneben geführt und vor allem zu allgemeiner Entrüstung über Herrn Wiebke. Jetzt, nämlich am 2. September 2022, beehrt uns der Landesbetrieb Forst Brandenburg durch seinen Direktor Kraut mit einer „Gegendarstellung“, die allerdings presserechtlich eine solche nicht ist, sondern ein Erklärungsversuch.

Zuckerbrot und Peitsche

Der Brief von Herrn Kraut endet auf S. 4 mit der Hoffnung auf einen „künftig fachlich konstruktiven kollegialen Austausch“ mit uns und enthält deshalb den Satz: „… verzichte ich derzeit diesbezüglich auf die Einleitung weiterer rechtlicher Schritte“.

Das ist das Zuckerbrot.

Am Anfang des Briefes allerdings teilt uns Herr Kraut mit: „ich werde die Äußerungen auf Strafbarkeit prüfen lassen“.

Das ist die Peitsche.

Mit diesem „fachlich konstruktiven kollegialen Austausch“ über seine Meinung des Verhältnisses von Beleidigung und Meinungsfreiheit verbindet Herr Kraut das Verlangen:

ich fordere Sie hiermit zu einer Korrektur ihrer Veröffentlichung und zur Veröffentlichung einer die folgenden Ausführungen berücksichtigende (Endungsfehler im Original)  Gegendarstellung auf.

Dann folgt ein Text, der in erweiteter Form nunmehr auch unter dem, wie gesagt nicht ganz korrekten (und auch grammatikalisch nicht durchweg fehlerfreien) Titel „Gegendarstellung“ in der Website der Landesforst eingestellt ist. Im Gegensatz zu dem an uns gerichteten Schreiben ist dort neben Herrn Kraut auch Herr Wiebke als Unterzeichner angegeben.

Na endlich!

Die „Richtigstellung“ der „Gegendarstellung“.

Wir, und nicht nur wir allein, haben Herrn Wiebke vorgeworfen, nicht nur über medikamentöse Lösungen geschwafelt zu haben, sondern auch die Jäger beschimpft zu haben. Das wird nicht dementiert – damit kann man davon ausgehen, dass Herr Wiebke diese törichten jagdfeindlichen Äußerungen tatsächlich getan hat.

Dann wär´ das ja schon mal geklärt!

Herr Kraut behauptet ferner in seinem Brief an uns:

Auf die Nachfrage zu Lösungsmöglichkeiten legte Herr Wiebke dar, dass nach der zuerst notwendigen Klärung der Ziele des Waldumbaus verschiedene Möglichkeiten aus einer Palette theoretisch denkbarer Maßnahmen wie die Errichtung von Zäunen, medikamentösen Lösungen oder die Durchführung der Jagd diskutiert werden könnten. Herr Wiebke betonte, dass bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen zu berücksichtigen ist, welche Methoden zulässig sowie gesellschaftlich und wirtschaftlich vertretbar sind und, dass in der Regel die Jagd die zulässige, anerkannte und effiziente Maßnahme ist.

Mit anderen Worten: es soll anlässlich dieser Veranstaltung ein ausführliches und tief gehendes Gespräch mit Herrn Wiebke gegeben haben, in welchem dieser sich insbesondere auch ausdrücklich gegen eine medikamentöse Lösung ausgesprochen und die Jagd als einzige vernünftige Lösung angegeben habe.

Das ist neu und erstaunlich. Aber eine Gegendarstellung muss ja nicht wahr sein.

Eine Binsenwahrheit.

Es ist allgemein bekannt und eine Binsenwahrheit, dass Menschen, denen zu beanstandende Äußerungen vorgeworfen werden, fast immer auf zweierlei Weise reagieren:

1. Version: das habe ich nicht gesagt.

2. Version: das habe ich so nicht gesagt.

Der Unterschied es klar: bei der 1. Version muss man dem Betroffenen nachweisen, was genau er gesagt hat.

Bei der 2. Version steht schon mal fest, dass der Betroffene irgend so etwas gesagt hat, aber er meint, er habe es anders gesagt, oder sei missverstanden worden, oder er habe es nicht so gemeint.

Die Schilderung von Herrn Kraut gehört zur 2. Version, und deshalb wollen wir mal untersuchen, wie glaubwürdig sie ist.

