Jagdrecht und Tierrechte – eine rechtstheoretische Hinterfragung

Jagdrecht und Tierrechte – eine rechtstheoretische Hinterfragung

Dr. Wolfgang Lipps

Inhalt

A. Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

B. Begriffsklärungen 

    1. Recht, Rechte, Rechtsordnung

    2. Tierrechte

        a. Die Tierrechtsbewegung

        b. Tierrechte speziell

        c. Tierschutz contra Tierrechte

    3. Die wahren Rechte der Tiere

        a. Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

        b. Sonstige Gegenargumente

    4. Rechtsreflex und Tierschutz

    5. Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

        a. Über die Jagd

        b. Jagdgegner Tierschutz

        c. Jagdgegner Tierrechtler

    6. Schlussbemerkung

 

A       Warum reden wir heute über Tierrechte und Jagdrecht?

 

Wie Sie in der Tagesordnung lesen können, mute ich Ihnen jetzt eine rechtstheoretische Erörterung rechtlicher Begriffe zu.

Dabei steht zunächst das Verhältnis von Mensch und Tier, aber gleich danach natürlich die Jagd und dann auch der Tierschutz im Mittelpunkt, denn wir sind ein Forum für Jagdkultur. Der weite Begriff der „Kultur“ umfasst bekanntlich die Gesamtheit der vom Menschen selbst hervorgebrachten und im Zuge der Sozialisation erworbenen Voraussetzungen sozialen Handelns, d.h. die typischen Arbeits- und Lebensformen, Denk- und Handlungsweisen, Wertvorstellungen und geistigen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft. Rechtsbegriffe, Recht allgemein, Menschen-recht, Rechtsfähigkeit, und dann Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechte gehören damit zur Jagdkultur.

Der Mensch macht die Regeln, nach denen er Mitgeschöpfe, vor allem Tiere, nutzt.

Und genau da setzen die Tierrechtler an.

B.      Begriffsklärungen

Nachfolgend geht es in erster Linie um die sogenannten Tierrechte und darum, was das ist, ob es das überhaupt gibt, und was das für uns als Jäger und für die Jagd bedeutet. Ich halte mich dabei nicht lange bei den philosophischen oder ethischen und moralischen Begriffen auf, sondern ich will das Verhältnis von Jagdrecht, Tierschutz  und Tierrechten rechts-theoretisch, also als Jurist, hinterfragen.

1.    Recht, Rechte, Rechtsordnung

Als Recht bezeichnen wir die Gesamtheit der Verhaltensregeln, die von der Gemeinschaft gewährleistet sind – sie bilden die Rechtsordnung. Sie entstehen entweder als Gewohnheitsrecht durch fortdauerndes Befolgen von Regeln, die von der Gemeinschaft als verbindlich akzeptiert werden, oder als gesetztes („positives“) Recht, das von staatlichen oder überstaatlichen Gesetzgebungsorganen oder von satzungs-gebenden Körperschaften, immer also von Menschen für Menschen, geschaffen wird. Diese generellen Regeln werden als objektives Recht bezeichnet. Aus ihm ergeben sich konkrete Rechte des Einzelnen, etwas zu tun, zu unterlassen oder von einem anderen zu verlangen – das sind die subjektiven Rechte des Einzelnen. Zu ihnen gehören insbesondere die individuellen Freiheitsrechte, ferner Ermächtigungen zu rechtswirksamen Handlungen und schließlich Ansprüche, von einem anderen etwas zu verlangen.

Mit den subjektiven Rechten sind immer auch Pflichten verbunden. Jedes subjektive Recht hat Grenzen, die immer da verlaufen, wo das Recht des Einzelnen an das Recht des Anderen stößt oder es überschneidet. Das verpflichtet den einzelnen Rechts-inhaber, diese Grenzen und damit das Recht der anderen zu achten und einzuhalten. Deutlich erkennbar ist dies bei den Freiheitsrechten. Aber aus Rechten können sich auch andere Verpflichtungen ergeben, wie Mitteilungspflichten oder Fürsorgepflichten o. ä.

Besonders gut kann man dies am subjektiven Recht des Eigentums erkennen. Der 1. Satz von § 903 BGB lautet: Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Der Eigentümer einer Sache kann diese also nach Belieben bearbeiten, verbessern, verschlechtern oder vernichten – aber eben nur, wenn dem nicht „das Gesetz oder Rechte Dritter“  entgegenstehen. Ein Grundstückseigentümer darf also zum Beispiel durch giftige Gase oder Dämpfe von seinem Grundstück den Nachbarn nicht  beein-trächtigen. Ein Autofahrer kann mit seinem eigenen Wagen natürlich nicht irgendwo querfeldein oder durch den Vorgarten des Nachbarn brettern, sondern wird durch die Verkehrsvorschriften begrenzt. Den Pflichten des Einen liegen also immer die sub-jektiven Rechte Anderer zugrunde und umgekehrt!

Wem aber stehen diese subjektiven Rechte zu und wen binden diese Verpflich-tungen?

Wie gesagt: die Regeln, nach denen der Mensch die Natur nutzt, macht der Mensch für sich. Deshalb bestimmt § 1 BGB: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt“. Der Begriff Rechtsfähigkeit meint dabei nicht, dass ein Mensch auch geistig und körperlich in der Lage sein muß, sein Recht und dessen Grenzen zu kennen und sich seiner Verpflichtungen bewußt zu sein, – das behandelt  die Geschäftsfähigkeit – sondern bestimmt nur, dass eben nur ein Mensch überhaupt subjektive Rechte und Verpflichtungen haben kann.

2.    Tierrechte

Vorab: Tierrechtler werden häufig mit Tierschützern, insbesondere militanten Tier-schützern, verwechselt, was auch daran liegt, dass sie sich selbst oft hinter plakativem lautem gewalttätigem und militantem Tierschutz verstecken. Aber sie wollen nicht die Tiere nur schützen, sondern sie wollen die Nutzung des Tiers durch den Menschen gänzlich aufheben, weil das Tier wie der Mensch ein Bewußtsein habe und wie der Mensch leiden könne und deshalb – wenn auch partiell – subjektive Rechte wie ein Mensch haben muss. Das betrifft insbesondere das Recht auf Freiheit und Leben – daher befürworten sie Tierbefreiungen. Deshalb darf für Tierrechtler der Mensch kein Tier oder seine Produkte töten und essen, was gleichzeitig dazu führt, dass Tier-rechtler generell Veganer sind.

a.        Die Tierrechtsbewegung

Vertreter von unveräußerlichen und vergleichsweise weitgehenden Rechten von Tieren werden also als Tierrechtler bezeichnet. Sie leiten aus Tierrechten weitreichende Forderungen an die Gesellschaft bezüglich des Umgangs mit Tieren ab. Die Tierrechtsbewegung ist eine soziale Bewegung, die Tierrechte einfordert und durch den philosophischen Diskurs maßgeblich beeinflusst ist.

Der Terminus Tierrechte ist somit ein zentraler Begriff der Tierethik. Er bezeichnt – lange diskutiert aber heute ganz eindeutig – subjektive Rechte für (nichtmenschliche) Tiere. Etwa ab 1970 spaltete sich die Tierrechtsbewegung als eigenständige Strömung von der Tierschutzbewegung ab. War es bis dahin das Ziel der Tierschützer, Tierleid zu verhindern, fordern die Tierrechtler die Abschaffung der Tiernutzung und die vollständige Befreiung der Tiere aus menschlicher Vorherrschaft – die Bewegung steht in der Tradition der Befreiungsbewegungen der Sklaven, Frauen, Abhängigkeiten usw.. Befeuert wurde die neue Bewegung durch das 1975 erschienene Buch „Animal Liberation“ des australischen Tierethikers Peter Singer (*1946).

Längst hat die Tierrechtsbewegung in den ethischen Debatten Fuß gefasst:. „Es steht heute das Ausmaß der Rechte der Tiere zur Debatte, nicht die Tatsache, dass sie welche haben“ (Sozialanthropologe Nick Fiddes). Oder: „Daher lautet die Frage nicht mehr: Sollen wir Tiere in unsere ethischen Überlegungen einbeziehen?, sondern: Wie und wie weitgehend sollen wir sie berücksichtigen?“ (Hilal Sezgin). Der Schweizer Tieranwalt Antoine F. Goetschel fordert, wir müssen „nach einem Kriterium für richtiges Verhalten suchen, das unabhängig von uns besteht, sondern den Tieren allgemein, vielleicht sogar allen Lebewesen zugestanden wird“ . Ganz im Sinne Peter Singers, der schon in den 70ern feststellte: “Wir müssen dahin gelangen, daß wir nichtmenschliche Tiere in den Bereich der moralischen Rücksicht einbeziehen und daß wir aufhören, ihr Leben für jeden noch so trivialen Zwecke zu opfern“.

b.  Tierrechte speziell

Schon die Rolle des Tierschutzes wird zunehmend stärker. Viele Tierfreunde und Tierschutz­ak­ti­visten sind damit aber nicht zufrieden. Sie wollen Tiere nicht nur schützen, sondern ihnen Bürgerrechte zuerkennen, ähnlich denen, die Menschen innehaben, Tiere sollen als Rechts­sub­jekte einge­stuft werden, nicht mehr als Sachen.

Beflügelt hat dieses Denken z. B. das sogenannte Great Ape Project, das mit seiner Forderung nach Bürgerrechten für Menschen­affen in der Vergan­genheit erstaun­lichen legis­la­tiven Einfluss hatte. So stellte Neuseeland 1999 per Gesetz die Großen Menschen­affen unter beson­deren Rechts­schutz, in Spanien startete vor einigen Jahren eine parla­men­ta­rische Initiative, um national den beson­deren Status von Menschen­affen anerkennen zu lassen, schei­terte jedoch nicht zuletzt am Wider­stand der katho­li­schen Kirche, die darin eine „antichrist­liche Verschwörung“ vermutete, ein gegen Vernunft und Natur gerich­tetes Projekt.

Der amerikanische Philosoph Tom Reagan ist der Ansicht, dass Rechte den Lebewesenrechte zugesprochen werden müssen, die Subjekt-eines-Lebens (subject-of-life) sind. Das meint Lebewesen, die der Welt gewahr sind und die merken was mit ihnen geschieht und dass das für sie von Bedeutung ist. Tiere gehören ausdrücklich dazu – Reagan ist ein prominenter Tierrechtler.

Richard David Precht hat sich in seinem neueren Buch „Tiere denken“ (2016) auf knapp 500 Seiten mit unserem Verhältnis zu Tieren beschäftigt, nach seinem Buch von 1997, „Noahs Erben“. Es ist interessant, dass Precht, der sich, durchaus lesenswert, sehr eingehend mit der Schwierigkeit des Verhältnisses von Mensch und Tier auseinandersetzt, letztlich auf dem Weg zu subjektiven Tierrechten ist. Sein Buch handelt nach seinen eigenen Worten nicht von denkenden Tieren, sondern nur von einem einzigen denkenden Tier, dem Menschen, der Schwierigkeiten hat, wenn er sich eine Vorstellung vom Innenleben anderer Tiere machen soll. Auf S. 540/541 befasst sich Precht mit der Tötung von Tieren aus „vernünftigem Grund“ und mit Tierleid und Tierschutz und kommt zu dem Schluss (S. 540 unten): In einer solchen Lage bleibt kein anderer Weg, als beim subjektiven Recht der Tiere anzusetzen“.

Auch dieses Buch zeigt, dass es inzwischen eine relativ breite und wachsende Tierrechtsbewegung gibt, die sich auf der Basis von Tierethik und menschlicher Moral dazu bekennt, extremen und militanten Tierschutz einschließlich der Tierbefreiung mit der Notwendigkeit subjektiver Rechte für Tiere in einer eigenen Rechtsphilosophie und Tierethik zusammenzufassen.

Hinzu kommt, dass es inzwischen eine ganze Reihe von Organisationen gibt, die ausdrücklich Tierschutz, auch provokativen und militanten Tierschutz, auf der Grundlage der Tierrechte praktizieren. So entstand in Nordamerika und in westeuropäischen Staaten unter anderem PETA (People for the ethical treatment of animals) – eine Organisation, die uns Jägern ein ganz besonderer Dorn im Auge ist, und das mit Recht. Organisationen in Großbritannien, Schweden und Norwegen haben sich dem Tierrechtsgedanken geöffnet. Unter dem Druck der Öffentlichkeit, die von der Schriftstellerin Astrid Lindgren kräftig unterstützt wurde, hat Schweden sein nationales Tierschutzgesetz geändert. Es spricht den Tieren jetzt eigene Rechte zu, und zwar das Recht auf einen entsprechend großen Lebensraum, auf Freiluftaufenthalte und ähnliches.

Im September 1988 klagten die Seehunde in der Nordsee gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil durch die zahlreichen Verklappungsgenehmigungen des Verkehrsministeriums für lebensbedrohliche Schadstoffe ca. 18.000 Seehunde verendet sind. Die Seehunde konnten natürlich nicht selbst klagen, sondern für sie klagte ein „Prozesspfleger“, nämlich der BUND, Greenpeace und 6 weitere Umweltverbände. Auch diese Organisationen sind auf dem Weg zum Tierrecht.

Die Klage war, wie erwartet, erfolglos. Abgesehen davon, dass die Seehunde keine Vollmacht unterzeichnet hatten, war das Gericht zum einen der Ansicht, die Seehunde seien exterritorial und könnten in Deutschland nicht klagen. Zum anderen vertraten sie die im Ergebnis richtige Ansicht, Seehunde seien nicht rechtsfähig, weil diese Eigenschaft vom Gesetz – ich habe das schon am Anfang dargelegt – nur Menschen zugeeignet wird.

c. Tierschutz contra Tierrechte

Das bringt uns zu einem interessanten Konfliktfeld – Tierschutz und Tierrechte. Im Tierschutz gibt es inzwischen in einigen Bundesländern ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganiationen, das sich aber nicht auf Tierrechte stützt, sondern das verlangt, dass die klagenden Verbände entweder persönlich betroffen sind (was sie nie sind!) oder dass ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Regelung besteht. Diese Hürde ist so hoch, dass sie kaum zu nehmen sein wird.

PROVEG ist ein Verein, der sich in erster Linie dem vegetarischen und veganen Leben verschrieben hat. Die Tierrechtsbewegung ist mit veganem Leben eng verbunden. Deshalb wundert es auch nicht, dass die Website von PROVEG sich zu den Tierrechten wie folgt bekennt:

Für Tierschützer steht in erster Linie die „artgerechte“ Haltung von Tieren im Vordergrund. Die Tierrechtsbewegung geht einen Schritt weiter und fordert eine moralische Berücksichtigung von Tieren in allen Belangen.

Das aktuelle Tierschutzgesetz spricht von „der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“ ist. Betrachtet man die Massentierhaltung, ist es äußerst fragwürdig, inwiefern dieses Gesetz überhaupt eingehalten wird oder ob es einfach einen zu großen Interpretationsspielraum gibt.

Das verdeutlicht die Notwendigkeit von Tierrechten. Die Rechte, die wir selbst für uns in Anspruch nehmen, enthalten wir anderen durch Diskriminierung vor. Allerdings ist Diskriminierung ethisch inakzeptabel, unabhängig davon, ob sie auf Rasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Artzugehörigkeit basiert. So haben Hunde und Schweine die gleiche Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden. Lediglich unsere Diskriminierung erlaubt uns, den einen als Gefährten und den anderen als Abendessen anzusehen.