Zur Glaubwürdigkeit

Um die neue und erstaunliche Version seiner Äußerungen, die für Herrn Wiebke (oder von Herrn Wiebke?) durch den Landesbetrieb Forst nunmehr verbreitet wird, zu bewerten und einem Faktencheck zu unterziehen, schauen wir uns mal den bisherigen Verlauf der Diskussion an. Der ist interessant.

Der Ablauf:

4. Juli:

Der LJV schreibt: Eklat im Landtag: Fachgespräch zum Waldumbau offenbart Wildfeindlichkeit.

Kein Dementi von Herrn Wiebke!

4. Juli:

„unsere jagd“ im Internet: Grünen Politiker und Mitarbeiter der LFE zieht medikamentöse Einregulierung von Wildtierbeständen in Erwägung. Wissenschaftliches Verbiss-Monitoring absichtlich negativ gegen Wildtiere ausgelegt.

Kein Dementi von Herrn Wiebke!

16. Juli:

Wir bitten die Fraktion Die Linke, Veranstalterin des Fachgesprächs, unter Hinweis auf die Äußerungen von Herrn Wiebke um ein Protokoll.

Keine Antwort! Kein Dementi.

17. Juli:

Wir schreiben unseren Blogbeitrag: LFE – Ein Fauler Apfel…

Kein Dementi von Herrn Wiebke!

22. Juli:

Wir bekommen den ersten Brief von Herrn Kraut mit der Bitte: „dass Sie Inhalte aus fachlichen Beratungen nicht ungeprüft „vom Hörensagen“ einseitig darstellen und gehe dementsprechend davon aus, dass Sie die hier gegenständlichen Inhalte aus dem Jagdrechtsblog entfernen.“

Kein Dementi von Herrn Kraut, keines von Herrn Wiebke!

24. Juli:

Die PIRSCH schreibt: „Auf Anfrage der Redaktion an Wiebke, welche konkreten Sachverhalte er vorbringen könne, die solche Aussagen rechtfertigen würden, äußerste sich eine Pressesprecherin des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK), dem der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) und damit ferner das LFE untergeordnet ist. Diese gab an, dass im „Fachgespräch der Fraktion Die Linke […] diese Frage nicht Thema mit dem wissenschaftlichen Leiter der Fachverfahren Waldinventur und Fernerkundung“, Torsten Wiebke, gewesen sei.“

Kein Dementi von Herrn Wiebke!

25. Juli:

Frau Dr. Hagemann Vorstand LFE schreibt an uns, rügt Ton und Stil, aber:

Kein Dementi des LFE, kein Dementi von Herrn Wiebke!

Unsere Schlussfolgerung:

Die steht bereits in unserer Antwort auf den ersten Brief von Herrn Kraut an uns:

„Der Verursacher des ganzen Schlamassels, Herr Forstassessor Torsten Wiebke, hüllt sich total in Schweigen. Auf die an ihn gerichtete Anfrage hat das MLUK geantwortet, nicht etwa er. Auf unseren Blogbeitrag hat das LFE geantwortet, nicht etwa er. Weder zu dem Bericht des LJV noch unserem Blogbeitrag noch einem Editoral von „unsere Jagd“ noch zum Beitrag der Pirsch hat sich Herr Wiebke geäussert – unsere harten persönlichen Anwürfe lässt er unerwidert.

Deshalb sagt mir meine Erfahrung im Hinblick auf diese eindeutige Lage: es dürfte mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Sicherheit feststehen, dass Herr Wiebke genau das gesagt hat, was ihm vorgeworfen wird!“

Dafür sprechen die Zeugen des LJV. Herr Kraut benennt Gegenzeugen. Einer davon ist Herr Wiebke selbst und deshalb als Zeuge unbrauchbar.  Der andere ist der forstpolitische Sprecher der Linksfraktion Thomas Domres, der uns allerdings schrieb: „Die Tatsache, dass eine medikamentöse Behandlung von Wildtieren diskutiert wird, wurde von Herrn Wiebke am Rande erwähnt, aber diese weder gefordert noch befürwortet. Das Thema hat auch in der Diskussion in der Veranstaltung keinerlei Rolle gespielt.“

Als Gegenbeweis ebenfalls ziemlich dünn, um es mal nett auszudrücken.

Fazit:

Nach alledem gehen wir davon aus, dass Herr Wiebke genau das gesagt hat, was ihm vorgeworfen wird. Seine Jägerbeschimpfung hat er nicht dementiert. Seine – wenn es denn seine ist – neue Schilderung ist nicht sehr glaubwürdig.

Apropos Jagdfeindlichkeit

Herr Kraut ist in der sog. „Gegendarstellung“ bemüht, das Verhältnis von Forst und Jagd nett darzustellen. Wenn man sich allerdings die Begründung zum Entwurf eines neuen Landesjagdgesetzes und die darin enthaltenen Anwürfe gegen die Jäger ansieht, hört man auch hier die Botschaft wohl, allein es fehlt der Glaube.

Schlusswort:

Das war´s, liebe Leser. Wir bleiben bei unserer Meinung in der Sache!

Mehr ist nicht zu sagen und auch nicht mehr zu schreiben.

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ (Bertolt Brecht).

Ihr Dr. Wolfgang Lipps

 

Hannes Jaenicke und der Löwe Cecil

Cecil und PalmerAm 20. August 2014 haben wir in unserem Blogbeitrag „Tierrechte – Totschlagargument gegen die Jagd?“ schon einmal Gelegenheit gehabt, uns mit den Argumenten des Schauspielers und bekennenden Tierschützers Hannes Jaenicke gegen die Jagd zu befassen. Er diskutierte mit dem bekannten Autor und Jäger Eckard Fuhr und wir stellten fest, die Diskussion sei: „davon bestimmt, dass Hannes Jaenicke gegen die Jagd polemisierte und dabei … Jagd und Wilderei munter (und erkennbar in populistischer Absicht) durcheinanderwarf, um mit hohen Zahlen von Wilderern getöteter Tier zu belegen, dass die Jagd (trotz demgegenüber verschwindend geringen Zahlen) zur Ausrottung von Tierarten führe“.

Damit und mit anderem mehr hatte er sich erst einmal als ernsthafter Gesprächspartner disqualifiziert; die Mehrheit der Zuschauer dieser Fernsehdiskussion hatte er jedoch bedauerlicher Weise auf seiner Seite.

Nun kann sich natürlich in unserem freiheitlich demokratisch verfassten Gemeinwesen jeder zum Horst machen, der das möchte – das Grundgesetz nennt das Meinungsfreiheit. Und Hannes möchte eben.

Da bot ihm der arme Löwe Cecil gleich mal wieder eine gute Gelegenheit, bar jeder Faktenkenntnis auf der Welle des ebenso kenntnislosen shitstorms im Internet publizistisch mitzusurfen und sich wiederholt zum Wohlgefallen seiner Fans als Tierschützer zu outen. Bevor die Fakten dieser Jagd überhaupt bekannt sind, verkündete er in der Morgenpost, zitiert von zahlreichen anderen Zeitungen, und schön vor allerlei Werbung ins Bild gesetzt:

Jaenicke„Diese Jagd gehört grundsätzlich komplett verboten in Afrika“, sagte der engagierte Tierschützer der „Berliner Zeitung“. Aber es sei Praxis, dass reiche Leute sehr viel Geld dafür auf den Tisch legen. Regierungen würden geschmiert…“. Der US-amerikanische Jäger, der Cecil im Hwange-Nationalpark in Simbabwe erschoss, gehöre ins Gefängnis, sagte Jaenicke. Jeder Großwildjäger, darunter Spaniens Ex-König Juan Carlos, habe solch einen Shitstorm verdient.

Was aber sagen die bisher bekannten Fakten?