Häufig verstecken sich Tierrechtler hinter Tierschutzargumenten. Der Schweizer Publizist Alexander Schwab hat am 18. Juli 2017 ein DJV-Interview geführt, in dem er unter anderem ausführt:

Der Tierschutz übernimmt immer mehr Sprache und Inhalte der Tierrechtsbewegung und wendet sich mehr und mehr einem aktiven Prinzip zu: dem Wohlergehen der Tiere. Die großen Tierschutzorganisationen bewegen sich heute eindeutig in Richtung Tierrecht oder sind schon dort und umgekehrt verstecken sich die Tierrechtsbewegten häufig hinter Tierschutzargumenten, So entstehen dann Hybridpositionen von großer praktischer Tragweite wie eben die Würde des Tieres in der Schweizer Bundesverfassung und Artikel 13 in der europäischen Verfassung, wo eben das „Wohlergehen  der Tiere“ im Grundsatz festgehalten ist.

3.    Die wahren Rechte der Tiere

a.    Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

Allein dadurch, dass das von Menschen gemachte Gesetzeswerk, das Bürgerliche Gesetzbuch, in § 1 nur dem Menschen Rechtsfähigkeit zuweist, und unsere gesamte Rechtsordnung keine Vorschrift kennt, die einem Tier Rechtsfähigkeit zuweisen würde, ist klargestellt, dass Tiere nicht rechtsfähig sind. Sie können also nicht Träger von subjektiven Rechten und Pflichten sein.

Die Tierrechtsbewegung benutzt aber aus gutem Grund, jedenfalls in ihrem eigenen Verständnis, die Terminologie, in der Menschen ebenso Tiere sind wie Tiere, die dann als „nichtmenschliche“ Tiere bezeichnet werden. Das meint auch Precht mit dem Satz:

»Es gibt zwei Kategorien von Tieren. Die eine glaubt, dass es zwei Kategorien von Tieren gibt, und die andere hat darunter zu leiden.«

Die Tierrechtler weisen darauf hin, dass Tiere, wie wir das oben zitiert haben, ein Bewusstsein haben, die Welt um sie herum erkennen, Einwirkungen, denen sie selbst unterworfen sind, abschätzen und erkennen können, und auf diese reagieren können. Sie sind also in der Terminologie von Tom Reagan Subjekte des Lebens. Deshalb hätten sie umso mehr Anspruch darauf, Rechtsfähigkeit zu haben, als zum Beispiel das nur wenige Wochen alte Kleinkind oder der geistig stark Behinderte, die aber trotz ihrer Unfähigkeit, Rechte und Pflichten zu erkennen und auszuüben, von der Vollendung der Geburt an diese Rechte und Pflichten haben. Deshalb spräche nichts dagegen, Tieren ebenso wie Kleinkindern und geistig Behinderten subjektive Rechte zuzugestehen.

Das führt bei Tierrechtlern zu abstrusen Gedankengängen. Der australische Philosoph Singer meinte, wenn eine Mutter aus einem brennenden Haus nur ihren 4 Wochen alten Säugling oder ihren Hund retten könne, müsse sie den Hund retten, weil dieser im Gegensatz zum Säugling ein Lebensbewusstsein habe. Zwar ist er so gütig, zuzugeben, dass möglicherweise der Instinkt der Mutter sie dazu treiben wird, den Säugling dem Hund vorzuziehen. Aber tierrechtstheoretisch wäre das falsch.

In der Tierrechtsdiskussion ist auch hier und da die Meinung geäußert worden, es sei vertretbar, medizinische Versuche an stark Geistesgestörten oder Kleinstkindern durchzuführen, aber unvertretbar, dies mit einem erwachsenen Schimpansen zu machen. Das zeigt gleichfalls die Absurdität des Versuchs, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen. Diese sind nun einmal dem Menschen vorbehalten. Denn für den Menschen gilt zugleich,, dass er zwar Rechte und Pflichten vom Zeitpunkt der Vollendung der Geburt an hat, und diese auch verletzt werden können, und diese ihm garantiert werden müssen, dass er aber geschäftsfähig sein muss, um seine Rechte und Pflichten aktiv auszuüben.

Soweit Tierrechtler diese formaljuristische Regelung überhaupt einsehen, arbeiten sie jedenfalls dafür, sie abzuschaffen und Tieren de lege ferenda (in zukünftiger Gesetzgebung) subjektive Rechte und damit eine, vielleicht eingeschränkte, Rechtsfähigkeit zu verleihen. Einige Philosophen, darunter auch Precht, sehen Tierrechte bereits im Naturschutzgesetz und in der Verfassung angelegt, also als geltendes Recht (lege lata).

b.    Sonstige Gegenargumente

Nicht nur die Regelung der Rechtsfähigkeit in § 1 BGB, verbietet es, Tieren subjektive Rechte zuzuweisen, sondern es gibt daneben noch andere Argumente dagegen.

Der Rechtsphilosoph und Jesuit Norbert Brieskorn meint, wer höher entwickelten Tieren subjektive Rechte zugestehen wolle, müsse unter anderem darauf antworten,

  1. ob Rechte Wesen zuerkannt werden sollten, die im Gegensatz zum Menschen nie von ihnen selbst Gebrauch machen könnten;
  2. …;
  3. ob es sich um die Ausdehnung von Menschenrechten auf Tiere oder um spezifische Tierrechte handeln solle;
  4. wie der jeweilige Vorrang zwischen Menschen- und Tierrechten zu ermitteln sei;
  5. worauf die Legitimität jener beruhe, welche die Tierrechte im Namen der Tiere geltend machen.

Diese Kritik steht nicht allein und wird insbesondere auch unter ethischen und moralphilosophischen Aspekten von einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern ergänzt.

4.    Rechtsreflex und Tierschutz

Der Gesetzgeber, und zwar keinesfalls nur der deutsche Gesetzgeber, hat sich bislang immer ausschließlich vom Tierschutz leiten lassen. Wir Jäger haben den § 17 des Tierschutzgesetzes verinnerlicht, der die Tötung eines Wirbeltieres ohne sachlich gerechtfertigten Grund verbietet und zu einer Straftat macht. Die erlaubte Jagd, also zum Beispiel das Erlegen von Schalenwild innerhalb eines Abschlussplans, ist der rechtfertigende Grund.

Ich habe am Anfang dieses Vortrags den § 903 BGB erwähnt, dessen 1. Satz das subjektive Recht des Eigentümers definiert. Interessanterweise folgt ein 2. Satz, der besagt:

Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Unsere Verfassung, das Grundgesetz, wurde im Jahre 2002 dahingehend ergänzt, dass der Tierschutz als Staatsziel aufgenommen wurde. Zahlreiche andere Vorschriften befassen sich mit Tierschutz, und auf das Jagdrecht gehen wir noch gesondert ein. Alle diese Vorschriften aber gehen nicht von einem Recht der Tiere auf Tierschutz, auf Freiheit, auf Unversehrtheit oder auf die Wahrung anderer Tierrechte ein, sondern machen lediglich deutlich, dass Tiere eben keine Sache mehr sind, sondern Mitgeschöpfe. Träger subjektiver Rechte sind sie nicht.

Das ist auch nicht erforderlich, denn das Recht kennt durchaus Fälle, in denen zwar Verpflichtungen gegenüber Dritten bestehen, diese aber keinen Anspruch darauf haben, dass der Verpflichtete seinen Pflichten nachkommt. Während es also keine Rechte ohne Pflichten gibt, so gibt es dennoch Pflichten, denen kein Recht auf der „Gegenseite“ zugeordnet ist.

Dieses Rechtsinstitut nennen wir Juristen „Rechtsreflex“.

Von einem Rechtsreflex spricht man z. B., wenn dem Bürger durch rechtlich gebotenes staatliches Handeln zwar ein tatsächlicher Vorteil entsteht, der Bürger aber keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erfüllung dieser Staatspflicht hat. Rechtsnormen, welche dieses staatliche Handeln fordern, sind rein objektives Recht. Es fehlt hier am subjektiven Recht dessen, demgegenüber eine Pflicht besteht. Ein Rechtsreflex ist also die lediglich tatsächliche (keine eigene Rechtsqualität implizierende) Auswirkung einer rechtlichen Regelung. Im Gegensatz zum subjektiven Recht ist beim Rechtsreflex die Regelung nicht dazu bestimmt, auch den Einzelinteressen dessen zu dienen, der sich auf sie beruft. Im Einzelnen ist die Abgrenzung zwischen Rechtsreflex und subjektivem Recht häufig schwierig.

Nicht so bei den Pflichten, die zahlreiche gesetzliche Regelungen jedem auferlegen, der mit Tieren zu tun hat. Genauer: Jedermann ist verpflichtet, die Rechtsregeln zum Schutz – zur Haltung, zum Transport, zur Tötung – von Tieren strikt einzuhalten. Verstöße dagegen sind teils Ordnungswidrigkeiten, teils sogar Straftaten.

Nur an einem fehlt es beim Rechtsreflex, im Gegensatz zu subjektiven Rechten: der Begünstigte des Rechtsreflexes hat, im Gegensatz zum Rechtsfähigen, kein eigenes Durchsetzungsrecht. Er kann die Einhaltung der Verpflichtung aus dem Rechtsreflex nicht verlangen, das Tier kann nicht gegen Tierquälerei aus eigenem Recht klagen! Die Seehunde sind nicht prozessfähig.

Dennoch braucht man deswegen kein subjektives Recht des Tieres. Eine Lösung ist das Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände, ein weiterer Rechtsbehelf ist die Anzeige interessierter Bürger. Und immer da, wo behördliche Genehmigungen, Zulassungen oder Ähnliches erforderlich sind, sind die Sanktionen des Rechts gegen säumige Behörden – die es leider zuhauf gibt, aber denen man durchaus mit Dienstaufsichtsbeschwerden oder Anzeigen beikommen kann – Möglichkeiten, dem rechtlosen aber nicht schutzlosen Tier zu Hilfe zu kommen. Das gilt gleichermassen für Anzeigen gegen Tierquäler oder Tierschutzverletzer; im März dieses Jahres hat das AG Ulm gerade einen Tierquäler bei Massentierhaltung zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Man kann viel für das Tierwohl tun, man muss es nur wollen!

Was aber nicht geht, sind Rechtsbrüche zugunsten der Tiere, die ihrerseits Rechte verletzen. Deshalb ist das Urteil des OLG Naumburg vom 22.08.2018 schlicht falsch. Das Gericht meint, ein Hausfriedensbruch könne gerechtfertigt sein, wenn er dazu diene, eine gegenwärtige und nicht anders abwendbare Gefahr für Tiere abzuwenden. Hier traf das auf den Hausfriedensbruch in einen Schweinestall zum Filmen nicht zu.

 

5.    Jagdrecht, Tierrecht und Tierschutz

a.    Über die Jagd

Gerade dieses Forum weiß: „Am Anfang war die Jagd“!

Vor rund 70.000 Jahren begannen die Hominiden mit der Bezeichnung Homo sapiens mit dem Aufbau komplexer Strukturen namens Kultur. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte – so Harari in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ – er nennt dies die Epoche der kognitiven Revolution. Mit der Entwicklung des Gehirns kamen für den Menschen die Fähigkeiten zur Kommunikation, Kooperation und Innovation. Das ermöglichte ihm, in Gruppen großes und wehrhaftes Wild zu jagen und mit neu entwickelten Werkzeugen zu töten. Gab es zuvor Fleisch nur dann, wenn der Mensch Aas gefunden hatte, so gab es das durch die Jagd nunmehr reichlich. Das wiederum beförderte ganz entscheidend das Wachstum und die Entwicklung des menschlichen Gehirns. Und das wiederum führte dazu, dass der Homo sapiens in den folgenden Jahrtausenden die ganze Welt besiedelte.

Die Jagd diente zu allererst zur Beschaffung von Fleisch, Häuten, Fellen, Knochen, Sehnen und anderen Teilen des erlegten Wildes, erlaubte also die fast vollständige Nutzung der Beute – eine entwicklungsgeschichtliche Notwendigkeit. Gleichzeitig aber waren Wildtiere auch einerseits Gefahren und andererseits Nahrungskonkurrenten. Die Jagd ermöglichte es deshalb unseren Vorfahren, ganze Wildtierpopulationen überall auf der Erde auszurotten. Das ist bedauerlich, aber es ist Geschichte der Evolution.

Auch die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren und die wissenschaftliche Revolution vor rund 500 Jahren haben ganz grundsätzlich an der Jagd nichts geändert. Sie wurde, wenn häufig auch in anderen Formen, weiter betrieben. Das geschah allerdings aus sehr unterschiedlichen Motiven, zum Beispiel als Mutprobe oder als höfisches Vergnügen. Zudem erhielt die Jagd neue Aufgaben zum Schutz der Landwirtschaft vor Wildschäden und zur Bekämpfung von Raubwild zum Schutz der Nutztiere.

Immerhin können wir also heute sagen: den Tierschutz gibt es seit etwas über 100 Jahren, die Tierrechtsbewegung seit etwas über 60 Jahren, aber die Jagd gibt es seit mindestens 70.000 Jahren!

Des Weidmanns Ursprung liegt entfernt

dem Paradiese nah.

Da war kein Kaufmann, kein Soldat,

kein Arzt, kein Pfaff, kein Advokat,

–  nur Jäger waren da!  

Das ist doch schon mal was!

Die Jagd, wie sie heute in Deutschland ausgeübt wird, geht in ihrer rechtlichen Struktur auf das preußische Jagdrecht und sehr stark auf das Jagdgesetz von 1934 zurück. Sie hat auch heute noch einige volkswirtschaftliche Bedeutung bei der Erzeugung von Wildbret, einem erheblich gesünderen Nahrungsmittel als Fleisch aus der Massentierhaltung. Mehr Bio geht eigentlich nicht. Generell aber hat die heutige Jagd die Aufgabe, in der vom Menschen geprägten Kulturlandschaft die Faktoren Mensch, Wildtier und Umwelt in einer Nachhaltswirtschaft zu vereinen..

Denn wie die Landwirtschaft, die Viehhaltung, und die Forstwirtschaft, ist die Jagd (die Wildbewirtschaftung) eine Nachhaltswirtschaft. Das ist eine Wirtschaft, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet hat. Die Nachhaltigkeit wurde zunächst von der Forst-wirtschaft erkannt und von dieser und von der Jagd als Ersten angewendet. Anstelle vieler heute gebräuchlicher Definitionen kann man für die Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, die Viehwirtschaft und die Jagd ganz simpel sagen: wir haben die Erde nicht von unseren Vätern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen! D. h., dass wir säen und ernten dürfen, züchten und nutzen, den Zuwachs abschöpfen, aber die Substanz nicht vernichten dürfen.

Landwirtschaft Forstwirtschaft und Jagd sind demnach Nachhaltswirtschaften. Sie überschneiden sich, und deshalb werden ihre Grenzen und die Konflikte, die sich bei Überschneidungen ergeben, durch das Recht geregelt, im Hinblick auf die Jagd u. a. durch das Jagdrecht. Der Inhalt der Nachhaltswirtschaft Jagd wird in § 1 des Bundesjagdgesetzes, unserem jagdlichen Grundgesetz, postuliert. Danach dient die Jagd der Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes in Übereinstimmung mit seinem jeweiligen Biotop und unter Beachtung vorrangiger Interessen der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft. Deshalb ist mit der Bejagung die Pflicht zur Hege verbunden, und spezialgesetzliche Regelungen des Tierschutzes und Naturschutzes und anderer Gesetze sind bei der Jagd zu beachten.

Damit gehört Wild zum heimischen Kulturgut und seine Hege ist, wie es § 1 des brandenburgischen Landesjagdgesetzes deutlich sagt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die ist allerdings im Wesentlichen auf den Jäger delegiert.

 

b.    Jagdgegner Tierschutz

Die Jagd ist damit in erster Linie ein sehr enges Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Bei der Bejagung des Wildes gehen Jäger und Wild eine besondere Verbindung ein – sehr schön kann man das bei Ortega y Gasset lesen. Und ein ganz wesentlicher Aspekt dieser Verbindung ist natürlich die Erlegung des jagdbaren Wildes, also das Töten.

Und da rasseln wir dann einerseits mit dem Tierschutz, vor allem aber mit den Tierrechtlern zusammen.

Leider müssen wir beobachten, dass die Akzeptanz der Jagd in der Bevölkerung rapide abnimmt. Früher war es der Jäger, der Rotkäppchen vor dem bösen Wolf beschützte. Heute ist es der liebe Wolf, der von den merkwürdigsten Wolfsfreunden vor dem bösen Jäger geschützt wird. Zwar ist die Akzeptanz der Jagd in den landfernen Städten geringer als auf dem Lande, aber unzweifelhaft nimmt sie ab.

Und da kommen zunächst die Tierschützer ins Spiel!

Wir Jäger sind der Ansicht, dass unser Jagdrecht und unsere Art zu jagen, die wir unter das Postulat der Weidgerechtigkeit stellen, starke Aspekte des Tierschutzes und des Naturschutzes enthalten. Wir halten uns richtiger Weise für die ersten und ältesten Tierschützer und für Naturschützer.

Das kann man auch aus dem Jagdrecht belegen. Die Hegeverpflichtung ist bereits ein Teil des Naturschutzes und auch des Tierschutzes. Unsere Abschussplanung ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – will heißen, das Jagdrecht verbietet die Erlegung von Schalenwild, wenn für dieses einerseits ein Abschussplan vorgeschrieben ist, dieser andererseits aber überschritten oder sonstwie nicht eingehalten wird. Das ist angewandter Tierschutz, seine Verletzung ist eine Straftat nach § 17 Tierschutzgesetz. Der Begriff der Weidgerechtigkeit ist zwar ambivalent, aber er beinhaltet unsere Pflicht, Leiden des Wildes so weit wie möglich zu vermeiden. Auch das ist angewandter Tierschutz. Andere Vorschriften des Jagdschutzes und des Mutterschutzes von Wildtieren sind ebenfalls angewandter Tierschutz.

Der Deutsche Tierschutzbund ist allerdings anderer Meinung. Er hält die Jagd weder für Tierschutz noch für Naturschutz, wie man in der Broschüre „Die Jagd aus Sicht des Tierschutzes“ entnehmen kann.

Dennoch sind die Tierschützer selbstverständlich die geeigneten Gesprächspartner der Jäger. Sie haben durchaus Argumente, denen wir uns öffnen können, denn es gibt sicherlich Jagdpraktiken, die unter Tierschutzgesichtspunkten zu hinterfragen sind, und möglicherweise auch abgestellt werden müssen. So halte ich die Aufhebung der Abschussplanung für Rehwild in Brandenburg für katastrophal, weil sie einer tierschutzverletzenden Abschussquote Tür und Tor öffnet. Ebenso kann man über die Baujagd und die Fallenjagd durchaus mit dem Tierschutz diskutieren, und ich halte zum Beispiel Saufänge für absolut tierschutzwidrig. Es gibt da schon Einiges zu bereden.

 

c.    Jagdgegner Tierrechtler

Keinesfalls aber diskutieren kann man mit den Vertretern von Tierrechten. Das Tierrecht, das es unserer Ansicht nach ohnehin nicht gibt, hat zwar Tierschutzaspekte und versteckt sich auch hinter dem Tierschutz, aber ist der Jagd und dem Jagdrecht diametral entgegengesetzt und mit diesem unvereinbar. Denn die Jagd ist Nutzung des Wildtieres, das deshalb getötet werden muss. Das Tierrecht verbietet die Tötung und sieht in der Jagd eine Verletzung der subjektiven Rechte der Tiere auf Freiheit, Leben und Unversehrtheit. Die legale Jagd ist heute der rechtfertigende Grund für § 17 Tierschutzgesetz, für das Tierrecht nicht – es hält die Jagd für Mord.

Dennoch müssen wir Jäger uns mit dem Tierrecht eingehend befassen. Denn die schwindende Akzeptanz der Jagd und die zunehmende Ablehnung der Jagd, die bis zu lebensgefährlichen Zerstörungen von jagdlichen Einrichtungen, zur Störung von jagdlichen Veranstaltungen und zu jagdfeindlicher Gesetzgebung führt, wird im Wesentlichen durch die Vertreter des Tierrechts, durch ihre Internetauftritte, ihre Propaganda und ihre Aktionen befördert.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die großen Tierschutzorganisationen, wie BUND und NABU, schon auf dem Weg zur Akzeptanz des Tierrechts sind.  PETA vertritt Tierrecht. Gleiches gilt für PROVEG und andere Vereinigungen und Initiativen, die z. B. in Berlin monatelang gegen die Jagd demonstrierten.

Die Initiative „Abschaffung der Jagd“ des Biologen und Studiendirektors Kurt Eicher hält die Jagd für eine „Nebenform menschlicher Geisteskrankheit“.

Das bringt uns zu unserem Volksphilosophen Precht. Er zitiert nämlich in „Tiere denken“ unter der Überschrift „Naturschutz oder Lustmord? Dürfen wir Tiere jagen?   eben denselben Satz von Theodor Heuss, der da lautet: „Jagd ist nur eine feige Umschreibung für besonders feigen Mord am chancenlosen Mitgeschöpf. Die Jagd ist eine Nebenform menschlicher Geisteskrankheit.“ Si tacuisses, lieber Heuss!

Dieses Kapitel bei Precht ist ebenso erstaunlich wie ausgesprochen unerfreulich. Es ist in einem Ton und Stil geschrieben, der sich polemisch und sarkastisch von dem ansonsten wissenschaftlich nüchternen Schreibduktus von Herrn Precht spürbar abhebt. Inhaltlich wiederholt der Autor sattsam bekannte und auch ziemlichen dümmliche Argumente gegen die Jagd.

Der Grund liegt darin, dass Precht die deutsche Jagd gründlich missversteht und insbesondere vom Jagdrecht nicht die geringste Ahnung hat. Sein Prototyp des deutschen Jägers ist nämlich der Lustmörder, der aus niedrigen Tötungsmotiven in den Tann schleicht, um dort nur aus Mordlust arme Tiere zu töten. Abgesehen davon also, dass das eine dümmliche Verallgemeinerung jägerischer Motive ist, verkennt Precht offensichtlich die Rolle des Jagdrechts. Denn für unser Jagdrecht ist es glücklicherweise völlig egal, aus welchen Motiven ein Jäger jagt. Das Gesetz (wenn es nicht wie beim Rehwildabschuss in Brandenburg „verschlimmbessert“ wird!) zwingt nämlich auch den dümmsten bewaffneten Macho dazu, bei seiner Einhaltung zum Beispiel im Rahmen des Abschlussplanes tatsächlich einen gesunden und artenreichen Wildbestand in Übereinstimmung mit dem Biotop zu erhalten, ob ihm das nun klar ist oder nicht und ob ihm das nun wichtig ist oder wurst.

 

6.    Schlussbemerkung

Deshalb ziehe ich aus dem, was ich Ihnen hier vorgetragen habe, folgenden Schluss:

  • wir müssen als Jäger den Diskurs mit den wirklichen Tierschützern unbedingt offenhalten, weiter suchen, und bereit sein, auf sachliche Argumente des Tierschutzes offen und vernünftig einzugehen. Auch unsere Jagd ist im Wandel. Den aber müssen wir, wenn nötig, gestalten und uns nicht von Anderen aufzwingen lassen.
  • Wir müssen die Tierrechtsbewegung sorgfältig beobachten und uns aktiv und vehement den Theorien, den Postulaten und den Aktionen ihrer Vertreter entgegenstellen. Dazu gehört endlich eine aktive, vielleicht sogar aggressive Darstellung der Jagd in der Öffentlichkeit.
  • Deshalb müssen wir auch aktiv in alle politischen Entscheidungen in Bezug auf die Jagd eingreifen und diese zu beeinflussen suchen.

Merkblatt: Jagdgast und Jagderlaubnis in Brandenburg

Merkblatt zu Jagderlaubnis und Jagdgast – gesetzliche Regelungen

LJagdG Bbg

 16 Jagderlaubnis (zu § 11 Bundesjagdgesetz)

(1) Der Jagdausübungsberechtigte kann einem Dritten (Jagdgast) eine entgeltliche oder unentgeltliche Jagderlaubnis er­teilen. Bei mehreren Jagdausübungsberechtigten muß die Jagd­erlaubnis von allen Jagdausübungsberechtigten erteilt werden. Die Jagdausübungsberechtigten können sich gegenseitig zur Erteilung von Jagderlaubnissen schriftlich bevollmächtigen. Wird eine schriftliche Jagderlaubnis erteilt, ist hierin auf die Bevollmächtigung hinzuweisen.

(2) Ist ein Jagdbezirk von mehr als 250 ha an eine geringere als die nach § 14 Abs. 1 zulässige Zahl von Pächtern verpach­tet, so ist der Pächter verpflichtet, für jede vollen jagdlich nutzbaren 125 ha, die eine jagdlich nutzbare Fläche von 250 ha übersteigen, eine Jagderlaubnis vorrangig an ortsansäs­sige Jäger zu erteilen. Ausnahmen von Satz 1 sind zulässig, wenn sich dafür keine Bewerber finden. Der Inhalt und der Umfang der Jagderlaubnis sind zwischen dem Pächter und dem Jagdgast zu vereinbaren. Ist ein Jagdbezirk an mehrere Personen verpachtet, obliegt die Verpflichtung den Pächtern gemeinsam.

(3) Die entgeltliche Erteilung einer Jagderlaubnis bedarf der Schriftform und unterliegt den Bestimmungen der §§ 12 und 13 des Bundesjagdgesetzes. Derjenige, dem eine entgeltliche Jagderlaubnis, ausgenommen die Erlaubnis zum Abschuß eines Einzelstückes, erteilt wird, steht einem Jagdpächter im Sinne des § 14 Abs. 1 gleich. (Unterstreichung vom Unterzeichneten)

(4) Soweit der Jagdgast bei der Jagdausübung nicht von einem Jagdausübungsberechtigten, einem angestellten Jäger oder einem bestätigten Jagdaufseher begleitet wird, hat er eine auf seinen Namen lautende schriftliche Jagderlaubnis bei sich zu führen, die er auf Verlangen den Jagdschutzberechtigten zur Prüfung vorzuzeigen hat.

(5) Der Jagdgast ist nicht Jagdausübungsberechtigter im Sinne des Bundesjagdgesetzes und dieses Gesetzes. (Unterstreichung vom Unterzeichneten)

(6) Angestellte Jäger und bestätigte Jagdaufseher sind im Rahmen ihres Anstellungsvertrages zur Jagdausübung inner­halb ihres Dienstbereiches berechtigt. Sie benötigen dazu keinen Jagderlaubnisschein.

(7) Die untere Jagdbehörde kann im Einzelfall aus Gründen der Hege die Befugnis oder Verpflichtung zur Erteilung einer Jagderlaubnis oder die sonstige Beteiligung anderer an der Jagd vorübergehend beschränken oder aussetzen.

15 Eintragung in den Jagdschein (zu § 11 Bundesjagdgesetz)

…..Inhaber eines entgeltlichen Jagderlaubnisscheines, ausgenommen die Erlaubnis zum Abschuß eines Einzelstückes, in einem Jagdbezirk zur Jagdausübung befugt ist und welche Flächen im Falle der Nummer 2 und 3 anteilig auf ihn entfallen. Die untere Jagdbehörde kann die Erteilung oder Verlängerung des Jagdscheines aussetzen, bis die Angaben gemacht sind. Sie hat die Flächen in den Jagdschein einzutragen. Sie kann die Vorlage des Jagdpacht­vertrages oder sonstige Nachweise verlangen.

(2) Jagdpächter, Mit- oder Unterpächter und Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis, sind verpflichtet, der unteren Jagdbe­hörde innerhalb eines Monates nach Abschluß des Pacht- oder Erlaubnisvertrages unter Vorlage des Vertrages die Größe der Flächen mitzuteilen, auf denen ihnen die Ausübung des Jagdrechts zusteht. Ausgenommen davon sind Inhaber einer Jagderlaubnis zum Abschuß eines Einzelstückes.

  • 17 Nichtigkeit von Jagdpachtverträgen und Jagderlaubnisverträgen

Ein Vertrag, der gegen die Bestimmungen der §§ 13, 14 und 15 Abs. 1 verstößt, ist nichtig.

BJagdG

  • 11 Jagdpacht
  • Die Ausübung des Jagdrechts in seiner Gesamtheit kann an Dritte verpachtet werden. Ein Teil des Jagdausübungsrechts kann nicht Gegenstand eines Jagdpachtvertrages sein; jedoch kann sich der Verpächter einen Teil der Jagdnutzung, der sich auf bestimmtes Wild bezieht, vorbehalten. Die Erteilung von Jagderlaubnisscheinen regeln, unbeschadet des Absatzes 6 Satz 2, die Länder.
  • 12 Anzeige von Jagdpachtverträgen

…..

(4) Vor Ablauf von drei Wochen nach Anzeige des Vertrages durch einen Beteiligten darf der Pächter die Jagd nicht ausüben, sofern nicht die Behörde die Jagdausübung zu einem früheren Zeitpunkt gestattet. Wird der Vertrag binnen der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Frist beanstandet, so darf der Pächter die Jagd erst ausüben, wenn die Beanstandungen behoben sind oder wenn durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt ist, daß der Vertrag nicht zu beanstanden ist.

Definitionen:

Jagderlaubnis: Der Jagdausübungsberechtigte beteiligt obligatorisch einen Dritten an der (begrenzten) Ausübung seiner Befugnisse; das ist etwas anderes als die Jagdpacht, die die vollständige schuldrechtliche  Übertragung des Jagdausübungsrechts, also des Gebrauchs und der Fruchtziehung, gegen Entgelt ist (Lorz/Metzger/Stöckel „Jagdrecht Fischereirecht, 3. Aufl. Anm. 11 zu § 11 BjagdG m.w.N.) Der Begehungsscheininhaber ist immer, entgeltlich oder unentgeltlich, Jagdgast, leitet die ihm erteilten jagdlichen Befugnisse vom Jagdausübungsberechtigten ab, worin keine Übertragung des Jagdausübungsrechts liegt; allenfalls kann ein Jagdgast in bestimmter Weise einem Pächter gleichgeachtet sein (Mitzschke/Schäfer BJG Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Aufl. Anm. 66 zu § 11 BjagdG m.w.N.). Entgeltlich ist die Jagderlaubnis nur, wenn zwischen Erlaubnis und Entgelt nach der Vorstellung der Parteien das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht (Mitzschke/Schäfer aaO 81 zu 11).

*  *  * 

Gutachten: Nachtsicht- und Nachtzielgeräte

Nachtsicht- und

Wärmebildgeräte

im jagdlichen Einsatz

 

Technik, Rechtslage und jagdliche Praxis bezüglich der Verwendung von

Nachtsichtgeräten und Wärmebildgeräten

In der Bundesrepublik Deutschland

Ein gutachterlicher Leitfaden für Jäger

in der Bundesrepublik Deutschland und

für deren Auslandsjagd

 

Liepe, Juli 2018

 

Inhalt

  1. Kennzeichnung
  2. Die Geräte für den jagdlichen Einsatz

Multifunktionales Wärmebildgerät TIR-M 35

Wärmebild-Monokular TIR-V 50

Nachtsicht-Monokular NIR-V

Multifunktionales Nachsichtgerät NIR-M

  1. Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland

BJagdG, WaffG und WaffVO

Rechtsprechung

Behördliche Praxis des Bundeskriminalamts

Zwischenergebnis

            Exkurs 1: Das Urteil des BVerwG zu sog. „Halbautomaten“

            Exkurs 2: Adapter

            Exkurs 3: Zielpunkt und Fadenkreuz

            Exkurs 4: Die bayerische Ausnahmelösung: behördlicher Auftrag!

            Ergebnis der Exkurse

  1. Fragen

       2.Formulare

Formular 1: Endverbraucher Optik

Formular 2: Händler/Weiterverkäufer Optik

Formular 3: Adapterverkauf an Endverbraucher

Anlagen

Anlage A          Flyer TIR-M 35 multiple-use

Anlage B          Flyer NIR-M multiple use

*  *  *

  1. Kennzeichnung:

In der Bundesrepublik Deutschland ist es nach § 19 Abs. 1 Ziffer 4 Bundesjagdgesetz verboten, Schalenwild, ausgenommen Schwarzwild,…zur Nachtzeit zu erlegen; als Nachtzeit gilt die Zeit von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang; … Die einzelnen Landesjagdgesetze können Ausnahmen für bestimmte Schalenwildarten vorsehen. Grundsätzlich ist also die Nachtjagd im Wesentlichen nur für die Bejagung des Schwarzwildes von Bedeutung.

Gerade hier aber liegt heutzutage ein Schwerpunkt der Jagd. Der Bestand an Schwarzwild nimmt rapide zu und ist mit den bislang zulässigen Jagdmethoden so gut wie nicht mehr zu regulieren. Hinzu kommt die Gefahr der afrikanischen Schweinepest. Der Bestand muss also reguliert werden, und zwar nicht nur zur Verhütung von Wildschäden, sondern auch im Hinblick auf Wildkrankheiten wie insbesondere die afrikanische Schweinepest, die aus dem Osten kommend sich langsam in Richtung der Bundesrepublik Deutschland ausbreitet. Deshalb mehren sich die Stimmen in Literatur und Jagdpraxis, Erleichterungen für die Nachtjagd auf Schwarzwild gesetzlich vorzusehen [1].

Derartige Erleichterungen sind bereits dadurch, wenn auch unvollkommen, praktisch geworden, dass in etlichen Bundesländern die Verwendung von Schalldämpfern erlaubt ist. Das wird sich in alle Bundesländer fortsetzen. Es ist jedoch illusorisch, zu glauben, dass nur durch die Reduzierung des Schussknalls höhere Schwarzwildstrecken möglich sein müssten.

Deshalb ist bereits jetzt abzusehen, dass in bestimmten Fällen die Verwendung von Nachtsichttechnik in Zukunft auch dann zulässig werden wird [2], wenn diese Technik unmittelbar für die Schussabgabe eingesetzt wird [3]. Gemeint sind also Nachtzielgeräte.[4] In einigen Bundesländern sind bereits im Hinblick auf die afrikanische Schweinepest Ausnahmegenehmigungen erteilt worden.[5]

Diese sind, wie das Gutachten nachfolgend noch näher ausführen wird, gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland nach Paragraf 19 Abs. 1 Ziffer 5 a) verboten, wobei dieses Verbot nicht nur die Verwendung, sondern sogar den Besitz erfasst. Das Verbot gilt aber nur für Geräte mit bestimmter Technik, und es gilt nur dann, wenn das Gerät unmittelbar zum Zielen und der gezielten Schussabgabe verwendet wird oder nur dafür überhaupt eingesetzt werden kann. Das wird nachfolgend noch im Einzelnen erläutert.

Verfasserin dieses Gutachtens ist

JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz GmbH

Neue Parsteiner Strasse 3 (Vorwerk) in 16248 Liepe, eingetragen im Amtsgericht Frankfurt/Oder zu HRB 12648 FF, und mit der Steuernummer: 065/111/04260, www.institut-jagd-umwelt.de Seit Jahren berät das Institut Einzelpersonen, Unternehmer, Unternehmen und Institutionen in Fragen, die sich mit Jagd, Natur und Naturschutz, im weiteren Sinne aber mit unserer Umwelt befassen. Dazu gehören Fragen der Umweltverträglichkeit von Produkten und unternehmerischem Handeln, Fragen zu erneuerbaren Energien, wirtschaftliche Nachhaltigkeit  u.a.m. Auf diesen und verwandten Gebieten wird geforscht und beraten und werden Gutachten erstattet, Projekte betrieben und gefördert und Seminare, Workshops und Ausbildungsveranstaltungen durchgeführt. Aus dieser Tätigkeit ist in den vergangenen Jahren zwangsläufig eine Erweiterung und Zunahme der Beratungsfelder des Instituts entstanden. Immer öfter werden Unternehmer und Unternehmen über den Bereich Natur und Umwelt hinaus in wirtschaftlichen Fragen beraten. Deshalb wurde mit besonders versierten Partnern die weiterführende Wirtschafts- und Unternehmensberatung und das dabei entstandene Netzwerk in einer eigenen Abteilung zusammengefasst, genannt Juni-Consult mit der eigenen Website www.juni-consult.de.

Wenn und soweit sich die nachfolgenden Ausführungen mit rechtlichen Darlegungen beschäftigen müssen, fallen sie unter § 5 Abs. 1 RDG.

  1. Geräte für den jagdlichen Einsatz

Die praktische Arbeit für dieses Gutachten wurde, unter Einbeziehung weitergehender Recherchen, anhand der technischen Merkmale der Optix-Geräte geleistet. Die OPTIX-BD Optische Präzisionselemente GmbH bietet wie eine Reihe ihrer Wettbewerber Nachtsichtgeräte und Wärmebilderfassungsgeräte für eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten unter anderem bei Polizei, Militär, Rettungskräften und anderen Nutzern an, die zum Teil als reine Beobachtungs- und Ortungsgeräte, zum Teil aber auch als Ziel- und Zielerfassungsgeräte ausgebildet sind. Grundlage der näher untersuchten Geräte waren die präzisionsoptischen, optomechanischen und optoelektronischen Komponenten sowie die optischen Kristalle, Laser-Substrate und Objektive und die Planoptik, Mikrooptik und sphärische Optik der OptixCo. [6]  Bulgarien und ihrer Tochtergesellschaften u. a. in den USA, Großbritannien, Skandinavien und Israel, und die damit produzierten Geräte für alle Anwendungsbereiche [7]. Zu diesen gehören in zahlreichen Ländern der Erde die speziell für die Nachtjagd und den jagdlichen Einsatz konzipierten und hergestellten Wärmebildkameras sowie Wärmebildzielgeräte und Nachtsicht- sowie Nachtzielgeräte [8].

Die an den Mustergeräten erzielten Erkenntnisse lassen sich technisch zum großen Teil, rechtlich jedoch generell, verwerten.

  1. Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland

Die Rechtslage in Deutschland ist durch wenige Gerichtsurteile spezifiziert worden. Sie sieht wie folgt aus:

BJagdG, WaffG und WaffVO

Das Bundesjagdgesetz (BJagdG) [9] bestimmt:

  • 19 Sachliche Verbote

(1) Verboten ist

…                  …

  1. a)   künstliche Lichtquellen, Spiegel, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, Tonbandgeräte oder elektrische Schläge erteilende Geräte beim Fang oder Erlegen von Wild aller Art zu verwenden oder zu nutzen …

Das Bundeswaffengesetz (WaffG) [10] lautet in mehreren Bestimmungen dazu:

  • 2 Grundsätze des Umgangs mit Waffen oder Munition, Waffenliste

(5) Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind

  1. Hersteller, Importeure, Erwerber oder Besitzer des Gegenstandes, soweit sie ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung nach Satz 1 glaubhaft machen können,
  2. die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder. Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sind vor der Entscheidung zu hören. Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemein verbindlich. Sie ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Zur Zuständigkeit regelt das Gesetz:

  • 48 Sachliche Zuständigkeit

…(3) Zuständig für die Entscheidungen nach § 2 Abs. 5 ist das Bundeskriminalamt.

Diese Vorschriften werden ergänzt einmal durch die Anlage 2 des Gesetzes:

Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4)

Waffenliste

Abschnitt 1:

Verbotene Waffen

Der Umgang mit folgenden Waffen und Munition ist verboten:

1.2.4

für Schusswaffen bestimmte

1.2.4.1

Vorrichtungen sind, die das Ziel beleuchten (z. B. Zielscheinwerfer) oder markieren (z.B. Laser oder Zielpunktprojektoren);

1.2.4.2

Nachtsichtgeräte und Nachtzielgeräte mit Montagevorrichtung für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohre) sind, sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen;

Zur Begriffsbestimmung ist zunächst die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum WaffG heranzuziehen [11]. Sie besagt u.a.:

Zu § 1: Begriffsbestimmungen

1.1 Die Begriffsbestimmungen der Waffen ergeben sich aus Anlage 1 Abschnitt 1.

1.3 Ergänzend zu der in § 1 Abs. 4 genannten Anlage 1 sind die zur Klärung von Zweifelsfragen im Verfahren nach § 2 Abs. 5 erlassenen und im Bundesanzeiger veröffentlichten Feststellungsbescheide heranzuziehen. Andere Beurteilungen unterhalb der Schwelle eines Feststellungsbescheides des Bundeskriminalamtes, die ebenfalls in geeigneter Weise (auf der Homepage des Bundeskriminalamtes) zu veröffentlichen sind, können berücksichtigt werden.

Hier wird zugleich klargestellt, dass die Antragsverfahren nach § 2 Abs. 5 WaffG zeitraubend sind, weil grundsätzlich nicht ohne die Landeskriminalämter entschieden wird. Es heißt da:

2.3 § 2 Abs. 5 eröffnet ein Verfahren, durch das Zweifel über die Einstufung eines Gegenstandes geklärt werden können. Das Antragsrecht einer Waffenbehörde regelt das Landesrecht; dort vorgesehene Konzentrationspflichten (etwa die Pflicht zur Zuleitung von Anträgen über das Landeskriminalamt) sind zu beachten. Die Aufgaben, Befugnisse und Zuständigkeiten des Bundeskriminalamts nach § 2 Abs. 5 in Verbindung mit § 48 Abs. 3 und die daraus resultierende Bindungswirkung der Einstufung erstrecken sich nicht auf die Rechtsfolgen einer Einstufung. Deshalb kann nur die örtlich und sachlich zuständige Waffenbehörde eine rechtsverbindliche (konstitutive) Entscheidung über die Notwendigkeit und ggf. die Erteilung einer bestimmten waffenrechtlichen Erlaubnis für einen bestimmten Sachverhalt treffen.

Das Bundeskriminalamt sammelt die Entscheidungen und richtet eine elektronische Abrufadresse im Internet ein.

Bevor die Waffenbehörde einen Antrag stellt, ist durch Abgleich mit bereits ergangenen Feststellungsbescheiden und Einzelbeurteilungen zu prüfen, ob ein Feststellungsverfahren nötig ist.

Zu den oben zitierten Vorschriften der Anlage 2 zum WaffG mit Bezug auf Nachtsicht- und Nachtzielgeräte führt die WaffVwV (wobei auch die für das Anleuchten der Objekte verwendeten Emissionsgeräte – z.B. Infrarotlampen o.ä. erfasst werden) insbesondere aus:

Abschnitt 2 Ausführungen zu Anlagen 1 und 2 Waffengesetz

Zu Anlage 1:

Zu Abschnitt 1:

Zu Unterabschnitt 1:

Anl.I-A1-UA1-1.1

Schusswaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1. müssen den dort genannten Zwecken genügen.

Für die Zweckbestimmung der Schusswaffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ist der Wille des Herstellers maßgebend, soweit er in der Bauart der Waffe zum Ausdruck kommt.

Eine abweichende Erklärung des Herstellers über den Verwendungszweck ist unbeachtlich.

Anl.I-A1-UA1-4.1/4.2

Zu derartigen Vorrichtungen zählen insbesondere solche Teile, die auf Grund ihrer Konstruktion zur Verwendung an Schusswaffen bestimmt sind und sichtbares oder unsichtbares Licht emittieren.

Bei den Zielscheinwerfern handelt es sich um Lampen, die mittels einer Montagevorrichtung an Schusswaffen befestigt sind. Oftmals können diese mittels Fernschalter angeschaltet werden.

Bei Lasern im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um Vorrichtungen, die mittels gebündelten Lichts das Ziel markieren und über eine Montagevorrichtung an der Waffe befestigt sind.

Bei den oben angeführten Definitionen von Zielscheinwerfern und Lasern handelt es sich um Begriffsbestimmungen und somit um keine waffenrechtlichen Reglementierungen (s. Anl.IIA1-1.2.4). Die Definitionen müssen derart eng gefasst werden, um eine Ausweitung verbotener Waffen dieser Art auf allgemein gebräuchliche Taschenlampen und Laserpointer zu vermeiden.

Bei Zielpunktprojektoren handelt es sich um Lampen, die mittels einer Abschattung eines Teils des Lichtkegels den Zielpunkt markieren.

Die Wellenlängen des ausgestrahlten Lichtes der Vorrichtungen müssen nicht im sichtbaren Bereich, sondern können auch im Infrarot- oder Ultraviolett-Bereich liegen (z. B. bei Infrarot-Zielscheinwerfern).

Anl.I-A1-UA1-4.3

Die Vorschriften erfassen neben den herkömmlichen Beleuchtungsvorrichtungen für Ziele auch Geräte, die unsichtbare Strahlen, z. B. Ultrakurzwellen oder Infrarotstrahlen, aussenden oder einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen, mit deren Hilfe für das Auge nicht mehr wahrnehmbare Strahlen sichtbar gemacht werden.

Zu Abschnitt 2:

Zu Unterabschnitt 1:

Anl.II-A2-UA1

Grundsätzlich ist für den Umgang mit Schusswaffen und ihnen gleichgestellten Gegenständen nach Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 von einer generellen Erlaubnispflicht auszugehen, es sei denn, sie werden an anderer Stelle von dieser Verpflichtung befreit. Dies gilt auch für wesentliche Teile von Schusswaffen, auch wenn sie nur vorgearbeitet sind. …

Rechtsprechung

Urteile zur Zulässigkeit von Nachtsicht/Wärmebildtechnik sind höchst selten – allenfalls Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das BJagdG mit Nachtzielgeräten sind feststellbar. Richtungsweisend ist das sog. „Jagdlampenset-Urteil“ des Bundesverwaltungsgerichts [12], das ein Urteil des VG Wiesbaden bestätigte [13]. Der Leitsatz, der sich zwar auf Lampen bezieht, aber für alle vergleichbaren Fälle angewendet wird, lautet:

Das Bundeskriminalamt ist nicht zur Einstufung eines Gegenstandes als verbotene Waffe durch Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs. 5 WaffG befugt, wenn sich die Eigenschaft des Gegenstandes als Schusswaffenzubehör nicht aus seiner Konstruktion oder Bauart, sondern erst aus seiner Verwendung ergibt (hier: als Zielscheinwerfer verwendbare Lampen).

Hier war einem Lampenset die Anerkennung versagt und es als „verbotene Waffe“ eingestuft worden, weil man damit das Ziel beleuchten kann, obwohl diese Lampen auch für andere nicht zum gezielten Schießen erforderliche Handhabungen geeignet und auch bestimmt waren, sog. „dual-use“-Zweck. Das Urteil führt zunächst aus:

Rdz. 14

Als Rechtsgrundlage des Bescheids kommt allein § 2 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 3 WaffG in Betracht. Danach entscheidet das Bundeskriminalamt auf Antrag bestimmter Personen und Behörden bei Zweifeln darüber, ob ein Gegenstand vom Waffengesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist (§ 2 Abs. 5 Satz 1 und 2 WaffG). Die Entscheidung ist für den Geltungsbereich des Gesetzes allgemein verbindlich (§ 2 Abs. 5 Satz 4 WaffG) und im Bundesanzeiger bekannt zu machen (§ 2 Abs. 5 Satz 5 WaffG).

Rdz. 15

  • 2 Abs. 5 WaffG ermächtigt das Bundeskriminalamt zum Erlass sachbezogener Verwaltungsakte. Das besagt schon der Wortlaut der Vorschrift, in der von einem „Gegenstand“, dessen „Erfassung“ oder „Einstufung“ nach dem Waffengesetz, der „Entscheidung“ des Bundeskriminalamts hierüber und der „Allgemeinverbindlichkeit“ dieser Entscheidung die Rede ist, und wird durch ihren Sinn und Zweck untermauert. Wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift verdeutlicht (vgl. BTDrucks 14/7758 S. 104), soll das Bundeskriminalamt in Zweifelsfällen durch seine Entscheidungen Klarheit über die richtige waffenrechtliche Einordnung von Gegenständen schaffen. Dabei geht es insbesondere um die Klärung der Fragen, ob der jeweilige, der Art nach bestimmte Gegenstand als Waffe vom Waffengesetz erfasst wird und wenn ja ob es sich um eine verbotene, eine erlaubnispflichtige oder um eine ganz oder teilweise vom Waffengesetz ausgenommene Waffe handelt (vgl. König/Papsthart, Das neue Waffenrecht, 1. Aufl. 2004, § 2 Rn. 79). Da von der richtigen Beantwortung dieser Fragen unterschiedliche Rechtsfolgen abhängen, soll durch die Entscheidungsbefugnis des Bundeskriminalamts die Anwendung des Waffengesetzes erleichtert und bundesweit vereinheitlicht werden. Nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers sind die getroffenen Entscheidungen nicht nur gegenüber Bürgern und Verwaltungsbehörden, sondern darüber hinaus sogar im Verhältnis zu den Staatsanwaltschaften und den Strafgerichten verbindlich (BTDrucks 14/7758 a.a.O.). Sie sind mithin in ihren Wirkungen nicht auf den innerdienstlichen Bereich beschränkt, sondern zielen auf Regelungswirkungen nach außen, die vom Gesetzgeber mit dem Begriff „allgemein verbindlich“ umschrieben werden und denen die vorgeschriebene Form der Bekanntgabe (Veröffentlichung im Bundesanzeiger) entspricht.

Das Gericht befasst sich dann mit der Zweckbestimmung der zu regelnden Produkte und sagt in Rdz. 20:

Zwar bestehen nach den vorangegangenen Ausführungen zum Regelungsgehalt des § 2 Abs. 5 WaffG gegen die Anwendung dieser Vorschrift in Verbindung mit Abschnitt 1, Nr. 1.2.4.1 der Anlage 2 zum Waffengesetz immer dann keine Bedenken, wenn die betreffenden Gegenstände nach ihrer Konstruktion und/oder Bauart speziell dazu bestimmt sind, als Zielscheinwerfer für Schusswaffen zu dienen. Denn in solchen Fällen ergibt sich die rechtliche Eigenschaft der Gegenstände als verbotene Waffen bereits aus der Sache selbst.

Es folgt jedoch in Rdz. 21 sofort die Einschränkung, die auch durch den Verbotscharakter der gesetzlichen Normen, die eine enge Auslegung erfordern, gerechtfertigt ist. Es heißt dann:

Anders verhält es sich aber bei Sachverhalten wie dem hier umstrittenen, in denen die Gegenstände weder durch ihre Konstruktion noch durch ihre Bauart ausschließlich zum Schusswaffenzubehör bestimmt sind, sondern nur neben anderen, waffenrechtlich unbedenklichen Zwecken tatsächlich als Schusswaffenzubehör genutzt werden können. Für solche Gegenstände, die in dem angefochtenen Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamts zumindest auch angesprochen sind, weil dieser Bescheid keine Spezifikationen zur Konstruktion oder Bauart der sog. Lampensets enthält, gilt das Umgangsverbot nach § 2 Abs. 3 WaffG nicht schlechthin. Sie können vielmehr diesem Verbot nur unterfallen, wenn und soweit sie von den Personen, die mit ihnen Umgang haben, in einen waffenrechtlich unzulässigen Verwendungszusammenhang hineingestellt werden, wenn diese also mit ihnen zu einem vom Waffengesetz missbilligten Zweck umgehen. Aus diesem Grund entziehen sie sich der Konkretisierungsbefugnis des Bundeskriminalamts nach § 2 Abs. 5 WaffG; denn diese Befugnis ist nach dem Gesagten auf die Beurteilung von Gegenständen und ihres Verbotenseins bezogen, nicht aber auf die Beurteilung von Verhaltensweisen und Handlungsformen beim Umgang damit. Die Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 5 WaffG wird durch den Umstand bestätigt, dass die Beurteilung der Zweckbestimmung, die statt an die Sache selbst an das Verhalten von Personen anknüpft, regelmäßig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls beeinflusst wird. Darum kann diese Beurteilung nicht oder nur mit Schwierigkeiten in die Form einer generalisierenden und als solche allgemein verbindlichen Feststellung gebracht werden, wie sie § 2 Abs. 5 WaffG vorsieht.

Behördliche Praxis des BKA

Die Verwaltungsakte und Allgemeinverfügungen des BKA werden häufig nur, ohne Zitat, durch die Hersteller- oder Händlerwerbung bekannt. Bereits 2007 hat das BKA für ein Wärmesuchgerät kombiniert mit einem Laser entschieden, dass der Laser verboten, das Wärmebildgerät selbst als Zieloptik aber erlaubt ist [14]. Die Entscheidungen des BKA sind im Internet einsehbar und können zum Download verwendet werden. Ebenfalls 2007 wurde, auf einen Antrag von 2003 (!), eine „Nachtsichtbrille bzw. ein Nachtsichtgerät in Kombination mit einem Leuchtpunktzielgerät“ für unbedenklich erklärt, weil Montagevorrichtungen für die Waffe fehlten und der Schütze mit der Nachtsichtbrille durch das Zielfernrohr zielen konnte (und musste) [15].

Am 18.03.2013 wurden „Nachtsichtvorsatzgeräte für optische Geräte mit elektronischer Verstärkung“ auf einen Antrag vom 05.05.2011 (!) für unbedenklich erklärt. Die Entscheidung, die für die hier zu beurteilenden Geräte von Bedeutung ist, setzt sich ausdrücklich mit dem vorzitierten Lampenset-Urteil des BverwG auseinander und stellt fest:

Das konkret … vorgelegte Gerät in Verbindung mit den vorgegebenen Verwendungszwecken und der festgestellten baulichen Ausstattung des Gerätes (z. B. vorbereitet für eine Verwendung mit einer Videokamera, mit einer Spiegelreflex-Kamera, an einem Okular als 3-fach oder mehr vergrößerndes Handgerät und mit einem universal Klemmadapter zum Aufklemmen auf Objektiven von diversen Vergrößerungsoptiken, hier ein Zeiss-Doppelfernglas) stuft das Bundeskriminalamt nicht als verbotene Waffe nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG – Waffenliste – Abschnitt 1, Nr. 1.2.4.2 zu § 2 Absatz 3 WaffG ein.

Ergänzend wird zutreffend darauf hingewiesen:

Wird ein solches Gerät von einem Käufer auf eine Schusswaffe montiert oder im Sinne der o. g. als Verbot bewerteten Fallkonstellationen vorgehalten oder verwandt, ist von einem Verbot des Nachtsichtvorsatzgerätes nach Anlage 2 zu § 2 Absatz 3 WaffG – Waffenliste – Abschnitt 1, Nr. 1.2.4.2 auszugehen. Das Gleiche gilt auch für den Fall, dass die vorhandenen Klemmadapter für die Montage passend zu den vorhandenen Zielgeräten vorliegen.

Zwischenergebnis

Daraus folgt somit: ungeachtet der Frage, wie sich der einzelne Verwender eines Produkts mit diesem verhält, ist das Produkt dann nicht verboten, und hat das Bundeskriminalamt mithin einen Verwaltungsakt oder sogar eine Allgemeinverfügung mit positiver Feststellung zu erlassen, wenn das Produkt selbst für den sog. „dual use“ oder „multiple use“, also für auch immer erlaubte Zwecke nicht nur geeignet, sondern eben auch bestimmt ist. Gleichzeitig verlangt die Rechtslage dann aber vom Anbieter eine eindeutige Aufklärung des Verbrauchers dahingehend, dass das Produkt nicht zu verbotenen Zwecken, hier der Zielerfassung oder des gezielten Schießens, verwendet werden darf.

Exkurs 1: Das Urteil des BVerwG zu sog. „Halbautomaten“.

 Am 7. März 2016 erging ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das zu erheblicher Rechtsunsicherheit in der Jägerschaft und demgemäß zu Protesten und Vorschlägen für Gesetzesänderungen führte. Das Gericht entschied: 1. Jäger dürfen nur solche Schusswaffen besitzen, mit denen die Jagd ausgeübt werden darf. 2. Verboten ist die Ausübung der Jagd mit halbautomatischen Waffen, die nach ihrer baulichen Beschaffenheit geeignet sind, ein Magazin mit einer Kapazität von mehr als zwei Patronen aufzunehmen. [16] Das Problem dabei ist, dass das Gericht mit diesem Urteil insoweit von der bisherigen Rechtspraxis abgewichen ist, als es den Besitz von Halbautomaten für rechtswidrig erklärt, deren Magazin mehr als 2 Schuss aufnehmen kann; bislang war nur die Verwendung von mit mehr als 2 Patronen im Magazin geladenen Waffen als verbotswidrig angesehen worden, deren Besitz jedoch als erlaubt. Nunmehr sagt das Gericht in Rdziff. 12 des Urteils eindeutig:

„Ein generelles Besitzverbot im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 WaffG enthält § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c BJagdG für halbautomatische oder automatische Waffen, die mehr als zwei Patronen in das Magazin aufnehmen können. Nach dieser jagdgesetzlichen Regelung ist verboten, mit solchen Waffen auf Wild zu schießen. Die inhaltliche Reichweite dieses Verbotstatbestands ist nicht darauf beschränkt, Jägern als Verhaltenspflicht aufzugeben, mit halbautomatischen Schusswaffen nur dann auf Wild zu schießen, wenn sie ein nur zwei Patronen fassendes Magazin eingelegt haben. Vielmehr dürfen sie mit halbautomatischen Waffen, die auch für ein größeres Patronenmagazin geeignet sind, die Jagd nicht ausüben. Das Einlegen eines Magazins mit einer Kapazität von nur zwei Patronen führt nicht dazu, dass mit der halbautomatischen Waffe auf Wild geschossen werden darf.“

Damit werden alle halbautomatischen Waffen, die bislang legal in die WBK eingetragen sind, zu verbotenen Waffen erklärt, die aus der WBK zu streichen sind und deren Besitz schon verboten ist – eine einigermaßen bedenkliche und rechtlich angreifbare (faktisch enteignende) Entscheidung. Sie macht im vorliegenden Kontext der Dual- oder Multiple-use-Optiken deshalb nachdenklich, weil bei dieser Rechtsauslegung nicht ausgeschlossen ist, dass ein Verwaltungsgericht mit ähnlicher Logik auch diese Geräte verbietet. Denn die Deduktion des Gerichts passt auf weitere Tatbestände, wenn ausgeführt wird:

„Bereits der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c BJagdG spricht entscheidend dafür, dass die Regelung die Ausübung der Jagd mit solchen halbautomatischen Waffen verbietet, die nach ihrer baulichen Beschaffenheit auch mit einem mehr als zwei Patronen fassenden Magazin betrieben werden können: Gegenstand des Verbots sind nach dem Gesetzeswortlaut Waffen mit näher bezeichneten Eigenschaften. Daraus folgt, dass das Verbot nicht an das Verhalten des Jägers, sondern an die bauliche Beschaffenheit der Schusswaffe anknüpft.“

Die gleiche Logik ließe sich auch auf die hier behandelte Optik anwenden. Die Entwicklung von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis ist mithin sorgfältig in der Zukunft zu beobachten.

Exkurs 2: Adapter

Nach der bisherigen Rechtsprechung und der zitierten Entscheidungspraxis des BKA zu Dual-use-Nachtsichtgeräten ist mithin auch zu bewerten, ob Adapter des jeweiligen Geräts, die zur Montage an Ferngläsern oder Spektiven geeignet, gedacht und hergestellt sind, das Produkt zu einem Verbotenen machen. Das ist deutlich dann nicht der Fall, wenn auch die Befestigung zumindest „dual-use“-fähig ist.

Das abgebildete nicht für den jagdlichen Einsatz in Deutschland vorgesehene Zielgerät ist mit einer Montageschiene für Langwaffen verschraubt und in diesem Zustand nicht erlaubt. Ohne die Schiene wäre es nicht verboten, auch wenn sich an der Unterseite Bohrungen für Montageschienen oder sonstige Adapter befinden. Es wäre dann nämlich jedenfalls freihändig zur Beobachtung oder zur Nachsuche oder zur Verbindung mit einer Kamera geeignet.

Die vorhergehenden Ausführungen haben deutlich gemacht: Nachtsichtgeräte (verstärken vorhandenes Licht)  und Nachtzielgeräte (mit integriertem Absehen) gehören  zu den „Bestandteilen von Waffen“, die nach § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. dessen Anlage 1 Unterabschnitt 1 Ziff 4.3 (Definition) und Anlage 2 Ziff 1.2.4.2 generell verboten sind; das gilt auch nach § 19 Abs. 5a BJagdG. Eine Erlaubnis kann nicht erteilt werden, weswegen niemand diese Geräte besitzen und erst recht nicht verwenden darf – das gilt auch für Jäger.

Das Verbot betrifft aber nur Geräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen (Nachtsicht) – das ist bei den NITEHOG-Geräten der Fall – oder das Ziel beleuchten oder markieren (Zielgeräte). Nach dem klaren Wortlaut der Anl. 1 Ziff 4.3 zum WaffG und der Verwaltungspraxis des Bundeskriminalamtes und nach der Rechtsprechung (BVerwG v. 24.09.2009 – 6 C 21.08) gilt das Verbot jedoch nur, wenn die Geräte „für Schusswaffen bestimmt“ sind und „eine Montagevorrichtung für Schusswaffen“ besitzen. Wenn und solange das für das eigentliche Gerät nicht zutrifft, weil es z. B. auch freihändig oder mit Kameras oder Ferngläsern verwendet werden kann – was bei reinen militärischen Zielgeräten zweifelhaft sein dürfte – ist der Besitz erlaubt. Sowie eine Montageklammer oder –schiene am Gerät angebracht ist, oder es Schnittstellen zum raschen Anbringen an der Waffe oder am Zielfernrohr gibt, oder das Gerät auf irgendeine Weise mit der Waffe verbunden wird, ist schon der Besitz verboten, erst recht der Gebrauch; die Zuwiderhandlung ist ein Vergehen nach § 53 WaffG und kann zum Entzug von WBK und Jagdschein führen.

Damit stellt sich die Frage, ob es schädlich sein kann, wenn der Verkäufer eines legalen Geräts gleichzeitig Adapter liefert, die ausschließlich für Zielfernrohre geeignet sind und damit den Charakter des Geräts als beabsichtigtes Vorsatzgerät für ein Zielfernrohr deutlich machen. Wir raten in einem solchen Fall vom gleichzeitigen Verkauf ab (s. auch die entsprechende Frage und ihre Antwort unten D.) – ist der Adapter selbst aber multi-tasking-fähig, eignet er sich also z. B. auch für eine Kamera, ist der gleichzeitige Verkauf weniger bedenklich, wenn nicht der Durchmesser des Adapters so ist, dass sein Gebrauch mit höherer Wahrscheinlichkeit für eine Zielmontage als eine multi-use-Montage spricht.

Exkurs 3: Zielpunkt und Fadenkreuz

Fraglich kann sein, wie ein Gerät zu beurteilen ist, wenn es trotz der Fähigkeit zum „dual“ oder „multiple“ use ein Fadenkreuz, einen Zielpunkt oder ein sonstiges Absehen jedenfalls erlaubt.

Wir sind insoweit der Ansicht, dass für den Gebrauch in Deutschland ein derartiges Absehen nicht im Produkt selbst sichtbar vorhanden sein sollte, für sich allein aber auch nicht schädlich sein dürfte. Ist ein Gerät für die Ausfuhr in ein Land erkennbar und dokumentarisch abgesichert bestimmt, in dem das Gerät als Zielhilfe zulässig ist, dann kann der Hersteller dem Kunden eine diesbezügliche Software freischalten oder aufspielen oder zum Nachladen liefern oder von vornherein ein Exportgerät andienen. Hier sind jedoch an die rechtliche Absicherung des Lieferanten hohe Anforderungen zu stellen.

Exkurs 4: Die bayerische Ausnahmelösung: behördlicher Auftrag!

Bereits vorn unter den Anmerkungen 1 und 2 wurde auf die „bayerische Ausnahmelösung“ hingewiesen, deren Geltung allerdings deshalb rechtlich unsicher ist, weil das BKA dem bislang, soweit zu sehen ist, noch nicht zugestimmt hat. Allerdings verhalten sich Jäger, wenn eine Gestattung von Nachtzielgeräten für sie behördlich vorliegt, zwar dennoch möglicherweise rechtswidrig, aber ohne Verschulden.

Der bayerische Landtag hatte mit Beschluss Drs. 17/4811, 17/5375 die Landesregierung aufgefordert, „die Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine zulässige Verwendung von Nachtzieltechnik (Nachtzielgeräte sowie fest mit der Waffe verbundene künstliche Lichtquellen) in besonderen Problemregionen für eine ausgewählte, besonders geschulte Personengruppe zur Bejagung von Schwarzwild zu erwirken. Dazu sind insbesondere entsprechende Ausnahmemöglichkeiten von den zuständigen Stellen einzuholen“.

Der bayerische Staatsminister für Ernährung Landwirtschaft und Forsten vertritt daraufhin in seinem Schreiben vom 22.03.2016 an die Präsidentin des bayerischen Landtags die interessante Rechtsmeinung [17], dass in bestimmten Einzelfällen und unter bestimmten Voraussetzungen zeitlich befristete persönliche Genehmigungen an einzelne Jagdausübungsberechtigte ergehen könnten, Nachtziel-Vorsatzgeräte mit Adapter am Objektiv von Zielfernrohren ausschließlich zur Schwarzwildjagd zu verwenden.

Er führt zur allgemeinen Rechtslage zutreffend den Verbotstatbestand des § 19 BJagdG aus und erläutert dann: „Die untere Jagdbehörde kann das Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 5.a) BJagdG durch Einzelanordnung aus besonderen Gründen einschränken (Art. 29 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Art. 49 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 3 BayJG). …Sofern der Revierinhaber den Einsatz aus besonderen Gründen für nötig erachtet, muss er zunächst unter Darlegung der Gründe die jagdrechtliche Genehmigung beantragen“.

Allerdings steht die Praxis des BKA dem entgegen, weswegen das Schreiben zunächst auf folgende Rechtslage hinweist: Nach § 40 Abs. 4 Satz 1 WaffG kann das BKA auf Antrag allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen vom Verbot des Umgangs mit für Schusswaffen bestimmten Nachtsichtgeräten und Nachtzielgeräten mit Montagevorrichtung für Schusswaffen sowie Nachtsichtvorsätze und Nachtsichtaufsätze für Zielhilfsmittel (z. B. Zielfernrohr), sofern die Gegenstände einen Bildwandler oder elektronische Verstärkung besitzen (§ 2 Abs. 3 i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.4.2. WaffG), zulassen. Die waffenrechtliche Zulassung der Verwendung von Nachtsichtvorsatzgeräten ist generell nur erforderlich, soweit der Umgang mit diesen Gegenständen verboten ist. Erwerb sowie Besitz und Verwendung von Nachtsichtvorsatzgeräten ohne Verbindung zur Waffe sind waffenrechtlich nicht verboten (und damit auch nicht strafrechtlich relevant). Die dem BKA als Präzedenzfälle übermittelten Anträge auf Erteilung der Ausnahme sowie die eingelegten Widersprüche wurden ablehnend verbeschieden.“

Dann aber verweist das Schreiben auf die Ansicht, die das Bundesministerium des Inneren auf diesbezügliche Anfrage vertritt: Im Zusammenhang mit der Prüfung aller rechtlichen Möglichkeiten wurde das (bayerische) StMELF seitens des Bundesministeriums des Innern auf folgenden Verfahrensweg hingewiesen: „Waffenrechtlich hat Bayern bereits auf Grundlage des geltenden Waffenrechts Möglichkeiten, den Einsatz von Nachtzieltechnik zu eröffnen: Gemäß § 40 Abs. 2 WaffG finden waffenrechtliche Verbote bei behördlichem Auftrag keine Anwendung. Bei entsprechender Beauftragung von Jägern durch BY-Behörden ist damit der Einsatz von Nachtzieltechnik im Einzelfall möglich.“ Dabei darf die gesetzgeberische Entscheidung für ein grundsätzliches Umgangsverbot nicht unterlaufen werden“.

Und dann folgt die verblüffende Lösung:

„Nach § 40 Abs. 2 WaffG ist das waffenrechtliche Verbot des Umgangs mit Waffen nicht anzuwenden, soweit jemand auf Grund eines behördlichen Auftrags gem. § 40 Abs. 2 WaffG tätig wird…. Die rechtliche Prüfung hat ergeben, dass die zuständige Jagdbehörde befugt ist, bei Vorliegen der jagdrechtlichen Voraussetzungen sowohl die jagdrechtliche Ausnahmegenehmigung nach Art. 29 Abs. 5 Satz 2 BayJG zu erteilen … als auch bei Vorliegen der zusätzlichen Voraussetzungen mit einem entsprechenden Auftrag nach § 40 Abs. 2 WaffG die waffenrechtliche Legitimation zu schaffen.

 Entsprechend dem o. g. Beschluss des Landtags kann die Verwendung von Nachtzieltechnik als rechtssicherer Weg beschritten werden, um in Problemgebieten Lösungen voranzutreiben. Die Entscheidung obliegt den jeweils zuständigen Jagdbehörden bei den Kreisverwaltungsbehörden aufgrund der örtlichen Situation im Einzelfall für den Personenkreis, bei dem die jagdrechtlichen Voraussetzungen für die erforderliche jagdrechtliche Ausnahme gegeben sind. Es obliegt dem Revierinhaber darzulegen, dass der Einsatz von Nachtsichtvorsatzgeräten als weiterer Baustein in seinem Schwarzwildmanagement erforderlich ist und er die Beauftragung wünscht. Für fest mit der Waffe verbundene künstliche Lichtquellen gelten die Aussagen entsprechend.“

Ergebnis der Exkurse:

Es gibt in den angesprochenen Fragen keine Rechtssicherheit und keine einfachen Antworten. Die bayerische Lösung ist nach diesseitigem Dafürhalten auch ohne ausdrückliche bejahende Stellungnahme des BKA jagdrechtlich und waffenrechtlich sauber, aber eben eine personen-, situations- und revierbedingt seltene Ausnahme.

Der gegenwärtige Sachstand ist in der Arbeit in Fußn. 5 wiedergegeben.

Die richtige Verhaltensregel für Geräteanbieter kann nur sein, den Käufer nachweisbar und unmissverständlich mit der geltenden Rechtslage der möglichen Jagdausübung mit den hier behandelten Optiken vertraut zu machen; das Nähere regelt der Formularteil dieses Gutachtens.

  1. Fragen

Geräteanbieter sehen sich immer wieder mit Fragen konfrontiert, deren wichtigste wir in der nachfolgenden Aufstellung zusammengefasst haben:

Fragen:

  1. Benötigen Anbieter einen Feststellungsbescheid für die multifunktionalen Geräte, oder reicht das übliche Antwortschreiben des BKA ?

Antwort:

Grundsätzlich ist ein Antrag des Anbieters zur waffenrechtlichen Einstufung eines Geräts mit diesbezüglichem Feststellungsbescheid gem. § 2 Abs. 5 WaffG i. V. m. § 48 Abs. 3 WaffG vorgesehen. § 2 Abs. 5 WaffG sagt dazu:

Bestehen Zweifel darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfasst wird oder wie er nach Maßgabe der Begriffsbestimmungen in Anlage 1 Abschnitt 1 und 3 und der Anlage 2 einzustufen ist, so entscheidet auf Antrag die zuständige Behörde. Antragsberechtigt sind

1.

Hersteller, Importeure, Erwerber oder Besitzer des Gegenstandes, soweit sie ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung nach Satz 1 glaubhaft machen können,

2.

die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder.

Zur Zuständigkeit bestimmt § 48 Abs. 3 WaffG, dass diese beim BKA liegt.

Der Feststellungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, also eine behördliche Maßnahme auf gesetzlicher Grundlage zur Regelung eines Einzelfalls. Grundsätzlich können Verwaltungsakte in jeder Form ergehen, wenn nicht eine Form gesetzlich vorgeschrieben ist. Das WaffG schreibt keine besondere Form vor. Somit könnte ein Feststellungsbescheid also auch als einfacher Brief zugehen.

Eine Besonderheit sind Emails. Am 8. Januar 2015 hat das BKA einem Anbieter per mail mitgeteilt:

Emails des BKA haben keine rechtsverbindliche Wirkung. Ebenso können gegenüber dem BKA per E-Mail keine rechtswirksamen Erklärungen abgegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn mit dem BKA bereits ein Informationsaustausch per E-Mail erfolgt ist. Vorsorglich möchten wir Sie aus Sicherheitsgründen ergänzend bitten, Unterlagen mit sensiblen personenbezogenen Daten oder vertraulichen Informationen stets per Post in einem verschlossenen Umschlag zu übermitteln.“

Emails bedürfen im Rechtsverkehr nämlich einer bestimmten Form.          Dazu sagt § 126a Abs. 1 BGB:

Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.

                         Da allerdings für den Bescheid eine gesetzliche Form nicht vorgeschrieben ist, halten wir eine Email entgegen dem Hinweis des BKA nach dem Wortlaut des § 126a BGB jedenfalls für ausreichend. Deshalb war ein Anbieter durch die ihm übermittelte Email des BKA [18] mit dem folgenden Wortlaut abgesichert:

…nach nun erfolgter Prüfung der von Ihnen übersandten Unterlagen teilen ich Ihnen folgendes mit.

 Ein Antrag auf waffenrechtliche Einstufung, der sog. Feststellungsbescheid, kann gem. § 2 Abs. 5 WaffG gestellt werden, sofern Zweifel bestehen, ob oder wie ein Gegenstand unter das WaffG zu subsumieren ist.

 Bei den von Ihnen genannten Geräten „xxxxxxxxx“ und „xxxxxxxxx“ handelt es sich offenbar um zwei Nachtsichtvorsatzgeräte für Foto-, Video- oder andere optische Geräte.

Gemäß Ihren Angaben und der übersandten Bilder sind keine speziellen Halterungen für die Montage an Schusswaffen vorhanden oder vorgesehen. Daher kann kein Waffenbezug erkannt werden.

Aus den vorgenannten Gründen, der von Ihnen übersandten technischen Beschreibung und der von Ihnen dargestellten Zweckbestimmung der Geräte bestehen seitens des BKA keine waffenrechtliche Bedenken, die ein Einstufungsverfahren gem. § 2 Abs. 5 WaffG notwendig machen.

 Es handelt sich bei den Nachtsichtvorsatzgeräten xxxxxxxxx nach Ansicht des BKA nicht um nach Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 WaffG -Waffenliste- Abschnitt 1 -Verbotene Waffen- Nr. 1.2.4.2 verbotene Nachtzielvorsatzgeräte.

 Es wird allerdings empfohlen beim Vertrieb und der Bewerbung dieser Geräte den Begriff „Jagd“ zu vermeiden. Da der Begriff Jagd allgemein mit Waffen in Verbindung gebracht wird, könnten Ihnen nicht wohlgesonnene Menschen versuchen, einen verdeckten Handel mit Nachtzielgeräten zu unterstellen.

 Sollten Sie noch ‚Fragen haben, können Sie sich gerne auch noch mal telefonsich bei mir melden.

  1. Gesetzliche Grundlagen für einen Vertrieb und Besitz in Deutschland und Export bzw. Verbringung ins Ausland.

Antwort:

Die gesetzlichen Grundlagen für Besitz und Vertrieb sind im vorigen Kapitel eingehend dargestellt. Da die optischen Geräte nicht Waffenzubehör sind und deshalb nicht unter den Waffenbegriff fallen, wenn sie als multi-use-Geräte zugelassen sind, kann sie jedermann ohne besondere deutsche Vorschriften ins Ausland verbringen; sie sind insbesondere nicht nach dem WaffG beim Zoll zu melden. Es ist jedoch bei jeder Verbringung vorher zu prüfen, ob Vorschriften des Empfängerlandes der Einfuhr dort entgegenstehen. Bei bloßer „Mitnahme“ (Geräte bleiben beim Reisenden und werden wieder ausgeführt) sind nur Verwendungsbeschränkungen des Empfängerlandes zu prüfen, beim „Verbringen“ (Geräte wechseln den Eigentümer oder Besitzer und bleiben im Ausland) ist eine Vollprüfung der Rechtslage im Empfängerland erforderlich. Das allerdings ist immer Sache des Erwerbers, nicht des Verkäufers.

  1. Wie umfangreich darf bzw. muss ein Anbieter in Deutschland die Verbotseigenschaften erklären unter dem Hinweis, dass die Verwendung in DE als Vorsatzgerät vor Zielfernrohren verboten ist?

Antwort:

Das gesetzliche Verbot muss umfangreich erläutert werden – s. Formularteil dieser Arbeit.

  1. Ab wann spricht man von einem verdeckten Handel von verbotenen Gegenständen im Zusammenhang mit Hinweisen zu Jagdverwendungsmöglichkeiten?

Antwort:

Den Begriff „verdeckter Handel“ gibt es als Rechtsbegriff nicht, er taucht in sehr frühen Handelsbeschreibungen oft als Synonym für „Schleichhandel“, also Schmuggel oder Handel mit verbotenen Gütern, auf. Im vorliegenden Zusammenhang ist offensichtlich die Gesetzesumgehung gemeint, die darin liegen könnte, dass ein Gerät, welches für bestimmte Anwendungen verboten, für andere aber erlaubt ist (eben als dual-use oder multiple-use) nach außen nur für erlaubte Anwendungen gehandelt wird, aber beiden Parteien klar ist, dass es nur für verbotene Anwendungen genutzt werden soll. Diesen Verdacht kann der Verkäufer nie ausräumen, wenn der Kunde mehr oder weniger offen das Gerät als Vorsatz zum Zielfernrohr haben möchte, womöglich noch den passenden Adapter kauft, oder sich gezielt nach der „Schockfestigkeit“ des Geräts erkundigt (die in erster Linie für den Schuss von Bedeutung ist). Jedoch ist der Kunde bei multi-purpose-Geräten allein Herr seiner Entscheidungen; der Verkäufer muss sicherstellen (weil sonst, wenn ihm Beteiligung an der Gesetzesumgehung nachgewiesen wird, das nicht nur strafbar ist, sondern auch das Geschäft selbst nichtig ist), dass dem Kunden deutlich und nachweisbar klargemacht wurde, dass bestimmte Verwendungsmöglichkeiten des Geräts verboten sind und er, wenn er das Verbot missachtet, mit Bestrafung und dem folgend dem Verlust des Geräts (und ggfls. der Waffe), des Jagdscheins, der WBK und damit einem eventuellen Jagdpachtvertrag rechnen muss.

Dürfen Anbieter an die Kunden passende Klemmadapter mitverkaufen, die schon sehr eindeutig einen Durchmesser haben, der zu den gängigen Zielfernrohren in DE passt, aber auch auf Ferngläser passen kann?

Antwort:

  1. die vorhergehende Antwort. Das Problem, dass trotz ausreichender Belehrung hier ein starkes Indiz für eine beiderseitige Gesetzesumgehung gesehen wird, ist keineswegs von der Hand zu weisen. Deshalb sollte unseres Erachtens ein derartiges Koppelgeschäft von dem Verkäufer der Optik vermieden werden – der Kunde soll seinen Adapter woanders kaufen.
  2. Ist ein Klemmadapter eine waffentypische Halterung nach dem dt. Waffengesetz?

Antwort:

Im Waffengesetz findet sich dazu nichts, im allgemeinen Gebrauch von Zusatzoptik sind Klemmadapter oft verwendbar, insbesondere wenn keine gesonderte Adapterlösung am Gerät selbst angebracht ist, wie z. B. das Innen- oder Außengewinde bei bestimmten Objektiven. Deshalb ist ein derartiger Adapter nach unserer Marktbeobachtung keineswegs waffentypisch.

  1. Ist es ausreichend, wenn Anbieter die Vorsatzgeräte mit dem Hinweis kennzeichnen, dass die Montage am Zielfernrohr in DE verboten ist. Müssen Anbieter außerdem auf der Rechnung bzw. auf dem Lieferschein zusätzlich darauf in Schriftform hinweisen?

Antwort:

Wir empfehlen dringend eine schriftliche vom Käufer zu unterzeichnende Belehrung – s. Formularteil. Ein zusätzlicher Hinweis auf Rechnung und Lieferschein ist ebenfalls empfehlenswert.

  1. Können Anbieter in der BRD an deutsche Bürger Zielgeräte verkaufen, wenn die Auslieferung nur an eine ausländische Adresse erfolgt… mit dem Hinweis, dass eine Einfuhr nach Deutschland verboten ist?

Antwort:

Die Frage bezieht sich erkennbar auf verbotene Zielgeräte, also solche, die entweder nicht multi-use-fähig sind oder bereits mit einer Gewehrmontage o. ä. verbunden sind – denn erlaubte Geräte können mit Belehrung auch in andere Länder an Deutsche oder Ausländer geliefert werden, wenn sie dort nicht verboten sind. Die Frage kann für in der BRD verbotene Geräte nicht verbindlich beantwortet werden, weil hier Alternativen denkbar sind. Erste Alternative: der Käufer hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt (das war früher der 1. Wohnsitz), also seinen Lebensmittelpunkt, im Ausland. Dann liegt ein Export vor; wenn der Verkäufer das Gerät im Inland erlaubt besitzen konnte, kann er es auch exportieren, wenn es im Empfängerland keine Beschränkungen gibt. Zweite Alternative: der deutsche Käufer hat nur einen zusätzlichen Aufenthaltsort im Ausland (Zweitwohnsitz, Ferienwohnung) oder gar nur eine Zustelladresse. In diesem Fall halten wir die Lieferung für bedenklich.

  1. Dürfen Anbieter deutsche Bürger telefonisch zu den Zielgeräten beraten, ohne die Geräte zu präsentieren?

Antwort:

Telefonische voll umfassende Beratung ist immer erlaubt, sofern deutlich auf die Gesetzeslage hingewiesen wird. Zur Vermeidung von „Fangfragen“ empfiehlt es sich, das Gespräch aufzuzeichnen, in welchem Fall der Gesprächspartner unbedingt darauf hingewiesen werden muss; das Aufzeichnen von Telefongesprächen ist strafbar, soweit dies unbefugt im Sinne des § 201 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) erfolgt. Nach dieser Vorschrift können Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verhängt werden, wenn unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einem Tonträger aufgenommen wird. Mangels Rechtsgrundlage ist daher für eine straffreie Aufzeichnung von Telefongesprächen die vorherige Zustimmung aller am Gespräch beteiligten Personen erforderlich. Hinsichtlich der Einholung einer Einwilligungserklärung bestehen seitens des BDSG (Bundesdatenschutzgesetz, insbesondere in  der 2017 novellierten Form aufgrund und in Verbindung mit der DS-GVO – europäischen Datenschutz-Grundverordnung) hohe Wirksamkeitsanforderungen – vorherige freiwillige Zustimmung unter Widerrufsvorbehalt. Eine die Strafbarkeit ausschließende Befugnis zum Aufzeichnen von Telefongesprächen kann daher nur angenommen werden, wenn eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt oder alle beteiligten Gesprächspartner  wirksam eingewilligt haben, was im Zweifel nachgewiesen werden muss.

  1. Können Anbieter in der BRD ausländischen Bürgern in Deutschland ein Zielgerät verkaufen?

Antwort:

Nein – das Verbot richtet sich gegen den Handel mit verbotenen Geräten, nicht gegen bestimmte Käufereigenschaften. Aber ein derartiges Gerät kann dann in Deutschland an den ausländischen Bürger verkauft werden, wenn es ihm nicht im Inland behändigt, sondern im Ausland zugestellt wird. In jedem Fall sollte er schriftlich mit Gegenzeichnung darüber belehrt werden, dass die Wiedereinfuhr nach Deutschland zu einem verbotenen Besitz und damit zu seiner Strafbarkeit führt.

  1. Wie verhalten sich Anbieter zweckmäßiger Weise bei einer Reklamation von einem deutschen Kunden, in welcher dieser ein Präzisionsproblem eines multifunktionalen Gerätes moniert? ( auch Vorsatzmodus bei diesem Gerät möglich).

Antwort:

Ein Problem tritt nur dann auf, wenn er Reklamationen auf das Verhalten des Geräts bei Verwendung als Zielgerät erhebt. Dann ist er darauf hinzuweisen, dass diese Verwendung verboten ist und damit verbundene Probleme nicht als Reklamation anerkannt werden.

  1. Formulare

Wie die vorstehenden Erläuterungen ergeben, ist es für ein Unternehmen, das mit Nachtsichtoptik handelt, zwingend geboten, den Erwerber einer derartigen vom BKA als zulässig zertifizierten Optik deutlich darauf hinzuweisen, dass eine Verwendung als Zieloptik nicht nur selbst strafbar ist, sondern dann bereits den Besitz, der vorher legal war, zu einem verbotenen Tatbestand macht. Die Folge wäre dann Bestrafung, Einziehung der Optik, bei bestehender Verbindung auch Einziehung der verbundenen Waffe, und dem folgend sehr wahrscheinlich der Verlust von Jagdschein, WBK und, wenn gegeben, Verlust eines gepachteten Jagdreviers.

Nachfolgend schlagen wir Formulare vor, die ein Endverbraucher von Optik, ein Händler der Optik, und ein Endverbraucher von Adaptern zu unterschreiben hat. Auf Seiten des Unternehmens sollte möglichst ein nicht zur Geschäftsführung befugter Mitarbeiter ggfls. neben einem Mitglied der Geschäftsleitung unterzeichnen, weil im Zivilprozess der Geschäftsleiter nicht Zeuge wäre.

Weigert sich ein Endverbraucher, das Protokollformular zu unterschreiben, sollte das Geschäft unterbleiben. Denn dieses Verhalten legt den Schluss nahe, dass der Erwerber das Gerät zu verbotenen Zwecken nutzen will; der Verkäufer wäre dann u. U. wegen Beihilfe strafbar. Außerdem kann die Gefahr von Testkäufen nicht ausgeschlossen werden.

Die Formulare sollten auf Kopfbogen der Verkäuferin ausgefertigt werden.

Formular 1: Endverbraucher Optik

Verkaufsprotokoll

Der unterzeichnete

…………………………………………………………………………………….

Name                                      Tel.-Nr.                                       email

…………………………………………………………………………………….

Adresse

hat heute die nachstehende durch Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamts (BKA) als waffenrechtlich unbedenklich zertifizierte Nachtsichtoptik erworben:

……………………………………………………………………………………..

(Produktkennzeichnung)

Hinweis:

Die erworbene Optik ist waffenrechtlich ein sog. „multi-use-Gerät“ und damit zugelassen für den freihändigen Gebrauch und in Verbindung mit Ferngläsern, Fernrohren, Kameras und dergleichen.

Gem. § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. dessen Anlage 1 Unterabschnitt 1 Ziff 4.3 (Definition) und Anlage 2 Ziff 1.2.4.2 und § 19 Abs. 5a BJagdG ist es streng verboten, das Gerät in Verbindung mit einer Waffe, etwa durch Adapter, Montagen, oder in sonstiger Weise zum gezielten Schiessen zu verwenden. Geschieht dies, ist nicht nur die Verwendung selbst strafbar, sondern mit der Einrichtung als Zieloptik für eine Waffe, in welcher Weise auch immer, wird der bis dahin legale Besitz ebenfalls verboten.

Verstöße gegen das Verbot sind nicht nur strafbar, sondern können zur Einziehung der Optik und der verbundenen Waffe, und dem folgend sehr wahrscheinlich zum Verlust von Jagdschein, WBK und, wenn gegeben, Verlust eines gepachteten Jagdreviers führen.

Der Unterzeichnete bestätigt, diese elehrung verstanden und ein Exemplar erhalten zu haben. Er versichert mit seiner Unterschrift, keine verbotswidrige Verwendung der oben bezeichneten Optik zu beabsichtigen.

……………………… den…………………………..

………………………………………              ………………………………………

Käufer                                                             Verkäufer

 

Formular 2: Händler/Weiterverkäufer Optik

Verkaufsprotokoll

(Nichtzutreffendes bitte streichen)

 Der Unterzeichnete/das unterzeichnete Unternehmen

…………………………………………………………………………………….

Firma                                      Tel.-Nr.                                       email

…………………………………………………………………………………….

Adresse

hat heute mit Übergabe/durch Versand mit Lieferschein die nachstehende durch Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamts (BKA) als waffenrechtlich unbedenklich zertifizierte Nachtsichtoptik erworben:

……………………………………………………………………………………..

(Produktkennzeichnung, Warenlistung oder Lieferscheinkennzeichnung)

Hinweis:

Die erworbene Optik ist waffenrechtlich ein sog. „multi-use-Gerät“ und damit zugelassen für den freihändigen Gebrauch und in Verbindung mit Ferngläsern, Fernrohren, Kameras und dergleichen. Gem. § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. dessen Anlage 1 Unterabschnitt 1 Ziff 4.3 (Definition) und Anlage 2 Ziff 1.2.4.2 und § 19 Abs. 5a BJagdG ist es streng verboten, das Gerät in Verbindung mit einer Waffe, etwa durch Adapter, Montagen, oder in sonstiger Weise zum gezielten Schiessen zu verwenden. Geschieht dies, ist nicht nur die Verwendung selbst strafbar, sondern mit der Einrichtung als Zieloptik für eine Waffe, in welcher Weise auch immer, wird der bis dahin legale Besitz ebenfalls verboten. Verstöße gegen das Verbot sind nicht nur strafbar, sondern können zur Einziehung der Optik und der verbundenen Waffe, und dem folgend sehr wahrscheinlich zum Verlust von Jagdschein, WBK und, wenn gegeben, Verlust eines gepachteten Jagdreviers führen.

Der Unterzeichnete bestätigt, diese Belehrung verstanden und ein Exemplar erhalten zu haben. Er wird diese Belehrung an seine Kunden weitergeben..

……………………… den…………………………..

 

…………………………………………              ………………………………………

Käufer                                                             Verkäufer

 

Formular 3: Adapterverkauf an Endverbraucher

Verkaufsprotokoll

Der unterzeichnete

…………………………………………………………………………………….

Name                                      Tel.-Nr.                                       email

…………………………………………………………………………………….

Adresse

hat heute den/die nachstehende(n) Adapter zur Verwendung mit einem oder mehreren durch das BKA als waffenrechtlich unbedenklich zertifizierten Nachtsichtoptik erworben:

Hinweis:

Gem. § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. dessen Anlage 1 Unterabschnitt 1 Ziff 4.3 (Definition) und Anlage 2 Ziff 1.2.4.2 und § 19 Abs. 5a BJagdG ist es streng verboten, ein zur Nachtsicht geeignetes Gerät (Nachtsicht- oder Wärmebildoptik) in Verbindung mit einer Waffe, etwa durch Adapter, Montagen, oder in sonstiger Weise zum gezielten Schiessen zu verwenden. Geschieht dies, ist nicht nur die Verwendung selbst strafbar, sondern mit der Einrichtung als Zieloptik für eine Waffe, in welcher Weise auch immer, wird der bis dahin legale Besitz ebenfalls verboten.

Verstöße gegen das Verbot sind nicht nur strafbar, sondern können zur Einziehung der Optik und der verbundenen Waffe, und dem folgend sehr wahrscheinlich zum Verlust von Jagdschein, WBK und, wenn gegeben, Verlust eines gepachteten Jagdreviers führen.

Der Unterzeichnete bestätigt, diese Belehrung verstanden und ein Exemplar erhalten zu haben. Er versichert mit seiner Unterschrift, keine verbotswidrige Verwendung des/der oben bezeichneten Adapter(s)  zu beabsichtigen.

……………………… den…………………………..

…………………………………………              ………………………………………

Käufer                                                             Verkäufer

 

[1] 21.05.15 – Brunner erlaubt Nachtzielgeräte für Wildschweinjäger

München (dpa/lby) – Wildschweine dürfen in Bayern künftig mit militärischen Hilfsmitteln gejagt werden: Agrarminister Helmut Brunner (CSU) erlaubt in «Problemregionen» auf Antrag Nachtzielgeräte bei der Saujagd. Das ist Teil eines Maßnahmenpakets, mit dem Brunner die rasante Vermehrung der Wildschweine in Bayern eindämmen will. Darüber hatte am Donnerstag die «Passauer Neue Presse» berichtet. Allerdings fehlt noch die waffenrechtliche Erlaubnis des Bundeskriminalamts.

Die Wildschweine haben sich so stark vermehrt, dass Bayerns Jäger inzwischen jährlich mehr als 60 000 Sauen schießen. Trotz der hohen Abschusszahlen vermehren sich die Schweine weiter, so dass es inzwischen vielerorts Konflikte und Streit zwischen Jägern und Bauern gibt. «Wir brauchen neue Impulse für eine noch effizientere Bejagung und eine dauerhaft wirksame Bestandsregulierung», sagte Brunner. Mitteilung Agrarministerium

[2] S. aber dazu Bayerische Staatszeitung vom 07.09.2015: Die Jagd auf Schwarzwild (Jägersprachlich für Wildschweine) wird auch künftig ohne Nachtzielgeräte erfolgen. Das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden, das über die Anträge von rund 45 Jägern aus Bayern auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Verwendung verbotener Nachtzieltechnik für die Jagd auf Schwarzwild entscheiden musste, hat diese abgelehnt. Die Entscheidung des BKA findet auch die Zustimmung des Bundesinnenministeriums. Das bayerische Landwirtschaftsministerium hatte das Nachtzielgerät in die Diskussion um die Schwarzwild-Bejagung eingebracht. Dagegen scheint eine bayerische Opposition Erfolg zu haben, die u. a. darauf setzt, dass gem. § 40 Abs. 2 WaffG Nachtzielgeräte jedenfalls in behördlichem Auftrag eingesetzt werden können – http://www.mittelbayerische.de/bayern/oberpfalz-nachrichten/nachtzielgeraete-zur-sauenjagd-in-sicht-21684-art1367771.html.

 

[3] Die Diskussion um die notwendige Verwendung von Nachtzielgeräten hat im Lichte neuerer Entwicklungen Fahrt aufgenommen. Es geht um 1. die Motive für eine regulierte Zulassung von Nachtzielgeräten, 2. die technische Realisierung und 3. weitere/ Machbarkeit. Dazu wird ausgeführt:

zu 1.) Motive

– Wildschadenspräventive Maßnahmen und Reduzierung durch den Einsatz von Nachtzielhilfen

– Seuchenbekämpfung/ aktuell steht die ASP-afrikanische Schweinpest vor der Tür. Bei Ausbruch in DE kann eine schnelle Eingrenzung und eine damit einhergehende Schadensbegrenzung nur mit geeigneten Hilfsmitteln erfolgen

– wirksame Bekämpfung von Neozoen ( Bsp. Waschbär) zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt

– Problematik Wolf usw. / Abschuss von Problemwölfen (bei nachgewiesenen Angriffen auf Menschen etc.)

– Bejagung von Wild in befriedeten Gebieten/ mehr Sicherheit vor Schussabgabe durch das Erkennen von weiteren Wärmequellen innerhalb des Schußsektors und eine effizientere Bejagung

zu2.) technische Realisierung

– in einem Wärmebildzielgerät wird das Absehen deaktiviert. So ist es nur noch ein Beobachtungsgerät und der Jäger kann es zum Beobachten nutzen. Bei einem hohen Wildschadensrisiko oder bei einem bereits entstandenen Wildschaden kann der Jäger einen Freischaltcode beantragen (UJB? Waffenbehörde?), der das Absehen für einen festgelegten Zeitraum sichtbar macht, z.B. Code1= 7 Tage (Bsp. Aussaat von Mais)  Code2= 30 Tage     Code3=3 Monate – nach diesem Zeitraum wird das Absehen durch eine elektronische Zeitschaltuhr automatisch deaktiviert und der Kunde hat nur noch ein Beobachtungsgerät.

[4] Ergebnisse der ersten deutschen Untersuchung (Praktikabilitätstest) zum Einsatz von Nachtzieltechnik zur Schwarzwildjagd

(Ein Beitrag von Wolfgang Rick – AVANCO Computer & Nachtsichttechnik f. Deutsches Jagdportal)     Der Praktikabilitätstest wurde zwischen Januar 2012 und November 2013 erfolgreich durchgeführt. Die Grundlage für die Durchführung waren zwei Beschlüsse des Bayerischen Landtags. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 179 Sauen mit Nachtaufhellern erlegt. Eine Auswertung durch die Teilnehmer ergab, dass davon 153 Abschüsse (85 %) nur durch den Einsatz der Nachtzieltechnik möglich waren.

  1. dazu die gegenwärtige bayerische Ausnahmelösung, die noch nicht vom BKA genehmigt wurde, nach bayerischer Rechtsauffassung (die dieses Gutachten teilt!) aber auch nicht genehmigt werden muss, unter nachfolgend C. Exkurs 4.

[5] S. dazu das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 05.06.2018 „Schwarzwildjagd mit Nachtsicht- und Nachtzielgeräten“, Sachstand, https://www.bundestag.de/blob/549326/f96ae784052b8e8da4fa0e2431af3054/wd-5-001-18-pdf-data.pdf

[6]  Private bulgarische Aktiengesellschaft seit 1998; www.optixco.com

[7]  Zum Beispiel der „IdentifieR Series“ für polizeiliche und militärische Zwecke, als da sind: Thermal Sights (IR 50 und 100), gekühlte und ungekühlte Kameras (Diana IR, eXviZion, Minion, Goliath, HeatseekeR), Nachtsicht-Binokulare (Diana 3X/5X/6X/10X) u.a.m.

[8]   Aus dem Katalog „Exclusive Hunting Products“ z. B. die Geräte „Identifier Snapshot“ Thermal Vision, „RecognizeR“ Thermal Vison Monocular, „Firefly“ 3, 4V und 6, Forester 3, Marksman 75, MK-6 Speedaim, Boarhunter 40 und Hillwalker 50 (alle optional mit integrierter Gewehrhalterung).

[9]  Zitierweise: „Bundesjagdgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Mai 2013 (BGBl. I S. 1386) geändert worden ist“.

[10] Zitierweise: „Waffengesetz vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. März 2013 (BGBl. I S. 362) geändert worden ist“.

[11]  Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu Waffengesetz (WaffVwV) vom 5.3.2012

[12] Als Zielscheinwerfer verwendbare Lampe keine verbotene Waffe. Bundesverwaltungsgericht Urteil des 6. Senats vom 24. Juni 2009, AZ.: BVerwG 6 C 21.08, Normen: WaffG § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 3 und 5, § 48 Abs. 3

[13] VG Wiesbaden 12.03.2008 – VG 6 E 1435/07 (2)  V

[14] Az. BKA: SO 11-5165.01-Z-53; Fundstelle http://www.bka.de/nn_205628/DE/ThemenABisZ/Deliktsbereiche/Waffen/Feststellungsbescheide/SchussSpielzeugwaffen/feststellungsbescheideSchussSpielzeugwaffen__node,gtp=205642__3D6.html?__nnn=true

[15] Az. BKA: KT 21 / SO 11 – 5164/01-Z-11

[16] BVerwG 6 C 60.14; VG Arnsberg – 30.04.2012 – AZ: VG 8 K 1480/11; OVG Münster – 24.09.2014 – AZ: OVG 20 A 1347/12

[17] Az f8-7940-I/319

[18] Von: MartinRobert.Mittelstaedt@bka.bund.de [mailto:MartinRobert.Mittelstaedt@bka.bund.de] Im Auftrag von so11-feststellungsbescheide@bka.bund.de
Gesendet: Dienstag, 29. Oktober 2013 15:51
An: f.weiland@…….eu
Betreff: AW: Antrag auf Prüfung der Notwendigkeit eines Feststellungbescheids der Vorsatzgeräte xxxxxx und xxxxxx  2013-0015283885

 

Der Mindestabschussplan – Perversion der Jagdethik und des Jagdrechts

 
Der Schalenwild-Krieg
Seit Jahren führt die Forstpartie, und mit ihr etliche private Waldbesitzer, einen Krieg gegen unser Schalenwild. Das Ziel ist letztlich seine Ausrottung, und jedenfalls in Brandenburg sind sie diesem Ziel ziemlich nah; wenn jetzt nicht drastisch gegengehalten wird, werden Wild und Jäger verlieren!

Denn die haben, jedenfalls in Brandenburg, keinen Fürsprecher mehr. Vor kurzem hat sich die Forstverwaltung für das Referat 35 unter Carsten Leßner, das für Wald- und Forstwirtschaft zuständig ist, auch die Oberste Jagdbehörde „unter den Nagel gerissen“. Damit verlieren Jäger und Wild „ihre“ Behörde. Ihnen bleibt nur noch der Landesjagdverband.

Aber auch der erweist sich als Totalausfall.

Sein Präsident – andere Vorstandsmitglieder scheint es nicht mehr zu geben – eiert rum zwischen markigen Worten und törichtem Geschwätz, zwischen Aufrufen zum Widerstand und Einknicken vor der Forstpolitik. Das hat beim LJV leider Tradition – man erinnere sich an das Rotwildmassaker 2003, bei dem sich der LJV rasch „vom Acker gemacht hat“ (s. Titelbild!).

Da mag Prof. Pfannstiel wutentbrannt aus dem LJV austreten, da mögen Jägerschaften wie der Jagdverband Brandenburg/Havel ihr Misstrauen ausdrücken, da schreiben wir in diesem Blog seit Jahren, was Sache ist:

„Der Hund bellt und die Karawane zieht weiter“!

Was ist ein Abchussplan?

Das BJagdG verlangt für den Abschuss von Schalenwild einen Plan, mit dem ein artenreicher und gesunder und dem Biotop angepasster Wildbestand unter Berücksichtigung der Belange der Land- und Forstwirtschaft erhalten werden soll. Das verlangt das LJagdG Brandenburg auch und sagt insbesondere (Fettdruck von mir):

(1) Wild ist ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

 (2) Dieses Gesetz dient dazu,

  1. einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten;
  2. bedrohte Wildarten zu schützen;
  3. die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes zu sichern, zu verbessern und so weit wie möglich wiederherzustellen;
  4. die von jagdbaren Tieren verursachten Schäden am Wald und auf landwirtschaftlichen Kulturen auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu begrenzen;
  5. die jagdlichen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit denen des Naturschutzes, des Tierschutzes, der Landschaftspflege sowie der Erholungsnutzung in Einklang zu bringen;
  6. die Jagdausübung und die Jagdorganisation zu regeln;
  7. eine biotopgerechte Wildbewirtschaftung durchzusetzen.

Das ist das Grundgesetz der Jagd, das „Gesetz, nach dem wir angetreten“ (Goethe, Urworte). Auch unter Vorrang von Land- und Forstwirtschaft muss immer ein gesunder artenreicher und angepasster und wirtschaftlich tragbarer (!) Wildbestand erhalten, also gehegt werden. Das bedeutet: Wild darf weder über Gebühr dezimiert noch gar ausgerottet werden.

Was ist demgegenüber ein „Mindestabschussplan“?

Der ist kein Plan, sondern nur eine Lizenz zum Töten!

Schon in unserem Blogbeitrag vom 12.03.2015 haben wir ausgeführt:

: ein Mindestabschussplan ist überhaupt kein „Plan“. Denn der muss eine detaillierte Vorstellung von der Art und Weise vorsehen, in der ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll (Duden) und bestimmte Planungsprämissen enthalten; die übliche Abschussplanung berücksichtigt z. B. den Istbestand, die Strecke, den vorgesehenen und behördlich anerkannten Zielbestand, das Geschlechterverhältnis und den Altersaufbau einer Wildart – das ist ein Plan. Die Festlegung, mindestens 5 aber vielleicht auch 10 oder 124 Stück einer Wildart zu erlegen, ohne Rücksicht zunächst auf alle anderen Parameter, ist dem gegenüber gerade kein Plan.  

Der miese Trick also, die Hegeverpflichtung, die weiter Gesetz bleibt, tatsächlich zu unterlaufen, ist der sog. Mindestabschuss. Der wird für alle Altersklassen verfügt, wie wir in unserem Blogbeitrag vom 20.05.2019 („Brandenburg rottet das Schalenwild aus!“) belegt haben. Damit wird dann zuerst die Jugendklasse ausgerottet, die nächsten Klassen wahrscheinlich auch, und wenn man eine Wildart zufällig im Jagdjahr nicht ganz erwischt, dann stirbt sie bei dieser Bejagung nach einigen Jahren aus.

Legal?

Illegal?

Scheißegal!

Ist der Mindestabschussplan rechtswidrig oder nur ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit?

Ganz klar beides.

Die Hegepflicht ist eine Säule, in der Tat die neben der Wildschadensbegrenzung einzige heute tragfähige Rechtfertigung der Jagd. Sie ist der Garant der Nachhaltigkeit. Ein Gesetz- oder Verordnungsgeber, der sie unterläuft, verletzt die Grundsätze der Weidgerechtigkeit.

Er handelt vor allem aber rechtswidrig, denn seine Art der Abschussregelung über einen Mindestabschuss ohne Obergrenzen verstößt gegen seine eigenen verbindlichen Rechtsgrundsätze in § 1 des Gesetzes und damit gegen das Recht – genau das nennt man rechtswidrig!

Nun gibt es Urteile, die Mindestabschüsse ausdrücklich für rechtens erklären. Was ist mit denen?

Gute Frage.

Tatsächlich sind sie falsch.

Das hat einen erklärbaren Grund: die Gerichte sind nie vor die Frage gestellt worden, ob der im Einzelfall verordnete Mindestabschuss überhaupt rechtmäßig ist. Am 13.10.2016 haben wir das bereits wie folgt erläutert:

…Die Gerichte … halten Mindestabschusspläne unter bestimmten Voraussetzungen – vorherige Bestandserfassung, Interessenabwägung und nachvollziehbarer Rahmen – für rechtlich zulässig und verfassungsgemäß. Liest man sich die Urteile allerdings genauer durch, dann stellt man fest, dass sie sich zwar lang und breit mit der Erfassung des Wildbestandes, den Schäden und der bisherigen Abschussplanung befassen, aber gleichzeitig davon ausgehen, dass ein Mindestabschussplan mit dem BJagdG vereinbar sei. Typisch sind da die langen und sorgfältigen Ausführungen des OVG Rheinland-Pfalz (11.02.2015 – 8 A 10875/14.OVG)…,

 Fazit:

Mindestabschusspläne sind keine Pläne, sondern, jedenfalls ohne hegerische Obergrenze aller Altersklassen, Instrumente einer rechtswidrigen Reduzierung von Wildbeständen, ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit, und damit, in den Worten von Pfannenstiel, eine „Katastrophe für die Wildbestände“.

Dem Jäger wird maßgeblich selbst die Möglichkeit gegeben, zu entscheiden, wann und wie er jagt“, sagt Leßner der RUNDSCHAU.

So geht Verdummung!

Das mag gerade noch für einen Teil der privaten Jägerschaft gelten, aber für den Forstbetrieb und seine Bediensteten erkennbar gerade nicht. Vor allem: wenn der Jagdgesetzgeber das gewollt hätte, dann hätten wir so gut wie kein Jagdrecht und keine Jagdgesetze.

Kann wohl so nicht stimmen!

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Geschäftsführer