  1. Der allseits bekannte und beliebte (und besenderte!) Löwe Cecil wurde ausserhalb des Hwange-Nationalparks in Simbabwe erlegt, angeblich mit Pfeil und Bogen vom Zahnarzt aus den USA beschossen und nach längerer Nachsuche erlegt.
  2. Es wird, noch nicht belegt, vermutet, der Löwe sei mit einem Köder aus dem Nationalpark herausgelockt worden, um ihn zu erlegen.
  3. Gegen den Berufsjäger, der den Erleger führte, wird deshalb ermittelt. Das Gleiche geschieht offensichtlich in den USA gegen den Erleger, und auch Simbabwe ermittelt gegen den. Das alles ist auch völlig richtig!
  4. Der Erleger hat sich im Internet gemeldet und behauptet, ihm sei versichert worden, die Erlegung sei legal und von seiner ordentlichen Jagderlaubnis gedeckt. Das ist bislang nicht widerlegt – deshalb wird ja ermittelt. Er hat sich zudem für diese Erlegung entschuldigt, was ihm schwere Anfeindungen aber bislang nicht erspart hat.
  5. Beide, Erleger und Jagdführer, erklärten, sie hätten das Senderhalsband wegen der dichten Mähne nicht gesehen. Tatsache ist, dass man es auf nahezu allen Bildern, die von diesem Löwen im Netz kursieren, nicht sehen kann.

Was bedeutet das für jeden vernünftigen Menschen?

Die Justiz beider Länder ist zunächst einmal am Zuge. Wenn der Löwe selbst den Nationalpark verlassen hatte und deshalb auf einer angrenzenden Farm (gegen deren Besitzer auch ermittelt wird) bejagt wurde, könnte das vollends legal gewesen sein. Wenn der Löwe aus dem Park gelockt wurde, ist das wahrscheinlich ein Vergehen, dessen Kenntnis man dann jedenfalls dem Erleger nachweisen muss. Dann gehört er bestraft. Das gilt auch, wenn man den Sender sehen musste.

Solange man das alles nicht weiß, ist es unglaublich, die Praxis des Erlegers zu belagern, den zu bedrohen, ihn mit einem shitstorm zu überziehen und auch noch weltweit zum „Mörder“ zu stempeln und menschlich und wirtschaftlich zu vernichten.

Einzig die spanische Zeitung „El Pais“ argumentiert vernünftig: „Die Tötung des Löwen Cecil, eines geschützten Tieres, brachte die Forderung nach einem Eingreifen der Justiz auf. In den sozialen Netzen weitete die Empörung sich zu einer virtuellen Explosion von Rachegelüsten aus. Der Tierschutz ist ohne Frage ein berechtigtes Anliegen. Der Tod von Cecil kann dazu beitragen, die Gesetzgebung in den betroffenen Ländern zu revidieren.  Die Flut der Beschimpfungen, die sich im Internet gegen den amerikanischen Zahnarzt Walter Palmer richten, hat jedoch etwas von Lynchjustiz. Die neuen Technologien sind gefährlich, wenn sie solche Trends ermöglichen. Auch im Fall von schweren Vergehen sind solche Reaktionen niemals der richtige Weg.“

Richtig ist sicherlich – wenn es stimmt – dass die Regierung Simbabwes sofort um den Nationalpark herum eine jagdfreie Zone eingerichtet hat, um das Herausködern von Wildtieren, das offensichtlich vorkommt, zu verhindern. Richtig wäre es unseres Erachtens auch, die Bogenjagd auf so schweres Wild zu verbieten. Auch kann man durchaus die Ausfuhr von Trophäen erschweren und anderes mehr.

Tierschutz ist gut und richtig und lobenswert.

Was Hannes aber nicht kapiert, oder nicht kapieren will (weil es unpopulär wäre), ist unter anderem dies: die hoch bezahlte Trophäenjagd, vernünftig und hegerisch gut geregelt, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der betreffenden Länder und kann durchaus der Wildhege dienen; deshalb ist das Geschimpfe auf die „reichen Trophäenjäger“ jedenfalls töricht. Und besonders blöd ist es, eine Gefängnisstrafe für jemanden zu fordern, der bis dahin nicht die geringste Chance hatte, in einem Rechtsverfahren gehört zu werden.

Aber das scheint Hannes Jaenicke nicht anzufechten. Er fühlt mit der Masse der Vollpfosten, die sich weltweit im Internet outen, meist unter dämlichen Pseudonymen.

Si tacuisses … , Hannes.

Dr. Wolfgang LippsCecil Karikatur

Meldung vom Oktober – Hannes Jaenicke zum Nachlesen und – vielleicht – mal Nachdenken:

Minnesota dentist who killed Cecil the Lion broke no rules, Zimbabwe says

The Minnesota dentist who killed Cecil the Lion with a bow and arrow while hunting near an animal preserve broke no laws and will not face any charges in Zimbabwe,…

FOXNEWS.COM

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps